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Agentur: Busrundreise, von Urlaub war nie die Rede
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Agentur: Busrundreise, von Urlaub war nie die Rede
eBook230 Seiten3 Stunden

Agentur: Busrundreise, von Urlaub war nie die Rede

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Über dieses E-Book

Wenn der Alltag nervt, eine jahrelange Beziehung in die Brüche geht und man aufgrund einer Grippe so richtig erholungsbedürftig ist, dann gibt's nur eins: eine Busrundreise mit möglichst vielen Fremden, um mal so richtig auszuspannen. Oder etwa nicht?
Was als Erholungsurlaub im sonnigen Italien gedacht war, entwickelt sich zum gummibereiften Fieber-Wahn im Schatten des Ätna. Die reiselustige Touristin Paula hat bei der Buchung nämlich weder daran gedacht, dass Rundreisen die Last weiterer Teilnehmer mit sich bringen, noch hat sie damit gerechnet, dass Sizilien so viele Sehenswürdigkeiten zu bieten hat, dass der Terminplan gelinde gesagt »anspruchsvoll« ist. Dass sie zu Reisebeginn Fieber hat, ist dabei nur eine Nebensächlichkeit, Italien ist ja schließlich ein warmes Land, nicht wahr?
In der steten Hoffnung auf Badevergnügen im Meer eilt die Gruppe von einer Ruine zur nächsten, denn es wird jede Nacht woanders geschlafen. Altertümer werden nebenbei auch noch besichtigt.
Trotz Fieber, Mangelernährung sowie kleinen und großen Katastrophen innerhalb und außerhalb des Busses entpuppt sich die Reise aber dennoch als Höhepunkt eines bis dahin eher normalen Lebens. Erst als der gewöhnungsbedürftige Humor der Reisenden diverse Einsatzfahrzeuge mit blinkender Dachbeleuchtung auf den Plan ruft, droht die wilde Sause umzukippen … aber zuvor wird geklettert, es gibt Bier und An- beziehungsweise Aussichten, die einem der männlichen Fahrgäste fast die Augen aus dem Kopf fallen lassen.

Ein leidenschaftliches Plädoyer für Sizilien und letztlich auch für Busrundreisen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum17. Aug. 2018
ISBN9783746967981
Agentur: Busrundreise, von Urlaub war nie die Rede

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    Buchvorschau

    Agentur - Grit Schubert

    Vorwort

    »Acht Tage Erholungsurlaub gehen schnell vorbei«, sagte Manni. »Viel zu schnell«, bestätigte ich traurig.

    Wir hatten acht Tage schönstes Urlaubswetter auf Mallorca gehabt. Das Meer war noch warm genug zum Baden, die Temperaturen lagen am Tag um die 25 Grad – trotz allem war mir kalt. Morgen würde jeder wieder seines Weges gehen und erst das nächste Wochenende konnten wir wieder zusammen sein.

    Seid sechseinhalb Jahren das Gleiche: Montag bis Freitag ist jeder in seiner Wohnung und am Wochenende treffen wir uns. Eine typische Fernbeziehung, obwohl man bei 40 Kilometern nicht wirklich von fern sprechen kann, da die reine Fahrzeit dank der A94 nur 30 Minuten beträgt.

    Schon eine ganze Weile sahen wir uns nur noch sehr wenig, weil Manni immer unterwegs war. Er sagte zu oft zu, wenn Bekannte ihn für irgendwelche Handlangertätigkeiten brauchten. Meistens blieb dann gerade noch der Sonntag für uns, an dem wir aber auch nur noch wenig gemeinsam unternahmen. Meistens saß er vor dem Fernseher oder las ein Buch und ich saß am Schreibtisch oder übte Gitarre.

    »Wir hatten ursprünglich ausgemacht, dass wir immer das ganze Wochenende miteinander verbringen wollten. Das funktionierte die letzten Jahre doch auch gut. Nun ist es so wie damals, als wir uns kennenlernten«, sagte ich traurig, als wir unter der Woche miteinander telefonierten.

    »Ja, ich weiß, aber es gibt nun einmal viel zu tun und die anderen brauchen auch meine Hilfe. Ich bessere damit ja auch unsere Urlaubskasse auf«, meinte Manni vorwurfsvoll.

    Ich kämpfte mit den Tränen. »Urlaubskasse aufbessern … Ich verdiene doch mein eigenes Geld und bezahle meinen Anteil am Urlaub«, entgegnete ich wütend und legte auf.

    Ich war enttäuscht. Er hatte sich in letzter Zeit sehr verändert.

    Wir landeten erst gegen 23:10 Uhr auf dem Flughafen München. Schweigend stiegen wir aus dem Flugzeug und gingen die Rampe hinauf ins Terminal 1. Dort warteten wir auf unsere Koffer.

    Nach nicht einmal drei Minuten ratterte das Kofferband los. Schon von Weitem sah ich meinen lila Hartschalenkoffer, den ein rotes Kofferband umschloss. Kurz darauf folgte auch Mannis Gepäckstück.

    Wir verließen den Ankunftsbereich und hielten draußen vor dem Terminal Ausschau nach meiner Freundin Geli. Sie war abends immer lange wach und freute sich, wenn sie mich abholen und wohlbehalten in Empfang nehmen konnte. Manchmal holten uns auch die Kinder vom Flughafen ab, aber Leni, die Tochter vom Manni, musste arbeiten und Peter, mein Sohn, hatte seine neue Freundin Kathi zum Abendessen eingeladen und ich wollte die beiden auf keinem Fall stören. Mein jüngerer Sohn Lukas hatte noch keinen Führerschein.

    Vor dem Flughafengebäude fegte ein nasskalter Wind durch die Straße und welke Blätter tanzten durch die Gegend. Es waren gerade einmal zwei Grad über Null und in der sommerlichen Kleidung, die wir trugen, war uns ziemlich kalt. Schnell zog ich mich wieder ins Innere des Flughafens zurück und wartete da auf Gelis Ankunft.

    Als sie endlich durch die große Schranke am Terminal 1 einfuhr verschwand die Kälte aus meinen Gliedern. Lachend stieg sie aus ihrem Wagen und umarmte mich kräftig. Ich dachte, sie würde mich vor Freude zerquetschen, denn sie war sehr viel größer und kräftiger als ich. Manni begrüßte sie nur kurz und mahnte zur Eile.

    Auch wenn wir auf der Heimfahrt kaum sprachen, war ich froh, in ihrer Nähe zu sein.

    Daheim angekommen, verabschiedete ich mich von Geli und Manni. Er hatte sein Auto während des Urlaubs vor meiner Garage geparkt und fuhr nun zu seiner Wohnung in Altötting.

    ***

    Die erste Arbeitswoche nach dem Urlaub verging schnell und ich erwartete Peter, Kathi und Manni zum Martinsessen. Ich bereitete die Martinsgans mit Kartoffelknödeln und Blaukraut vor und deckte den Tisch mit dem guten Geschirr aus dem Wohnzimmerschrank. Angelockt vom Bratenduft schlich Lukas immer wieder in die Küche um nachzusehen, ob er vielleicht bereits ein kleines Stückchen Braten stibitzen konnte. Weil er schon einmal neben mir stand, konnte er auch gleich die Gläser und Getränke ins Esszimmer tragen.

    Als hätten sie sich abgesprochen, standen alle drei gleichzeitig in der Tür. Das passte gut.

    Schnell war alles, bis auf einen Knödel und einen Klecks Blaukraut, aufgegessen. Direkt nach dem Essen verabschiedeten sich Kathi und Peter wieder, weil sie noch zu einem befreundeten Pärchen wollten, das gerade das erste Kind bekommen hatte.

    Zu dritt deckten wir den Tisch ab und den Rest erledigte die Spülmaschine, die nun schon seit über 14 Jahren zuverlässig ihren Dienst tat.

    Die Stimmung war die ganze Zeit über sehr getrübt. Manni und ich sprachen kaum ein Wort miteinander. Er saß bereits im Wohnzimmer, während ich die letzten Handgriffe in der Küche erledigte. Lukas verabschiedete sich auch in sein Zimmer, um noch für die Berufsschule zu lernen.

    Endlich war ich der Küche fertig und setzte mich auf den anderen Flügel der Couch, damit ich Manni besser sah. Ich wusste nicht, ob er schon etwas ahnte und auch nicht, wie er reagieren würde. Minutenlang saßen wir da und schwiegen uns an. Es war sehr still. Seit unserem letzten Urlaub hatte ich mich immer wieder gefragt, ob unsere Beziehung eine Zukunft hatte. Nun war es soweit, meinen Entschluss zu verkünden. Meine Lippen begannen sich zu bewegen und leise kam ein Wort nach dem anderen aus meinem Mund, bis ein ganzer Satz, erstickt in Tränen, entstanden war. Unsere Beziehung war schon längst am Ende, die Gefühle erloschen und auch der Urlaub hatte die Liebe nicht zurückgebracht. Kein bisschen. Nun war es ausgesprochen.

    Schweigend hielten wir uns an den Händen, während Tränen über unsere Wangen rollten. Mit belegter Stimme bestand er darauf, dass wir Freunde bleiben würden. Verhalten nickte ich. Wir umarmten uns ein letztes Mal und ich versprach ihm, bald meine persönlichen Dinge aus seiner Wohnung zu holen. Manni dagegen hatte keine persönlichen Dinge in meiner Wohnung. Alles, was er über ein Wochenende brauchte, passte in seinen kleinen Rucksack.

    ***

    Schon zwei Tage später fuhr ich nach der Arbeit mit Lukas nach Altötting. Manni war noch arbeiten und wir holten eilig meine Habseligkeiten aus seiner Wohnung. Auf keinem Fall wollte ich, dass er mir begegnete.

    Schon bald war mein kleiner SUV mit vielen Kleidungsstücken, Handtaschen und Schuhen bis unters Dach vollgestopft. Nur das Motorrad, das er schon für den Winter eingemottet hatte, ließ ich zurück.

    ***

    Inzwischen war es Mitte November. Schon längst hatte ich im Pausenraum der Firma meinen Urlaub in den großen Kalender eingetragen und mit einem Textmarker, für jeden gut sichtbar, großzügig umkreist. Um diese Zeit herum buchte ich meistens den gemeinsamen Urlaub für das kommende Frühjahr.

    Obwohl es mir so kurz nach der Trennung von Manni nicht gut ging, wollte ich meinen Urlaub, den ich für Anfang Mai eingetragen hatte, auch bald klarmachen. Vielleicht eine Erlebnisreise oder so. Aber mir fiel einfach kein geeignetes Urlaubsziel ein, meine Gedanken kreisten und meine Gefühle fuhren Achterbahn. Ich war frei! Ich konnte machen, was ich wollte, aber der Trennungsschmerz ließ es nicht zu. Auch das typische Novemberwetter mit grauem Hochnebel vermieste mir die Laune.

    Ich arbeite als Gästebetreuerin in einem großen Restaurant, in dem ich Dauergäste, aber auch Seminargruppen aus der ganzen Welt empfange. Man ist den ganzen Tag auf den Beinen und versucht, jedem Gast den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen. Das kann manchmal sehr anstrengend sein, aber man bekommt auch viel zurück. Häufig merke ich, wenn es jemandem nicht gut geht, und versuche aufbauende Worte zu finden. Viele meiner Gäste sind ebenfalls aufmerksam und tun es mir gleich.

    Nach der Arbeit legte ich mich zu Hause auf die Couch, rollte mich unter meiner kuscheligen Sofadecke zusammen und schlief – erschöpft von der Arbeit – ein.

    Es machte Bing und mein Handy zeigte eine WhatsApp-Nachricht von meiner Mutter:

    Paula, du meldest dich ja gar nicht mehr bei uns. Gewiss geht es dir nicht gut. Kopf hoch. Bald findest du wieder einen neuen Freund, mit dem du glücklich wirst. Melde dich mal. Liebe Grüße Mama und Papa.

    Woher wusste sie aus über 400 km Entfernung, dass es mir mies ging? War hier irgendwo eine Kamera versteckt?

    Meine beiden Katzen lagen ineinander verschlungen zu meinen Füßen und schliefen. Ihre reinweißen Körper verschmolzen nahezu. Der weiße Knäul besaß zwei Köpfe, drei Beine und einen Schwanz. Dieser seltsame Anblick lies mich schmunzeln.

    Vor zwei Jahren rettete ich die beiden, damals noch Babys, von einem heruntergekommenen Bauernhof in der Nähe von Ampfing. Sie waren damals dem Tod näher als dem Leben. Mit viel Fürsorge und der Hilfe unseres Tierarztes überlebten sie aber. Immer wenn ich traurig war, schmiegten sie sich an mich, um mich zu trösten.

    Ich beschloss, noch schnell bei unserem Metzger vorbeizuschauen, um Schlachtabfälle für die Katzen zu holen und danach mit Mama zu telefonieren.

    Die Katzen begleiteten mich bis zur Haustür. Statt wie sonst rauszulaufen, schüttelten beide ihre Pfoten, um mir mitzuteilen, dass das feuchte Nieselwetter nichts für sie war und sie lieber drinnen auf mich warten wollten.

    Die Katzen erwarteten jedes Mal, wenn ich nach Hause kam, dass ich ihnen etwas mitbrachte. So kam ich auch diesmal vor lauter Gedränge kaum durch den Flur. Kreuz und quer tapsten sie um meine Beine, um mir die Beute abzuringen. Immer wieder stolperte ich über die weißen Tiger.

    Endlich hatte ich es bis zu den Fressnäpfen geschafft und wurde freigegeben. Nun rief ich Mama an und versicherte ihr, dass es mir gut ginge, und erwähnte, dass ich noch nicht wüsste, wo ich Urlaub machen würde.

    Spontan schlug sie mir vor, bei ihnen auf dem Campingplatz Urlaub zu machen. Der an einem schönen See in Hessen gelegene Campingplatz war in der Tat ein kleines Idyll. Man konnte durch Wälder wandern oder einfach mal nichts tun, aber …

    »Mama, das ist nett gemeint, aber ich würde gerne in den Süden fliegen. Euer Campingplatz ist ja immer da.«

    Daraufhin schlug sie vor, mit ihr zusammen nach Teneriffa zu fliegen, um uns dort den Zoo anzusehen, den sie wohl aus dem Fernsehen kannte. Im Hintergrund hörte ich Papa, wie toll er die Idee fand. Sie schwärmte überschwänglich davon, mal wieder einen Urlaub mit mir alleine zu verbringen.

    Bei mir setzte das Sprachzentrum im Hirn aus.

    »Hallo? Bis du noch dran?«, kam es besorgt aus dem Hörer.

    »Ja, Mama, alles gut. Ich kümmere mich um die Buchung, dann gebe ich dir Bescheid«, log ich.

    »Prima. Gute Nacht und träum was Schönes«, sagte sie noch.

    Die Bilder unserer letzten Reise nach Mallorca zogen an mir vorbei – fünf Nächte Malle!

    Schon auf dem Hinflug – eigentlich stand die Maschine noch am Münchener Flughafen, das Boarding war noch nicht ganz beendet – brach ein Streit zwischen Mama und einem Schwaben aus. Sie wollte unbedingt am Fenster sitzen, doch auf ihrem Platz A saß schon ein Herr, der extra einen C-Platz buchte, um am Fenster zu sitzen. Er sah seinen Buchungsfehler nicht ein, Mama beharrte auf ihrem Platz.

    »Mama, das ist ja wie im Kindergarten mit euch. Wir fliegen keine zwei Stunden, da ist es doch egal, auf welchem Platz du sitzt.« »Nein. Ich will jetzt an mein Fenster«, zischte sie auf Hessisch.

    Ich nahm auf Sitz B Platz. »Benehmt euch wie Erwachsene, selbst die Kinder gucken schon.«

    »Das ist aber mein Platz!«, jammerte Mama weiter.

    Jetzt beugte sich der ältere Herr nach vorne, um meiner Mama in tiefstem Schwäbisch mitzuteilen, dass sie gefälligst erst einmal Deutsch lernen solle. Das brachte sie dermaßen in Rage, dass auch sie sich vorbeugte und beide über mich hinweg herumfuchtelten und sich gegenseitig beschimpften. Sie ließen erst von einander ab, als ich ihnen drohte, dass der Kapitän sie sicher gleich rauswerfen lassen würde. Daraufhin beruhigten sich beide.

    Das Hotel in Paguera war riesig, die Verpflegung eine Katastrophe, das Personal unfreundlich. Viele entnervte Rentner, die dort überwinterten, zählten unter Tränen die Tage, bis sie endlich abreisen durften. Wir hatten allerding eine gute Zeit miteinander. Mit dem Mietwagen fuhren wir über die schöne Insel und kamen an wirklich tollen Orten vorbei.

    Dennoch wollte ich nicht mit Mama in den Urlaub. Ich wollte allein sein, neue Kontakte knüpfen.

    ***

    Am nächsten Tag hatte ich tatsächlich eine Idee, wohin ich reisen könnte. Vor eineinhalb Jahren verbrachten Manni und ich den wohl schönsten Urlaub in unsere Beziehung: auf Sizilien. Damals nahmen wir uns vor, noch einmal wiederzukommen, weil wir in der einen Woche nur einen Bruchteil der Insel besichtigen konnten.

    Kurzentschlossen ging ich ins Reisebüro und fragte nach einer geführten Rundreise, wurde fündig, buchte eine für Anfang Mai 2018 und freute mich schon sehr darauf.

    Endlich Urlaub

    Es war Mittwoch, der 3. Mai 2018, und meine erste Urlaubswoche hatte bereits begonnen. In dieser Nacht bekam ich hohes Fieber, Schmerzen in den Bronchien und ein gemeines Stechen in den Ohren.

    Der Doktor verschrieb mir am nächsten Tag Antibiotika und etwas gegen die Verschleimung der Bronchien. Er erklärte mir, dass ich gar nicht ans Reisen denken bräuchte und bis Samstag nicht gesund werden würde. Optimistisch blieb ich dennoch. Ich hatte mich schließlich ein halbes Jahr lang auf dieses Abenteuer gefreut, ganz allein in den Urlaub zu fliegen und Unbekanntes zu entdecken.

    Die nächsten zwei Tage konnte ich das Bett kaum verlassen und auch Freitagnachmittag war das Fieber noch unverändert hoch. Ich war noch nicht einmal in der Lage, meinen Koffer zu packen. Sollte die Reise ohne mich stattfinden? Von meinem Bett aus schrieb ich per Handy eine E-Mail an das Reisebüro, dass ich krank sei und deshalb die Reise stornieren müsse. Auch Peter schrieb ich via WhatsApp, dass er mich am nächsten Morgen nicht zum Flughafen fahren bräuchte, weil ich mit einer schweren Bronchitis im Bett läge. Selbst zum traurig sein war ich zu schwach. Lucas brachte mir fürsorglich einen Tee und versuchte, mir etwas beizustehen. Ich ergab mich meinem Schicksal.

    Manni wünschte mir per WhatsApp einen schönen Urlaub. Als ich ihm schrieb, dass ich krank sei, fragte er: Wie schaffst du es, jedes Mal im Urlaub krank zu werden?

    Das wusste ich natürlich auch nicht so genau, aber es war tatsächlich so. Auch in unserem letzten gemeinsamen Urlaub auf Mallorca hatte es mich erwischt und statt am Strand lag ich im Hotelbett. Und wenn ich mal nicht krank war, dann verletzte ich mich irgendwie blöd, wie vor zwei Jahren, als wir in Cefalu im Hotel waren und ich nachmittags einen Teller in den Schrank stellen wollte, der mir dabei aus den Händen rutschte. Blitzschnell griff ich nach ihm, aber Millisekunden bevor ich ihn erwischte zerbrach er und ich griff in die Scherben, zerschnitt mir die Hand. In einem anderen Urlaub, den wir in Bibione verbrachten, aß ich einen Hummer und bekam anschließend die schlimmsten Bauchkrämpfe meines Lebens. Auf der Heimreise bekam ich in einem Hotel am Gardasee einen allergischen Ausschlag von den Putzmitteln, deren Geruch dort die Luft schwängerte – mein ganzer Körper war krebsrot, heiß und angeschwollen, alles spannte und brannte. Ich brauchte Cortison, um die Reise überhaupt fortsetzen zu können. Meine Oma nannte mich früher Pechmarie, mir passierte dauernd so was.

    ***

    An der Wohnungstür klingelte es Sturm, auch mein Handy und das Haustelefon lärmten im Duett. Ein Blick auf das Handy verriet mir, dass es Samstag war, der 5. Mai, drei Uhr morgens.

    Ich schleppte mich zur Tür und drückte auf den Türöffner. Peter kam aufgeregt die Treppen hochgestürmt. Er nahm gleich drei Stufen auf einmal. Verschlafen stand ich mit meinem viel zu großen roten Schlafanzug in der Tür.

    »Mama, warum bist du noch nicht fertig? Du verpasst doch deinen Flug«, fragte er mich erstaunt.

    »Welchen Flug?«, wollte ich wissen.

    »Dein Sizilienurlaub auf den du dich schon so freust. Seit Wochen nervst du mich, dass ich nicht vergessen soll, dich zum Flughafen zu fahren!«

    »Hast du denn die Nachricht, die ich dir gestern Abend geschrieben habe, nicht gelesen? Ich bin krank und kann nicht verreisen.« Dabei schaute ich auf das Display meines Handys. Die Nachricht blinkte immer noch und wartete darauf, versendet zu werden.

    Mir wurde heiß, aber nicht des Fiebers wegen, sondern weil die Reisestornierung an mein Reisebüro auch nicht abgesendet worden war.

    Mit fragendem Blick starrte mich Peter an. Hinter ihm entdeckte ich nun Kathi.

    Als hätte jemand einen Startknopf gedrückt rannte ich plötzlich zurück ins Schlafzimmer. Der leere Koffer lag noch auf dem Boden. Wie von Sinnen riss ich den Kleiderschrank auf und warf alles, was irgendwie nach Sommer aussah, in den Koffer. Schnell noch Socken, Unterwäsche und einen dicken Pulli für den Besuch auf dem Ätna, ein Paar dünne Stoffschuhe, leichte Trecking- und etwas festere Bergschuhe, Badelatschen zum Duschen – mehr brauchte ich hoffentlich nicht. Dann flitzte ich ins Bad.

    Lukas guckte aus seinem Zimmer. »Mama? Was ist

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