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Die Schmetterlingsperle: Der verlorene Kampf um das Leben meiner Tochter
Die Schmetterlingsperle: Der verlorene Kampf um das Leben meiner Tochter
Die Schmetterlingsperle: Der verlorene Kampf um das Leben meiner Tochter
eBook241 Seiten3 Stunden

Die Schmetterlingsperle: Der verlorene Kampf um das Leben meiner Tochter

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Über dieses E-Book

Das zweite Kind sollte nach Hochzeit und Eigenheim das Familienglück perfekt machen. Doch es kommt anders. Die kleine Antonia kommt nach einer komplikationslosen Schwangerschaft mit einem akuten Knochenmarkversagen zur Welt. Nur durch großes Glück überlebt das kleine Mädchen die Geburt. Die Ärzte stehen allerdings vor einem Rätsel. Schon bald steht fest, nur eine Stammzelltransplantation kann Antonias Leben retten. Von nun an beginnt eine Zeit zwischen scheinbar normalem Familienleben und ständigen Klinikaufenthalten. Große Hoffnung und herbe Rückschläge wechseln sich immer wieder ab. Die Familie versucht, die Zeit selbst größter Entbehrungen kindgerecht, lebendig und mit viel Humor zu gestalten. Als die Transplantation erfolgreich und das Ziel damit in greifbarer Nähe zu sein scheint, infiziert sich Antonia mit einem harmlosen Magen-Darm-Virus und stirbt nur knapp sechs Wochen später an multiplem Organversagen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum11. Dez. 2019
ISBN9783749735242
Die Schmetterlingsperle: Der verlorene Kampf um das Leben meiner Tochter

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    Buchvorschau

    Die Schmetterlingsperle - Heike Schmid

    ***

    Ich sitze auf dem Badewannenrand und halte einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen. Tränen fließen mir über die Wangen. Jetzt schon!, ist mein einziger Gedanke. Nicht, dass wir uns nach unserer mittlerweile zweijährigen Tochter nicht noch ein weiteres Kind gewünscht hätten. Im Gegenteil. Allerdings kommt mir die Schwangerschaft ein gutes halbes Jahr zu früh. Gerade vor einem halben Jahr bin ich wieder in meinen Beruf als Buchhalterin zurückgekehrt, bin praktisch gerade erst eingearbeitet. Ich würde wieder für sicherlich zwei Jahre ausfallen. Und ich wollte doch wieder ein Winterbaby. Habe ich doch alle Sachen von Johanna aufgehoben. Was soll ich denn mit dem putzigen Schneeanzug mit Plüschkragen in Größe 50/56, wenn das Baby im Sommer kommt? Und das zieht sich ja weiter. Die süßen Sommerkleidchen würden dann mitten im ersten Winter passen. So war das nicht geplant.

    Es sind Gedanken und Tränen, derer ich mich heute noch schäme. Aber ich gehörte zu diesem Zeitpunkt nun mal zu den Schwangeren, deren Probleme und Sorgen sich auf solche Belanglosigkeiten beschränken, welche mir heute schrecklich oberflächlich erscheinen. Ich war damals schlichtweg noch der naiven Ansicht, die schlimmen Geschichten hört man immer nur von den anderen.

    Glücklicherweise fange ich mich sehr schnell wieder. Genauer gesagt bereits in den nächsten zehn Minuten. Ich lege mich auf mein Bett und höre ganz tief in mich hinein. Und schon ist es da. Dieses bekannte Gefühl von: Schwanger! In Gedanken sage ich immer und immer wieder dieses eine Wort: Schwanger! Ich bin schwanger! Und beim ganz tief in mich Reinhören, da meine ich es auch schon zu spüren. Dieses Mutter-Kind-Band wird soeben geknüpft. In meinem Bauch wächst ein kleines neues Leben heran. Das Herz wird wahrscheinlich schon schlagen. Ich bin nicht mehr nur eins. Was ist ist und dann soll das wohl auch so sein.

    Gleich beim Abendessen platze ich mit den Neuigkeiten raus. Thomas wünscht sich schon länger ein zweites Kind. Er freut sich, wenn auch etwas verhalten, auf seine ganz eigene Art. Johanna merkt gleich, dass das aufregend wird. Sie ist ganz hibbelig. Ein Geschwisterchen, toll. Aber wann kommt es und wie kommt es und Bruder oder Schwester, kann sie sich das aussuchen? Ganz viele Fragen einer Dreijährigen. Wir versuchen alles so gut wie möglich zu erklären. Johanna hört aufmerksam zu, hakt die Tatsache ab und widmet sich wieder ihrem Spielzeug.

    Der erste Termin beim Frauenarzt dann in der neunten Schwangerschaftswoche. Die Schwangerschaft wird mir bestätigt, die erste Blutabnahme und der erste Eintrag in den Mutterpass erfolgt. Alles ganz normal. Lustig auch, dass ich im Verwandten- und Freundeskreis bereits die vierte Schwangere bin. Die Freude auf die Zeit als Zweifachmama wird immer größer. Die Familie fühlt sich damit irgendwie kompletter an.

    Die Schwangerschaft verläuft völlig komplikationslos. Die ersten drei Monate plagt mich Müdigkeit und Übelkeit. Das lässt aber pünktlich zum vierten Monat nach und die schöne Phase beginnt. Mein Appetit macht mir mal wieder selber Angst und ich lege rasant an Gewicht und Bauchumfang zu. Habe ich in meiner ersten Schwangerschaft diese fürchterlichen Gummihosen erst ab dem fünften Monat benötigt, habe ich sie diesmal schon ab der zehnten Woche an. Ich genieße den Kugelbauch und Johanna freut sich auf ihr Geschwisterchen. Ich lese keine Schwangerenratgeber, aber ums Thema Baby kommt eine Schwangere einfach nicht rum. Es ist das Buch „Unter dem Herzen" von Ildiko von Kürthy, das mir in dieser Zeit als Lesestoff dient. Die Autorin schreibt mit soviel Witz und Selbstironie. Jede Schwangere wird sich mit Sicherheit in der einen oder anderen Situation wiederfinden. Nur eine Passage lässt mich nicht mehr los. Die Autorin beschreibt, wie sie inmitten der Schwangerengymnastik sitzt und sich bewusst wird: Es wird vielleicht nicht bei allen gut ausgehen. Werde ich vielleicht sogar diejenige sein?

    Dieser Gedanke lässt mich in den nächsten Tagen und Wochen nicht mehr los. Dieser Satz öffnet etwas in mir, ein Gefühl, das ich bisher nicht kannte, nicht zulassen wollte oder einfach nicht für akzeptabel hielt. Die schlimmen Dinge hört man einfach immer nur von den anderen. Das ist Fakt. Und doch lässt es mich nicht mehr los, dieses dumpfe Gefühl der Unsicherheit, eine schleichende Angst wird mich durch die ganze weitere Schwangerschaft begleiten. Es sind meine ganz eigenen Ängste, ich spreche sie nie aus. Nicht Thomas und auch nicht den Ärzten gegenüber, die mir schließlich immer wieder bestätigen, dass alles in Ordnung ist. Bald erfahren wir auch, dass wir wieder ein Mädchen bekommen werden. Ich freue mich riesig. Ich habe mir immer Mädchen gewünscht. Ich selbst bin mit drei Schwestern aufgewachsen und wir hatten eine ganz besondere Bindung. Ich freue mich, dass meine beiden Mädchen auch diesen ganz speziellen Zauber erleben dürfen.

    Natürlich stellt sich auch sehr schnell die Frage, wie das Baby denn heißen soll. Der Name soll zu Johanna passen, darf gern klassisch anstatt modern sein. Favoriten sind: Karolina und Antonia. Wir sind gerade dabei, das Gästezimmer in einen rosa Babytraum zu verwandeln. Ich möchte Johanna zum Mittagessen holen und rufe die Treppe nach oben: „Johanna, wo bist du? Und als Johanna zurückruft „in Antonias Zimmer, da muss ich schmunzeln. Johanna hat in dem Moment die Wahl getroffen.

    Ich lege die Hand auf meinen Bauch und sage: „Hallo Antonia, wie findest du deinen Namen?" Wie zur Bestätigung bekomme ich einen sanften Tritt gegen die Bauchdecke. Beim Mittagessen dann verkünde ich die Entscheidung und wie Johanna sie mir vorgelegt hat. Alle sind einverstanden. Es fühlt sich schön an. Ich bin zu hundert Prozent in meiner Schwangerschaft angekommen.

    Etwa in der dreißigsten Schwangerschaftswoche dann der Schreck. Meine Frauenärztin meint beim Blick auf den Ultraschall ganz lapidar: „Ich glaube, das Kind hat eine Lippenspalte. Nach genauerem Hinsehen dann. „Oh ich glaube, doch nicht. Ich bin natürlich total verunsichert und spreche meine Beleghebamme beim nächsten Termin darauf an. Sie verschafft mir sofort einen Ultraschalltermin beim Spezialisten in der Klinik. Auf dem Weg dorthin drängt er wieder an die Oberfläche, dieser Gedanke: „Es wird nicht bei allen gut ausgehen. Werde ich diejenige sein? Aber jetzt habe ich wenigstens eine Erklärung für meine Ängste, denke ich zumindest zu der Zeit. Und eine Lippenspalte ist heutzutage nun wirklich nichts Dramatisches mehr. Der Arzt sagt mir allerdings, dass er keinerlei Anzeichen für eine Lippenspalte finden kann. Er kann das Gesicht wunderbar auf dem Ultraschall abzeichnen und gibt mir zur Bestätigung mit den Worten „sehen Sie selbst das Bild mit einem wunderschönen Schmollmündchen mit.

    Mit Beginn der 35. Woche wird die Schwangerschaft so langsam beschwerlich. Mein doch massiver Bauchumfang gepaart mit Juni-Hitze und einer sehr aufgeweckten Dreijährigen fordern ihren Tribut. Alles ganz normal, da gibt es nix zu jammern oder zu klagen. An einem heißen Nachmittag im Juni bemalen wir noch meinen Bauch mit Fingerfarben. Johanna ist mit Freude dabei, mir riesige Kleckse aus viel zu viel Farbe auf den Bauch zu schmieren und unterhält sich währenddessen mit Antonia. Sie benutzt dazu meinen Bauchnabel wie eine Art Sprechanlage. Es ist urkomisch, wir lachen viel an diesem Nachmittag und nachdem wir das Portrait fotografiert haben, bekommt mein Bauch eine erfrischende Dusche mit dem Gartenschlauch.

    In der 36. Woche dann wieder eine Kontrolluntersuchung. So langsam ähnelt mein Gang dem einer watschelnden Ente und ich habe das starke Gefühl „irgendetwas tut sich da. Ich glaube, die Geburt lässt nicht mehr allzu lange auf sich warten. Meine Frauenärztin nimmt mir allerdings wieder äußerst einfühlsam den Wind aus den Segeln. Beim Ultraschall entfährt ihr ein: „Oh mein Gott. Sie zeigt mir auf dem Bildschirm ganz eindeutig, dass da, wo jetzt eigentlich der Kopf des Babys liegen sollte, ein Fuß ist. So ein Mist, Antonia hat sich vier Wochen vor der Geburt nochmals vollständig gedreht und steht mir mit einem Beinchen im Becken. „Tja, das wird dann wohl ein Kaiserschnitt." Bei dem Wort läuten bei mir alle Alarmglocken. War es doch genau das, was ich unter allen Umständen vermeiden wollte.

    Erinnerungen an meinen ersten Kaiserschnitt tauchen in mir auf. Ich wollte Johanna damals unbedingt spontan entbinden. Stattdessen fand ich mich in einem OP-Saal wieder, mit einem Arm festgeschnallt, bewegungsunfähig und voll panischer Angst vor dem, was da folgen würde. Ich hatte damals sehr viel Blut verloren, hatte während der Geburt dann hyperventiliert und war die ersten beiden Tage so schwach, dass ich nicht aufstehen konnte. Das Gefühl der Hilflosigkeit, das eigene Kind noch nicht mal aus dem Bettchen nehmen zu können, weil man selbst nicht aufstehen kann, war furchtbar. Und das alles nochmal. Eine Horrorvorstellung.

    Mein Belegarzt, der mich durch die Geburt begleiten wird, versucht mir alle Ängste zu nehmen. Er verspricht mir, ich bekomme keine Blutdrainagen, die aus der Wunde hängen. Die habe ich mit am unangenehmsten in Erinnerung. Vor allem aber haben wir noch ein paar Wochen Zeit, in der sich Antonia nochmal drehen könnte. Nur ein Stück weit beruhigt gehe ich nach Hause und warte der Dinge, die da kommen.

    Am nächsten Tag dann, es ist ein Freitag, stellt es sich ein. Das seltsame Gefühl von „irgendwas stimmt nicht. Es ist der Tag nach dem Feststellen der Fußlage. Zuerst traue ich mich es zu Hause gar nicht auszusprechen. Die Vermutung liegt nahe, dass mir jetzt aufgrund der aktuellen Situation und des eventuell bevorstehenden Kaiserschnitts schlicht und einfach die Nerven durchgehen. Und doch lässt es mich nicht los. Dieses Gefühl von „irgendetwas stimmt nicht mit Antonia. Ich bilde mir ein, sie nicht mehr so oft zu spüren, meine, dass sie nicht mehr so aktiv ist wie sonst. Aber ist das nicht auch ganz normal, wenn es zum Schluss einfach eng wird im Bauch? Und wo ist ihr Schluckauf? Dieses herrliche Gefühl, als würde sie immer an meine Bauchdecke klopfen. Die Vorstellung, dass sie in diesen Momenten einfach durch ihren „Hicks anklopft, fand ich immer wunderschön. Aber wo ist der Schluckauf geblieben? Vielleicht liegt es ja daran, dass der Kopf jetzt nicht mehr unten liegt und ich daher den „Hicks nicht mehr spüren kann. Ich zergrüble mir den Kopf und bin an diesem Tag äußerst in mich gekehrt, sehr nachdenklich und ruhig. Auch Thomas bemerkt diese Veränderung. Am nächsten Tag dann, es ist Samstag, ist dieses seltsame Gefühl von „irgendetwas stimmt nicht immer noch da. Ich kann nicht mehr aus, beschreibe Thomas meine Sorgen und bin gegen Mittag soweit, dass ich mich entschließe, jetzt einfach mal ins Krankenhaus zu fahren um nachsehen zu lassen. Wenn nichts ist, kann ich ja wieder heimfahren. Ich bin mit Sicherheit nicht die erste und auch sicher nicht die letzte Schwangere, die voreilig in die Klinik fährt. Ich gehe fest von falschem Alarm aus und nehme noch nicht mal meine Kliniktasche mit. Ich fahre allein und bin ganz optimistisch, dass ich in ein bis zwei Stunden ganz beruhigt wieder zu Hause bin und das Ganze unter „Nerven durchgegangen abstemple.

    Leider kommt es doch anders. In der Klinik schildere ich meine Bedenken und Sorgen: „Ich spüre sie nicht mehr so häufig und der Schluckauf ist auch weg." Das haben die Ärzte und Hebammen sicherlich schon tausendmal gehört. Meine Sorgen werden aber ernst genommen, das ist schön. Die Schwester schließt mich ans CTG an, will Antonias Herztöne etwa eine halbe Stunde abhören, um dann zu entscheiden, ob alles in Ordnung ist. Fast habe ich die Erwartung, dass da nichts zu hören sein wird, als sie mir den Gurt mit den Elektroden um den Bauch legt. Und doch ist es sehr schnell da, das wunderschöne galoppierende Geräusch des schlagenden Babyherzchens. Das wahrscheinlich schönste Geräusch für Schwangere. Bei den CTGs, die in den letzten Wochen vor der Geburt routinemäßig immer eine halbe Stunde geschrieben werden, wurde ich immer gefragt, ob ich in der Zeit etwas lesen möchte. Ich habe immer dankend abgelehnt und wollte mich einfach zurücklehnen, die Augen schließen und zuhören. Auf mich hat dieses CTG immer eine herrlich beruhigende Wirkung gehabt. Und tatsächlich überkommt mich auch jetzt wieder eine tiefe Ruhe. Ich lehne mich zurück, schließe die Augen und sehe mich in einer halben Stunde lächelnd die Klinik verlassen.

    Nach der halben Stunde allerdings kommt eine Schwester mit einer Flasche Wasser. „Haben Sie auch genügend getrunken den Tag über? Es ist ja doch sehr heiß heute." Eigentlich ist trinken bei mir kein Problem, ich komme immer auf zirka zwei Liter Wasser am Tag, auch nicht schwanger. Ich verspreche, brav die Flasche innerhalb der nächsten halben Stunde auszutrinken. Komischerweise beunruhigt mich das noch gar nicht. Als dann allerdings eine weitere halbe Stunde später ein Arzt mit Infusionsständer einrollt, ändert sich dies. Jetzt gibt es Flüssigkeit intravenös und ich wage doch mal zu fragen, ob denn irgendetwas nicht stimmt. Noch kein Grund zur Sorge, das Baby sei einfach etwas träge und schläfrig, die Ärzte möchten das CTG aber in einem fitteren Zustand schreiben. Eine weitere halbe Stunde später betritt dann mein Belegarzt den Raum. Ok, jetzt ist es doch ernst. Wenn der Belegarzt gerufen wird, dann steht die Geburt eigentlich unmittelbar bevor. Vielleicht ist er ja zufällig gerade wegen einer anderen Geburt hier, versuche ich mir selber noch einzureden. Aber schnell wird klar, er wurde gerufen, um das weitere Vorgehen zu entscheiden. Antonia ist auch nach zwei Stunden CTG nicht fitter. Die Herztöne deuten auf eine Unterversorgung hin. Die Ärzte erwähnen zum ersten Mal, dass es gut war, mit meinem unguten Gefühl zu kommen. Hier sei ich in den besten Händen und sollte sich das CTG nicht bessern oder sogar verschlechtern, würde innerhalb kürzester Zeit ein Kaiserschnitt vorgenommen werden können. Nicht den Funken einer Ahnung haben sowohl die Ärzte als auch ich, was mit meinem Kind in dieser Zeit tatsächlich passiert. Mein Belegarzt kontrolliert nochmal die Lage von Antonia und entscheidet, das CTG wird über Nacht weiter beobachtet und wenn sich bis zum nächsten Morgen keine Besserung einstellt, wird gleich in der Früh operiert. Antonia liegt immer noch falschherum im Bauch, somit würde in einer Woche sowieso ein Kaiserschnitt bevorstehen. Und ob der jetzt oder in einer Woche gemacht wird, ist laut Arzt dann auch schon egal. Irgendwie einleuchtend, denke ich mir. Und die Geburt würde genau bei Schwangerschaftswoche 37+1 stattfinden. Das heißt, Antonia würde nicht mehr als Frühgeburt gelten und wenn sie fit wäre, dürfte sie gleich bei mir bleiben und müsste nicht auf der Frühchenstation nachversorgt werden müssen.

    Ich rufe zu Hause bei Thomas an und erkläre ihm die Situation. Er muss mir jetzt doch hinterherfahren, weil ich ja meine Kliniktasche nicht mitgenommen habe. Gott sei Dank habe ich meine Tasche bereits seit mehr als zwei Wochen vollständig gepackt im Schlafzimmer stehen. Nur ein Fresspaket wollte ich noch kurz vor dem Aufbruch zusammenstellen, nun muss es halt ohne gehen.

    Auch meine Schwester wird informiert. Sie ist eigentlich als Notfallnummer für mitten in der Nacht eingesetzt, damit sie innerhalb einer halben Stunde nachts da sein könnte, um bei Johanna zu bleiben, wenn wir los müssen. Ich hatte die Wunschvorstellung einfach nicht aufgeben wollen, dass meine Geburt diesmal wie im Film mitten in der Nacht mit den Worten „Schatz, ich glaube, es geht los" startet. Sie kann es erstmal gar nicht glauben. Dachte sie eigentlich, ich würde wenn überhaupt nachts anrufen und sie aus dem Schlaf holen, rufe ich am späten Nachmittag an und hole sie von einem Fußballspiel im Fernseher weg. Sie ist natürlich freudig aufgeregt und verspricht, innerhalb der nächsten halben Stunde bei Johanna zu sein, damit Thomas zu mir in die Klinik kommen kann. Nachdem Thomas mir meine Tasche gebracht hat, bekomme ich ein Zimmer auf Station. Thomas bleibt eine Weile, aber es stellt sich schnell Langeweile ein. Ich habe die Anweisung, alle zwei Stunden zum CTG zu erscheinen oder eben wenn irgendetwas sein sollte. Ich schicke Thomas nach Hause, wir müssen uns nun wirklich nicht zu zweit hier langweilen. So schleiche ich also alle zwei Stunden über den nächtlich beleuchteten Krankenhausflur. Ein Ort, der nie wirklich schläft. Das CTG bleibt unverändert und ich stelle mich schon mal auf einen Kaiserschnitt am nächsten Sonntagmorgen ein. Die Bestätigung hierfür liefert die Entscheidung des Arztes dann am Morgen. CTG nach wie vor nicht optimal. Eine Ursache dafür ist nicht erkennbar und daher entscheidet der Arzt auf die vermeintlich sichere Beendigung der Schwangerschaft. Ich werde aufs Zimmer geschickt, solle nochmal duschen, Thomas verständigen und dann warten, bis ich abgeholt werde. Thomas verspricht so schnell wie möglich loszufahren, um es noch rechtzeitig zu schaffen. Ich werde ihn allerdings vor der Geburt nicht mehr sehen, denn bereits kurz nach dem Telefonat kommen zwei Schwestern, die

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