Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Burnout im Baby-Glück?
Burnout im Baby-Glück?
Burnout im Baby-Glück?
eBook349 Seiten4 Stunden

Burnout im Baby-Glück?

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Wenn du gewollt schwanger wirst, beginnt die glücklichste Zeit deines Lebens - für gewöhnlich.
Das Tief nach der Geburt, die Postnatale Depression, kennen viele. Doch schon in der Schwangerschaft, dem vermeintlichen Baby-Glück, kann eine werdende Mutter in permanente Anspannung geraten:
So realisiert Isabella erst in "anderen Umständen", dass ihre Beziehung alles andere als stabil ist. Und nicht nur das, sie muss sich auch grundsätzlichen Fragen stellen, die für sie völlig neu sind: Wie sieht ihre ideale Familie aus? Kann sie ihre eigene Position als Frau und vor allem, als Mutter für ihr Kind finden? Und was gibt ihrem Leben einen Sinn?

Ein erzählendes Sachbuch mit biographischen Zügen, welches die verborgene Entwicklungschance einer tiefen Krise aufzeigt, formuliert auf eine ehrliche und unverblümte Art und Weise.

Als Stress- und Burnoutpräventionsberaterin schildert Susanne Ertle die typische Entwicklung hin zu einem Erschöpfungszustand, der auch Komponenten ihres eigenen Tiefpunkts enthält. Sie will einen Einblick in "die Denke" Betroffener geben, das oft Unbewusste bewusstmachen und dazu animieren, dass Betroffene aus jeder Lebenslage mutig ihren Weg gehen können, um zurück in die eigene Kraft zu kommen. Getreu ihrem Motto: "Wenn ich das schaffe, kannst du das auch."
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum5. Okt. 2016
ISBN9783734533853
Burnout im Baby-Glück?

Ähnlich wie Burnout im Baby-Glück?

Ähnliche E-Books

Biografie & Memoiren für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Burnout im Baby-Glück?

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Burnout im Baby-Glück? - Susanne Ertle

    Vorwort von Maria Magdalena Bäcker

    Heilpraktikerin und Ausbilderin für Life-Coaches

    Zur richtigen Zeit, im richtigen Moment! Das waren meine ersten Gedanken, als Susanne Ertle mir das vorliegende Buch präsentierte. Seit über 20 Jahren arbeite ich im naturheilkundlichen Fachbereich der ganzheitlichen Psychosomatik. Erschöpfungszustände mit ihren verheerenden seelischen wie körperlichen Ausmaßen gehören hier zur täglichen Arbeit. Besonders hoch ist die Dunkelziffer bei alleinerziehenden Frauen. Zwischen Baby-Glück, Partnerstress und hohen beruflichen Anforderungen sind diese Frauen nicht selten vollkommen auf sich allein gestellt. Dieses Buch macht deutlich, wie umfangreich und tiefgehend die Belastung ist, die von der werdenden Mutter zusätzlich getragen werden muss. Allgemein ist die zunehmende Erschöpfungssituation aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr einzugrenzen und tendenziell steigend.

    Ich spezialisierte mich daher auf die Prävention von Erschöpfungszuständen. Susanne Ertle kam als Teilnehmerin einer meiner Seminare für Burnout- und Stresspräventionsberater/innen mit einem strahlenden Lächeln auf mich zu. Erfreut über so viel Herzlichkeit hieß ich sie an diesem sonnigen Tag willkommen. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich zwar, dass diese junge Frau etwas ganz Besonderes ist, doch ihre persönliche Lebensgeschichte beeindruckte mich im Laufe der gemeinsamen Arbeit sehr und spiegelt das Erleben so mancher jungen Frau unserer heutigen Zeit wieder. Es ist mir daher eine große Ehre, für dieses Buch das Vorwort zu schreiben.

    Susanne wählt die Form des erzählenden Sachbuchs mit biografischen Zügen und lässt stellvertretend für sich und alle Beteiligten Buch-Figuren als Akteure ihre Geschichte nacherzählen. So entsteht sinnvollerweise eine schützende Distanz zum wahren Erleben. Authentisch beschreibt sie das Auf und Ab einer Erstgebärenden, und das Erleben des vollkommen überforderten Partners. Vom euphorischen Moment der Gewissheit, dass sich nun endlich das ersehnte Wunschkind anmeldete, bis zu den leider recht bald eintreffenden, abgrundtiefen Verletzungen, nimmt sie den Leser/die Leserin mit auf eine über neun Monate dauernde Reise voller Sonnen- und Schattenseiten. Sie hat den Mut, über Schwachpunkte genauso offen zu schreiben, wie über die anfänglich schönen Momente. Grenzverletzung und das Austesten von Variablen sind in dieser Geschichte zweier Menschen leider an der Tagesordnung.

    Neues Leben in sich wachsen zu spüren ist ein grandioses Gefühl und mit Worten kaum beschreibbar. Susanne ist es trotz aller Widrigkeiten gelungen, mit ein wenig Humor und Leichtigkeit die zwischenmenschlichen Herausforderungen sehr authentisch aufleben zu lassen. Ein Baby zu erwarten ist für viele Frauen der reichste Segen und das größte Glück. Doch leider sind die Begleitumstände nicht immer so rosig, wie es oftmals dargestellt wird. Mit ihrer Geschichte macht Susanne schwangeren Frauen Mut, ihren eigenen Weg zu gehen und für sich und das heranwachsende Kind zu kämpfen. Das Leben lohnt sich und so ist es auch absolut wert, gebührend und von ganzem Herzen empfangen zu werden. Danke, liebe Susanne, für diese sehr sensible, vortreffliche junge Geschichte dreier Menschen, die eine intensive Lebensschulung meistern – jeder auf seine Weise.

    Maria Magdalena Bäcker

    Zur Autorin

    Susanne Ertle wurde 1981 in Illertissen geboren. Zusammen mit ihrem Sohn und ihrem Lebensgefährten lebt sie bis heute im Ortsteil Au. Als medizinische Fachangestellte, Stress- und Burnoutpräventionsberaterin, sowie Wellnessmasseurin und Reikimeisterin verkörpert die Autorin, dass Bodenständigkeit und ein offener Geist in Einklang stehen können. Mit Empathie, einem Hauch Selbstironie und großem Herzen drückt sie schreibend auf direkte und ehrliche Art ihre Gefühle aus. Sie trägt die Sehnsucht in sich, persönliche Erkenntnisse öffentlich zu teilen und so ihre Mitmenschen zu berühren.

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    ich lade dich ganz herzlich zu einer besonderen Reise ein, nämlich zu einem Ausflug in meine ganz persönliche Krise. Denn aus den Wendepunkten Anderer gelangen wir sicher amüsanter zu uns selbst. Fakt ist: Jeder Mensch kann in einen totalen Erschöpfungszustand fallen.

    Warum das Du? Ich erzähle eine Geschichte, die intime Details von mir preisgibt. Welche nun genau der Wirklichkeit entsprechen und welche zur Verdeutlichung solch eines Stadiums hinzugefügt wurden, überlasse ich deiner Fantasie. Jedenfalls liegt es nicht in meiner Natur, dich zu siezen, während ich mich vor dir nackt mache. Ich kenne mich, das wäre dann nicht mehr unverblümt.

    Ich begann das Buch noch vor meiner Ausbildung zur Burnoutpräventions-Beraterin zu schreiben, um mein Trauma zu verarbeiten. Ich wollte reflektieren und, aus der Vogelperspektive betrachtet, mit Abstand zum Geschehen ein tieferes Verständnis für meine getroffenen Entscheidungen gewinnen. Oft habe ich mich selbst verurteilt und gefragt, warum ich so und nicht anders reagierte. Vieles erscheint mir im Nachhinein fürchterlich unlogisch. Doch in dieser Situation hatte ich noch nicht das Wissen, das ich jetzt besitze.

    Gerade deshalb ist es nicht mein Ziel, möglichst viele Sympathiepunkte bei dir zu sammeln. Nein. Mein Anliegen ist es, dich aufzuregen, dich manchmal auch zu erregen, vor allem aber, dich anzuregen, über die verschiedensten Dinge nachzudenken. Sieh dieses Buch als deinen persönlichen Ratgeber, meinetwegen nütze es für deinen Selbstfindungstrip oder lies es einfach nur Wort für Wort herunter. Wichtig ist mir nur: Ich möchte DEIN Herz erreichen.

    An dieser Stelle sage ich dir ganz klar, dass du sehr wahrscheinlich oft nicht einer Meinung mit mir sein wirst, vielleicht den Kopf darüber schüttelst oder überlegst, ob ein Mensch wirklich so verkorkst und doof sein kann. Ich bitte dich darum: Lass dich auf meine Geschichte einfach mal ein. Versetz dich in die Lage der verschiedenen Figuren, und ziehe für dich deine ganz persönlichen Erkenntnisse daraus!

    Möge dich meine Geschichte berühren, wachrütteln, heilen und trösten.

    Mit herzlichen Grüßen, Susanne

    Gibt es dir Kraft/Energie

    oder nimmt es dir Kraft/Energie?

    Mein Name ist Isabella. Du kannst mich auch Bella nennen. Das bedeutet übersetzt „die Schöne. Wobei, so hübsch finde ich mich selbst ja gar nicht. Vielleicht ist Isa dann doch besser. Ich bin 31 Jahre alt und führe ein gutes Leben… Naja, es ist ok… Sagen wir mal, es gibt Menschen, sogar in meinem „ach so reichen Deutschland und überhaupt auf der Erde, denen es wesentlich schlechter geht als mir. Da ich also nicht ums Überleben kämpfen muss, hat mein Geist ausreichend Zeit, sich andere Dinge zu überlegen: Was bin ich denn schon wert? Worauf kommt es im Leben denn nun wirklich an? Und selbst die große philosophische Frage schlechthin bereitet mir schlaflose Nächte:

    „Was ist der Sinn des Lebens, der Sinn MEINES Lebens?"

    Meine Reise zur Klärung dieser Frage und zu mir selbst begann mit einem der (wie ich dachte) schönsten Momente in meinem Leben…

    Es ist Mittwoch. Noch vor dem Läuten des Weckers stehe ich auf und uriniere in ein Becherchen. Ich halte einen Schwangerschaftstest hinein und zähle die Sekunden: „Eins… Zwei… Drei… Zusammengesteckt lege ich ihn auf den Fenstersims im Badezimmer ab. Noch ein kurzer Blick auf die Uhr, bevor ich gespannt die Kontrollkästchen fixiere. Ich bin mir ganz sicher, dass zwei Striche kommen werden. Ich habe da so ein Gefühl… Der Kontrollstrich erscheint. So, jetzt zählt es! Ich starre den Streifen an mit den Gedanken: „Komm schon, zeig dich! Noch einer, bitte, bitte! Und ganz langsam wird auch ein zweiter Strich sichtbar.

    Ein Grinsen macht sich breit bis über meine beiden Ohren, und ich beginne wie wild, das Testergebnis zu fotografieren. Ein Zoombild erinnert mich sogar déjà-vu-artig an einen Ausschnitt von einem Traum vor zwei Tagen. Ich kann nicht aufhören und mache zwei, drei, vier, fünf Bilder davon.

    Nachdem ich mich auch zum einhundertsten Mal vergewissert habe, dass der Test wirklich positiv ist, beende ich meine Freudentänze und hüpfe beschwingt zu Dominik, dem werdenden Vater.

    Vorsichtig öffne ich die Schlafzimmertüre, denn Dominik hat heute Urlaub und kann ausschlafen. Doch anscheinend ist er genauso gespannt wie ich auf das Ergebnis. Er blickt mich sofort mit seinen wunderschönen, vertrauten, blaugrünen Augen an und fragt: „Und? Hat es geklappt? Ich versuche cool zu wirken, und teile ihm zurückhaltend und nüchtern mit: „Wir sind schwanger. Sein zufriedenes Grinsen macht mich unendlich glücklich.

    Es ist so toll, dass es geklappt hat und wir bald eine eigene kleine Familie sein werden. So, wie wir es uns beide gewünscht haben. Viele Frauen im Bekanntenkreis versuchen es schon sehr lange, und bei uns hat es sofort eingeschlagen. Wir haben ja so ein Glück! Freudig aufgeregt schwebe ich heute regelrecht die Treppe im Haus hinunter und später auch zur Arbeit. Dominik sagt: „Tschüss Mama!" Was für ein tolles Gefühl. In ungefähr neun Monaten werde ich eine echte Mama sein.

    Noch bevor ich losfahre, schaue ich zufrieden in meinen Tischkalender. Alles ist stimmig und perfekt, selbst der heutige Spruch:

    „Du kannst dein Leben nicht verlängern noch verbreitern, nur vertiefen." von Gorch Fock

    Für mich steht schon immer fest, dass ich ein Mädchen bekomme. Darum spitzel ich schon am Tag darauf voller Eifer nach ein paar Namen. Etwas Bodenständiges, z.B. Maria, Teresa, Lisa, aber auch Nina und Mona finde ich ganz hübsch. Nicht zu lang, knackig eben. Verwirrt bin ich nur über einen Traum, in dem ich einen Jungen bekam. Ja, ich träume sehr viel und intensiv, und Einiges davon begegnet mir tagsüber in einem Déjà-vu oder geschieht wirklich. Es gab eine Zeit, in der ich mich vor dem Einschlafen davor fürchtete, etwas Schlimmes zu träumen, was dann auch passiert. Ich scheine anders zu sein, halt nicht normal.

    Zu diesem Zeitpunkt konnte ich noch nicht (an)erkennen, dass das eine Gabe ist und mich besonders macht. Nein, ich verurteilte mich selbst dafür, machte mich klein, dachte oft, ich sei falsch und spinne. Doch das war mir in diesem Moment sowas von scheißegal, denn tüdülü…

    Ich bin schwanger! Da wächst ein Leben in mir heran, ein Baby. Also lade ich mir auch sofort die neueste App aufs Handy. Wie es sich für eine interessierte werdende Mutter in diesem Zeitalter gehört. Darin stehen dann täglich ganz viele spannende Dinge. Auch ein Schwangerentagebuch beginne ich. Ich formuliere es, als würde ich einen Brief an das Ungeborene schreiben:

    „Freitag, 5.7.2013

    Es ist kaum zu glauben, aber anscheinend schlägt dein Herz bereits, und du bist nun so groß wie ein Sesamsamen. Ich muss ständig auf die Toilette. Tagsüber bin ich hundemüde, nachts drehe ich mich 100 Mal. Mir ist aufgefallen, dass ich oft intuitiv meinen Bauch halte. Beim Sommerfest des Kegelvereins deines Vaters dachte ich daran, dass wir nächstes Jahr schon als richtige Familie dabei sein werden. Doch plötzlich wurde mir ganz mulmig, fast schon übel und schwindelig. Der Zigarettenrauch und Qualm – pfui Teufel! Aber nicht so schlimm. Der daraus resultierende, gemütliche Abend auf dem Sofa hatte auch was ;-). Beim Einschlafen hat Dominik meinen Bauch gehalten, das war sehr schön und ich habe so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen."

    Ich muss mich wirklich zurückhalten, so früh und überhaupt noch vor meinem Frauenarzttermin die frohe Nachricht zu verkünden. Würde es aber am liebsten in die ganze weite Welt posaunen. Jippie, ich bin schwanger! Für mich steht ganz klar fest:

    Der Sinn des Lebens, meines Lebens, ist Fortpflanzung.

    Ab und an überlege ich, wie meine Firma die Schwangerschaft wohl managen wird. Schließlich übe ich eine leitende Position aus. Bisher stand für mich fest, dass ich ohne meine Arbeit niemals leben könnte. Obwohl ich mir zuhause zusätzlich nebenbei ein kleines Massagestudio auf selbstständiger Basis aufgebaut habe, stellte sich mir nie die Frage, meinen Hauptjob aufzugeben. Schließlich muss ja auch das neu gebaute, nicht gerade kleine Einfamilienhaus abbezahlt werden. Zudem empfinde ich es ein wenig so, als wäre es mein eigener Betrieb – nach immerhin 12 Berufsjahren insgesamt und 8 Jahren Leitung. Ganz nebenbei stärkt es mein Selbstbewusstsein enorm, wenn ich andere Mitarbeiter etwas herumscheuchen und ihnen Anweisungen geben kann. Und heute? Jetzt in diesem Augenblick? So seltsam es klingt… Es ist mir völlig egal. Denn ich freue mich riesig auf den Nachwuchs und kann es kaum erwarten, bis ich mein kleines Baby auf einem Ultraschallbild sehen darf. Aufgeregt wie ein kleines Kind fiebere ich dem Termin beim Gynäkologen entgegen. Ich fühle mich so leicht, so unbeschwert. Im Internet gebe ich meine Daten in einen Geburtsrechner ein. Der 8.3.2014 würde demnach mein bisheriges Leben komplett auf den Kopf stellen. Ein Kind verändert es absolut. Es ist nicht, dass ich mich selbst aufgeben oder keinen Spaß mehr daran haben werde. Es wird eben definitiv anders werden. Ein neuer Mensch wird zu meiner Familie gehören, mein eigen Fleisch und Blut. Ich werde für viele Jahre große Verantwortung haben und wenn es stimmt, was andere Mütter sagen, so wird es nichts, aber auch gar nichts anderes auf der ganzen Welt geben, das mir mehr bedeuten wird, als dieses eine, meinige Kind.

    Endlich ist es soweit. Volle zwei Wochen nach meinem eigenen Test habe ich meinen ersten Schwangerschaftsvorsorgetermin. Was wird mich erwarten? Werde ich auf dem Ultraschallbild schon etwas sehen können? Ist das Kleine gesund und lebensfähig? Was wird aus dem anfänglichen Zellhaufen mal werden? Dominik hat extra Urlaub genommen und begleitet mich. Es ist sehr schön, dass wir diesen besonderen Moment, in dem wir das erste Mal unser Kind sehen werden, gemeinsam erleben können. Hoffentlich ist alles in Ordnung. Aufgeregt schaue ich auf den Bildschirm. Dominik hält meine Hand, während der Arzt kaltes Gel auf meinen Bauch gibt und mit dem Ultraschallkopf eintaucht. Er berührt nun meine Bauchdecke. Ich schlucke. Im nächsten Moment sehe ich einen kleinen weißen Fleck. Dieser Fleck pulsiert. Ich ahne es schon und der Arzt bestätigt: Das ist das Herz. Auch wenn kein Ton zu hören ist – dieses Wunder zu sehen ist wahrlich eine der schönsten Melodien. Mein Frauenarzt witzelt: „Dominik, Sie müssen der Attentäter sein. Ich kann zwar noch nicht genau erkennen, wem das Baby ähnlicher sieht, aber es hat augenscheinlich von beiden etwas. Stundenlang könnte ich auf den Bildschirm gucken. Doch leider ist die Untersuchung auch schon wieder vorbei. Nachdem mir drei Ampullen Blut abgezapft und eine Urinprobe analysiert wird, bekomme ich noch einen Folgetermin in drei Wochen. Dann gibt es erst den Mutterpass. Drei Wochen? Was? Ganze drei lange Wochen muss ich darauf warten, es endlich schriftlich zu bekommen? Das kann doch nicht deren Ernst sein, dass ich so lange nur das Bild des Babys in meiner Erinnerung habe. Das geht doch nicht! Eine Helferin sieht mir meine Enttäuschung und Frustration an, und drückt mir zwei kleine Täschchen in die Hand. Sie sagt: „Ein Geschenk für Sie. Sofort öffne ich sie. Es befinden sich kleine Proben von Cremes und auch Babysöckchen darin. Meine Augen beginnen zu leuchten. Die sind ja soooooo süß, so winzig kleine Strümpfe, so niedlich, so zuckersüß. Schon ist aller Ärger verflogen.

    Im Anschluss gehen wir noch etwas shoppen und essen, Dominiks freien Tag nutzen. Die letzten zwei Monate sehe ich ihn nicht mehr so häufig unter der Woche. Er hat eine neue Arbeitsstelle in München. Leider ist das ganze 115 km von zu Hause entfernt, sodass er werktags erst spät heim kommt. Er ist Beamter und nutzte diese Chance, um in eine höhere Besoldungsstufe zu gelangen, und so seiner künftigen Familie einen besseren finanziellen Stand zu bieten.

    Diese Entscheidung fällte er leider ohne mich. Auch wenn ich teilweise sein Bedürfnis verstehen kann und ihm nie im Weg gestanden wäre, dennoch schmerzte es, dass er so einen wichtigen Beschluss einfach ohne mich traf. Zudem hatte ich kein gutes Gefühl dabei, und das wird, wie du noch feststellen wirst, immer mehr von Bedeutung sein.

    Wir sitzen beide vor einem saftigen Rindersteak und schauen uns verliebt an. Besser gesagt, ich schaue ihn verliebt an. Mich beschleicht das Gefühl, ihn beschäftigt etwas. Deshalb frage ich nach. Seine Standardantwort folgt: „Es ist alles gut, ich bin nur müde. Doch ich glaube, das hat etwas mit meiner Schwangerschaft zu tun. Also bohre ich weiter. Dominik meint: „Na, du hast so gestrahlt und deine Augen haben geleuchtet, als du das Ultraschallbild beobachtet hast.Und ich habe nur ein Gewirr von Schwarz und Weiß gesehen. Da konnte ich rein gar nichts erkennen.

    Er ist ja so niedlich. Wie er sich gleich Sorgen macht. Ich grinse und beruhige ihn. Er ist halt ein Mann und so sind Männer eben.

    „Freitag, 19.7.2013:

    In dieser Woche beginnen sich deine Gesichtszüge zu formen mit dunklen Punkten an den Stellen, wo sich die Augen befinden. Kleine Knospen bilden die Arme und Beine. Muskelstränge beginnen zu wachsen, das Herz schlägt 150 Mal pro Minute. Bei mir kommen Haarausfall und Schluckauf dazu. Heute war wieder so viel Stress beim Arbeiten. Ich hoffe, du bekommst nichts mit. Mein Bauch ist ziemlich fest geworden. Nicht nur, dass die Hose schon recht eng ist, selbst ausgezogen kann ich mich nicht mehr gut nach vorne beugen. Das Atmen wird schwer, ich bekomme wenig bis keine Luft. Es fühlt sich an, als will mich jemand in der Mitte meines Leibes auseinander quetschen. Ich habe schon mal mehr Kilos gewogen, aber da war es nicht so schlimm wie jetzt. Allerdings muss ich zugeben, dass ich zum ersten Mal meinen Bauch richtig gerne in der Öffentlichkeit zeige und es mir überhaupt nichts ausmacht, dass er etwas raussteht. Ich trage ihn mit Stolz. Und dafür danke ich dir!"

    Ich habe ihn tatsächlich gefunden! Der Sinn meines Lebens ist mein Baby, das noch ungeborene Fleckchen auf dem Ultraschallbildschirm.

    Heute wird gegrillt. Ausnahmslos alle wichtigen Personen sind hier und ich platze schier angesichts meiner frohen Botschaft. Da wären Dominiks Bruder Loki mit seiner Freundin Cora. Die Brüder sehen sich so ähnlich, ticken im Grunde genau gleich, verhalten sich allerdings unterschiedlich. Cora sieht mir ähnlich; gut, sie ist fast zwei Köpfe kleiner als ich, aber auch kugelrund. Nur bei ihr schaut es wie eine Bowlingkugel mit Gliedmaßen aus. Auch anwesend sind unsere beiden Eltern, die allesamt zum ersten Mal Omas und Opas werden. Dominiks Papa ist Polizist, die Strenge strahlt er auch privat aus, seine Mutter hingegen ist eine dünne, klappernde, lange Bohnenstange. Nicht nur, weil sie fast nur aus Haut und Knochen besteht, sondern auch, weil sie so zittrig ist. Meine Eltern sind natürlich im Gegenzug perfekt! Klar schimpfe ich auch über sie, aber hej, das ist schließlich mein Recht als Tochter. ;-) Unser Freund Ivo mit seinem neuen Betthäschen Tabea ist ebenfalls mit am Start. Da haben sich zwei mit südländischem Temperament gefunden… Ich vermute, er ist noch nicht über seine letzte Trennung hinweg, will sich „Möglichkeiten offen halten. Andreas und Mina sind auch da, die ausgefallensten Vögel aller, wie ich finde. Sie haben sich beim Physikstudium kennengelernt, Andreas ist mittlerweile Professor. So reden sie auch, ich verstehe manchmal kein Wort. Mina ist der vollen Überzeugung, dass alle Menschen böse und nicht liebenswert sind. Sollte sie einmal ein Kind bekommen, wird sie es hassen, und Andreas hasst sie einfach nur ein bisschen weniger als alle anderen. Mit von der Partie ist auch meine Schulfreundin Tine mit Familie. Wir sehen uns zwar selten, doch immer wieder gerne. Sie hat sich etwas zurückgezogen, seit sie eher unfreiwillig Mama geworden ist und deswegen heiraten musste. Ich sage nur: streng katholisches Elternhaus. Und natürlich meine zwei engsten Freundinnen Alva und Anna. Alva bringt immer frischen Wind in mein Denken, sie sieht super aus, hat eine unglaubliche Ausstrahlung (mal ehrlich, wenn ich auf Frauen stehen würde… sie würde definitiv mir gehören) und ist sozusagen ein esoterischer Oberguru, meine spirituelle Lehrerin. Allerdings sind Beziehungen kein passendes Lebensmodell für sie. Anna hingegen ist der ausgleichende, bodenständige Teil für mich. Sie ist die perfekte Hausfrau, Mutter zweier Mädchen, Ehefrau und arbeitet auch noch. Es gibt nichts, was sie nicht schafft, und sie hat abgenommen. Na ganz toll, nicht, dass das alles nicht schon genug wäre, nein, jetzt sieht sie dazu auch noch gut aus, und lässt mich das bei jeder Gelegenheit wissen. Heute taucht sie in „Fick-mich-Stiefeln auf. Zum Kotzen!

    Ach her je, das war mein Stichwort. Mir wird gerade vom Zwiebelsalat und meinem Zwiebel-Mundgeruch übel. Ich muss mich zwar nicht übergeben, doch mir ist immer häufiger schlecht, vor allem, wenn ich einen ganzen Teller auf einmal esse (sonst verdrücke ich locker zwei!) oder nach Anstrengung oder einfach mal so. Doch ganz „schwabenlike" behalte ich alles bei mir. Das wurde schließlich bezahlt! ;-)

    Manchmal macht es mir schon fast Angst, wie (ver)urteilend und (be- oder ent)wertend ich über andere Menschen denke. Vor allem über die, die ich sehr gerne habe und liebe. Zum Glück kann keiner meine Hirngespinste hören und zum noch größeren Glück kann ich nicht die Gedanken der anderen hören. Oftmals mache ich in meinem Gedankenkarussell regelrecht einen Cut, ich sage mir „Stopp" und hole mich so selbst in die Realität zurück.

    Dominiks Vater sieht mich an und meint: „Was ist mit dir los? Du siehst heute so anders aus! Richtig gut. Ich fühle mich ertappt und denke: „Huch, wie will er das nur sehn und ich sehe heute richtig gut aus? Aha, sonst eher scheiße oder wie? Ivo eröffnet uns völlig unerwartet, dass er Papa wird und nun mit Tabea auch offiziell ein Paar ist. Das kam wirklich sehr plötzlich, und ich kann mich kaum noch zurückhalten mit meiner frohen Botschaft. Bilder steigen in mir auf, wie unsere Kinder zusammen im Garten Ball spielen. So nebenbei wusste ich sowieso schon immer, dass da zwischen den zweien mehr läuft. Ich hoffe nur, das geht auch gut. Bestimmt war das ein „Unfall. Aber ich will mal nicht vorschnell urteilen. Mein Paps wundert sich, warum ich heute nicht mit ihm und einem Glas Wein anstoße. Da fällt mir gerade auf, wie oft ich eigentlich bisher Alkohol trank. Hier ein Fest, da eine Einladung, dort gibt es was zu feiern, einfach mal so am Abend. Gründe dafür gibt es ja immer, doch nun gibt es einen viel wichtigeren und schöneren Grund, es gerade eben nur bei den antialkoholischen Getränken zu belassen. Obendrauf begrüßt mich Alva auch noch mit: „Hey Bella, du strahlst ja regelrecht, bin gespannt, was du zu berichten hast.

    So. Jetzt haben sie es geschafft. Ich kann mich einfach nicht bremsen. Außerdem würde ich es sowieso am liebsten gleich der ganzen Welt mitteilen. Also klopfe ich noch vor dem Essen mit einem Messer an mein Glas und lass die Bombe hochgehen:

    „Meine Lieben, es freut mich, dass ihr heute alle kommen konntet. Ich mach es auch kurz, weil das Essen gleich fertig ist. Aber ich muss euch etwas ganz Wichtiges sagen: Wir bekommen Nachwuchs!" Mein Grinsen ist sicher noch im Nachbardorf zu sehen. Ich blicke von Gast zu Gast in überraschte Gesichter. Da kommt schon Anna mit offenen Armen angerannt und drückt mich. Noch während wir uns umfassen, spüre ich auch Tines Hinzukommen. Als ich mich löse, stehen ein paar Leute Schlange, um zu gratulieren. Jeder beglückwünscht mich, alle freuen sich für mich, ich bekomme Bussis, Drücker und Knutscher. Es ist ein schönes Gefühl, wenn die Mitmenschen die Freude mit dir gerne teilen. Andreas sieht man sofort ein Strahlen in seinen Augen an. Auch er breitet seine Arme aus und drückt mich dann herzhaft. Mir laufen einige Tränen nur so runter, und sogar er muss weinen. Ich glaube, er freut sich kein Stückchen weniger darüber, als ich selbst.

    Aber auch eine für meinen Geschmack sehr kühle Reaktion meiner Eltern ernte ich mit „ach ne und „so, na dann. Und Mina kommentiert mit einem eher unpassenden Spruch: „Also, ich weiß, wie man verhütet!"

    Sind das meine Schwangerschaftshormone? Was geht denn hier ab? Gönnen sie mir das Glück etwa nicht? Ich komme mir vor, wie auf der Achterbahn. Meine Stimmung geht hoch und runter und dazwischen macht sie auch noch Loopings oder Überschläge. Dominik schaut mich verärgert an. Es tut mir ja leid, dass ich ihn einfach so übergangen und für uns entschieden habe, es alle wissen zu lassen. Aber so kann ich doch viel freier auf alle zugehen und überhaupt, vielleicht höre ich mich wie ein trotziges Kind an, aber: Wie du mir, so ich dir. Ha. Basta.

    Nachdem alle Gäste weg sind, machen wir es uns noch gemütlich. Wir wohnen auf dem Land in einem kleinen idyllischen Dorf in unserem eigenen Einfamilienhaus mit großem Garten. Wie es sich gehört, verzieren jede Menge toller Blumen und drei Apfelbäume das Anwesen nahe der Iller. Man muss nur den angrenzenden Feldweg entlanggehen und schon erreicht man den malerischen Fluss. Es ist wahrlich paradiesisch hier. Wir sitzen auf der Terrasse nebeneinander. Keiner muss auch nur ein Wort sagen. Wir lieben uns, wir sind im Hier und Jetzt, alle Probleme und Sorgen drum herum vergeben und vergessen. Sein Blick berührt mich tief, er streichelt ohne mich zu berühren meine Seele, ein Augenblick des inneren Friedens. Ich spüre genau, dass er mir kein bisschen mehr böse

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1