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Sardinien - Ein Traum wird wahr
Sardinien - Ein Traum wird wahr
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eBook379 Seiten5 Stunden

Sardinien - Ein Traum wird wahr

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Über dieses E-Book

Für Carlotta Renzo hatten Freiheit und Unabhängigkeit schon immer einen großen Stellenwert im Leben. Ihre Leidenschaft für fremde Sprachen und ausgedehnte Reisen, ihr Ehrgeiz, ihr Mut und genügend Zähigkeit waren die Voraussetzung, um ihre privaten und beruflichen Ziele zu erreichen. Dabei eröffneten sich immer wieder neue Chancen und Perspektiven, sowohl in Deutschland als auch im europäischen Ausland oder in Asien und Russland.

Besonders die Länder am Mittelmeer faszinierten sie, und viele Urlaube führten daher nach Griechenland, Italien, Südfrankreich und zuletzt auch Sardinien. Vom ersten Aufenthalt an hatte es ihr diese Insel und ihre raue, aber einzigartige Landschaft angetan, und der Gedanke, irgendwann hier zu leben, ließ sie nicht mehr los.

Ein glücklicher Zufall machte dies schneller möglich als erwartet: sie konnte sich zusammen mit ihrem Mann einen lang gehegten Traum erfüllen und ein ganz neues Leben beginnen - in einem milden, mediterranen Klima und nahe am Meer schien der Traum vollkommen.

Es folgten aufregende Jahre voller Überraschungen und interessanter Begegnungen - Freundschaften entstanden, aber auch Enttäuschungen blieben nicht aus. Trotz vieler Hindernisse und unvorhersehbarer Probleme war Aufgeben niemals eine Option!

Carlotta Renzo lebt inzwischen seit Jahren abwechselnd in Süddeutschland und auf Sardinien. Erfahrungen und Erlebnisse bei der Verwirklichung ihres Traums inspirierten sie zu diesem Buch, und so entstand ihr Erstlingswerk, dem weitere Erzählungen vom Leben auf dieser paradiesischen Insel folgen sollten.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum15. Feb. 2021
ISBN9783347255609
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    Buchvorschau

    Sardinien - Ein Traum wird wahr - Carlotta Renzo

    Einführung

    In den ersten 6 Monaten nach meiner Geburt brüllte ich mir die Lungen aus dem Leib bis ich blau angelaufen war und keine Luft mehr bekam - man gab mir kein Jahr auf dieser Welt… Aber entgegen aller Voraussagen der Ärzte hielt ich erstaunlicherweise durch und wurde ein ziemlich wildes Kind, robust und energiegeladen, voller Freiheitsdrang und verrückten Ideen. Meine Welt war immer viel zu klein…

    In den Zeiten meiner Kindheit gab es in der Nähe unserer Wohnung noch viele verschüttete Keller und Ruinen aus dem Krieg, und kein Abenteuerspielplatz konnte interessanter sein. Es waren unsere ersten Entdeckungsreisen, und selbst wenn man uns immer wieder ermahnte, nicht dort zu spielen oder gar in die teils vorhandenen Kelleröffnungen zu kriechen, konnten wir Kinder es nicht lassen…

    Als meine Eltern nach einigen Jahren endlich in ein eigenes, kleines Haus am Stadtrand ziehen konnten, bedeutete dies für mich einen weiteren Schritt in Richtung Freiheit. In den angrenzenden Feldern und Wiesen konnte ich mich mit anderen Kindern austoben, auf die alten Weiden am Fluss klettern oder auch allein an der Uferböschung sitzen, den trägen Lauf des Wassers oder die Wolken beobachten und meinen Träumen nachhängen.

    Das Leben war voller schöner Momente, und ich fühlte mich glücklich und unendlich frei. Wann immer ich konnte, war ich in der Natur unterwegs; zu Fuß oder auch mit dem Fahrrad - oft kilometerweit, ohne einem Menschen zu begegnen. An der stillgelegten Eisenbahnstrecke gab es ein paar felsige Hügel und einen kleinen Tümpel, wo ich oft mit meiner Freundin die Feuersalamander beobachtete und stundenlang im Gras sitzend über Gott und die Welt reden konnte. Manches Mal gingen wir auch mit der Pfadfindergruppe auf ‚große Fahrt’ und ins Zeltlager, saßen abends in großer Runde am Lagerfeuer, spielten Gitarre, sangen Lieder und diskutierten über alles, was uns zu dieser Zeit bewegte.

    Wir schmiedeten Pläne, was wir später unternehmen würden, denn zuhause war uns längst alles zu klein geworden, und der Gedanke an die große, weite Welt, an fremde, interessante Länder ließ uns nicht mehr los. Ich war fest davon überzeugt, auch einen Beruf zu finden, der mir Gelegenheit geben würde, die Welt zu ‚erobern’! Mit dieser Aussicht beendete ich meine Schulzeit sehr erfolgreich, und schon in den Ferien war ich voller Elan dabei, mich auf die Sprachenschule vorzubereiten und damit den Grundstein für mein großes Ziel zu legen.

    Von einem Tag auf den anderen zerplatzten meine Zukunftsträume wie eine Seifenblase, als zuerst meine Großmutter und dann kurz darauf mein Vater verstarben. Alle meine Hoffnungen und Planungen waren plötzlich über den Haufen geworfen worden, und ich musste mit der drastisch veränderten Situation zurechtkommen. In erster Konsequenz hieß dies, schnell Geld zu verdienen. Aufgrund meines guten Schulabschlusses eroberte ich einen der begehrten Ausbildungsplätze in einer Bank. Eigentlich hätte ich zufrieden sein sollen, aber meine Begeisterung wurde von Woche zu Woche geringer. Diese Arbeit war weit entfernt von meinen Vorstellungen, und engstirnige, ewig ‚gestrige’ Vorgesetzte ließen mich manchmal verzweifeln, obwohl mir Lernen doch immer Freude gemacht hatte.

    Ich musste also unbedingt Lösungen finden, um aus diesem ‚Käfig’ zu entkommen! Die einzige Möglichkeit dazu schien, meine vorhandene Basis an Fremdsprachenkenntnissen nebenbei mit Kursen weiter auszubauen. Mit etwas Glück konnte ich dann versuchen, eine andere Arbeit zu finden, die mir mehr Spaß machen würde. Und ich schaffte es tatsächlich!

    In einer Maschinenbaufirma bekam ich überraschend und schneller als gedacht, die Möglichkeit, mich zu beweisen. Schon nach einigen Wochen sollte ich die Geschäftsleitung auf eine Messe nach Paris begleiten. Zwar hatte ich einerseits mächtig Bammel davor, da ich befürchtete, mich vielleicht zu blamieren (bis dahin hatte ich nur Übersetzungen gemacht und kaum Erfahrung im Sprechen oder gar Dolmetschen), andererseits erkannte ich die Chance, die darin lag.

    Es war genau das, was ich mir immer gewünscht hatte – beruflich in andere Länder reisen zu können. Mit viel Optimismus und auch ein wenig Glück konnte ich diese Hürde erfolgreich überwinden! Es lief erstaunlicherweise zur Zufriedenheit aller sehr gut, und ich konnte damit rechnen, auf weiteren Auslandsmessen eingesetzt zu werden. Der Job machte mir sehr viel Spaß, und ich hatte schnell Gelegenheit, mehr Verantwortung in der Firma zu übernehmen.

    Vielleicht wäre ich sogar dort hängen geblieben, wenn nicht meine ‚große Liebe’ zum Studium in eine andere Stadt gegangen wäre! So entschied ich mich ebenfalls zum Umzug und machte dadurch ein paar neue berufliche Erfahrungen. Nach dem Ende des Studiums überlegten wir gemeinsam, wie unsere Zukunft aussehen sollte, wie und wo wir leben wollten. Eine wichtige Frage dabei war für mich, ob wir wirklich jetzt schon eine Familie gründen und Kinder wollten, was ich mir aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt absolut noch nicht vorstellen konnte: Meine gerade erst gewonnene Freiheit so schnell wieder aufzugeben, kam für mich nicht infrage, denn ich war definitiv noch nicht dort angelangt, wo ich mich in meinen Träumen gesehen hatte.

    Ich liebte ich die Freiheit, die Unabhängigkeit und vor allem die Möglichkeit, mit weitem Herzen und offenem Geist zu reisen, die Welt kennenzulernen, dabei verschiedene Kulturen, Menschen und ihre Mentalität, andere Sprachen und Sichtweisen zu verstehen, fremde Küchen und fremde Gerüche zu erkunden und vieles mehr. Meine Schulfreundin war nach Paris gegangen, und wir besuchten sie mehrmals dort, machten aber auch einige Entdeckungsreisen in andere Länder Europas. Meinem Partner hatten es die alten Griechen schon in der Schule derart angetan, dass er unbedingt endlich dorthin reisen und das antike Griechenland sehen wollte. Zuerst war ich davon wenig begeistert, aber letztendlich ließ ich mich doch davon anstecken, und ich habe es nicht bereut…

    Als wir die meisten unserer Reiseziele abhaken konnten, lieferte mir der Zufall die Gelegenheit, einen äußerst interessanten Job zu bekommen, wo ich nicht nur selbständig arbeiten, sondern auch meine Sprachkenntnisse einbringen konnte. Zudem hielt er ungeahnte Entwicklungsmöglichkeiten für mich bereit, die ich allerdings damals noch gar nicht erkennen konnte!

    Es war ein kompletter Neuanfang, die Firma wurde erst gegründet, und im ersten halben Jahr arbeiteten wir nur zu zweit. Diese Monate brachten täglich neue Herausforderungen mit sich, aber auch extreme Arbeitszeiten, um aus der Startposition heraus das kleine Unternehmen zum Leben und Überleben zu bringen. Es war anstrengend, machte aber auch enorm viel Spaß. Recht schnell zeichneten sich erste Erfolge ab – es lief erstaunlich gut. Aber was das Wichtigste für mich dabei war: ich konnte mich hier frei entfalten, ich wurde nicht ‚gebremst’ und hatte nie das Gefühl, eingeengt zu werden. Faszinierend fand ich auch, mich immer wieder in neue Bereiche einarbeiten zu können, ohne den Job zu wechseln, und ich freute mich über die Anerkennung, die ich bei der Bewältigung meiner Aufgaben bekam. Es waren interessante, aber auch arbeitsreiche Jahre mit viel Verantwortung, und auf meinen Reisen in andere Länder konnte ich wertvolle Erfahrungen sammeln. Auch von der Mentalität der Menschen in diesen Ländern konnte ich viel kennenlernen, auf der persönlichen wie auf der beruflichen Ebene, und dabei auch viele Freunde weltweit gewinnen.

    Meine Reisen führten mich in die Metropolen Europas, in die USA, in den Nahen und Mittleren Osten und nach Südafrika, nach Russland und Zentralasien, nach China und in viele Städte Südostasiens. Endlich hatte ich mein Ziel erreicht, das ich mir schon in der Schulzeit gesteckt hatte – wenn auch auf Umwegen…

    Zwar hatte mein Partner immer großes Verständnis für meinen Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit, aber irgendwann stand das Thema Familie und Kinder wieder auf der Tagesordnung. Er selbst war mit zwei Brüdern aufgewachsen, ich dagegen war ein Einzelkind und viel auf mich selbst gestellt gewesen. Für mich war immer klar, dass ich Beruf und Familie später irgendwie unter einen Hut bringen wollte. Mein Partner hätte dagegen gerne eine große Familie gehabt.

    Das Ergebnis vieler Diskussionen war letztendlich doch die Entscheidung zugunsten Kind und Beruf, aber nicht sofort. Ich brauchte unbedingt noch etwas Zeit, um Klarheit zu gewinnen, vor allem nachdem ich die Leitung einer neu aufzubauenden Abteilung übernommen hatte. Zudem nahm uns danach das Abenteuer ‚Hauskauf’ mit vielen unvorhersehbaren Hürden mehr als ein halbes Jahr in Beschlag. Aber letztendlich haben wir doch alles gemeinsam gut gemeistert!

    Schon in dieser Zeit hatte ich ein sehr ‚bewegtes’ und ausgefülltes Leben, aber bestimmte Gedanken tauchten mit den Jahren trotzdem immer wieder und immer öfter auf: Es muss noch ein anderes Leben geben! Oder eine andere Freiheit als die, die ich bisher dafür gehalten habe. Vielleicht hingen diese Gedanken auch damit zusammen, dass meine Mutter, die in den letzten Jahren an schwerer Demenz gelitten hatte und daher in einem Pflegeheim in unserer Nähe untergebracht war, nun verstorben war. Ich musste erkennen, dass wir selbst jetzt ‚die älteste Generation’ waren… Das machte mich doch sehr nachdenklich. Immer wieder kamen und gingen Gedanken, die ich lange verdrängt hatte.

    Erneut beschleunigte ein Ereignis oder vielleicht ein glücklicher Zufall das, was ich in Gedanken und unbewusst in meinen Träumen eigentlich schon eine ganze Weile wollte: das Leben nochmals neu zu entdecken und bewusster, vielleicht auch nur einfach ‚anders’ zu gestalten. Zurück zur Natur, die in den vielen Arbeitsjahren zu kurz gekommen war in meinem Leben? Dieser Zufall konnte vielleicht noch einmal alles verändern – er konnte einen Aufbruch in ein neues, anderes Leben bedeuten, wenn ich nur wollte! Und er gab letztendlich auch den Ausschlag, dieses Buch zu schreiben, denn ich wollte meine Gedanken und Vorstellungen in diesem Zusammenhang nicht nur innerlich ‚aufarbeiten’, sondern auch zu Papier bringen – den Aufbruch in ein neues Leben, in eine neue, andere oder größere Freiheit…

    Unsere Begeisterung für die südländische Lebensart, für die Länder im Mittelmeerraum, insbesondere für Italien, für die Kultur, die Sprache, die Mentalität, die italienische Küche und die Lebensart und nicht zuletzt die südliche Sonne und das Klima haben mich und meine Familie für die Zeit unseres Urlaubs seit vielen Jahren immer wieder in dieses Land geführt. Auch mein Mann ist erfreulicherweise ein begeisterter ‚Südländer’ (viele halten ihn sogar dafür – wahrscheinlich stammen seine Vorfahren irgendwo aus dem Süden…).

    Wir hatten neben Italien einige Jahre auch Südfrankreich öfter bereist: wir waren im Languedoc und in der Provence, wir sind die Küste entlang bis zur spanischen Grenze unterwegs gewesen und haben uns sowohl an der mediterranen Küche und den guten Weinen als auch an der Leuchtkraft der Farben im Süden ‚berauscht’.

    Aber immer wieder hat es uns nach einigen ‚Ausreißern’ erneut nach Italien gezogen, sodass wir die meisten Regionen mittlerweile ganz gut kannten, sei es nun die Toskana, Umbrien, das Latium, die Basilicata oder Kalabrien – sogar Sizilien haben wir ‚erforscht’. Wir haben die Etruskergräber bei Grosseto besichtigt, das ausgegrabene Pompeji bestaunt, den Vesuv bestiegen, viele Ruinen aus längst vergangenen Kulturen besucht, die Geschichtsbücher zu Rate gezogen, und auch die Kunst an vielen berühmten Orten ist dabei nicht zu kurz gekommen – wir haben uns also mit Italien auf vielfältige und gründliche Weise befasst.

    Nur die vielen italienischen Inseln wie auch die berühmteste und bekannteste darunter, Capri, oder die Liparischen Inseln, Elba oder auch Giglio sowie Sardinien hatten wir noch außen vor gelassen! Aber das sollte sich ändern…

    Und irgendwann kam fast zwangsläufig der Gedanke, in diesem Land, dessen Küche und Klima wir liebten, dessen Sprache wir kannten und die Lebensart seiner Bewohner wir bewunderten, ein ständiges Domizil zu haben, entweder auf dem Festland oder auf einer der Inseln, die wir noch entdecken wollten. Durch Familie und Beruf wurde dieser Gedanke zwar auf später verschoben, doch ließ er sich nie ganz aus dem Kopf verbannen. Besonders in den letzten Jahren wurde nach jedem Urlaub der Wunsch stärker, diesen Gedanken in die Tat umzusetzen.

    Schon unsere erste Entdeckungsreise nach Sardinien hatte intensive Spuren hinterlassen: wir waren so begeistert, dass wir in den letzten Jahren jeden Sommerurlaub, manchmal sogar zusätzliche Tage im Frühjahr oder im Herbst, auf Sardinien verbracht hatten. Wir spürten immer stärker, dass es uns diese Insel wirklich angetan hatte: ihre spröde Schönheit, die größtenteils fast unberührte Natur, besonders im Landesinneren, faszinierende Landschaften, Gesteinsformationen und Schluchten, die gewaltigen Ruinen der Nuragher aus tausende Jahre alter Vergangenheit und natürlich auch das klare türkisfarbene Wasser des Meeres, das es übrigens nicht nur an der bekannten Costa Smeralda gibt.

    Klar, dass wir uns auch diese berühmte Region des Jet Sets einmal ansehen mussten. Die Landschaft mit ihren Granitsteinen, das Meer und viele schöne Buchten, aber auch malerische Orte an der Smaragdküste haben schon einiges zu bieten. Aber der Trubel und die typischen Aktivitäten einer exklusiven Urlaubsregion konnten uns nicht in dem Maße begeistern wie es die Naturschönheiten anderer, weniger bekannter Regionen, vor allem auch die Ruhe (bis hin zur Einsamkeit…) getan haben.

    Ganz genau ließ es sich nicht beschreiben, warum gerade ich mich zu dieser Insel derart hingezogen fühlte – es war ein reines ‚Bauchgefühl’ und nicht wirklich rational zu erklären. Jeder Abschied von der Insel erschien mir schwerer, jede Abreise nach dem Urlaub machte mich auf eigenartige Weise wehmütig. Also überzeugte ich meinen Mann, die Insel wirklich gründlich zu ‚untersuchen’, um das schönste und für uns am besten geeignete Fleckchen Erde zu finden, auf dem wir später einmal leben wollen würden.

    Dabei gab es durchaus viele Wünsche und Vorstellungen für diesen Traumplatz zu berücksichtigen: Lage mit Meerblick, am besten von einer Anhöhe aus, in landschaftlich reizvoller Umgebung, kurze Wege zu schönen Stränden, außerhalb eines Ortes, aber doch nahe genug an einem ganzjährig bewohnten, gewachsenen Ort mit allen Einkaufsmöglichkeiten und ärztlicher Versorgung, auf keinen Fall in einem typischen Touristenzentrum. Das Grundstück sollte ziemlich groß sein, das Haus eher klein und gemütlich, und das Ganze musste dazu auch noch erschwinglich für uns sein… also eigentlich etwas, das nicht so einfach zu finden sein würde.

    Die passende Region hatten wir nach ausgiebigen Rundreisen durch den Norden, Westen, Süden und Osten der Insel schon ins Auge gefasst – es sollte der Südosten sein, wo die Sonne mit entsprechenden Temperaturen fast 10 Monate ein Leben im Freien ermöglicht und kilometerlange Strände zum Baden einladen, wo die Landschaft gleichzeitig hügelig und idyllisch ist und viele Möglichkeiten zum Wandern bietet. Es ging also um die Küstenregion zwischen Arbatax / Tortoli und Villasimius, die auch die Costa Rei einschließt.

    Zuerst hatten wir mit der Region um Dorgali geliebäugelt, aber die Gegend um Barisardo gefiel uns auch ausnehmend gut, die Berge waren nicht weit, und für Ausflüge in die nähere Umgebung boten sich viele Möglichkeiten. Aber auch Richtung Süden zur Costa Rei gab es viele schöne Ecken, allerdings war dies schon wieder ein Gebiet, das im Sommer viele Touristen anzieht.

    Eine gewisse Vorauswahl hatten wir damit bereits getroffen, aber der schwierigste Teil sollte noch folgen. Wo gab es diesen Traumplatz, der all den Wunschvorstellungen am nächsten kam? War so etwas überhaupt zu finden? Und war es dann noch erschwinglich für uns? Sollten wir uns an einen Makler wenden oder selbst über Freunde und Bekannte auf die Suche gehen? Konnten wir bei unseren Ausflügen auf Sardinien auf eigene Faust Leute ansprechen? Wie wollten wir das Ganze überhaupt angehen, wenn wir vorerst nur einige Wochen im Jahr auf der Insel verbringen könnten? Was waren die rechtlichen Hürden für ein solches Vorhaben?

    Fragen über Fragen, die wir begannen, systematisch ‚abzuarbeiten‘, um uns dann als ersten Schritt einem Verein für Hausbesitzer im südlichen Ausland als Mitglied anzuschließen. Hier wurde u. a. eine Beratung bei allen rechtlichen Fragen, Hilfe und Unterstützung bei Kaufverträgen etc. angeboten. Es konnten auch Erfahrungen mit anderen ausgetauscht werden, die ein derartiges Abenteuer schon hinter sich hatten. Wir hofften, dabei auch herauszufinden, was es mit der bekannt-berüchtigten Art und Weise, wie Verkäufe/ Käufe im Ausland, besonders auch in Italien, abgewickelt werden, auf sich hat…

    Bei unserem nächsten Aufenthalt auf Sardinien im folgenden Jahr wollten wir uns nun speziell in dem Küstenstreifen, der nach entsprechender Erkundung für uns infrage kam, konkret auf die Suche begeben – zuerst einmal bei den Maklern in dieser Gegend. Es ging einfach darum, die Lage zu sondieren und erste Erfahrungen zu sammeln.

    Wenn ich auch durch meine Arbeit auf der Mailänder Messe in den 80er Jahren über ganz brauchbare Italienischkenntnisse verfügte, hatte ich doch feststellen müssen, dass sie zwar nützlich, aber noch nicht ausreichend für ein solches Unterfangen waren. Also musste ich diese Kenntnisse ausbauen und mir vor allem den einschlägigen Wortschatz aneignen. Verhandlungen mit Maklern, Verkäufern oder Behörden verlangen doch andere Kenntnisse der Sprache als solche für einen Urlaub. Zwar bin ich gut imstande, Hände und Mimik ‚mitarbeiten’ zu lassen, aber es war sicher sinnvoll, noch einiges dazuzulernen. Übrigens unterscheidet sich die sardische Sprache sehr von der italienischen, aber die meisten Sarden, vor allem die jüngeren, sprechen heute fließend Italienisch.

    Oktober 2002

    In diesem Monat setzte der schon erwähnte glückliche Zufall alles schneller in Bewegung als uns eigentlich lieb war! Wir trafen einen flüchtigen Bekannten wieder, den wir Jahre nicht gesehen hatten, obwohl er nur einige Kilometer von unserem Ort entfernt ein kleines Geschäft hatte und auch dort in der Nähe wohnte.

    Bei unserem Gespräch stellte sich heraus, dass er gar kein Spanier war (wie wir aufgrund seines Namens immer geglaubt hatten), sondern aus Sardinien stammte. Daraufhin verlagerte sich der Inhalt des Gesprächs natürlich auf Sardinien, auf unsere Begeisterung für diese Insel, auf die Regionen, die wir schon besucht hatten, und dass wir uns vielleicht später einmal dort überwiegend oder ganz aufhalten wollen. Er erzählte, dass er in einem kleinen verschlafenen Nest in eben der Region aufgewachsen war, die wir für uns ausgewählt hatten. Und dann fiel der folgenschwere Satz, der unser Leben fortan veränderte: ‚Wenn ihr da etwas sucht, habe ich vielleicht etwas für euch…’

    Wir trauten unseren Ohren nicht, denn es war fast unglaublich: Er hatte vor einigen Jahren in der Nähe seines Heimatortes ein großes Grundstück erworben: in hügeliger Landschaft, mit Blick auf das Meer! Inzwischen wurde der Rohbau für ein kleines Haus im typisch sardischen Stil errichtet. Und genau dieses Grundstück mit dem noch unfertigen Gebäude wollte er verkaufen – die endgültige Entscheidung wollte er in diesen Tagen treffen!

    Welcher Zufall – welche Macht hatte uns gerade jetzt zueinander geführt? Allerdings schien er seinen Entschluss noch zu überdenken - vor allem hatte er bisher offenbar weder mit seiner Familie noch mit Freunden konkret darüber gesprochen. Für uns hieß das trotzdem, dass wir vielleicht zur richtigen Zeit mit der richtigen Person in Kontakt gekommen waren. Denn nach mehr als 30 Jahren in Deutschland wollte er sein Geschäft aufgeben und sich zur Ruhe setzen. Seine durch und durch deutsche Frau dagegen hatte keine Lust, ihren Lebensabend in einem verträumten Nest auf Sardinien zu verbringen; schon gar nicht mit dem ganzen Familienclan ihres Mannes, der sie wohl zwangsläufig und wie sie vielleicht richtig vermutete, dort voll vereinnahmen würde. Sie sprach auch die Sprache kaum und wollte lieber nach Spanien oder Portugal gehen, um dort in einer ‚Interessanteren’ Gegend (wo vor allem mehr los ist…) ein Haus zu kaufen.

    Bei einem dieser Gespräche mit uns kam auch heraus, dass er sich oft fragte, wo er nun wirklich hingehöre: auf Sardinien geboren und aufgewachsen, als junger Mann zuerst nach England und dann nach Deutschland gekommen, wo er dann geheiratet, ein Geschäft aufgebaut und über 30 Jahre verbracht hatte – eigentlich hatte er sich nun vorgenommen, zu seinen Wurzeln zurückzukehren. ‚Was soll ich in Spanien oder in Portugal? Ich weiß es wirklich nicht‘ – das waren seine Worte. Und dabei wirkte er fast ein wenig traurig. Aber letztendlich sei es wohl trotz aller Bedenken der richtige Entschluss, das Haus, das er für sich und seine Frau habe fertig stellen wollen, doch zu verkaufen.

    Wir verabredeten uns für die darauffolgende Woche, um über weitere Einzelheiten zu sprechen, den Bauplan zu begutachten und die Fotos anzuschauen, die er bei seinem letzten Besuch auf Sardinien von Haus und Grundstück gemacht hatte. Außerdem wollten wir noch ein paar paar weitere, wesentliche Informationen bekommen.

    Nach dem letzten Besuch waren wir noch sicherer, dass wir uns mit dem Objekt näher befassen wollten. Wir diskutierten das Thema zuhause natürlich stundenlang, und an manchen Abenden drehte sich das Gespräch kaum noch um etwas anderes. Vor allem beschäftigte uns der Gedanke daran, dass der Traum nun vielleicht schneller Wirklichkeit werden könnte, als wir das geplant hatten. Und dabei gab es nicht nur persönliche und berufliche, sondern auch finanzielle Aspekte zu berücksichtigen…

    Die Feiertage Anfang November waren nicht mehr weit, und wir beschlossen spontan, diese Tage mit ein paar zusätzlichen Urlaubstagen so zu verlängern, damit es für eine Kurzreise nach Sardinien reichte. 5 Tage würden uns genügen – für die Fahrt mit dem Auto nach Livorno zur Fähre, die Überfahrt auf die Insel mit der Nachtfähre, die Anreise vom Hafen in Olbia in den Südosten der Insel, 2 Tage Aufenthalt, um uns gründlich umzusehen und danach wieder auf gleichem Wege zurückzukehren. Wir waren so beflügelt von der Neugier, was uns wohl erwarten würde und der unausgesprochenen Frage, ob es wirklich, das Fleckchen Erde war, das wir uns gewünscht und vorgestellt hatten, sodass uns die mit der Fahrt verbundenen Strapazen nebensächlich erschienen.

    November 2002

    Wir waren aufgeregt wie Kinder, die sich auf Weihnachten freuen und konnten es kaum erwarten, dass auf der Fähre nach der Ankunft in Olbia endlich die Ausfahrt geöffnet wurde. Die Strecke nach Tortoli bewältigten wir wesentlich schneller als sonst, da wir ja keinen Wohnwagen ziehen mussten und außerdem bei einer unserer vorangegangenen Reisen eine andere Route ausfindig gemacht hatten: Es gibt eine Schnellstraße, die von Nuoro fast bis Tortoli führt, die allerdings noch nirgends beschildert war. Die übrigen Kilometer auf der SS 125 nach Süden, zum Teil an der Küste entlang, zogen sich dann unglaublich in die Länge; aber das kam uns sicher in unserer Ungeduld nur so vor…

    Der Beschreibung nach, die uns mitgegeben worden war, musste es gleich so weit sein: Zuerst durch Villaputzu fahren, über die lange Brücke (eigentlich sind es zwei Brücken, die über den Flumendosa führen) in Richtung Muravera und dann noch einige Kilometer weiter in Richtung Castiadas. In einer langgestreckten Kurve, in der man rechts in eine kleine, kaum sichtbare Einfahrt zwischen Büschen und stacheligen Kakteen einbiegen muss, sollte uns dann auf einem unbefestigten, kurvigen Weg durch Olivenhaine und Weingärten immer weiter nach oben in die Hügel führen.

    Auf dieser ‚weißen’ Straße zogen wir eine mächtige Staubwolke hinter uns her, obwohl wir langsam fuhren; der Geländewagen war optimal für diesen steinigen und von Schlaglöchern übersäten Weg, auf dem ein Ausweichen nur an einigen Stellen möglich war, falls uns tatsächlich ein Auto entgegen kommen sollte. Der Weg ging dann zwar noch ein ganzes Stück weiter nach oben, aber wir konnten jetzt schon das Nachbarhaus und gleich daneben ‚unser‘ Haus sehen.

    Als wir ausgestiegen waren, überwältigte uns nicht nur die Aussicht in Richtung Meer. Auch das Grundstück erschien uns riesig; es war noch nicht eingezäunt und der größte Teil davon bestand aus völligem Brachland mit einem ausgeprägten Wildwuchs an stachligen Sträuchern, niedrigen Büschen und einigen wilden Olivenbäumen sowie unzähligen großen und kleinen Steinen und sogar Felsbrocken. Das meiste Gestein hatte eine rostbraune Oberfläche, die teilweise in Dunkelbraun und Schwarz übergeht, was meinem Mann gleich zu Spekulationen Anlass gab. Mineralien sind schließlich eines seiner Interessengebiete.

    Das Haus war wirklich noch ein Rohbau, der nur an 2 Seiten verputzt worden war. Wir öffneten eines der unverschlossenen Fenster, die auf der Terrassenseite bis zum Boden reichen, und stellten fest, dass auch innen noch größtenteils der Putz fehlte und der Boden nur aus einer nackten und staubigen Betonplatte bestand. Es gab noch keine Treppe ins Obergeschoss, lediglich eine Bauleiter aus Eisen lehnte zur Benutzung für die Handwerker an der Wand. In den Bädern herrschte gähnende Leere – es gab keine Anschlüsse, keine Sanitärobjekte – nur die dafür vorgesehenen Aussparungen in den Wänden.

    Bei genauer Betrachtung des Grundstücks war uns durchaus klar, wie viel Arbeit damit verbunden sein würde, es zu bepflanzen und zu bebauen, dabei die unzähligen Steine zu entfernen, eine Bewässerung anzulegen, und, und, und … Aber in diesem Augenblick ging uns nur ein einziger Gedanke durch den Kopf – wir sahen ‚unseren’ Traum, der vielleicht wahr werden könnte! Sicher war es bis dahin noch ein weiter und vielleicht beschwerlicher Weg. Trotzdem - es grenzte fast an ein Wunder, dass unser Wunsch und unsere Vorstellungen so konkrete Züge annahmen und vielleicht tatsächlich realisiert werden konnten!

    Mit diesem Buch wollte ich nicht nur viele meiner Erfahrungen festhalten sondern auch all denen, die einen ähnlichen Traum haben, aber nicht sicher sind, ob sie ihn verwirklichen wollen oder können, Mut machen. Allein der Wille dazu ist ausschlaggebend, alles Weitere ergibt sich fast von selbst. Man mobilisiert Kräfte und Fähigkeiten, die man gar nicht bei sich vermutet hätte! Dazu fällt mir immer wieder der Spruch von Goethe ein, den ich mir seinerzeit an die Küchenwand geklebt habe: ‚Alles was Du erträumst zu tun oder glaubst zu können – beginne es’! Oder einen anderen Spruch, der mir um diese Zeit ebenfalls in die Finger kam: ‚Träume nicht Dein Leben, lebe Deinen Traum.’

    Wir machten mit Feuereifer zahlreiche Fotos von Grundstück und Haus aus allen möglichen Blickwickeln, selbstverständlich auch von innen; wir nahmen Maß in allen Räumen, um einen eigenen Plan anzufertigen und auch, um etwas Konkretes von unserem Traum mit nach Hause zu nehmen – nach Hause in den grauen, nassen November, dem wir nun am liebsten sofort und für immer entflohen wären.

    Danach fuhren wir wieder in den Ort zurück, um bei einem ausgiebigen, sardischen Mittagsmahl über unseren Traum nachzudenken, das Für und Wider zu diskutieren und vor allem auch zu versuchen, einige negative Punkte zu finden – aber es gelang uns einfach nicht. Alles sah so positiv aus und gefiel uns so außerordentlich gut – es war einfach kein Raum für negative Aspekte. Obwohl es die durchaus gab: Es handelte sich um ein ausschließlich landwirtschaftlich zu nutzendes Grundstück und die Mindestgröße von einem Hektar gemäß der zu dieser Zeit gültigen gesetzlichen Vorschriften erlaubten überhaupt eine Bebauung. Das Haus musste also vorwiegend der Bewirtschaftung des landwirtschaftlichen Geländes dienen und nur ‚nebenbei‘ zu Wohnzwecken, und es durfte eine bestimmte Größe nicht übersteigen – in Relation zu 1 ha waren dies 100 qm überbaute Fläche.

    Zudem waren manche der geplanten Räume in der Baugenehmigung für eine andere Nutzung ausgewiesen, z. B. ein Raum, der eigentlich das Gästeschlafzimmer werden sollte, war als Geräteraum und die große Küche als Lagerraum eingezeichnet, das große Zimmer im Obergeschoss mit separatem Bad war ebenfalls nicht für Wohnzwecke gedacht…

    Das vorgesehene Schwimmbad war im Bauplan als ‚Wasser-Rückhaltebecken‘ eingezeichnet (ein großartiges Wort in diesem Zusammenhang…), das in trockenen Zeiten als Reservoir für die Bewässerung der landwirtschaftlichen Fläche dienen sollte. Viele dieser Ungereimtheiten seien nach einschlägiger Aussage des Verkäufers im Laufe kurzer Zeit lösbar, d. h. veränderbar. Es bedürfe dazu nur einiger Anträge – diese Dinge würden in Italien schon immer so gehandhabt. Wir waren fest entschlossen, alle diese Hürden zu überwinden, und ein unglaublicher Optimismus hatte sich bereits breit gemacht. Vielleicht wollten wir aber in diesem Augenblick auch alles unbedingt durch die berühmte rosarote Brille sehen…

    Das Essen in dem kleinen Restaurant an der Hauptstraße war ausgezeichnet (eine Frau aus dem Ort hatte es uns als einfach aber gut empfohlen). Zuerst gab es verschiedene Vorspeisen aus dem Meer und danach pasta mit arselle und bottarga (eine Venusmuschelart auf Sardinien sowie Fischrogen von der Meeräsche, der geräuchert/ getrocknet und dann gemahlen auf die Nudeln gestreut wird – eine Spezialität, die wir bisher nur auf Sardinien gefunden hatten).

    Wir tranken dazu einen einfachen weißen Landwein aus der Karaffe, der uns gut schmeckte. Nach einem espresso fragten wir die Bedienung, ob sie uns eine private Unterkunft für die beiden Nächte, die wir im Ort verbringen wollten, empfehlen könne; also möglichst eine kleine Pension,

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