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Haus im Grünen - Hausgeist inklusive
Haus im Grünen - Hausgeist inklusive
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eBook217 Seiten3 Stunden

Haus im Grünen - Hausgeist inklusive

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Über dieses E-Book

Kommissarin Sibylle Raumann lässt sich in den hohen Norden versetzen, um endlich ihre Fernbeziehung mit einem Erotik-Spielzeug-Vertreter in etwas Festes zu verwandeln. Den hinreißenden Kollegen, dem sie zugeteilt wird, hatte sie allerdings nicht einkalkuliert. Auch der 250 Jahre alte Geist, der sich recht hemmungslos in ihr Leben drängt und ihr den ganzen Kaffee wegtrinkt, macht die Sache nicht unbedingt einfacher. Am Ende steht die Polizistin nicht nur vor einem ungelösten Mordfall, sondern hat auch noch jede Menge Verehrer - lebende und tote - die ihr Leben ins Chaos stürzen. Da macht der rachsüchtige Gangsterboss, der ihr Auftragskiller auf den Hals hetzt, den Kohl auch nicht mehr fett ...
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum21. Dez. 2015
ISBN9783734501494
Haus im Grünen - Hausgeist inklusive

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    Buchvorschau

    Haus im Grünen - Hausgeist inklusive - Ernst Friedrichsen

    Kapitel 1

    Ein Tag eigentlich wie jeder andere auch, nur heute änderte sich das Leben von Sibylle Raumann, denn sie hatte ihren Arbeitsbereich bei der Kripo in Duisburg aufgegeben. Hatte sich nach Norddeutschland an die dänische Grenze versetzen lassen. Sie hatte alle Überstunden zusammengekratzt, um ihren Umzug zu organisieren. Ihr Vater war mit Hausrat und Hilfskräften schon auf dem Weg ins neue Heim. Ein paar Minuten waren es noch, dann würde sie ihren Schreibtisch ihrem Nachfolger übergeben.

    Von ihrem Bürofenster aus hatte man einen freien Blick auf die Einkaufsmeile, die von der Sonne in ein grelles Licht getaucht wurde. Hastige Schatten eilten hin und her, taten, als wäre die Zeit knapp geworden, dabei hatten sie alle Zeit der Welt.

    Drei Jahre war sie hier gewesen und hatte die Kollegen ins Herz geschlossen. Der Abschied fiel ihr schwer.

    Sie war jung, hatte sich der Liebe wegen versetzen lassen: an die Küste, aufs Land – raus aus dem Gewusel, dem Puls der Stadt, auf das durchatmend dahindümpelnde flache Land.

    Sie stand am Fenster und betrachtete das Treiben aus dem vierten Stock. Wie kann ein solches Getümmel ein Gefühl von Zuhause erzeugen?, dachte sie verwundert. Jahre sah ich es und nun will ich es missen? Nein!

    Die Abschiedsrede vom Chef stand an.

    »Sibylle Raumann, sind sie da?«, rief einer in die Runde.

    »Klar.«

    »Aaah.« Künstliches Erstaunen.

    Allen war etwas beklommen zumute; die Hoffnung, sie sagte »Ich bleibe« stand jedem auf die Stirn geschrieben.

    »Liebe Sibylle, Sie gehen heute in einen neuen Abschnitt Ihres Lebens, Sie gehen wegen der Liebe. Ich weiß – und das beruhigt mich – dass es nicht an uns gelegen hat«, versuchte der Chef, etwas Humor in seine Rede zu bringen. »Ich möchte Ihnen danken dass Sie es vollbracht haben, den schlimmsten unserer Feinde zur Strecke zu bringen. Ihrem Vorgänger ist es nicht gelungen, den Mafiosi Weißner zu fassen. Sie haben es vollbracht, dass der auf ewig hinter Gittern sitzt. Alleine dafür schulden wir Ihnen Dank. Ihre offene Art und Ihr Licht werden uns fehlen. Ich kann gar nicht so viele Worte finden, wie Sie verdient haben.« Es schwang väterliche Fürsorge in seiner Rede mit, die nicht zu überhören war. »Sie zu bitten, es sich noch einmal zu überlegen, wäre wohl nicht von Erfolg gekrönt. Aber versucht möchte ich es dennoch haben.«

    Eine halbe Stunde Lobhudelei ging so herum. Es war zu spüren, dass da auch eine innige Zuneigung vom Chef selbst bestand. Er überreichte im Namen aller Kollegen einen Blumenstrauß und drückte Sibylle die Hand. Auch einen Wangenkuss hatte sie noch hinnehmen.

    Nun musste sie selbst einige Worte an ihre Kollegen richten: »Danke«, lächelte sie. »Ich weiß eure Geste zu würdigen. Ich möchte nicht in Pathos und Wehmut scheiden, aber ihr wart eine Wucht als Kollegen; immer da, wenn man euch brauchte, als Freunde immer erreichbar. Euch kann niemand ersetzen. Ich gehe der Liebe wegen, das ist richtig. Nur … aus Liebe zu euch müsste ich bleiben. Aber die Weichen sind gestellt. Ich werde euch immer im Herzen behalten.« Die Wehmut trieb ihr die Tränen in die Augen – sie war nicht die Einzige. »Ihr wisst, ich liebe euch, darum mache ich es kurz: Ich weiß, wir werden uns irgendwann wiedersehen.«

    »Wenn dir das Gehen schwerfällt, dann bleib doch!«, rief einer der Kollegen und ein Lachen klang durch den Raum.

    Sie wandte sich ab und ging zur Tür, drehte sich noch einmal um und winkte allen zu. Sie schloss nicht nur eine Tür hinter sich.

    Ein Kollege begleitete sie aus dem Gebäude. Im Eingangsbereich übergab sie ihm die Schlüssel. Er gab ihr einen Kuss auf den Mund.

    Sie schaute ihn verwundert an.

    »Das ist von allen Kollegen und Kolleginnen«, grinste er.

    Sie gab ihm einen Kuss mit Zungenschlag zurück. »Verteil den im Büro«, lachte sie, gab ihm die Hand und ging.

    Auf dem Parkplatz an ihrem Auto stand Sibylle nun da und schaute noch einmal auf das Gebäude, in dem sie Jahre verbracht hatte. Ist es richtig zu gehen? Eine Fernbeziehung ist kein Leben. Sich nur ein paar Mal im Jahr zu sehen, sonst nur zu telefonieren … Warum musste ich mich auch in jemanden verlieben, der so weit weg wohnt?, schalt sie sich selbst, musste aber im selben Moment laut lachen. Man sollte an etwas Gutem nicht zweifeln, pflegte ihre Oma immer zu sagen.

    Sie mochte auch ihren bisherigen Chef, obwohl er fordernd war. Aber er war auf die Leistung bedacht, nicht überfordernd. Er achtete auf die menschlichen Bedürfnisse und hatte auch keine Lieblinge. Den einen mochte er, den anderen nicht – aber einen Unterschied in der Behandlung der Personen gab es bei ihm nicht. Er fordert von jedem die gleiche Leistung, und zwar immer die bestmögliche.

    Sie selbst war aus mehreren Gründen sein Liebling gewesen, doch geschont wurde sie deswegen nicht. Das war mit ein Grund, warum es auf der Dienststelle immer absolut kollegial zugegangen war.

    Sibylle hatte sich über einen Makler ein kleines Häuschen mit Garten in einem kleinen Ort in Schleswig-Holstein gekauft; mit Garten, da legte sie Wert drauf, obwohl sie keine Lust zum Gärtnern hatte. Aber davon, auf dem Rasen zu liegen und sich den Pelz bräunen zu lassen, träumte sie schon lange. Es lag eher am Rande der Siedlung, in der Nähe zu einem kleinen Wäldchen mit einem kleinen See – recht einsam für jemanden, der aus der großen Stadt kam. Das Haus kannte sie bisher nur von Fotos und doch war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Von dort war es nicht weit zur Arbeit – und kein Getrampel im Treppenhaus, keine Nachbarn, die ihren privaten Zank vor ihrer Tür austrugen, würde sie stören. Ruhe würde in ihr Leben treten, auf die sie lange gewartet hatte – so erhoffte sie es sich. Und wenn sie eintreffen würde, wäre die Wohnung von ihrem Vater schon so weit eingerichtet worden, dass sie nur noch auspacken musste.

    Für die erste Nacht hatte sie sich ein Zimmer im örtlichen Gasthaus genommen, damit sie am nächsten Tag ausgeruht ans Einräumen gehen konnte. Sie hatte auch noch das Wochenende vor sich, also genug Zeit, um sich einzurichten und ein Gefühl für ihr neues Zuhause zu entwickeln. Für den Sonntagnachmittag hatte sie ihren Freund zum Kaffee eingeladen. Seine Nähe vermisste sie am meisten. Pläne sind gut, wenn sie funktionieren, wusste Opa immer zu sagen.

    Sibylle mochte geregelte Abläufe. Störungen waren ihr zuwider. Der Motor muss brummen, tanken ist eine unliebsame Störung.

    Da saß sie nun in ihrem Auto, den bunten, duftenden Blumenstrauß in der Hand. Schon jetzt wollte sich eine Art Heimweh einstellen. Sie legte den Strauß auf den Beifahrersitz, startete den Motor, und fuhr langsam vom Parkplatz – noch die letzten Sekunden nutzend um ein bisschen länger bleiben zu können.

    An der Schranke angekommen, steckte sie ihre Parkmarke in den vorgesehenen Schlitz und wartete wie immer, dass die Marke ausgegeben würde. Die Schranke öffnete sich, doch eine Stimme sagte: »Die Marke wurde eingezogen.« Da war der Moment der Trennung vollzogen.

    Sibylle bog nach rechts auf die Straße der Zukunft, dem neuen Ziel entgegen. Dem Abschiedsschmerz folgte unmittelbar die Freude auf die neue Aufgabe, auf das beschauliche Leben auf dem Land und natürlich die Nähe zum Liebsten, dessentwegen sie schließlich gen Norden zog.

    Die Räder tilgten die Kilometer, der Zeiger der Uhr fraß die Stunden, die Landschaft flog am Fenster vorbei. Es würde spät am Abend sein, bis sie im Dorf angekommen wäre. Je weiter sie nach Norden kam, desto freier fühlte sie sich.

    Sibylle hatte schon einige Kilometer hinter sich, als ihr Handy klingelte. Sie drückte die Freisprechtaste und ihr Vater erstattete Zwischenbericht: »Wir sind gut angekommen und beginnen mit dem Einräumen. Einen netten Nachbarn hast du übrigens, der hilft uns beim Tragen. Der tauchte wie aus dem nichts auf und packte gleich mit an. Alfons heiß er, ein älterer Mann. Du hast einen guten Griff getan, es ist ein schönes Haus. Großer Garten, schöne ruhige Lage und doch alles in erreichbarer Nähe. Eine romantische Umgebung«, sprudelte er hervor und schob dann noch ein besorgtes »Wie geht es dir?« hinterher..

    »Der Abschied war nicht leicht. Aber es geht mir gut. Es ist auch, als würde mir eine Last von den Schultern genommen. Ich fühle mich frei – es ist ein gutes Gefühl«, antwortete sie und bekräftigte: »Ja es geht mir gut. Ich freue mich auf mein neues Zuhause wie auf Weihnachten.«

    »Gut, mein Mädchen. Ich melde mich, wenn wir fertig sind und abfahren. Tschau, bis die Tage.«

    »Tschau, Paps. Ich danke dir und deinen Freunden für die Hilfe. Ich hab dich lieb.«

    »Ich dich auch. Und nur noch nebenbei: Dein Nachbar ist ein wenig schrullig.« Noch bevor Sibylle fragen konnte, inwiefern, machte es Klack und die Leitung war stumm.

    Sie lächelte eine Weile vor sich hin und machte sich ein paar Gedanken über ihren hilfsbereiten und schrulligen neuen Nachbarn.

    Es war tatsächlich spät am Abend, als sie im Dorf ankam. Die Sonne stand tief. Sie hätte das letzte Ende noch fahren können, doch sie wollte ausgeruht ans Einräumen gehen und bei Tageslicht ihr neues Zuhause zum ersten Mal sehen, nicht im Dunkel der Nacht durch Kisten und Kartons kriechen.

    Auf dem Parkplatz des Gasthauses angekommen, parkte sie so nahe an der Eingangstür, dass sie nicht weit zu gehen hatte. Nur noch ins Bett und Ruhe, das war alles, was sie wollte.

    Die gesamte Vorderfront von dem Gasthaus war mit wildem Wein bewachsen, der im Halbdunkel einen geheimnisvollen Eindruck machte. Die tief stehende Sonne warf lange Schatten, ihrer war schon vor ihr an der Tür. Schatten, hast es eiliger als ich, wollte sie laut sagen – es waren nur zu viele Leute auf dem Platz, die sie ohnehin schon ansahen, als sei sie von einem fremden Planeten.

    Die Tür knarrte ächzend und ging schwer. »Müsste dringend mal geölt werden«, sagte Sibylle laut zu sich selbst.

    Die untergehende Sonne schien nun durch die weit offene Tür und warf ihren Schatten bis zum Tresen, hinter dem ein Mann stand, der den Eindruck erweckte, eine Zeitung zu lesen. Sie ging langsam auf ihn zu. Ihr Schatten kroch am Tresen hinauf, als sie nähertrat. Der Mann schien im Stehen zu schlafen. Seltsame Haltung, dachte sie. Ein Tropfen Speichel rollte über seine Unterlippe und tropfte in eine kleine Pfütze, die sich auf der Zeitung gebildet hatte. Sie wollte ihn eigentlich nicht stören, musste jedoch den Gong betätigen, der auf dem Tresen stand. Es gab einen undeutlichen, fast ersterbenden Klang, wie ein Klingeln von weit weg. Das führte nicht dazu, dass der Mann erwachte, nein, die Körperspannung, die ihn gehalten hatte, wurde wie von Zauberhand aufgehoben und der Mann ging hinter dem Tresen zu Boden. Zögerlich tasteten sich dann zwei Hände nacheinander an die Oberseite des Tresens.

    Zwei Rot unterlaufene Augen, die es kaum schafften offenzubleiben, blinzelten in den letzten Schein der Sonne, die kaum noch die Kraft hatte, den Raum zu erhellen. Instinktiv suchte der Mann den Schatten, den Sibylle warf. Er sah sie an, sein Mund wollte etwas sagen, doch er starrte sie nur an. In ihrem Haar schimmerte das Sonnenlicht, als würde sie einen Heiligenschein tragen.

    »Ich bin im Himmel«, stammelten seine sabbernden Lippen. »Ich bin tot und habe es nicht bemerkt.«

    »Hallo!«, rief Sibylle. Sie stupste den Mann leicht an, der schon wieder dabei war die Augen zu schließen und die Pfütze auf der Zeitung neu zu befeuchten. Ein erneutes »Hallo!«, diesmal lauter.

    Das Aufschrecken im Gesicht des Mannes war deutlich erkennbar, als würde ein Stück Leben zurückkehren. »Ja, wer ist da?«, kam es von ihm eher undeutlich.

    »Ich hatte ein Zimmer bestellt, für eine Nacht. Sibylle Raumann ist mein Name.«

    »Ah …« Eine längere Pause folgte. »Einen Engel habe ich gerade gesehen …«, murmelt er und suchte erneut ihren Schatten. »Ach Sie waren das. Und ich dachte, ich sei im Paradies.«

    »Geht es Ihnen nicht gut?«, erkundigte sie sich besorgt.

    »Alles in Ordnung, nein, mir geht es gut, danke der Nachfrage. Ich hatte nur gerade eine Beerdigung und einen Geburtstag.«

    »Oh, tut mir leid. Familie?«

    »Nein, meine Rumflasche war alle, aber die neue war gleich zur Stelle.«

    Ihr fiel auf, dass er nach Schnaps roch, was sie schon aus beruflichen Gründen unmöglich fand. »Ich hätte gerne meine Schlüssel, wenn es genehm ist?«

    »Klar.« Nur bewegen tat der Mann sich nicht.

    »Hören Sie, ich bin müde, ich bin zehn Stunden Auto gefahren und möchte zu Bett.«, Sibylle wurde ungeduldig.

    Der Mann sah sie nur an und legte seinen Kopf in beide Hände, die mit den Ellenbogen auf dem Tresen ruhten. »Sie sind wunderschön. Echt! Ich scherze nicht. Einem Engel gleich.« Er versuchte ein Schmunzeln, aber seine Augen gingen langsam wieder zu. Er sackte weg und tippte dabei kurz mit dem Kopf auf den Tresen, um dann auf dem Boden zu landen, ohne es zu merken.

    Sibylle schaute einfach selbst ins Meldebuch: Zimmer 12. Sie unterschrieb, nahm den Schlüssel vom Hacken, griff sich den Koffer und marschierte ab aufs Zimmer. Bevor sie jedoch die Treppe erklomm, sperrte sie noch die schwere Eingangstür zu. Noch ein kurzer Blick hinter den Tresen und ein »Gute Nacht« mit Kopfschütteln. Wenn das Zimmer so ist, wie das hier begann, dann aber wirklich Gute Nacht.

    Das durch ein kleines Fenster einfallende restliche Sonnenlicht erfasste erneut ihr Haar und ließ sie aussehen, als sei sie erleuchtet; der lange Schatten ihres schmalen Körpers ließ dazu die Treppe unendlich erscheinen. Der Mann hinterm Tresen schaffte gerade noch einen Blick um die Ecke und dachte: Ich bin doch im Himmel.

    Im Zimmer angekommen, stellte Sibylle erleichtert fest, dass es aufgeräumt und sauber war. Es roch nach Wald und Feld und entfaltete eine geradezu beruhigende Wirkung.

    Am nächsten Morgen erwachte sie nach einem erholsamen Schlaf. Eigentlich hatte sie früh aus den Federn sein wollen, weil eine Menge Arbeit anstand. Es war aber doch zehn Uhr geworden. »Oh, schon so spät«, sagte sie halblaut beim Blick auf die Uhr. Sie wollte in Eile geraten, ermahnte sich aber, nur nicht nervös zu werden: Es ist Zeit genug.

    Am Empfangstresen wollte sie den Schlüssel abgeben. Ein junges Mädchen war dabei, den Tresen zu reinigen – war wohl feucht geworden.

    »Ich trage sie aus«, lächelte sie freundlich.

    »Ach, eine Frage hätte ich noch. Kann man auch Frühstück bekommen?«, fiel Sibylle ein.

    »Klar, ist im Zimmerpreis enthalten. Gehen Sie in die Gaststube, da ist ein Büfett aufgedeckt.«

    »Danke.«

    Sibylle setzte sich neben die Tür, wollte ungestört sein. Schaute sich ein wenig in der Gaststube um. Häuslich eingerichtet, so als sei die Zeit in den 30ern stehen geblieben. Das Ganze erinnerte sie an Heinz-Rühmann- und Hans-Albers-Filme.

    Am Büfett langte sie ordentlich zu, als hätte sie seit Tagen nicht gegessen.

    Am Nachbartisch saß ein älteres Ehepaar, das immer wieder zu ihr hinsah und tuschelte.

    Habe ich eine Beule am Kopf? Sie tastete zur Sicherheit mal nach.

    Sie wollte schon genervt reagieren, als unvermittelt der Wirt an ihrem Tisch trat. »Entschuldigen Sie die Störung, aber das Ehepaar hätte sie gerne gesprochen. Ob Sie wohl an deren Tisch Platz nehmen möchten?«

    »Ist mir ein Vergnügen.« Das war zwar eine Lüge, aber sie wollte auch nicht unhöflich sein – außerdem war sie neugierig, was die Herrschaften wohl von ihr wollten.

    »Tut uns leid, wenn wir Sie belästigen«, entschuldigte sich der Mann.

    »Nein, schon gut. Was kann ich für Sie tun?«

    »Nun, wir wohnen hier im Dorf und gönnen uns jeden Tag unser Frühstück hier im Gasthaus. Das ist unser Luxus auf die alten Tage. Wir möchten Ihnen nicht zu nahe treten, nur gibt es da etwas, das wir Ihnen zeigen müssen. Das wird Sie bestimmt verwundern.«

    »So? Da bin ich ja mal gespannt.« Sibylles Gesicht war die Verwunderung in der Tat anzusehen.

    »Dazu müssten Sie kurz bei uns vorbeischauen. Geht das?«

    »Ja, das geht, gleich nach dem Frühstück.«

    »Ja, sicher, entschuldigen Sie.« Sie gaben ihr die Adresse und verabschiedeten sich.

    Sibylle frühstückte in aller

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