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Ich werde die Hoffnung niemals verlieren: Zwei Arztromane Ärztin Alexandra Heinze
Ich werde die Hoffnung niemals verlieren: Zwei Arztromane Ärztin Alexandra Heinze
Ich werde die Hoffnung niemals verlieren: Zwei Arztromane Ärztin Alexandra Heinze
eBook314 Seiten4 Stunden

Ich werde die Hoffnung niemals verlieren: Zwei Arztromane Ärztin Alexandra Heinze

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Über dieses E-Book

Dieser Band enthält folgende Romane

von Thomas West:



Ein Schutzengel für Dr. Heinze

Jans Vater







Dr. Wilde ist ein sehr zurückhaltender Mensch, niemand weiß etwas von dem Schicksalsschlag, der ihn vor fünf Jahren getroffen hat. Erst als der übermütige Jan nach einem Sturz lebensgefährlich verletzt eingeliefert wird, geht er etwas aus sich heraus. Dazu trägt auch Jans alleinstehende Mutter bei. Doch dann sieht sie ihn eines Nachts in einer verfänglichen Situation, und die zarten Gefühle füreinander scheinen zerstört.
SpracheDeutsch
HerausgeberAlfredbooks
Erscheinungsdatum4. Okt. 2022
ISBN9783745224412
Ich werde die Hoffnung niemals verlieren: Zwei Arztromane Ärztin Alexandra Heinze

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    Buchvorschau

    Ich werde die Hoffnung niemals verlieren - Thomas West

    Thomas West

    Ich werde die Hoffnung niemals verlieren: Zwei Arztromane Ärztin Alexandra Heinze

    UUID: d6b39ccb-1200-4e40-95a6-b05676519af8

    Dieses eBook wurde mit StreetLib Write (https://writeapp.io) erstellt.

    Inhaltsverzeichnis

    Ich werde die Hoffnung niemals verlieren: Zwei Arztromane Ärztin Alexandra Heinze

    Ein Schutzengel für Dr. Heinze

    Copyright

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    Jans Vater

    Ich werde die Hoffnung niemals verlieren: Zwei Arztromane Ärztin Alexandra Heinze

    Thomas West

    Dieser Band enthält folgende Romane

    von Thomas West:

    Ein Schutzengel für Dr. Heinze

    Jans Vater

    Dr. Wilde ist ein sehr zurückhaltender Mensch, niemand weiß etwas von dem Schicksalsschlag, der ihn vor fünf Jahren getroffen hat. Erst als der übermütige Jan nach einem Sturz lebensgefährlich verletzt eingeliefert wird, geht er etwas aus sich heraus. Dazu trägt auch Jans alleinstehende Mutter bei. Doch dann sieht sie ihn eines Nachts in einer verfänglichen Situation, und die zarten Gefühle füreinander scheinen zerstört.

    Ein Schutzengel für Dr. Heinze

    Ärztin Alexandra Heinze

    Arztroman von Thomas West

    Der Umfang dieses Buchs entspricht 138 Taschenbuchseiten.

    Oft sind es unerhebliche Nebensächlichkeiten, von denen Leben und Tod abhängen, denkt Dr. Alexandra Heinze. Doch in ihrem Fall ist es wohl eher ein Schutzengel, der ihr zu Hilfe eilt. Pit Baumleitner sucht nach seinem Vater und übernachtet in einem Park, weil sein Motorrad streikt. Obwohl ihm dort Schlimmes widerfährt, wartet zum Ende das Glück auf ihn …

    Copyright

    Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

    Alfred Bekker

    © Roman by Author /

    © dieser Ausgabe 2022 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen

    Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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    1

    Hast du dir das auch gut überlegt? Roger blies den Rauch seiner Zigarette an die Spitzen seiner Turnschuhe vor sich auf dem Tisch. Die ganze Zeit schon saß er schweigend da, die Beine auf dem Küchentisch, auf dem noch das Frühstücksgeschirr stand, und beobachtete seinen Freund Pit durch die offenen Zimmertür. Nur mit einer Unterhose bekleidet packte der seine Motorradtasche zusammen.

    Wir würden sogar im Nachspann des Films erscheinen - ,Regieassistenz: Pit Baumleitner und Roger Waßmann‘. Stell' dir das mal vor! Pit reagierte nicht. Unbeirrt stopfte er seine Wäsche in die schwarze Ledertasche. Ganz davon abgesehen, dass wir einem Regisseur bei seiner Arbeit auf die Finger schauen könnten. Roger schwang seine Beine vom Tisch, ging auf Pits Zimmer zu und lehnte sich an den Rahmen der offenen Tür. Und Vogt gehört zu den Großen in Deutschland.

    Pit blieb stehen und sah seinen Freund an. Scheiße! Du machst es einem nicht leicht, ehrlich! Er seufzte. Ich muss nach Köln, verdammt!

    Wir würden uns übermorgen bei Vogt vorstellen und ein, zwei Tage mit ihm über dem Drehbuch sitzen - am Wochenende könntest du immer noch losfahren.

    Zu spät, Roger! Pit zog den Reißverschluss seiner Tasche zu. Am Wochenende ist der Mann vielleicht nicht mehr in Köln. Jetzt im Spätsommer zieht es die Penner doch in den Süden oder weiß Gott wohin.

    Du weißt ja nicht mal, ob es überhaupt dein Vater ist, den der Mann gesehen haben will. Roger ließ nicht locker.

    Fred erzählte von einem Stadtstreicher, der in Hamburg einen Mann namens ,Randy‘ getroffen haben will. An Roger vorbei ging Pit in die Küche. So viele Leute, die ,Randolph‘ heißen, gibt's nun wirklich nicht. Er verschwand im Bad.

    Vielleicht nur ein Spitzname, Roger sagte das ohne große Überzeugungskraft. Seitdem er Pit kannte, seit vier Jahren, wusste er, dass der Freund seinen Vater suchte. Und nun dieser Hinweis von der Arbeiterwohlfahrt in Köln. Roger war sich nicht sicher, ob er in so einer Situation nicht auch alles andere vergessen würde. Er versuchte es trotzdem noch einmal.

    Ich hab' mit dem Prof gesprochen. Er setzte sich auf den Stuhl neben der Waschmaschine. Er ist bereit, diese Regieassistenz als Praktikum gelten zu lassen. Pit war inzwischen hinter dem Duschvorhang verschwunden. Außerdem legt er großen Wert darauf, dass wir den Job machen. Der Produzent hat schon seit Jahren nicht mehr bei der Filmhochschule wegen Assistenten angefragt. Hinter dem Vorhang begann das Wasser zu rauschen. Roger musste laut rufen. Das täte der Reputation unserer Hochschule gut, meint der Prof! Schweigend wartete er, bis Pit das Wasser abdrehte und den Vorhang aufzog. Das wäre die Chance, Pit, verstehst du?, beschwor Roger ihn mit einer flehenden Geste.

    Klar versteh' ich. Pit trocknete seinen sehnigen, schmalen Körper ab. Bin ja nicht blöd. Er begann seinen kurz geschnittenen Lockenkopf zu frottieren. Sein dunkles Haar glänzte feucht. Mach' du den Job allein, Roger, ich kann nicht, wirklich!

    Du Granitkopf!, fluchend verließ Roger das Bad. Wir sind einunddreißig Jahre alt - da lässt man nicht einfach so eine Chance sausen!

    Du brauchst sie ja nicht sausen lassen, verdammt!, schrie Pit, um den Föhn zu übertönen. Aber für mich bietet sich eine noch größere Chance! Er schaltete den Föhn ab und kam an den Türrahmen. Die Chance, meinen Vater zu finden, leise sprach er, fast heiser, verstehst du, Roger?

    Einen Augenblick sahen sich die Freunde in die Augen. Es war diese seltsame Mischung aus wilder Entschlossenheit und Trauer, die Roger von Anfang an in Pits Blick fasziniert hatte. Brummend wandte er sich ab.

    Okay, okay, er ging zum Tisch zurück und drückte seine Zigarette aus, ist schon gut, Junge. Seufzend ließ er sich auf dem knarrenden Stuhl nieder. Du fährst nach Köln und danach an den Nordpol oder sonst wohin, und ich bleib hier in München. Er angelte sich die nächste Zigarette aus dem Päckchen. Und spiel' allein Regieassistent.

    In seinem Zimmer war Pit dabei, sich anzuziehen.

    So gefällst du mir besser, Alter. Er zwängte sich in seine Motorradkluft und holte den Helm vom Schrank.

    Wann bist du zurück?, wollte Roger wissen.

    Spätestens zu Semesterbeginn. Pit hängte sich den Rucksack um und griff nach seiner Tasche. Halt die Ohren steif und mach' die Frauenwelt nicht verrückt, während ich weg bin!

    Heiß' ja nicht Baumleitner. Roger grinste etwas weinerlich und nahm Pit die Tasche ab. Gemeinsam stapften sie das Treppenhaus des Schwabinger Altbaus hinunter. Vor dem Haus sah Roger zu, wie Pit Tasche und Rucksack verstaute. Als der Motor der großen Yamaha aufbrüllte, zog er ein Taschentuch heraus. Ruf' mal an, wenn du da oben angekommen bist, sonst mach' ich mir Sorgen.

    Ist gut, Mama. Pit umarmte seinen Freund und schwang sich auf die Maschine. Roger schwenkte grinsend sein Taschentuch. Komm' mir vor, als würde ich in den Krieg ziehen. Pit konnte nicht ahnen, dass er damit der Wahrheit ziemlich nahe kam. Er ließ das Helmvisier herunter und brauste davon.

    2

    Mit Blaulicht und Martinshorn verließ der Notarztwagen die Stadt und fuhr in Richtung eines kleineren Nebenortes.

    Normalerweise fallen die Leute doch im Juni und im Oktober von den Leitern, sagte Ewald Zühlke zu Alexandra, was gibt es Ende August denn zu ernten.

    Irgendeine frühe Apfelsorte wahrscheinlich, mischte Jupp Friederichs sich ein, Goldparmänen oder so was.

    Wir hatten doch im letzten Jahr diese Frau mit der Beckenfraktur, erinnerte sich Alexandra, die fiel im März von der Leiter, als sie ihr Kätzchen vom Baum holen wollte.

    Genau, Zühlke konnte sich entsinnen, vielleicht der Kanarienvogel diesmal.

    Das Grundstück lag gleich am Ortsrand. Neben dem Haus breitete sich ein Obstgarten aus. Unter einem der Bäume saß ein Mann Anfang sechzig. Eine Frau gleichen Alters und ein jüngerer Mann knieten neben ihm. Eine Leiter lehnte an dem Baum.

    Ich hab' nichts, Herr Doktor, wandte er sich an den heranstürmenden Zühlke, nur Schürfungen!

    Da hinten kommt der Doktor. Zühlke deutete mit einer Kopfbewegung auf die herbeieilende Alexandra und packte das Blutdruckgerät aus.

    Natürlich hat er was, Frau Doktor, jammerte die Frau, sehen Sie nur das Blut. Eine Schürfwunde an Hals und Schlüsselbein blutete. Nicht stark, aber der rote Fleck breitete sich eindrucksvoll auf dem beigen Hemd aus. Alexandra tastete das Schlüsselbein ab. Es schien unverletzt. Auch an Wirbelsäule, Extremitäten und Becken des Mannes konnte die Notärztin auf den ersten Blick keine Frakturen feststellen.

    Die Birnen sind ja noch gar nicht reif. Friederichs blickte staunend in die Krone des Birnbaums.

    Er wollte ja auch keine Birnen ernten, sagte der junge Mann.

    Sondern?

    Mein Sohn hat heute Geburtstag, wird zehn. Er nickte dem Mann zu, der sich jetzt ächzend erhob.

    Sein Enkel. Er wollte das Geburtstagsgeschenk auf dem Baum verstecken.

    Fast gleichzeitig starrten die Sanitäter und die Notärztin auf das große, in Geschenkpapier eingewickelte Päckchen im Gras. Über die Gesichter von Zühlke und Friederichs huschte ein Grinsen.

    Sehr witzig, grollte der Mann und betrachtete seine Schürfwunde.

    Wie ist das passiert?, versuchte Alexandra abzulenken.

    Es wird ihm immer so schwindlig, erklärte die Frau, plötzlich rast sein Herz, und es wird ihm schwarz vor den Augen.

    Seit wann? Alexandra tastete nach dem Puls des Mannes. Mit zusammengezogenen Brauen musterte sie seinen geschwollenen Hals.

    Schon lang, der Mann winkte ab.

    Seit er nicht mehr recht schlafen kann, ereiferte sich die Frau, und abnehmen tut er auch seit Monaten.

    Was sagt Ihr Hausarzt? Alexandra tastete den Hals ab.

    Der geht doch zu keinem Arzt!, schimpfte die Frau.

    Die Notärztin sah über die Schulter Friederichs auf das Formular, dass der gerade ausfüllte. ,Wagner‘ hieß die Familie.

    Kriegen Sie manchmal schlecht Luft, Herr Wagner?

    Es drückt manchmal ein bisschen im Hals. Der Mann zeigte auf die Schwellung am Halsansatz. Alexandra nickte.

    Wir nehmen Sie mit, Herr Wagner, das Schlüsselbein muss geröntgt werden.

    Befriedigt nickend stürmte die Frau auf das Haus zu.

    Ich pack dir deine Sachen zusammen.

    Kommt nicht in Frage!, protestierte ihr Mann. Ich bleib' doch nicht im Krankenhaus!

    Das würde ich Ihnen aber sehr empfehlen, Herr Wagner, schaltete sich Alexandra ein. Wir müssen doch herausfinden, warum Ihnen manchmal schwindlig wird.

    Ist doch alles halb so schlimm, knurrte Herr Wagner.

    Nicht schlimm, Mann?, rief Zühlke. Sie hätten sich den Hals brechen können!

    Und stellen Sie sich mal vor, das nächste Mal passiert Ihnen das auf der Autobahn, pflichtete Friederichs seinem Kollegen bei. Bei 160 km/h!

    Der Mann gab klein bei, ließ sich von seiner Frau eine Reisetasche in die Hand drücken und stieg brav in den Notarztwagen. Eine Viertelstunde später lieferten sie ihn in der Ambulanz ab.

    Wir machen vorsichtshalber eine Röntgenaufnahme von Schulter und Wirbelsäule, Herr Wagner, erklärte Dr. Krug dem neu aufgenommenen Patienten und wandte sich an Alexandra. Sie glauben an etwas Inneres?

    Sie nickte und tastete wieder den Hals des Mannes ab.

    Hier, diese Schwellung - sieht mir ganz nach einer gewaltigen Struma aus.

    Krug tastete die Schwellung sorgfältig ab.

    Eine Schuma?, sagte Wagner erschrocken.

    Eine Struma, Herr Wagner, klärte der Arzt ihn auf, das ist ein Kropf.

    Liegt bei uns in der Familie, brummte der Patient.

    Und bei Ihnen scheint der nach innen zu wachsen.

    Und wenn die Schilddrüse so anschwillt, scheidet sie manchmal zu viel von ihren Hormonen aus, ergänzte Alexandra ihren Kollegen, und dann schläft man schlecht, das Herz rast und es wird einem schwindlig.

    Ah so ... Wagner machte ein sorgenvolles Gesicht. Die Röntgenaufnahmen ergaben keine Frakturen. Alexandra musste sich nicht anstrengen, um den Mann zu einer stationären Behandlung zu überreden. Die Innere nahm ihn zunächst auf. Alexandra begleitete ihn nach oben. Vor dem Stationszimmer wartete seine Familie. Auch der zehnjährige Enkel war dabei.

    Die Notärztin verschwand im Büro der Oberärztin.

    Hallo Lore, begrüßte sie ihre Freundin, ein Leitersturz ausnahmsweise mal für die Innere.

    Herzrhythmusstörungen?

    Alexandra schüttelte den Kopf.

    Verdacht auf Schilddrüsenüberfunktion.

    Dann werde ich gleich mal zu ihm gehen. Lore Keller schlüpfte in ihren weißen Arztmantel und nahm das Stethoskop vom Schreibtisch. Hast du heute Abend schon was vor, Alexandra? Alexandra verneinte. Dann komm doch zu mir - ich mach' eine kleine Nachfeier meines Geburtstages. Für die Schwestern der Station. Ich finde, du gehörst dazu, sooft wie du hier oben bist.

    Gerne, lachte Alexandra.

    3

    Er sah alles wie durch eine Glaswand: den kleinen Jungen auf dem Arm seiner Schwiegermutter, den Richter, der sich erhob und wartete, bis alle im Saal aufgestanden waren; das angespannte Gesicht des Mannes vor der Anklagebank; sein erleichtertes Lächeln, als er das Urteil hörte; die Reporter und Fotografen, als er hinter dem Mann und dessen Anwalt den Gerichtssaal verließ.

    Und dann spürte er den Holzgriff in seiner Faust, und dann sah er das schwarze Eisen in seiner Hand, und dann drehte der Mann sich um, und dann der Schuss, das Blut und die Schreie ...

    Brüllend fuhr er hoch. Alles war dunkel. Nur durch die kaputten Rollläden drang etwas Licht in den stickigen Saal. Lautes Schnarchen von allen Seiten.

    Schon wieder mit dem Klabautermann getanzt, oder wie?, grummelte der Mann auf der Liege neben ihm, und der auf der anderen Seite boxte ihn in die Rippen. Verflucht, jede Nacht wache ich auf von deinem Geschrei. Wütend warf er sich auf die andere Seite. Kannste nicht im Park pennen?

    Randy antwortete nichts. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und starrte in die Dunkelheit. Bald hörte er seine Nachbarn wieder tief atmen. Er selbst schlief nicht mehr ein. So war es meistens, wenn er diesen verdammten Traum hatte - oft lag er dann bis zum Morgen wach. Wenn er draußen schlief, war das kein Problem. Draußen konnte er aufstehen, durch die Straßen laufen oder einfach in den Fluss starren. Das beruhigte. Deswegen suchte er auch am liebsten Städte auf, durch die ein Fluss strömte: Hamburg, Düsseldorf, Köln oder Heidelberg.

    Aber hier im Obdachlosen-Wohnheim konnte er nachts nicht einfach aufstehen. Erstens gab es keinen Aufenthaltsraum und zweitens würde er ein paar von den anderen wecken. Also lag er wach und grübelte. Meistens tat ihm der Kopf weh, wenn er nach so einer Nacht aufstand.

    Am Morgen war er der Erste in der Kantine.

    Morgen, knurrte er, während Erika, die gute Seele des Wohnheims, ihm den dampfenden Kaffee in den Aluminiumbecher schöpfte.

    Morgen, Randy, ihre gute Laune war bis nach Süddeutschland hinunter Legende, gut geschlafen?

    Nee, knurrte Randy und schlürfte seinen Kaffee. Schweigend verteilte er die Erdbeerkonfitüre auf seinem Margarinebrot. Nach und nach schlurften die anderen herein. Abgerissene, struppige Gestalten die meisten, Mischungen aus Rasputin und Rübezahl, mit trüben Augen und eingefallenen Wangen. Einige wenige machten einen verhältnismäßig aufgeräumten und gesunden Eindruck, sahen eher aus wie Wanderer als wie Berber. Randy gehörte dazu.

    Nicht dass er auf seine Gesundheit achtete - das nicht. Ein halbes Päckchen Tabak am Tag war sein Standard. Aber er ging alle zwei Monate zum Friseur, holte regelmäßig neue Kleider bei der Diakonie oder der Arbeiterwohlfahrt. Und jedes Mal, wenn er in Köln vorbeikam, besuchte er Magdovski, einen Freund aus seinem früheren Leben. Der war Arzt und behandelte ihn umsonst. Wenn es ganz schlimm war, fuhr er auch schon mal von Hamburg oder Stuttgart aus nach Köln zu seiner Sprechstunde.

    Das Saufen hatte Randy sich gar nicht erst angewöhnt. Schon damals im Knast nicht. Außerdem gehörte er zu den wenigen hier, die mindestens drei oder vier Monate im Jahr arbeiteten. Höchstens fünf Wochen am Stück, klar - viel länger hielt es Randy gar nicht aus in einer Stadt. Irgendwann fingen die Träume an, und dann befiel ihn wie ein Fieber diese Unruhe, und er musste los.

    Gegen halb acht saß er immer noch an dem langen, kahlen Tisch. Sein Aluminiumbecher war längst leer. Die anderen kauten und schlürften schweigend vor sich hin. So war das immer in den Wohnheimen. Kaum jemand sprach morgens ein Wort. Abends war das anders, wenn die Lambruscoflaschen leer waren ...

    Die Tür öffnete sich. Ein junger, kaum dreißigjähriger Mann kam herein: Energischer, federnder Schritt, Jeans und Lederjacke, kahlgeschorener Schädel. Albrecht Harms, der Leiter des Wohnheims.

    Morgen, Männer! Und nun war es aus mit der Ruhe. Albrecht erzählte drauf los. Vom Fußballspiel gestern Abend - Schalke gegen Rapid Wien, 2:1 - Der Thon hat wieder gespielt wie ein junger Gott. Wenn der Trainer den nicht mitnimmt zur WM, na dann gute Nacht - von dem Zimmer, dass er seiner Freundin neu tapeziert hat, von den beiden Bieren, die er sich besser gespart hätte nach Mitternacht noch, und von dem Flugzeugabsturz, den er während der Fahrt hierher in den Nachrichten aufgeschnappt hatte. Randy war sich nie sicher, ob überhaupt jemand zuhörte. Abgesehen von Erika natürlich. Aber Albrechts fröhliche Stimme hatte etwas Vertrautes.

    Ich hab' 'n Job bei Aldi zu vergeben, unterbrach er den Redeschwall. Die meisten sahen nur kurz auf. Albrecht betrachtete ihn skeptisch von der Seite. Einkaufswagen zusammenschieben, fünf Mark die Stunde. Niemand reagierte. Will keiner hin? Der eine oder andere zuckte mit den Schultern, sonst nichts.

    Haste die Schnauze schon voll?, fragte Albrecht. Du bist doch erst vier Wochen hier.

    Muss weiter, weg aus Hamburg, sagte Randy. Er stand auf und schob Erika Teller und Becher über den Tresen.

    Wohin?, wollte sie wissen.

    Ruhrgebiet, mal sehen, Randy zuckte mit den Schultern, Dortmund wär' mal wieder dran. Aber erst noch mal zu Aldi, drei Stunden malochen. Und kündigen, ordnungsgemäß, grinsend hob er seinen Zeigefinger.

    Eine Hand legte sich auf seine Schulter.

    He, Alter. Albrecht sah ihn an, bettelnd wie ein kleiner Junge. Ich dachte, du fühlst dich langsam zu Hause bei uns.

    Zu Hause? Das Grinsen wurde bitter auf Randys Gesicht. Er ging davon.

    Später stand Albrecht an der Tür und sah dem Mann hinterher. Für den Sozialarbeiter gehörte Randy zu den wenigen, die das Zeug dazu hatten, noch einmal sesshaft zu werden. Aber seine Hoffnung wurde von Jahr zu Jahr kleiner. Sieben Jahre kannte er Randy. Und seitdem stieg er zwei bis dreimal im Jahr im Wohnheim ab. Vierzehn Jahre, so erzählte man sich, sei Randy schon auf der Straße. Und angeblich habe er vorher zehn Jahre im Gefängnis gesessen. Irgendwo in Südwest-Deutschland. Albrecht war noch nicht dahinter gekommen, weshalb. Darüber sprach Randy nicht, nie ...

    4

    Und jetzt werde ich dir schöne, bunte Bilder von Dingen zeigen, die du jeden Tag siehst, Rhena zog den Stuhl mit dem kleinen Jungen näher an den Bildschirm, und du sagst mir, wie man die Dinge nennt, ja?

    Der Junge nickte und starrte wie gebannt auf den Monitor. Rhena klickte mit der Maus auf das Symbol für Spielzeug, und dann ging es los. Immer wenn sie die Taste drückte, erschien das Bild irgendeines Spielzeugs.

    Ball, sagte der Junge näselnd, Wokomo-ive, Fiff...

    Llllokomotive, korrigierte Rhena, Schschschiff ...

    Seit einem Jahr kam der fünfjährige Junge in ihre logopädische Praxis. Er war mit einer extremen Hasenscharte zur Welt gekommen, hatte etliche Operationen hinter sich und lernte nun mühsam die Worte trotz seiner Behinderung zu modellieren. Er machte keine schnellen Fortschritte, aber er machte welche.

    Sehr schön hast du heute gesprochen, Micha. Sie strich dem strahlenden Bengel über das Haar. Dafür bekommst du eine Belohnung.

    Erwartungsvoll sah er zu, wie die blonde Frau mit dem kurzen Stoppelhaarschnitt genau die Schublade aufzog, in der er die begehrten Schätze wusste. Rhena nahm ein kleines Spielzeugauto heraus und drückte es ihm in die Hand.

    Er spricht schon viel besser als noch vor drei Monaten. Die Mutter drückte Rhena zum Abschied dankbar die Hand. Sie waren etwa im gleichen Alter, Anfang dreißig. Rhena nickte.

    Als die Frau gegangen war, ließ sie sich seufzend auf den Sessel hinter ihren Schreibtisch fallen. Sie schloss die Augen und lehnte den Kopf nach hinten an das Bücherregal. Nie würde sie sich ihren Patienten gegenüber irgendetwas anmerken lassen - aber heute war es ihr schwer gefallen, zu lächeln. Sie hatte kaum geschlafen die Nacht, der Streit mit Reinhard steckte ihr jetzt noch in den Knochen. Sie sah auf die Uhr. Gleich zwölf. Ein Widerwille stieg in ihr hoch, als sie zum Telefon griff, aber sie musste ihn anrufen.

    Praxis Dr. Martens?, flötete die Sprechstundenhilfe. Es war das dünne Mickimaus-Stimmchen von Sabine Kern. Schon als Rhena das junge Mädchen vor zwei Wochen zum ersten Mal gesehen hatte, war ihr aufgefallen, wie sie Reinhard schöne Augen gemacht hatte.

    Meinen Mann, bitte, sagte Rhena knapp.

    Sekunde später Reinhards Stimme. Martens?

    Rhena hier, bitte hole du Markus von der Schule ab. Ich muss zu einer Konsultation ins Städtische. Ihre Stimme blieb kühl und sachlich.

    Unmöglich, Rhena, brauste er auf, ich hab' einen Patienten zu einem Gutachten im Wartezimmer sitzen - mit dem bin ich die Mittagszeit über beschäftigt.

    "Du fährst doch kaum zehn

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