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Campus-Chaos
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eBook267 Seiten3 Stunden

Campus-Chaos

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Über dieses E-Book

Fin liebt Minho schon seit der Sandkastenzeit. Als er ihn Jahre später an der Uni wiedertrifft, hat sich an seinen Gefühlen für ihn nichts geändert. Leider hat Minho nur Augen für den selbstbewussten und allzeit zum Flirten aufgelegten Universitätsprofessor Kai.
Das Chaos ist komplett, als alle zwischen Unialltag und Nachtleben aufeinandertreffen.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum9. Sept. 2022
ISBN9783959496087
Campus-Chaos

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    Buchvorschau

    Campus-Chaos - Rena Maj

    Rena Maj

    Campus

    Chaos

    E-Book, erschienen 2022

    ISBN: 978-3-95949-608-7

    1. Auflage

    Copyright © 2022 MAIN Verlag,

    Eutiner Straße 24,

    18109 Rostock

    www.main-verlag.de

    www.facebook.com/MAIN.Verlag

    order@main-verlag.de

    Text © Rena Maj

    Umschlaggestaltung: © Marta Jakubowska, MAIN Verlag

    Umschlagmotiv: © shutterstock 2014430426 / 696943930

    Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

    http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Die Handlung, die handelnden Personen, Orte und Begebenheiten

    dieses Buchs sind frei erfunden.

    Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, ebenso wie ihre Handlungen sind rein fiktiv,

    nicht beabsichtigt und wären rein zufällig.

    Wer ein E-Book kauft, erwirbt nicht das Buch an sich, sondern nur ein zeitlich unbegrenztes Nutzungsrecht an dem Text, der als Datei auf dem E-Book-Reader landet.

    Mit anderen Worten: Verlag und/oder Autor erlauben Ihnen, den Text gegen eine Gebühr auf einen E-Book-Reader zu laden und dort zu lesen. Das Nutzungsrecht lässt sich durch Verkaufen, Tauschen oder Verschenken nicht an Dritte übertragen.

    ©MAIN Verlag

    Alle Rechte vorbehalten

    www.main-verlag.de

    Der MAIN Verlag ist ein Imprint des Förderkreises Literatur e.V.

    E-Book Distribution: XinXii

    www.xinxii.com

    logo_xinxii

    Das Buch

    Fin liebt Minho schon seit der Sandkastenzeit. Als er ihn Jahre später an der Uni wiedertrifft, hat sich an seinen Gefühlen für ihn nichts geändert. Leider hat Minho nur Augen für den selbstbewussten und allzeit zum Flirten aufgelegten Universitätsprofessor Kai.

    Das Chaos ist komplett, als alle zwischen Unialltag und Nachtleben aufeinandertreffen.

    Campus-Chaos ist eine turbulente Geschichte über heiße Flirts, große Gefühle und den Weg zur Selbstliebe.

    Inhalt

    Sommereis

    Fin

    Engel

    Minho

    Süß

    Fin

    Leichte Luft

    Minho

    Lack und Leder

    Fin

    Fangen

    Minho

    Blei

    Fin

    Gelber Morgen

    Minho

    Schöne Wahrheit

    Fin

    Schnittchen

    Minho

    Roter Traum

    Fin

    Bereit

    Minho

    Stalker

    Fin

    Scharfe Kanten

    Minho

    Raserei

    Fin

    Orange

    Minho

    Parkgezwitscher

    Fin

    Motten um zwei

    Minho

    Wind

    Fin

    Klar

    Minho

    Lavendel

    Fin

    Keine Chance

    Minho

    Epilog

    Kai

    Minho

    Sommereis

    Fin

    Ich bin nervös. Vor mir Block und Kugelschreiber, sitze ich in der dritten Reihe des großen Vorlesungssaals. Die Erste und Zweite sind natürlich leer, erst ab der Sechsten beginnen sich die Sitze zu füllen. Mein rechtes Bein wippt, während mein Blick zu der schlichten Uhr über der Tafel wandert. In zwei Minuten ist es soweit, vorausgesetzt der, auf den ich warte, beabsichtigt, die erste Stunde zum Vorlesungsbeginn pünktlich anfangen zu lassen.

    Wie lang habe ich ihn nicht gesehen? Acht Jahre? Und doch habe ich ihn nicht vergessen. Als wäre es gestern gewesen, erinnere ich mich an die freundschaftlichen Klapse auf meinen Kopf und das erzwungene Lächeln. Mehr konnte ich ihm nie entlocken.

    Wenn du älter bist, höre ich seine monotone Stimme noch heute.

    Das bin ich inzwischen. Vier Semester musste ich an der Uni verbringen, bis ich erfuhr, dass der damalige Nachbarsjunge nun am Lehrstuhl für Sozialökonomie beschäftigt ist, in Professor Lees Team forscht und unterrichtet. Alles Weitere stand wenig später fest, ich wusste, welches Wahlfach ich zum Start des neuen Semesters belegen würde. Eigentlich studiere ich Sportwissenschaften, aber eine Einführung in die Sozialökonomie schadet sicher niemandem.

    Wie Minho jetzt wohl aussieht? Ob er sich verändert hat? Beinahe zweifle ich daran, ob ich ihn erkennen werde. Dann fällt mir ein, dass ihn mein Blick nur von hinten, von der anderen Seite des Campus aus streifen musste und es war, als hätte ein Blitz eingeschlagen. Ich vergaß das Atmen und meine Adern fühlten sich leergepumpt an.

    Komm, dachte ich. Dreh dich nur einmal um.

    Die Gestalt in der Ferne hatte die Glastür zur Mensa aufgezogen und die dunklen Haare mit einem knappen Schwenk des Kopfs aus den Augen gewischt, bevor sie eingetreten war. Kurz hatte ich freie Sicht auf sein Profil. Bei der Erinnerung daran krallen sich meine Finger fester um den Kugelschreiber. So fest, dass sich die Knöchel weiß färben. Heute werde ich ihn aus der Nähe betrachten und feststellen können, inwiefern er sich verändert hat. In einer Min… Jetzt!

    Gebannt beobachte ich, wie die Klinke der großen Flügeltür heruntergedrückt wird, und halte den Atem an. Zuerst schiebt sich eine zarte Hand mit hübschen schlanken Fingern durch den Türspalt. Sie umklammert einen Stapel Bücher, der fest zugeknöpfte Ärmel eines schwarzen Hemdes umschließt das zugehörige Handgelenk eng und stramm. Schmale Schultern folgen, ein schlanker Hals. Ich denke das unfreiwillig, obwohl ich die Haut kaum sehen kann, weil der Kragen des Hemdes ebenso straff geknöpft ist wie an den Handgelenken.

    Ich denke an mein eigenes Outfit, ein helles T-Shirt, dessen Ausschnitt schon etwas mitgenommen und regelrecht ausgeleiert ist. Man sieht meine Schlüsselbeine, unter denen sich gut trainierte Brustmuskeln hervorwölben; oft Gegenstand ausgedehnter Komplimente, die nicht bei mir ankommen. Mich interessiert nur die Meinung einer einzigen Person auf dieser Welt und die legt gerade ihre Bücher auf dem Pult mit dem kleinen angeschraubten Mikrofon ab. Auf der prominenten Nase trägt sie eine filigrane runde Brille. Sie glänzt silbrig und betont die dunklen Augen, die noch immer aussehen, als verbärge sich das Wissen eines ewigen Lebens hinter ihnen.

    Er hat sich nicht verändert und löst all das bei mir aus, was ich bereits als Kind empfand. Damals hatte ich es nicht benennen können, nur gewusst, dass genau die Tage die Schönsten waren, an denen Minho mir Kratzeis gekauft und es mit mir auf der Schaukel des heruntergekommenen Spielplatzes um die Ecke gegessen hatte. Mit seinen langen Beinen federte sich der Ältere immer wieder vom Boden ab und hat sich dann lustlos ausschwingen lassen. Stets riss er den Plastikbehälter ein und biss in das kühle Wassereis. Nie konnte ich meinen Blick von ihm wenden. Manchmal amüsierte Minho das, meistens hing er jedoch bloß irgendwelchen Gedanken nach.

    Ich verstand noch nicht viel von der Welt, wusste aber, dass ich ihm die Sorgen um jeden Preis genommen hätte, wäre es mir irgendwie möglich gewesen. An einem warmen Nachmittag im Juli fasste ich den Entschluss, zu einem starken Mann heranzuwachsen, um den Nachbarsjungen zu beschützen, wenn ich endlich älter wäre. Denn trotz der gedrückten Stimmung, die diesen immer und überall umgab, hatte ich Minhos Nähe schmerzlich geliebt. Gern hätte ich tagelang neben ihm gesessen, während der Sommerwind durch unsere Schöpfe fuhr. Das hatte ich gedacht, während ich von meiner Schaukel aus zu ihm aufsah, ist das Glück.

    ~ * ~

    Fünfzehn Jahre später hat Minho seinem dunklen Haar einen deutlich rötlichen Schimmer verpasst. Das schwarze Hemd ist in die gleichfarbige Jeans gestopft und wird von einem breiten Gürtel auf der schmalen Taille gehalten, die Beine sind kräftig und muskulös. Er lässt seine ernsten Blicke durch die Reihen gleiten und mustert die Studenten vor ihm. Auf eine Art schwingt Arroganz in seinem Gesichtsausdruck mit, aber in den Augen liegt zu viel Tiefe, als dass ich ihn für eingebildet halten könnte. Die aufgesetzte Distanz kann nicht verbergen, dass er mitfühlend ist.

    Ihn wahrhaftig vor mir zu haben, beginnt mich zu überwältigen, es fühlt sich berauschend an. So leise es geht, hole ich tief Luft, während Minhos Räuspern, verstärkt durch das Mikrofon, im Hörsaal widerhallt.

    »Willkommen zur Einführung in die Sozialökonomie«, sagt er, die Stimme voller Gelassenheit und Coolness. »Ich verwarne zwei Mal. Wer dann immer noch quatscht, fliegt.«

    Ein amüsiert aufgeregtes Murmeln wogt durch die Reihen, die meisten Professoren lassen sich von unkonzentrierten Studenten nicht stören.

    »Mein Name ist Dr. Ryu.«

    Minho wendet sich der Tafel zu, nimmt ein winziges Stück Kreide auf und klatscht seine E-Mail-Adresse ans dunkle Grün. »Bei Fragen bin ich hier zu erreichen.«

    Den weißen Kreidestaub auf seinen Fingern streift er an der Hose ab, dann fährt er fort, von Anwesenheitsüberprüfungen, Probeklausuren und Prüfungsterminen zu berichten. Ich habe Schwierigkeiten zuzuhören, obwohl ich mir vorgenommen habe, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Credit Points sammeln und Minho näherkommen.

    Lange bemerkt er mich nicht, nachdem er jedoch klargestellt hat, mit dem Unterricht bereits am ersten Termin beginnen zu wollen, begegnen sich kurz unsere Blicke. Sollte er mich erkannt haben, lässt er es sich nicht anmerken. Ohne den Bruchteil einer Sekunde zu verharren, gleitet sein Blick weiter. Dennoch lasse ich mich nicht beirren und finde es verdächtig, dass er mich von da an meidet. Kein weiteres Mal sieht er zu mir, dabei sitze ich ganz vorn.

    Der Zeiger der Uhr tickt und tickt und schließlich spricht er seine Schlussworte. Ich kann nicht behaupten, voll konzentriert gewesen zu sein, aber nachdem ich den ersten Schock überwunden habe, konnte ich das ein oder andere mitbekommen. Ich nehme mir vor, die Stunde nachzuarbeiten und ihn mit meiner Prüfungsleistung am Ende des Semesters zu beeindrucken.

    Bedacht darauf, schneller zu sein als er am Pult, raffe ich meine Sachen zusammen. Mit großen Schritten eile ich aus der dritten Reihe und laufe die wenigen Stufen zur Tafel hinunter. Trotz der Hast sind einige Studenten vor mir an der Reihe, das ist mir nur recht. Ich lasse sogar zwei Mädchen vor, die nach mir dazukommen, da ich Minho für mich will. Während dieser den jungen Frauen antwortet, versuche ich seine Blicke aufzufangen, doch er ignoriert mich. Auch gut. Tief atme ich durch, um mich bereit zu machen. Weg mit der Nervosität, ich muss mein sonniges Gemüt präsentieren. Schon früher versuchte ich stets, ihn aufzumuntern, was selten gelang. Trotzdem bin ich mir sicher, dass er mich ausschließlich mögen kann, wenn ich fröhlich bin und ihn nicht mit eigenen Selbstzweifeln herunterziehe. Minho suchte meine Gesellschaft einzig der kindlichen Lockerheit wegen, davon bin ich überzeugt. Sie ist meine einzige Qualität. Ein Meister darin, meine Gefühle zu verstecken, bin ich unter meinen Freunden dafür bekannt, immer guter Dinge und für alle da zu sein. Von mir selbst erzähle ich selten.

    »Okay, vielen Dank«, sagt das Mädchen in der geblümten Bluse. Diese ist fast durchsichtig, sehr kurz und endet einige Zentimeter über dem Bund der hellen Jeans, sodass man die Haut ihrer Hüften sieht. Der hart erarbeitete unbedarfte Gesichtsausdruck gefriert mir für einen Moment. Gut möglich, dass er an Frauen interessiert ist. Egal. Ich will nur bei ihm sein. Als Freund.

    Die Mädchen wenden sich zum Gehen und mein Herz scheint mir bis zum Hals zu schlagen.

    Mach schon. Stell dir vor, du spielst.

    Auf der Straße wurde ich einmal von einem Agenturboss angesprochen, der mich für Hantel- und Energydrink-Werbung vorsprechen ließ. Ich bekam den Zuschlag und konnte mir von den zusätzlichen Scheinen ein ordentliches Fahrrad kaufen, das ich mir sonst nie hätte leisten können. Ich schalte das Casting-Strahlen ein, entblöße meine perfekten Zähne. Alles easy, gar kein Ding.

    »Na? Erkennst du mich?«

    Für einen Moment beschämt es mich, dass ich ihn einfach duze, aber ich beruhige mich damit, dass es zur Rolle des Sunnyboys passt. Es fällt mir schwer, die Nerven zu behalten, weil ich mich so verstellen muss.

    Minhos Züge arbeiten. Er betrachtet mich von oben bis unten, immer angestrengter. In seinem Gesicht flackert halb das Verlangen auf, autoritär wirken zu wollen und das Ratespiel abzulehnen, andererseits ist er ehrlich interessiert und viel zu gutmütig.

    »Haben Sie andere Kurse bei mir beleg…«

    Fast fertig mit dem Satz, stoppt er sich. Seine Kieferknochen zeichnen sich scharf ab, als er schluckt und dabei die Zähne aufeinanderpresst. Kann das sein? Die Frage steht in seinen Augen, doch er traut sich nicht, die Vermutung auszusprechen. Ich sehe es genau.

    »Sag es.«

    Ich freue mich, dass ich es schaffe, ihn um den Finger zu wickeln, denn er hat komplett vergessen, dass er einen seiner Studenten vor sich hat. Seine professionelle Distanz bröckelt gänzlich und ihm klappt die Kinnlade herunter.

    »Fi…«

    Er traut sich noch immer nicht. Erinnert er sich tatsächlich nicht? Oder tut er bloß so? Andererseits war ich damals ein schmächtiges, dürres Kind und darauf weist nun weiß Gott nichts mehr hin.

    »Ganz heiß.«

    Um ihn zu ermutigen, den Verdacht auszusprechen, nicke ich, zufrieden damit, dass ich nicht rot anlaufe, weil es für mich zweideutig klingt. Aber je draufgängerischer ich mich gebe, desto mehr entferne ich mich von meinen wahren Gefühlen und das ist wiederum erleichternd.

    »Du bist Fin.«

    Er sieht ehrlich überrascht aus. Sein Blick zuckt von links nach rechts, als wollte er mich in all meiner Pracht in sich aufnehmen.

    »Also, ich habe dich ja sofort erkannt.« Ich tue spielerisch beleidigt, er beäugt mich weiterhin.

    »Ich hätte nicht gedacht, dass du dich mal …«, eine unsichere Pause folgt, »… so entwickeln würdest.«

    »Was meinst du?«, frage ich unschuldig. Als hätte ich nicht bei jedem Klimmzug meines Lebens an Minho gedacht.

    Er verschluckt sich ein wenig beim Einatmen und rückt seine Brille zurecht. »Du warst damals klein.«

    Es ist ein Reflex, nach all den Jahren noch in seinem System. Wahrscheinlich hätte er sich davon abgehalten, hätte er es rechtzeitig registriert, aber seine Hand schnellt nach vorn und tätschelt meinen Kopf. Ich bin zwar doppelt so breit und zwei Zentimeter größer als Minho, doch ich fühle mich sofort wieder genauso klein und nutzlos wie damals. Das presst mir kurz alle Luft aus der Lunge, denn ich habe geglaubt, mich gut auf das Wiedersehen vorbereitet zu haben, ihm etwas bieten zu können, doch danach fühlt es sich nicht an.

    »Du bist wie damals«, murmle ich und bereue sofort, verstimmt geklungen zu haben.

    Einen Augenblick sieht er mich nachdenklich an, nickt dann knapp und beginnt, seine Sachen zusammenzusuchen.

    »Kann sein.«

    »Du bist nie wieder aufgetaucht, nachdem du ausgezogen bist.«

    »Mich hat nichts in die Heimat zurückgezogen.«

    »Deine Eltern?«

    Kurz verengen sich seine Augen, er windet sich ein bisschen. Ich habe die Frage mit Absicht gestellt, denn ich habe das immer vermutet. Herrn und Frau Ryu gehörte das kleine Restaurant im Ort und des Vaters Liebe zum Alkohol war allseits bekannt. Ihren Sohn hatten sie vornehmlich als billige Arbeitskraft betrachtet. Wäre es nach ihnen gegangen, hätte Minho seine Schullaufbahn frühestmöglich beendet. Dass er Abitur machte und dann noch an die Uni ging, anstatt ihr Restaurant weiterzuführen, war unverzeihlich für sie. Das war zumindest, was man sich erzählte.

    »Ich frage nur, weil ich dich vermisst habe.«

    Überraschung zeichnet sich unverkennbar auf seinem Gesicht ab. »Ähm«, sagt er und fährt sich durchs Haar.

    »Du könntest mich mal wieder auf ein Eis einladen.« Ich zwinkere.

    Minho lässt den Bücherstapel fallen, der vor seiner Brust klemmt. Hastig bückt er sich, dabei verrutscht der hoch zugeknöpfte Kragen des schwarzen Hemdes und der winzige Anfang eines blauen Flecks wird entblößt. Wenn es um ihn geht, habe ich Adleraugen, jedem anderen wäre es entgangen. Schnell versuche ich, mir das Entsetzen nicht anmerken zu lassen.

    Sei fröhlich.

    »Eis, ja.« Die Worte klingen schwer. Sein Kopf ist gerötet, als er wieder auftaucht. Wahrscheinlich vom Bücken, für den Moment will ich fest dran glauben, dass meine Forderung das ausgelöst hat.

    »Wann?«

    Sein Blick verrät, dass er mich für so dreist hält, wie ich mich fühle.

    »Morgen. Ich kann nicht abschätzen, wann ich Feierabend habe. Irgendwann zwischen sechs und neun. Warte vor dem Sozialökonomie-Trakt auf mich, falls du die Geduld dazu hast.«

    Ich würde wochenlang warten.

    Engel

    Minho

    Professor Lee massiert sich die Schläfen. Ich stehe vor ihm, den üblichen gleichmütigen Ausdruck auf dem Gesicht, trotz der angespannten Stimmung. Ich empfinde nun mal nicht viel. Die Wechselwirkungen zwischen Gesellschaft, Wirtschaft und Politik interessieren mich und ich mag quantitative Forschung. Ansonsten bin ich froh, dass mich Kai Lee damals bei sich aufnahm und mir half, ohne jegliche Unterstützung meiner Eltern das Studium beenden zu können. Schnell gab er mir anschließend einen Job an seiner Professur und unterstütze mich bei der Promotion. Die Bedingungen, die er mich erfüllen lässt, sehe ich als Preis für die Hilfe.

    Kai ist so unnatürlich schön, dass er beinah kalt wirkt. Der Mund ist zu einer Grimasse verzogen, trotzdem erstrahlt er in gefährlicher Ästhetik. Die Harmonie in seinen Zügen ist genauso spektakulär wie seine hohen Wangenknochen. Ich frage mich, seit wann ich solche Gedanken habe.

    »Ich wiederhole mich ungern«, sagt er. Seine Stimme klingt heiser und kratzig. So ist sie immer, es hat etwas Betörendes an sich. Gern würde ich mir etwas von ihm ins Ohr flüstern lassen.

    »Musst du nicht.«

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