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Die rechtssichere Abmahnung: Arbeitspsychologisch kommentierter Leitfaden für Personaler und Geschäftsführer
Die rechtssichere Abmahnung: Arbeitspsychologisch kommentierter Leitfaden für Personaler und Geschäftsführer
Die rechtssichere Abmahnung: Arbeitspsychologisch kommentierter Leitfaden für Personaler und Geschäftsführer
eBook286 Seiten2 Stunden

Die rechtssichere Abmahnung: Arbeitspsychologisch kommentierter Leitfaden für Personaler und Geschäftsführer

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Über dieses E-Book

Dieses Werk dient als praktische Hilfe für den Alltag von HR-Managern und Personalverantwortlichen. Es zeigt, wie Arbeitgeber eine korrekte Abmahnung verfassen und enthält wertvolle arbeitspsychologische Kommentare/Hinweise.

Der unprofessionelle Umgang mit Abmahnungen als Vorstufe der Kündigung führt häufig zu unschönen Überraschungen im Kündigungsschutzprozess: Oft ist es nicht der Kündigungssachverhalt an sich, der die Kündigung zu Fall bringt, sondern die vorangegangene mangelhafte Abmahnung.

Das Werk zeigt, was für eine ordnungsgemäße, formal und inhaltlich wirksame Abmahnung zu beachten ist und verzichtet dabei bewusst auf Anwaltsdeutsch. Eine Checkliste, über 30 Beispiel-Abmahnungen zu verschiedenen Anlässen sowie zahlreiche rechtliche Hinweise runden den Nutzwert des Buches ab. Die 4. Auflage wurde rechtlich auf den aktuellen Stand gebracht. 

SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum3. Sept. 2020
ISBN9783658309992
Die rechtssichere Abmahnung: Arbeitspsychologisch kommentierter Leitfaden für Personaler und Geschäftsführer

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    Buchvorschau

    Die rechtssichere Abmahnung - Pascal Croset

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    P. Croset, M. DoblerDie rechtssichere Abmahnunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-30999-2_1

    1. Grundlagen

    Pascal Croset¹   und Markus Dobler²  

    (1)

    Berlin, Deutschland

    (2)

    Leipzig, Deutschland

    Pascal Croset (Korrespondenzautor)

    Email: kanzlei@ra-croset.de

    Markus Dobler

    Email: Kontakt@Markus-Dobler.de

    1.1 Gesetzliche Regelungen und Rechtsprechung

    Der Abmahnung kam im Arbeitsrecht der Bundesrepublik Deutschland von Anfang an eine bedeutende Rolle zu. Erstmalig Erwähnung findet die Abmahnung im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) in einer Entscheidung vom 03.12.1954¹.

    In der Folgezeit arbeiteten Rechtsprechung und Literatur die Konturen der Abmahnung als Ausfluss des sogenannten Ultima-Ratio-Prinzips immer präziser heraus, bis das BAG (soweit ersichtlich) erstmalig in seiner Entscheidung vom 29.07.1976² den allgemeinen Leitsatz aufstellte, dass vor einer ordentlichen Kündigung „in der Regel" eine Abmahnung erforderlich sei.

    Eine zumindest ansatzweise gesetzliche Regelung erfolgte erst durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001³ im Rahmen der §§ 314 Abs. 2, 323 Abs. 2 BGB. Die für die Personalpraxis relevanten rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen an die Abmahnung muss der Personaler indes weiterhin exklusiv der facettenreichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes entnehmen.

    1.2 Bedeutung der Abmahnung im Arbeitsrecht: betrieblich und prozessual

    Die praktische Bedeutung der Abmahnung für das Arbeitsrecht ist erheblich – und zwar sowohl unter betrieblichen als auch unter prozessualen Gesichtspunkten.

    Wer die Abmahnung allein als rechtliches Instrument zur Vorbereitung einer Kündigung sieht, verkennt ihren erheblichen betrieblichen Einfluss. Die Abmahnung dient in erster Linie als klares Signal an den Arbeitnehmer, dass der Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten missbilligt. Gleichzeitig drückt sie dessen unmissverständliche Entschlossenheit aus, für die Zukunft Änderung bzw. Abhilfe zu verlangen. Eine Abmahnung hat also eine erhebliche psychologische Wirkung – nicht nur auf den konkreten Arbeitnehmer, sondern auch auf die gesamte Belegschaft!

    Daneben kommt der Abmahnung erhebliche rechtliche und dort vor allem prozessuale Bedeutung zu. Denn im Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) muss eine ordentliche Kündigung stets auf betriebs-, personen- oder verhaltensbedingte Gründe gestützt werden, eine außerordentliche Kündigung sogar auf einen sogenannten wichtigen Grund. Wenngleich die Mehrzahl der in der Praxis ausgesprochenen Kündigungen auf betriebsbedingten Gründen beruht (oder zumindest vordergründig auf solche gestützt wird), kommt der verhaltensbedingten Kündigung stets eine herausragende Rolle zu. Denn die „Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers" beruhen in aller Regel auf einem schweren Vorwurf gegen den Arbeitnehmer. Sie sind daher mit persönlichen Reibungen zwischen den beteiligten Personen verbunden und führen in aller Regel zu erheblicher Unruhe im Betrieb. Dem Arbeitgeber bzw. der mit der Kündigung befassten Personalabteilung droht im Falle des Ausspruches einer unwirksamen verhaltensbedingten Kündigung stets erheblicher Gesichtsverlust. Zudem ist die erfolgreiche gerichtliche Durchsetzung einer verhaltensbedingten Kündigung mit großen Schwierigkeiten verbunden. In der gerichtlichen Praxis stellt sich dabei das Erfordernis der ordnungsgemäßen Abmahnung regelmäßig als die gefährlichste Klippe dar.

    Arbeitsrechtlicher Hinweis

    Die Erfahrung zeigt, dass circa 70  % der ausgesprochenen Abmahnungen unwirksam sind!

    Fußnoten

    1

    BAG, Urteil vom 03.12.1954 – 1 AZR 150/54.

    2

    BAG, Urteil vom 29.07.1976 – 3 AZR 50/75.

    3

    BGBl. I 2001, Seite 3138.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    P. Croset, M. DoblerDie rechtssichere Abmahnunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-30999-2_2

    2. Führen und Mitarbeiterkommunikation

    Pascal Croset¹   und Markus Dobler²  

    (1)

    Berlin, Deutschland

    (2)

    Leipzig, Deutschland

    Pascal Croset (Korrespondenzautor)

    Email: kanzlei@ra-croset.de

    Markus Dobler

    Email: Kontakt@Markus-Dobler.de

    Die Leistung eines Mitarbeiters hängt von mehreren Voraussetzungen ab. So benötigt ein Mitarbeiter zum Beispiel eine Mindestklarheit über seine Aufgabenstellung. Ebenso braucht er alle Informationen für die Ausführung seiner Aufgabenstellung (Informationsgrad) sowie Arbeitsmittel und einen gewissen Gestaltungsspielraum, der ja über die Organisation definiert wird. Diese Voraussetzungen für die Leistung muss der Arbeitgeber schaffen.

    Eine weitere Voraussetzung für eine Leistungsabgabe (neben dem Können und der Methodik) ist die Leistungsbereitschaft (das Wollen), welche sich unter anderem aus der Triebmotivation (innere Motivation) und der Reizmotivation (äußere Motivation) zusammensetzt. Viele Führungskräfte sind der Ansicht, dass das Unternehmen auch dafür zuständig sei, den Mitarbeiter zu motivieren. Doch die Erfahrungen zeigen, dass man Mitarbeiter nicht extra motivieren muss, wenn sie eine Tätigkeit ausüben, die ihnen Spaß macht. Mitarbeiter sind in aller Regel ausreichend motiviert. Jemand, der in seiner Freizeit seiner Leidenschaft (Hobby) frönt, muss ja auch nicht speziell motiviert werden. Das Unternehmen ist lediglich dafür verantwortlich, die von den Mitarbeitern mitgebrachte Motivation nicht zu zerstören.

    Führungskräfte können nur dann führen, wenn ihnen die Mitarbeiter auch folgen (wollen). Denn ein Bergführer, dem keiner folgt, führt nicht, sondern geht lediglich seinen Weg. Damit jemand einem Bergführer folgt, ist eine Motivation (Wollen) erforderlich. Fehlt die Motivation, einer Führungskraft zu folgen, wird echtes Führen nicht mehr möglich. Dann nämlich wird die Führungskraft zum (An-)Treiber, ähnlich einem Hirtenhund, der ständig verhindern muss, dass Schafe aus der Herde ausbrechen. Dies ist nicht nur kraftraubend, sondern auch ineffizient: In der Zeit, in der der Hirtenhund hinter bzw. neben seiner Herde läuft, bleibt die Spitze eben ungeführt und die „Schafe" treiben führerlos.

    Einfacher ist es, wenn die Mitarbeiter der Führungskraft folgen, weil sie der Führungskraft folgen wollen. Einer der Antriebe des Wollens ist Überzeugung. Überzeugung wird vor den Taten stets durch die Kommunikation erzeugt!

    Daher ist Führungskommunikation heute ein zentrales, wenn nicht das zentrale Steuerungsinstrument. Es geht bei der Führungskommunikation also vor allem darum, Einzelleistungen zu mobilisieren, zu kanalisieren und dabei die Motivation nicht zu zerstören.

    Dies ist an sich schon eine Kunst und wird noch schwieriger, wenn der Mitarbeiter anfängt, Regeln zu verletzen.

    Hier beginnt ein weitaus anspruchsvolleres Kapitel der Führungskommunikation. Führungskommunikation muss nun Grenzen deutlich aufzeigen, ohne Motivation zu zerstören.

    2.1 Abmahnung als Mitarbeiterkommunikation

    Auch die Erteilung einer Abmahnung ist Führungskommunikation. Hier werden in aller Deutlichkeit Grenzen aufgezeigt. Jede Abmahnung hat ihre psychologische Signalwirkung für den Mitarbeiter. Doch auch in der Belegschaft kommt eine Signalwirkung an, denn die Erfahrung zeigt, dass kaum ein Mitarbeiter die Abmahnung für sich behält, sondern diese schnell in die Belegschaft trägt.

    Ziel einer Abmahnung ist es ja letztlich, dem Mitarbeiter eine Warnung zukommen zu lassen. Eine Abmahnung ist auch immer mit der Hoffnung verbunden, dass eine Verhaltensveränderung eintritt.

    Es gilt also gut abzuwägen, inwieweit eine Abmahnung zielführend ist oder ob sie am Ende mehr Schaden als Nutzen anrichtet.

    2.2 Grundsätze des Abmahnungsgespräches

    Eine Abmahnung sollte, wenn man die vorhandene Motivation eines Mitarbeiters nicht zerstören möchte, stets von Angesicht zu Angesicht erfolgen. Diese Form ist nicht nur eine Frage der Wertschätzung, sondern signalisiert auch die Bedeutung der Grenzverletzung. Die Übergabe der schriftlichen Abmahnung sollte daher in einem Abmahnungsgespräch erfolgen.

    Vor jedem Abmahnungsgespräch sollte sich daher die Führungskraft darüber im Klaren sein, ob sie die Motivation des Mitarbeiters noch aufrechterhalten möchte oder ob sie dem Mitarbeiter innerlich bereits gekündigt hat und sich lieber trennen möchte. Die Botschaften unterscheiden sich in einem solchen Fall erheblich. Die Gemeinsamkeit in den Botschaften liegt lediglich in der Klarheit der Formulierung.

    Gehen Sie niemals in ein Abmahnungsgespräch, bevor Sie Klarheit für sich erlangt haben, ob Sie mit dem Mitarbeiter künftig noch weiter zusammenarbeiten möchten oder nicht.

    Eine Abmahnung ist ein deutliches Signal und zeigt psychologisch eine klare Entschlossenheit auf, künftige Grenzverletzungen nicht mehr zu dulden. Daher ist es unabdingbar, diese Botschaft nicht mit Relativierungen zu „verwässern".

    Viele Führungskräfte lamentieren während des Gespräches, bagatellisieren die Abmahnung als Formalie und zeigen bei der Aushändigung einer Abmahnung alle Anzeichen von Unwohlsein, bis hin zu einem schlechten Gewissen. Genau dies registriert der abgemahnte Mitarbeiter. Es muss zwangsläufig der Eindruck entstehen, dass die Abmahnung in Wahrheit nicht rechtens und damit ungerecht sei – da ja noch nicht einmal der Vorgesetzte dahintersteht.

    Eine Abmahnung mit Entschlossenheit zu übergeben, ist selten einfach und wird umso schwieriger, je besser das Verhältnis zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter ist. Hier wird die Wichtigkeit der eigenen Klarheit erneut deutlich. Erst wenn Ihnen selbst klar ist, was Sie von Ihrem Mitarbeiter eigentlich wollen, können Sie dies auch vermitteln. Und dies können und sollten Sie auch vor einer Abmahnung bereits tun, denn die Erfahrung zeigt, dass die meisten Abmahnungen das vorläufige Zwischenprodukt einer Kette von Führungsversäumnissen sind – ein erster Hilfeschrei des Vorgesetzten in einer Beziehung zu einem seiner Mitarbeiter.

    Als Faustregel in der Führungskommunikation und damit auch für jedes Abmahnungsgespräch gilt: Machen Sie sich vor jedem Gespräch klar, was Sie wollen und was nicht. Sagen Sie deutlich, was Sie künftig wollen, sagen Sie, was Sie künftig auf keinen Fall wollen, und sagen Sie, welche Konsequenzen welches Verhalten hat. Sagen Sie dies mit Ihrer inneren Überzeugung und in aller Deutlichkeit, aber stets wertschätzend oder zumindest respektvoll.

    Wenn Sie sich an diese Faustregel halten, sind Sie für jedes Abmahnungsgespräch gut gewappnet!

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020

    P. Croset, M. DoblerDie rechtssichere Abmahnunghttps://doi.org/10.1007/978-3-658-30999-2_3

    3. Anforderungen an eine wirksame Abmahnung

    Pascal Croset¹   und Markus Dobler²  

    (1)

    Berlin, Deutschland

    (2)

    Leipzig, Deutschland

    Pascal Croset (Korrespondenzautor)

    Email: kanzlei@ra-croset.de

    Markus Dobler

    Email: Kontakt@Markus-Dobler.de

    3.1 Formale Voraussetzungen

    3.1.1 Abmahnungsberechtigte Person

    Eine Abmahnung ist nur wirksam, wenn sie von einer abmahnungsberechtigten Person erteilt wird. Mit dem Ausspruch einer Abmahnung wird nicht in den Bestand des Arbeitsverhältnisses eingegriffen, vielmehr soll der betroffene Arbeitnehmer zu einer Verhaltensänderung bewegt werden. Daher sind nicht nur kündigungsberechtigte Personen abmahnungsberechtigt, sondern alle Mitarbeiter, die aufgrund ihrer Aufgabenstellung dazu befugt sind, verbindliche Anweisungen bezüglich des Ortes, der Zeit sowie der Art und Weise der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung zu erteilen.¹

    Es ist somit entscheidend, auf das sogenannte Direktionsrecht (Weisungsrecht) des Arbeitgebers abzustellen: Zum Ausspruch einer Abmahnung ist berechtigt, wer das Direktionsrecht ausübt. Dies ist neben dem Arbeitgeber selbst bzw. dem Organ einer juristischen Person (z. B. Geschäftsführer einer GmbH) auch jeder weisungsbefugte Vorgesetzte gegenüber den ihm unterstellten Mitarbeitern.

    Von der Rechtsprechung werden folgende Personen exemplarisch als abmahnungsberechtigt angesehen:

    Abteilungsleiter² gegenüber Mitarbeitern,

    Chefarzt³ gegenüber nachgeordneten Assistenzärzten,

    Meister⁴ gegenüber unterstellten Mitarbeitern,

    Personal-, Filial- und Zweigstellenleiter sowie leitende Angestellte i. S. d. § 5 Abs. 3 BetrVG.

    Arbeitspsychologischer Hinweis

    Soll die Abmahnung durch einen Vorgesetzten unterhalb der Geschäftsführungsebene ausgesprochen werden, kann es psychologisch vorteilhaft sein, den Vorgesetzten schriftlich zu bevollmächtigen. Dieser kann die Vollmacht dem Mitarbeiter dann „der Form halber" vorlegen. Dem Mitarbeiter wird dadurch ein möglicher Hoffnungsschimmer genommen, die Angelegenheit mit dem nächsthöheren Vorgesetzten zu seinen Gunsten zu klären.

    3.1.2 Form der Abmahnung

    Eine Abmahnung setzt keine bestimmte Form voraus. Es bestehen somit verschiedene Möglichkeiten, eine Abmahnung zu erteilen. Diese reichen von der Versendung per einfachem Brief, Einschreiben, Fax, E-Mail und SMS bis hin zu einem persönlichen Gespräch oder einer mündlichen Nachricht auf dem Anrufbeantworter. In der Praxis wird häufig eine mündliche Abmahnung ausgesprochen, insbesondere bei erstmaligen Verstößen. Dadurch kann es jedoch in einem späteren Kündigungsprozess zu Beweisschwierigkeiten kommen. Denn der Arbeitgeber trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Abmahnung. Bestreitet der Arbeitnehmer später, ordnungsgemäß abgemahnt worden zu sein, muss derjenige, der die Abmahnung ausgesprochen hat (z. B. Personalleiter, Vorgesetzter), als Zeuge aussagen. Dabei lässt sich häufig nicht zweifelsfrei beweisen, ob alle drei Funktionen der Abmahnung erfüllt waren (s. dazu Abschn. 3.2). Einem erfahrenen Arbeitnehmeranwalt wird es daher zumeist gelingen, durch geschickte Fragen an den Zeugen Zweifel beim Gericht zu wecken. Diese gehen zulasten des Arbeitgebers! Selbst die Anfertigung eines Gesprächsvermerkes hilft nur begrenzt.

    Für die Praxis ist daher uneingeschränkt die schriftliche Erteilung der Abmahnung zu empfehlen. Auf diese Weise kann der Arbeitgeber die oben genannten prozessualen Risiken vermeiden.

    Arbeitspsychologischer Hinweis

    Schriftliche Dokumente haben stets eine nachhaltigere Wirkung als mündliche Mitteilungen. Mündliche Verwarnungen oder Abmahnungen werden im Laufe der Zeit je nach Persönlichkeitsstruktur in der Erinnerung des Mitarbeiters entsprechend „zurechtgebogen" und können daher schnell an psychologischer Wirkung verlieren. Sie können zudem sogar kontraproduktiv werden, weil sich der Mitarbeiter gar nicht mehr oder nicht mehr richtig daran erinnert.

    Der Arbeitgeber darf die Abmahnung jedoch nicht „öffentlich erteilen. Sie darf weder am Schwarzen Brett ausgehängt werden noch z. B. in einer entsprechenden Rundmail mit dem Verteiler „an alle versendet werden. Denn der Arbeitgeber würde durch die Bloßstellung des abgemahnten Mitarbeiters in der Öffentlichkeit in unzulässiger Weise in dessen Persönlichkeitsrecht eingreifen. Der Arbeitnehmer könnte hiergegen einen gerichtlichen Unterlassungstitel erwirken.

    Arbeitsrechtlicher Hinweis

    Abmahnungen sollten stets schriftlich ausgesprochen werden, mündliche Abmahnungen bergen erhebliche prozessuale Risiken!

    3.1.3 Zugang der Abmahnung

    Die Abmahnung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie wird daher erst wirksam, wenn sie dem Adressaten gem. § 130 BGB zugeht. Der Arbeitgeber trägt für den Zugang der von ihm erklärten Abmahnung die Darlegungs- und Beweislast.⁷ Er muss also in einem etwaigen späteren Prozess den Zugang der Abmahnung beweisen. Bereits an dieser Hürde scheitern Arbeitgeber häufig. Bei den in der Praxis am häufigsten gewählten Zugangsarten treten nämlich regelmäßig

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