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Handbuch für Führungskräfte: Ein Praxisratgeber in Veränderungsprozessen
Handbuch für Führungskräfte: Ein Praxisratgeber in Veränderungsprozessen
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eBook604 Seiten5 Stunden

Handbuch für Führungskräfte: Ein Praxisratgeber in Veränderungsprozessen

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Über dieses E-Book

Durch die Umstrukturierungen und Neuausrichtungen zahlreicher Unternehmen, insbesondere im Zuge der Digitalisierung und Globalisierung, hat sich der Arbeitsalltag von Führungskräften und leitenden Angestellten drastisch verändert. Der enorme Anpassungsdruck hat direkte Auswirkungen auf die Arbeitsverhältnisse. Dieses Buch zeigt in der 3., vollständig überarbeiteten und erweiterten Auflage die neuesten Entwicklungen im Arbeitsrecht für Führungskräfte auf und räumt mit typischen Missverständnissen auf.
Wie gehe ich mit Aufgabenänderung, Aufgabenentzug und Versetzungen um? Wer hilft der Führungskraft im eigenen Unternehmen? Diese und weitere wichtige Fragestellungen werden erörtert und juristische Neuerungen einfach und verständlich kommuniziert. Optimal geeignet für leitende Angestellte, Manager, Sprecherausschuss- und Betriebsratsmitglieder, Personalleiter, Controller, Geschäftsführer und Vorstände.
Ganz aktuell in der 3. Auflage sind die Themen Datenschutz (DSGVO) und Institutsvergütungsverordnung (Auswirkungen auf Aufhebung und variable Vergütung).

Aus dem Inhalt:

Umstrukturierungen und ihre Folgen für Führungskräfte

Vergütung

Besonderheiten durch die Versicherungs- und Institutsvergütungsverordnung

Beförderung zum Geschäftsführer: Chance oder Fallstrick?

Betriebliche Altersversorgung

Auslandsentsendungen

Versetzungen

Die Trennung von der Führungskraft

Abfindungen

Compliance

Arbeit 4.0

 

 

Der Autor:

Dr. Christoph Abeln ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und Geschäftsführer der gleichnamigen Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Berlin, München, Frankfurt am Main und Düsseldorf. Er ist gemeinsam mit seinen Kollegen und Co-Autoren auf die Vertretung von Führungskräften und leitenden Angestellten spezialisiert.



 


SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer Gabler
Erscheinungsdatum10. Jan. 2019
ISBN9783658236762
Handbuch für Führungskräfte: Ein Praxisratgeber in Veränderungsprozessen

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    Buchvorschau

    Handbuch für Führungskräfte - Christoph Abeln

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    Christoph AbelnHandbuch für Führungskräftehttps://doi.org/10.1007/978-3-658-23676-2_1

    1. Leitende Angestellte

    André Kasten

    Christoph Abeln¹  

    (1)

    ABELN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin, Deutschland

    Christoph Abeln

    Email: mail@abeln.de

    Angesichts der Vielzahl von arbeitsrechtlichen Sonderregelungen für leitende Angestellte , ist es für die Führungskraft von großer Bedeutung zu wissen, ob sie aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen unter die Gruppe der (echten) leitenden Angestellten fällt. Aus rechtlicher Sicht kann es im Streitfall von Vorteil sein, wenn die Führungskraft nicht als leitender Angestellter betrachtet wird. Aber auch mit diesem Status genießen leitende Angestellte durchaus einen größeren Schutz als allgemein hin angenommen wird.

    Im letzten Jahr ist in der Rechtsprechung zudem die Frage der Haftung bei Führungskräften bzw. die Frage, ob Führungskräften noch die Privilegierung der Arbeitnehmerhaftung zuteilwerden kann, stark diskutiert worden. Die Frage nach dem Status gewinnt mit der Haftung damit zusätzlich an Brisanz und wird daher in dieser 3. Auflage erstmals eingehend erörtert. Zudem hat die neue Große Koalition in ihrem Koalitionspapier für Finanzinstitute angekündigt, Risikoträger, deren jährliche regelmäßige Grundvergütung das Dreifache der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung überschreitet, im Kündigungsschutzgesetz leitenden Angestellten gleichzustellen (vgl. Koalitionsvertrag zw. CDU, CSU und SPD, 7. Feb. 2018, S. 70, Rn. 3202 f.).

    An den Einordnungskriterien selbst und den geltenden Besonderheiten für leitende Angestellte hat sich indes in den Jahren wenig verändert. Vielmehr ist – mit einigen Ausnahmen – in der Rechtsprechung die Tendenz nach einer noch strengeren Auslegung der Kriterien zu erkennen, nicht zuletzt auch aufgrund der von uns erstrittenen Urteile in den Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit in den verschiedensten Branchen. Vor dem Hintergrund der Anmerkungen im Koalitionsvertrag ist jedoch nicht absehbar, wie sich dies für die leitenden Angestellten in den Finanzinstituten entwickeln wird.

    Lassen Sie uns gemeinsam der Reihe nach folgende Fragen beantworten: Wann ist ein Arbeitnehmer ein leitender Angestellter? Welche Folgen hat der Status des leitenden Angestellten bei einer Kündigung für die Führungskraft? Wie verhalte ich mich als angeblich leitender Angestellter bei Kündigung oder der Ankündigung einer Trennung? Hafte ich tatsächlich anders als meine nicht leitenden Kollegen?

    1.1 Was macht eine Führungskraft zum leitenden Angestellten?

    Es kommt immer häufiger vor, dass wir in den Arbeitsverträgen unserer Mandanten eine Formulierung wie „Der/Die Angestellte ist leitende/r Angestellte/r im Sinne …" finden. Auch wenn der Arbeitgeber dies seinen Mitarbeitern regelmäßig zu vermitteln versucht, macht diese Regelung allein eine Führungskraft noch nicht zu einem echten leitenden Angestellten. Es müssen stets die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Leitender Angestellter ist ein Rechtsbegriff aus dem deutschen Arbeitsrecht, genauer gesagt dem Betriebsverfassungsgesetz, dem Mitbestimmungsgesetz sowie dem Kündigungsschutzgesetz , ggf. demnächst auch aus der Institutsvergütungsverordnung.

    Betrachtet man aber die aktuell einschlägigen gesetzlichen Vorschriften über die Rechte und Pflichten von leitenden Angestellten, so fällt auf, dass es keinen einheitlichen Begriff gibt. Dennoch lassen sich einige Kernelemente finden, die eine Begriffsbestimmung möglich machen.

    1.1.1 Betriebsverfassungsrechtliche Definition

    Nach § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BetrVG ist leitender Angestellter, wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist. Im Einzelnen führt das BetrVG in § 5 Abs. 3 aus:

    Ein leitender Angestellter ist demnach,

    wer nach Arbeitsvertrag und Stellung im Unternehmen oder im Betrieb

    zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder in der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern berechtigt ist, oder

    Generalvollmacht oder Prokura hat und die Prokura auch im Verhältnis zum Arbeitgeber nicht unbedeutend ist, oder

    regelmäßig sonstige Aufgaben wahrnimmt, die für den Bestand und die Entwicklung des Unternehmens oder eines Betriebs von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt, wenn er dabei entweder die Entscheidungen im Wesentlichen frei von Weisungen trifft oder sie maßgeblich beeinflusst; dies kann auch bei Vorgaben insbesondere aufgrund von Rechtsvorschriften, Plänen oder Richtlinien sowie bei Zusammenarbeit mit anderen leitenden Angestellten gegeben sein.

    Doch Vorsicht! Der Status ist jeweils am konkreten Einzelfall zu bewerten. Denn nicht allein die Übernahme der Funktion eines Betriebsleiters oder aber die Erteilung einer Prokura führt automatisch auch zur Berechtigung zur selbstständigen Einstellung und Entlassung von im Betrieb oder der Betriebsabteilung beschäftigten Arbeitnehmern. Die Berechtigung muss im Innenverhältnis zum Arbeitgeber, d. h. aufgrund einer internen Befugnis vorliegen, eine bloße Außenvollmacht (Titularprokuristen) genügt gerade nicht. Die Kompetenz muss sowohl für die Einstellung als auch für die Entlassung vorliegen. Ist die Führungskraft nur alternativ zur Entlassung oder Einstellung berechtigt, begründet dies nicht den Status eines leitenden Angestellten im Sinne dieses Gesetzes. Überdies muss die Befugnis selbstständig ausgeübt werden. Selbstständig handelt nur derjenige, der einen eigenen Entscheidungsspielraum hat und weder an die Zustimmung des Arbeitgebers noch an die eines Dritten gebunden ist.

    Auch aus der Aufgabenstellung kann sich theoretisch der Status des leitenden Angestellte begründen. Denn ein Angestellter, der regelmäßig über einen beachtlichen Teilbereich unternehmerischer Gesamtaufgaben entscheiden kann und darf, ist leitender Angestellter nach Nr. 3 des § 5 Abs. 3 BetrVG. Er muss dabei maßgeblichen Einfluss auf die wirtschaftliche, technische, kaufmännische, organisatorische oder personelle Führung des Unternehmens oder eines Betriebs ausüben. Entscheidend ist hier gerade nicht, dass ihm alle genannten Aufgaben übertragen sind, sondern dass er wesentlich eigenverantwortlich handeln darf. Das erfordert einen erheblichen Entscheidungsspielraum. Es kommt dabei aber weder auf bestimmte Einkommensgrenzen an noch darauf, auf welcher Leitungsebene im Unternehmen die Tätigkeit ausgeübt wird.

    Bleiben dennoch Zweifel, benennt das Gesetz weitere Kriterien. Nach § 5 Abs. 4 BetrVG ist leitender Angestellter im Zweifel, wer

    aus Anlass der letzten Wahl des Betriebsrats, des Sprecherausschusses oder von Aufsichtsratsmitgliedern der Arbeitnehmer oder durch gerichtliche Entscheidung den leitenden Angestellten zugeordnet worden ist, oder

    einer Leitungsebene angehört, auf der in dem Unternehmen überwiegend leitende Angestellte vertreten sind, oder

    ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, das für leitende Angestellte in dem Unternehmen üblich ist, oder,

    falls auch bei der Anwendung der Nummer 3 noch Zweifel bleiben, ein regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt erhält, dass das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch überschreitet.

    Die letztgenannte Bezugsgröße nach § 18 SGB IV liegt 2018 in den alten Bundesländern bei 36.540 EUR und in den neuen Bundesländern bei 32.340 EUR. Die Gehaltsgrenze für die Bestimmung des leitenden Angestellten liegt damit bei 109.620 EUR West, bzw. bei 97.020 EUR Ost. Angesicht der durchschnittlichen Vergütung einer Führungskraft (vgl. Kap. 3) im vergangenen Jahr, dürfte zumindest ein großer Teil der Führungskräfte auch als leitender Angestellter im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn einzuordnen sein.

    Zu beachten ist jedoch, dass diese Kriterien nicht allein zur Statusbestimmung benutzt werden können, sondern nur eine Entscheidungshilfe für Zweifelsfälle sind. Aus diesem Grunde ist es denkbar, dass auch Angestellte mit einem Millionengehalt nicht als leitende Angestellte anzusehen sind.

    1.1.2 Kündigungsschutzrechtliche Definition

    Die kündigungsschutzrechtliche Definition des leitenden Angestellten ist im Vergleich zur betriebsverfassungsrechtlichen Definition wesentlich strenger. Nach der Definition im Kündigungsschutzgesetz (§ 14 Abs. 2 KSchG) sind leitende Angestellte nur Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche Mitarbeiter, die berechtigt sind, selbstständig Arbeitnehmer einzustellen oder zu entlassen. Das für das Kündigungsschutzgesetz maßgebende Kriterium ist dabei die selbstständige Einstellungs- und/oder Entlassungsbefugnis .

    Zwar sind leitende Angestellte im betriebsverfassungsrechtlichen und kündigungsschutzrechtlichen Sinne gerade in diesem Punkt identisch definiert, die Definition des Kündigungsschutzgesetzes ist hier jedoch wesentlich restriktiver zu verstehen. Denn während das Kündigungsschutzgesetz zwingend die Befugnis zur Entlassung oder Einstellung voraussetzt, genügt nach dem Betriebsverfassungsgesetz schon die Wahrnehmung von Aufgaben, die für das Unternehmen einen maßgeblichen Einfluss haben oder die Überschreitung einer, für einen „normalen" Arbeitnehmer üblichen Vergütung (Bezugsgröße).

    Für das Kündigungsschutzgesetz genügt es jedoch nicht, dass die Führungskraft die Einstellungs- als auch Entlassungsbefugnis vertraglich übertragen bekommen hat. Vielmehr muss diese selbstständige Wahrnehmung von Einstellungs- oder Entlassungsfunktionen auch einen wesentlichen Teil der tatsächlichen Tätigkeit ausmachen, das heißt die Tätigkeit muss den Aufgabenbereich der Führungskraft schwerpunktmäßig bestimmen, das Bundesarbeitsgericht spricht davon, dass dies die Tätigkeit des leitenden Angestellten prägen muss. Daran scheitern nach unserer Erfahrung in den meisten Fällen die Einordnung der Führungskraft als leitender Angestellter. Denn einige Führungskräfte können zwar nach dem Arbeitsvertrag, Richtlinien oder etwaigen Kompetenzregelungen Einstellung und Entlassungen vornehmen, haben hiervon jedoch in der Vergangenheit keinen oder aber nur in Einzelfällen Gebrauch gemacht bzw. waren in der tatsächlichen Ausführung nicht in ihrer Entscheidung frei. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, insbesondere des Bundesarbeitsgerichts ist bei dieser Frage (bisher) sehr streng. Der Grund hierfür ist, dass das Kündigungsschutzgesetz vorrangig ein Bestandsschutz - und kein Abfindungsgesetz ist. Dies wäre aber die Folge, wenn man den Status des leitenden Angestellten aufweichen oder den Status von der Vertragsgestaltung abhängig machen würde.

    Eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Düsseldorf hat im Jahr 2017 die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ad absurdum geführt, in dem es trotz unstreitig fehlender Einstellungen durch die Führungskraft den Status des leitenden mit der Begründung bestätigte, es habe lediglich an „Gelegenheiten zur Ausübung der Einstellungsbefugnis" gefehlt. Auch wenn dies mit der aktuellen Rechtsprechung unvereinbar ist, zeigt dies die Gefahr einer fehlerhaften Interpretation des gesetzgeberischen Willens, selbst durch Gerichte. Im konkreten Fall ist das Landesarbeitsgericht Düsseldorf letztlich wieder unserer Argumentation gefolgt und hat das Urteil des Arbeitsgerichts im Mai 2018 wieder aufgehoben. Das Urteil ist seit dem 12. Dezember 2018 auch rechtskräftig.

    Bei der Anwendung der aktuellen höchstrichterlichen Rechtsprechung ist allein entscheidend, dass eine vertraglich eingeräumte Einstellungs- und/oder Entlassungsbefugnis in der Praxis selbstständig, das heißt eigenverantwortlich ausgeübt werden kann. Daran fehlt es jedoch, wenn die Führungskraft bei der personellen Maßnahme an die Mitentscheidung oder dem Vorschlagsrecht von Dritten gebunden ist bzw. ihm die entsprechende Befugnis zur tatsächlichen Umsetzung der Entscheidung fehlt. Für „fehlende Gelegenheiten" ist in der Interpretation kein Raum. Selbst wenn diese Befugnis vorliegen sollte und in Einzelfällen auch ausgeübt wurde, folgt daraus nicht zwangsläufig der Status des leitenden Angestellten. Denn die auch tatsächlich ausgeübte Kompetenz zur Einstellung und Entlassung muss nach der Rechtsprechung entweder eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern oder eine gewisse Anzahl von bedeutenden Arbeitnehmern erfassen.

    In größeren Unternehmen wird diese jedoch in der Regel über die Personalabteilung bzw. Human Resources abgewickelt und damit aus dem Kompetenzbereich einzelner Führungskräfte – trotz vertraglicher Regelungen – herausgenommen. Diese Einordnung bzw. eigentlich die Nichterfüllung der Voraussetzung für die Einordnung als leitender Angestellter hat für die Führungskraft im kündigungsschutzrechtlichen Sinn keine Nachteile, sondern ggf. Vorteile (vgl. Abschn. 10.​1).

    Der „echte" leitende Angestellte im kündigungsschutzrechtlichen Sinn kann in den meisten Unternehmen trotz der hohen Anzahl von Führungskräften damit auf eine sehr überschaubare Größenordnung reduziert werden; meist ist das nicht mal mehr der Leiter der Personalabteilung/Human Resources. Zwar bestand früher noch die Besonderheit, dass der Personalleiter nach der Rechtsprechung bereits aufgrund seiner Position eine Einstellungs- und Entlassungsbefugnis innehat und dies wegen der Leistung der Personalabteilung auch wesentlicher Bestandteil seiner Tätigkeit ist, doch auch hier ist die Rechtsprechung strenger geworden. So entschied beispielsweise das Landesarbeitsgericht Hamm, dass einem Personalleiter, dem vertraglich die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis übertragen ist, gleichwohl die Eigenschaft als leitender Angestellter fehlt, wenn sein weisungsbefugter betrieblicher Vorgesetzter mit identischen vertraglichen Kompetenzen ausgestattet ist.

    Entscheidend ist also auch hier, dass die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis selbstständig, das heißt eigenverantwortlich ausgeübt werden kann. Daran fehlt es, wenn die Führungskraft bei der personellen Maßnahme an die Mitentscheidung oder dem Vorschlagsrecht von Dritten gebunden ist bzw. ihm die entsprechende Befugnis zur tatsächlichen Umsetzung der Entscheidung fehlt.

    Selbst wenn diese Befugnis vorliegen sollte und in Einzelfällen auch ausgeübt wurde, folgt daraus nicht zwangsläufig der Status des leitenden Angestellten. So ist es nach einer von uns über mehrere Instanzen erstrittenen Entscheidung nicht ausreichend, dass man alle Aushilfen und befristete Beschäftigte einstellen und entlassen konnte und diese Befugnis regelmäßig auch ausgeübt hat. Für uns war allein der Stellenwert der Mitarbeiter im Unternehmen entscheidend. Denn die Einstellungsbefugnis muss sich entweder auf eine bedeutende Anzahl von Arbeitnehmern oder eine gewisse Anzahl von bedeutenden Arbeitnehmern erstrecken. Aushilfen bilden in der Regel keinen wesentlichen Teil der Belegschaft und sind im Normalfall mit Hilfsaufgaben betraut, folglich erfüllen sie auch keine bedeutenden Aufgaben.

    Das Landesarbeitsgericht Bremen geht sogar noch weiter und beurteilt die Frage, ob eine herausgehobene Stellung vorliegt oder nicht, nicht allein auf den Betrieb oder die Filiale abgestellt, sondern auch auf die Bedeutung bezogen auf das Unternehmen. Das Gericht wies zutreffend darauf hin, dass andernfalls jeder der Personalbefugnis für einen noch so kleinen Betrieb aber ohne wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen schon als Angestellter in leitender Stellung angesehen werden muss.

    Dies könnte sich – sofern man dem Koalitionsvertrag Glauben schenkt – in Zukunft für Risikoträger in Finanzinstituten ab einem Einkommen von aktuell 234.000,00 EUR ändern. Allein die Anknüpfung am Gehalt ist aus unserer Sicht mit dem Sinn des Kündigungsschutzgesetzes nicht vereinbar. Der Arbeitgeber hätte über die Gehaltsgestaltung künftig in der Hand des Status zu begründen. Dies ist bereits mit dem Bestandsschutz des Kündigungsschutzgesetzes nicht vereinbar und dürfte auch unter Berücksichtigung des Grundgesetzes problematisch sein.

    1.1.3 Weitere gesetzliche Definitionen

    Nach § 45 der Wirtschaftsprüferordnung gelten angestellte Wirtschaftsprüfer als leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Auch das Postpersonalrechtsgesetz (PostPersRG) sieht bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten eine Sonderregelung vor. Dieser Status bringt es mit sich, dass für diesen Personenkreis diverse Arbeitnehmerrechte (wie zum Beispiel das Arbeitszeitgesetz, Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen, aktives und passives Wahlrecht bei Betriebsratswahlen) nicht gelten.

    Entsprechende Regelungen für vergleichbare Berufsgruppen, wie angestellte Steuerberater oder Rechtsanwälte gibt es dagegen nicht.

    1.2 Welche Folgen hat der Status des leitenden Angestellten

    Die Folge der Einordnung als leitender Angestellter i. S. des Betriebsverfassungsgesetzes ist ein Wechsel der Zuständigkeit des Interessenvertreterorgans. So ist für die leitenden Angestellten nicht der Betriebsrat, sondern der Sprecherausschuss zuständig (vgl. Kap. 2). Auch unterfallen leitende Angestellte in diesem Sinne nicht den Betriebsvereinbarungen, es sei denn, dies ist ausdrücklich geregelt, sowie der wirtschaftlichen Mitbestimmung. Sie sind deshalb von den Ansprüchen aus einem Sozialplan ausgeschlossen und müssen durch einzelvertragliche Vereinbarung einen entsprechenden Ausgleich aushandeln.

    1.2.1 Der Mythos vom schutzlosen leitenden Angestellten.

    Leitende Angestellte genießen – auch wenn sie nicht vom Betriebsrat vertreten werden oder an den Betriebsratswahlen teilgenommen haben – den allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (vgl. § 14 Abs. 1 KSchG). Aus § 14 Abs. 2 KSchG ergibt sich für leitende Angestellte jedoch eine Besonderheit, dass in Abweichung zu § 9 Abs. 1 KSchG der Arbeitgeber einen Antrag auf gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht begründen muss. Das bedeutet: Auch wenn der Arbeitgeber einem leitenden Angestellten unwirksam gekündigt hat, kann er sich mit einem Auflösungsantrag von ihm trennen. Der leitende Angestellte kann daher den Bestand seines Arbeitsverhältnisses nicht effektiv verteidigen und die Weiterbeschäftigung durchsetzen. Das Gericht diktiert dabei die Abfindungshöhe. Es ist anders als bei freien Aufhebungsverhandlungen an Vorgaben zur Höhe der Abfindung gebunden (vgl. § 10 KSchG), was für die Führungskraft häufig ein wirtschaftlicher Totalschaden bedeutet.

    Daher ist im Streitfall allein der Status nach dem Kündigungsschutzgesetz relevant und vorab zu klären. Eine allgemeine Betrachtung oder Begriffsbestimmung ist dabei – wie bereits dargestellt – nicht möglich, vielmehr kommt es stets auf den Einzelfall und dem konkreten Arbeitsverhältnis an. Unsere langjährigen Erfahrungen in diesem Bereich und die vielfältig erstritten Urteile machen aber deutlich, dass der leitenden Angestellte im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes eher die Ausnahme ist, auch wenn der Arbeitgeber dies gegenüber der Führungskraft stets anders darzustellen versucht.

    1.3 Haftung von Leitenden Angestellten

    Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofs werden derzeit gerne so ausgelegt, dass der Abschluss einer Directors & Officers-Versicherung (D&O-Versicherung) durch das Unternehmen dazu führt, dass Prokuristen und leitende Angestellte gegenüber dem Unternehmen nicht mehr nach den Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung, sondern uneingeschränkt haften.

    Das Unternehmen bezweckt mit dem Abschluss einer solchen Versicherung, ihre Mitarbeiter gegen persönliche Haftungsrisiken des geschäftlichen Handelns abzuschirmen. Primär sind Organmitglieder in der D&O-Versicherungen versichert (vgl. dazu Abschn. 7.​5.​5). Oft werden dabei aber auch Arbeitnehmer einbezogen, insbesondere Prokuristen und leitende Angestellte. Begehen besagte leitende Angestellte eine Pflichtverletzung zulasten des Unternehmens und macht das Unternehmen deshalb Schadensersatzansprüche geltend, tritt die Versicherung zugunsten des leitenden Angestellten ein.

    Für Arbeitnehmer entwickelte das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung ein abgestuftes Haftungsregime nach unterschiedlichem Verschuldensgrad (sogenannte Arbeitnehmerhaftung). Dabei haftet der Arbeitnehmer bei leichter Fahrlässigkeit nicht, bei mittlerer/normaler Fahrlässigkeit nur anteilig und bei grober Fahrlässigkeit und Vorsatz voll, jedoch nur bis zu einem Höchstbetrag von drei Bruttomonatsgehältern.

    Diese Grundsätze der Haftungsprivilegierung für Arbeitnehmer finden keine Anwendung, wenn zugunsten des Arbeitnehmers eine gesetzlich vorgeschriebene Versicherung (z. B. Kfz-Haftpflichtversicherung, Berufshaftpflichtversicherung) besteht. Sofern keine gesetzliche Verpflichtung besteht, hat dies auch keinen Einfluss auf die Arbeitnehmerhaftung. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch am Rande einer Entscheidung aus dem Jahr 2010 die Rechtsansicht geäußert, dass auch eine freiwillige Haftpflichtversicherung wie eine D&O-Versicherung mit einer gesetzlichen Pflichtversicherung gleichgestellt werden kann.

    Diese Thematik hat auch der Bundesgerichtshof in zwei Entscheidungen aus den Jahren 2016 und 2017 mit der Frage zum Direktanspruch des Versicherungsnehmers gegen den D&O-Versicherer aufgegriffen. Der Bundesgerichtshof verweist hierbei auf das sog. versicherungsrechtliche „Trennungsprinzip bzw. dem Grundsatz „Versicherung folgt Haftung.

    Diese Rechtsprechung hätte dann zur Folge, dass die Haftungsprivilegierung auch dann entfallen würde, wenn für den leitenden Angestellten bei Abschluss des Arbeitsvertrages eine D&O-Versicherung verbindlich vereinbart werden würde. Leitende Angestellte würden – zumindest bei bestehender D&O-Versicherung – dann unbeschränkt haften.

    Letztlich ist die Frage des Wegfalls der Arbeitnehmerprivilegierung für leitende Angestellte bei Bestehen einer D&O-Versicherung (noch) nicht abschließend von der Rechtsprechung geklärt. Dennoch sollte bei Abschluss oder Zusage einer D&O-Versicherung ein besonderes Augenmerk auf die Deckung gelegt werden bzw. darauf, dass diese sichergestellt wird.

    1.4 Wie verhalte ich mich als (echter) leitender Angestellter

    Als Führungskraft haben Sie in jedem Fall die Möglichkeit, im noch bestehenden Arbeitsverhältnis auf den Status Einfluss zu nehmen oder Nachweise für den fehlenden Status zu sichern. Der Arbeitgeber aber auch, daher ist Vorsicht geboten! Übrigens, Sie können den Status mit der Rechtsprechung einiger Instanzgerichte auch wieder verlieren.

    © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019

    Christoph AbelnHandbuch für Führungskräftehttps://doi.org/10.1007/978-3-658-23676-2_2

    2. Wer hilft den Führungskräften im eigenen Unternehmen? – Die Rolle des Sprecherausschusses

    Christoph Abeln¹  

    (1)

    ABELN Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin, Deutschland

    Christoph Abeln

    Email: mail@abeln.de

    Unter Sprecherausschüssen sind die Vertretungsorgane der leitenden Angestellten zu verstehen, die auf der Grundlage des seit 1989 bestehenden Sprecherausschussgesetzes gebildet werden können, sofern im Betrieb mindestens 10 leitende Angestellte beschäftigt werden. Das Sprecherausschussgesetz unterscheidet zwischen dem Sprecherausschuss auf betrieblicher, dem Unternehmenssprecherausschuss auf der Ebene mehrerer Betriebe und dem Konzernsprecherausschuss auf der Konzernebene im Sinne des Aktiengesetzes. Heute sind in beinahe jedem DAX Unternehmen, aber auch in vielen größeren Unternehmen Sprecherausschüsse gebildet. Anders als das Betriebsverfassungsgesetz, dass den Betriebsräten weitreichende Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte einräumt, sieht das Sprecherausschussgesetz keine echten Mitbestimmungsrechte, sondern lediglich Beteiligungsrechte vor, die im Wesentlichen die Bereiche Arbeitsbedingungen und Beurteilungsgrundsätze, personelle Maßnahmen und wirtschaftliche Angelegenheiten beinhalten. Auf individualrechtlicher Seite sieht das Sprecherausschussgesetz die Unterstützung einzelner leitender Angestellter durch den Sprecherausschuss vor.

    Führungskräfte sollten sich auch darüber im Klaren sein, dass das Gremium selten homogen agiert. Es kommt nicht selten vor, dass einige Mitglieder der Unternehmensseite im Konfliktfall zu nahe stehen. Sprecherausschussmitglieder in der direkten Berichtslinie zum Vorstand, das heißt die Bereichsleiterebene sollte aus unserer Sicht nicht in den Sprecherausschuss gewählt werden und sich besser gar nicht erst aufstellen lassen, da eine unbefangene Interessenwahrnehmung kaum gewährleistet ist.

    2.1 Der Status des Sprecherausschussmitglieds

    Aufgrund der Nähe der leitenden Angestellten zu Unternehmensleitung hat der Gesetzgeber die Rechtsstellung des Sprecherausschusses bewusst nicht stark ausgestaltet. Die gewählten Vertreter der leitenden Angestellten, die sogenannten Sprecherausschussmitglieder genießen deshalb auch nicht den besonderen Kündigungsschutz, der Betriebsratsmitgliedern gesetzlich gewährt wird. Weder sieht das Sprecherausschussgesetz nämlich eine Einschränkung des Kündigungsrechts dergestalt vor, dass wie bei einem Betriebsrat nur eine außerordentliche Kündigung des Sprecherausschussmitglieds zulässig wäre, noch ist das Kündigungsrecht davon abhängig, dass der Sprecherausschuss als Gremium etwa seine Zustimmung zur Kündigung eines leitenden in der Funktion eines Sprecherausschussmitglieds erteilen müsste. Vielmehr genießt das Sprecherausschussmitglied im Gegensatz zum Betriebsrat überhaupt keine kündigungsschutzrechtliche Privilegierung. Daraus erklärt sich das oftmals vorsichtige und mitunter unsichere Taktieren mancher Sprecherausschüsse in Belangen des Sprecherausschusses oder in Belangen einzelner leitender Angestellter durch den Sprecherausschuss.

    Tipp

    Die Führungskraft, die sich in eigener Sache, das heißt in Konfliktsituationen mit dem Unternehmen an den Sprecherausschuss wendet, sollte sich dies klar machen und in harten Auseinandersetzungen seine Erwartungen an die Interessenvertretung und Unterstützung im Einzelfall nicht zu hoch setzen.

    Ebenso wenig wie einen besonderen Kündigungsschutz sieht das Sprecherausschussgesetz einen besonderen Freizeitausgleich für die als Sprecherausschuss aufgewandte Zeit vor. Der Sprecherausschuss hat deshalb seine Aufgaben neben seinen Aufgaben als Führungskraft zu erbringen, sodass das Amt im Einzelfall eine erhebliche zusätzliche zeitliche und mitunter auch psychische Belastung darstellen kann. Dies gilt vor allem dann, wenn der Sprecherausschuss im Interesse der vertretenen Leitenden eine zu den Interessen der Geschäftsleitung konträre Position einnehmen muss.

    Der Status des Sprecherausschussamtes erfordert deshalb für eine effektive Interessenwahrnehmung ein erhebliches Standing, Fachkenntnis, Sozialkompetenz und im Idealfall eine Position im Unternehmen, aufgrund derer sich das Sprecherausschussmitglied Anerkennung im Unternehmen, insbesondere gegenüber der Geschäftsleitung, erworben hat.

    Die Möglichkeiten des Sprecherausschusses die Interessen der Führungskräfte zu vertreten hängen im Wesentlichen davon ab, wie die Führungskräfte des Unternehmens den Sprecherausschuss und deren Vertreter wahrnehmen. Denn nur, wenn die Führungskräfte den Eindruck haben, dass sich der Sprecherausschuss auf Augenhöhe mit der Geschäftsleitung befindet, werden sich im Zweifelsfall die Führungskräfte mit ihren Anliegen vertrauensvoll an den Sprecherausschuss wenden.

    Wir haben in den letzten Jahren im Rahmen unserer ausschließlich auf Führungskräfte ausgerichteten Tätigkeit die Beobachtung gemacht, dass seitens der Unternehmen tendenziell weniger auf eine gesetzeskonforme Einbindung der Sprecherausschüsse wert gelegt wurde. Dies kann sich beispielsweise darin ausdrücken, dass Rahmenregelungen für die leitenden Mitarbeiter im Falle betrieblicher Umstrukturierungen unternehmensseitig abgelehnt werden und Unternehmen im Falle der Trennung von Mitarbeitern lieber nach dem Prinzip divide et impera (teile und herrsche) verfahren, in der Hoffnung, dass die Kommunikation der Leitenden untereinander nicht allzu groß sein wird. Für die Führungskräfte bedeutet dies, dass sie im Zweifelsfall auf sich allein gestellt ist. Für den Sprecherausschuss kann dies jedoch auch die Herausforderung sein, sich für Transparenz in der Behandlung der Angelegenheiten der Leitenden Angestellten engagierter einzusetzen, sei es in den Themen Vergütung oder auch im Rahmen von Trennungsprozessen.

    2.2 Das Rollenverständnis des Sprecherausschusses

    Da vom Gesetz für die gesetzlichen Befugnisse eine schwache Interessenwahrnehmung gewollt ist, wird mancher Sprecherausschuss als „Papiertiger" angesehen. Zum Teil findet man auch im Kreis der leitenden Angestellten eine unterschiedliche Akzeptanz des Sprecherausschusses. So fühlen sich die Führungskräfte der ersten Funktionsstufen oder Leitungsebene eher weniger durch den Sprecherausschuss repräsentiert als diejenigen nachgeordneter Leitungsebenen. Dies mag zum einen darauf zurückzuführen sein, dass es Führungskräfte in direkter Berichtslinie zum Vorstand oder der Geschäftsführung oftmals gewohnt sind, ihre Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen und sich deshalb nicht an den Sprecherausschuss wenden, um diesen um Unterstützung oder Vermittlung zu bitten.

    Zum anderen werden manche Sprecherausschüsse oder deren Mitglieder auch als verlängerter Arm der Geschäftsleitung angesehen, die im Kreis der Leitenden für „Ruhe und Ordnung sorgen sollen und nicht die Interessen der leitenden Angestellten im Unter-nehmen „gegen die der Geschäftsleitung vertreten sollen.

    Nun mag es so sein, dass einzelne Leitende in der Funktion des Sprecherausschussmitglieds eher vorgenanntem Lager zuzuordnen sind. Wir haben es jedoch noch nie erlebt, dass sich das Gremium insgesamt im Sinne der Unternehmensinteressen hat instrumentalisieren lassen. Auf Betriebsratsseite hingegen haben wir hingegen schon weit öfter sogenannte Betriebsräte mit „goldenen Turnschuhen antreffen können, was wiederum auf die weitaus größeren Möglichkeiten des Betriebsrats unternehmerische Entscheidungen hinauszögern oder gar verhindern zu können, zurückzuführen sein mag. Ein jüngeres und erschreckendes Beispiel für ein schlecht gemanagtes Unternehmen und für ein Versagen der Interessenvertretungen dürfte die VW AG sein. Daran ändert auch nichts, dass man die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden von über 700.000 EUR auf nunmehr rund 100.000 EUR reduziert hat. Dies geschah nämlich nur vor dem Hintergrund juristischen Drucks und erfolgte auch nur befristet. Man wird sehen, wie dieses Kapitel einer schlechten Unternehmenskultur weiter geht. Die jüngsten Entwicklungen bei VW lassen nicht viel Besseres erwarten. Der Arm der Gewerkschaft bleibt über den neuen Personalvorstand stark. Die überholte „Lex Volkswagen, das heißt der Einfluss des Landes Niedersachen bleibt. Bestehende Verhältnisse werden perpetuiert.

    Nach unserem Verständnis macht ein Sprecherausschuss einen guten „Job", wenn es ihm einerseits gelingt, die Akzeptanz und das Vertrauen der leitenden Angestellten zu gewinnen, andererseits von der Geschäftsleitung respektiert wird. Dies ist unseres Erachtens bestmöglich gewährleistet, wenn sich im Sprecherausschussgremium bereits verdiente Führungskräfte befinden, die in der Lage sind, einen für die Leitenden gegenüber der Geschäftsführung abweichenden Standpunkt im Einzelfall zu begründen und auch zu vertreten. Dies wiederum setzt voraus, dass das Gremium sichergestellt hat, einen im Sinne aller betroffenen leitenden Angestellten gefundenen Standpunkt zu vertreten.

    Eine verständige Unternehmensführung wird im Regelfall einen „dissenting opinion" akzeptieren und sich darum bemühen, die Argumente des Sprecherausschusses zu berücksichtigen.

    Im Folgenden sollen einige in der Praxis besonders wichtige Regelungen des Sprecherausschussgesetzes näher betrachtet werden.

    2.3 Unterstützung des Einzelnen durch den Sprecherausschuss

    Das Sprecherausschussgesetz sieht vor, dass der leitende Angestellte bei der Wahrnehmung seiner Belange gegenüber dem Arbeitgeber ein Mitglied des Sprecherausschusses zur Unterstützung und Vermittlung hinzuziehen kann. Die Belange des leitenden Angestellten können beispielsweise bei einer Veränderung seines Tätigkeitsbereichs, der Veränderung der Berichtslinie, dem Entzug von Personalressourcen oder der Veränderung des finanziellen Budgets berührt sein, wie bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses .

    Sollen mit dem leitenden Angestellten Gespräche geführt werden, so sollte zunächst das Thema geklärt werden, sowie die Namen und Funktionen der Personen, die an dem Gespräch teilnehmen. Soll das Gespräch nicht als Vier-Augen Gespräch geführt werden, so ist die Führungskraft nicht verpflichtet, das Gespräch zu führen, da die Führungskraft keine Zeugen für den Inhalt des Gesprächs hat. Die Führungskraft ist auch nicht verpflichtet ein Mitglied des Sprecherausschusses hinzuziehen, damit der Arbeitgeber das Gespräch führen kann. Vielmehr wird es in das Ermessen des Leitenden gestellt, ob ein Mitglied des Sprecherausschusses hinzugezogen wird oder nicht.

    Im Ergebnis heißt das, dass die Führungskraft entweder die Führung eines Gesprächs davon abhängig machen kann, dass das Gespräch als Vier-Augen Gespräch geführt wird oder aber, dass an dem Gespräch ein Mitglied des Sprecherausschusses, das das Vertrauen der Führungskraft genießt, teilnimmt.

    Entgegen einer teilweisen vertretenen Auffassung kann die Führungskraft die Führung von Gesprächen über die mögliche Beendigung des Vertragsverhältnisses jedoch nicht davon abhängig machen, dass ein Rechtsanwalt an derartigen Gesprächen teilnimmt. Eine Teilnahme an derartigen Gesprächen empfiehlt sich nicht nur aus taktischen Gründen nicht, es kann auch zu einer frühzeitigen Verhärtung der Fronten führen. Wohl aber kann die Führung von Gesprächen über die Modalitäten der Beendigung von der Führungskraft generell abgelehnt werden, da diese nicht zu den Arbeitsvertragspflichten der Führungskraft zählen. Anders ist diese Frage allerdings zu beantworten, wenn die Führungskraft im Rahmen von Compliance-Untersuchungen als Beschuldigter befragt werden soll (vgl. hierzu Abschn. 8.​2).

    2.3.1 Personelle Maßnahmen

    Einher mit der Frage von Personalgesprächen über die Veränderung von Tätigkeits- und Aufgabenbereichen, der Veränderung von Kompetenzen oder sich anschließenden Trennungsgesprächen, können personelle Einzelmaßnahmen des Unternehmens gehen.

    Das Sprecherausschussgesetz sieht kraft Gesetzes eine Beteiligung des Sprecherausschusses vor jeder beabsichtigten Einstellung oder personellen Veränderung eines leitenden Angestellten vor. Diese Beteiligung muss rechtzeitig sein. Vor einer Kündigung des leitenden Angestellten ist der Sprecherausschuss zu hören.

    Unter einer Einstellung ist nicht nur die externe Einstellung eines leitenden Angestellten, sondern auch die „Beförderung " eines bisher nicht leitenden Angestellten zu einem leitenden Angestellten zu verstehen, da der Sprecherausschuss als Gremium in der Lage sein muss, sich frühzeitig ein Bild über die im Betrieb beschäftigten leitenden Angestellten zu verschaffen, da die Anzahl der leitenden Angestellten für die Anzahl der zu wählenden Sprecherausschussmitglieder von Bedeutung ist.

    Gerade im Falle der einseitigen Veränderung des Aufgabenbereichs durch eine einseitige Versetzung der Führungskraft werden unternehmensseitig oft Fehler gemacht, die mitunter im Rahmen späterer Verhandlungen mit dem Unternehmen nützlich sein können. So genügt es beispielsweise nicht, dass der Sprecherausschuss über eine personelle Maßnahme erst nachträglich informiert wird oder aus dem Intranet des Unternehmens erfährt, dass es eine personelle Veränderung gegeben hat. Indem das Gesetz eine Beteiligung vor der Maßnahme des Arbeitgebers vorsieht muss diese vielmehr so frühzeitig erfolgen, dass der Sprecherausschuss zeitlich Gelegenheit haben muss mit dem leitenden Angestellten Kontakt aufzunehmen, um den Sachverhalt zu besprechen und eventuelle Bedenken und Einwände dem Arbeitgeber gegenüber geltend zu machen.

    Da das Gesetz eine besondere Form für die Mitteilung des Arbeitgebers nicht vorgeschrieben hat, kann die Mitteilung des Arbeitgebers an den Sprecherausschuss mündlich erfolgen und muss nicht schriftlich sein.

    Andererseits würde es für eine ordnungsgemäße und gesetzeskonforme Mitteilung nicht ausreichen, wenn nur ein Mitglied des Sprecherausschusses per Telefon über eine beabsichtigte Versetzung eines leitenden Angestellten informiert würde. Da das Gesetz die Information des Sprecherausschuss als Gremium voraussetzt, hat die Mitteilung gegenüber dem Sprecherausschussvorsitzenden und bei dessen Verhinderung gegenüber dessen Stellvertreter zu erfolgen.

    Selbst namhafte Unternehmen nehmen die Beteiligungsrechte des Sprecherausschusses im Falle von personellen Maßnahmen oftmals auf die leichte Schulter und verkennen, dass das Übergehen vorgenanntem Beteiligungsrechte nach dem Sprecherausschussgesetz als Ordnungswidrigkeit sanktionierbar ist. Aus dieser Nachlässigkeit resultierend, ergeben sich für den kundigen Berater oftmals reizvolle taktische Vorteile in späteren Verhandlungen.

    Der Sprecherausschuss sollte bei einer Verletzung seiner Rechtsposition frühzeitig, in geeigneter Form und mit Nachdruck deutlich machen, dass er eine derartige Verfahrensweise nicht zu akzeptieren und hinzunehmen bereit ist. Tut er dies nicht, läuft er Gefahr auch zu anderen Fragestellungen übergangen zu werden.

    Im Falle einer Kündigung des leitenden Angestellten ist der Sprecherausschuss vor der Kündigung zu beteiligen. Das Gesetz versteht das Wort Kündigung in diesem Zusammenhang so, dass jede Kündigung und damit auch eine Änderungskündigung gemeint ist.

    In der Praxis ist zunehmend zu beobachten, dass einige Unternehmen das arbeitsvertragliche Direktionsrecht in dem Sinne interpretieren, dass in Sachverhalten, in denen eigentlich eine Änderungskündigung hätte ausgesprochen werden müssen, bewusst eine Veränderung des Aufgabenbereichs kraft Direktionsrecht erzwungen werden soll.

    Der Grund für diese für leitende Angestellte nachteilige Verfahrensweise ist darin zu sehen, dass im Falle einer Veränderung des Aufgabenbereiches auf nicht gleichwertige Positionen, diese für den leitenden Angestellten unzumutbar sind, also eigentlich eine Änderungskündigung hätte ausgesprochen werden müssen. Da leitende jedoch vollen Kündigungsschutz genießen, ist Voraussetzung für eine wirksame Veränderung an sich zunächst ein betriebs-, verhaltens- oder personenbedingter Kündigungsgrund . Fernerhin ist arbeitgeberseitig die vertragliche Kündigungsfrist einzuhalten, was für das Unternehmen bedeutet, dass selbst wenn ein wirksamer Kündigungsgrund an sich vorliegt, das Unternehmen die Versetzung jedoch erst nach Ablauf der Kündigungsfrist vollziehen könnte. Da die Kündigungsfristen jedoch viele Monate betragen, die personellen Maßnahmen in der Regel zeitnah vollzogen werden sollen, wird das Kündigungsrecht umgangen und dem Leitenden bleibt dann nur noch die Möglichkeit, gegen die Versetzung vorzugehen. Hinzu kommt jedoch, dass es in der Regel auch an einem wirksamen Kündigungsgrund fehlt. Durch eine Änderungskündigung würde das Unternehmen somit eine Angriffsfläche bieten, die man durch eine rechtswidrige Versetzung zu umgehen meint.

    Handelt es sich nicht um Änderungskündigung, so hat der Arbeitgeber im Falle einer Kündigung zunächst das Anhörungsverfahren ordnungsgemäß einzuleiten. Das Gesetz schreibt hierzu vor, dass dem Sprecherausschuss die Gründe der Kündigung mitzuteilen sind und bedeutet, dass der Sprecherausschuss in die Lage versetzt werden

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