Controlling im Betrieblichen Gesundheitsmanagement: Das 7-Schritte-Modell
Von Holger Pfaff und Sabrina Zeike
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Über dieses E-Book
Ein Muss zum Aufbau und zur Erhaltung eines nachhaltigen Betrieblichen Gesundheitsmanagements!
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Buchvorschau
Controlling im Betrieblichen Gesundheitsmanagement - Holger Pfaff
Holger Pfaff und Sabrina Zeike
Controlling im Betrieblichen Gesundheitsmanagement
Das 7-Schritte-Modell
../images/435378_1_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.pngHolger Pfaff
Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
Sabrina Zeike
Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
ISBN 978-3-658-16524-6e-ISBN 978-3-658-16525-3
https://doi.org/10.1007/978-3-658-16525-3
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Für Elfie und Mareike
Vorwort
Das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) ‑ ein junger Zweig der Personalführung ‑ gewinnt im Rahmen gesellschaftlicher und organisationaler Veränderungsprozesse zunehmend an Bedeutung. Seit Ende der 1970er-Jahre rückt die Gesundheit der Mitarbeitenden, angetrieben durch Aktivitäten zur Gesundheitsförderung der World Health Organization (WHO), in den Blickpunkt. In der Ottawa Charta von 1986 wurde erstmals festgelegt, dass Gesundheitsförderung auch in der Arbeitswelt ansetzen muss. Seitdem hält die betriebliche Gesundheitsförderung ( BGF ) Einzug in die Führungsetagen und hat im betrieblichen Kontext deutlich an Bedeutung gewonnen. Dennoch gilt: obwohl inzwischen eine Vielzahl an Studien vorliegt, in denen die Wirksamkeit von Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung belegt werden konnte, spielen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes in der Unternehmensstrategie vieler Unternehmen immer noch eine untergeordnete Rolle.
In der Gesundheitsförderung lag der Fokus der betrieblichen Praxis bisher primär auf der Anwendung von Maßnahmen der Verhaltens- und Verhältnisprävention, auf der Generierung von Best-Practice-Beispielen und dem Aufbau eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements ( BGM ). Das BGM hat im engeren Sinne die Aufgabe, die Gesundheitsförderung und andere gesundheitsrelevante Maßnahmen im Betrieb zu steuern und konkret zu entscheiden, welche Maßnahmen mit welchem Ressourcenaufwand wie lange im Betrieb anzuwenden sind. Im weiteren Sinne steuert das Gesundheitsmanagement alle betrieblichen Prozesse und Strukturen, die gesundheitsrelevant sind.
Betriebliches Gesundheitsmanagement ist vom Gesetzgeber nicht verpflichtend vorgeschrieben, nimmt aber insbesondere im Rahmen von Maßnahmen zum gesetzlich vorgeschriebenen Arbeits- und Gesundheitsschutz ( ArbSchG ) eine ergänzende Funktion ein. Mit den wachsenden Aufgaben und der wachsenden Komplexität des BGM nimmt die Notwendigkeit zu, diese Prozesse der Steuerung der Gesundheitsförderung und Prävention professionell zu gestalten. An dieser Stelle kommt das Controlling ins Spiel. Das Controlling im Betrieblichen Gesundheitsmanagement hat die Aufgabe, die Steuerungsfunktion des BGM zu ermöglichen und zu unterstützen.
Erfahrungen aus Forschung und Praxis motivierten die Autor ∗ innen zur Arbeit an diesem umfassenden Grundlagenwerk. Sinn und Zweck des vorliegenden Werkes ist es, Praktiker ∗ innen und Studierenden in gesundheits- und sozialwissenschaftlichen Bereichen einen umfassenden Einblick in das Thema BGM zu geben, eine gemeinsame Wissengrundlage für Studierende, Akteur∗innen im BGM und interessierte Personen zu schaffen sowie Anregungen für die Praxis zu bieten. Der Zweck des Buches spiegelt sich auch in der Konzeption des Buches wider: Zunächst wird eine theoretische Basis erarbeitet, anschließend wird mit Hilfe eines 7-Schritte-Modells eine konkrete Handlungsanleitung gegeben. Der Fokus in diesem Buch liegt weniger auf den Maßnahmen zur Gesundheitsförderung als vielmehr auf dem übergeordneten Managementprozess.
Holger Pfaff
Sabrina Zeike
Köln, Deutschland
Danksagung
Unser Dank gilt allen Personen, die den Entstehungsweg dieses Buches begleitet und unterstützt haben. Ohne die Mithilfe folgender Personen wäre die Umsetzung dieses Werks nicht möglich gewesen. Wir danken Frau Dr. Isabella Hanser vom Springer-Verlag für die konstruktive Zusammenarbeit, die hervorragende Betreuung und die präzise Redaktionsarbeit. Ein besonderer Dank gilt auch Magdalena Huber, Lara Lindert und Veronica Oswald für die inhaltliche und redaktionelle Unterstützung.
Abkürzungsverzeichnis
AMS
Arbeitsschutzmanagementsystem
ArbSchG
Arbeitsschutzgesetz
AU
Arbeitsunfähigkeit
BEM
Betriebliches Eingliederungsmanagement
BFM
Betriebliches Fehlzeitenmanagement
BGF
Betriebliche Gesundheitsförderung
BGM
Betriebliches Gesundheitsmanagement
BMAS
Bundesministerium für Arbeit und Soziales
BMI
Body-Mass-Index
BSC
Balanced Scorecard
BVM
Betriebliches Versorgungsmanagement
CRT
Cluster-randomisierte Studie
GKV
Gesetzliche Krankenversicherung
HAPA-Modell
Health-Action-Process-Approach-Modell
KMU
Kleine und mittlere Unternehmen
MAB
Mitarbeiterbefragung
PDCA
Plan-Do-Check-Act
RCT
Randomisiert kontrollierte Studie
SGB
Sozialgesetzbuch
SOEP
Sozio-ökonomisches Panel
WAI
Work-Ability-Index
WHO
World Health Organization
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
2 Betriebliches Gesundheitsmanagement: Definition, Ziele, Maßnahmen 3
2.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement: Begriffsbestimmung und Komponenten 3
2.1.1 Arbeits- und Gesundheitsschutz 5
2.1.2 Betriebliche Prävention und Gesundheitsförderung 6
2.1.3 Gesundheitsrelevante Personalarbeit und Organisationsentwicklung 8
2.1.4 Gesundheitsorientierte Führung 9
2.1.5 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) 10
2.1.6 Betriebliches Fehlzeitenmanagement (BFM) 11
2.1.7 Betriebliches Versorgungsmanagement (BVM) 12
2.2 Ziele und Zielgruppen des BGM 13
2.2.1 Zielarten im BGM 13
2.2.2 Haupt- und Nebenziele des BGM 15
2.2.3 Zielgruppen 16
2.3 Maßnahmen zur Zielerreichung im BGM 18
2.3.1 Ansatzpunkt I: Arbeits- und Lebenssituation 21
2.3.2 Ansatzpunkt II: Wahrnehmung und Bewertung der Situation 23
2.3.3 Ansatzpunkt III: Mitarbeiter*innen 25
2.3.4 Ansatzpunkt IV: Beeinflussung der Verhaltensselektion 29
2.3.5 Ansatzpunkt V: Aggregation von Einzelhandlungen 31
Literatur 33
3 Controlling im Betrieblichen Gesundheitsmanagement 41
3.1 Definition von BGM-Controlling 41
3.2 Die vier Komponenten des BGM-Controllings 43
3.2.1 Gesundheitscontrolling 43
3.2.2 Determinantencontrolling 43
3.2.3 Maßnahmencontrolling 46
3.2.4 Managementcontrolling 47
3.3 Quantitatives, qualitatives und Mixed-Methods-Controlling 48
3.3.1 Quantitatives Controlling 48
3.3.2 Qualitatives Controlling und Mixed-Methods-Controlling 55
Literatur 57
4 Das 7-Schritte-Modell des BGM-Controllings 61
4.1 Schritt 1: Strategie festlegen 63
4.1.1 SWOT-Analyse 65
4.1.2 Balanced Scorecard 66
4.2 Schritt 2: Ziele und Kennzahlen festlegen 69
4.2.1 Die Ziel-Mittel-Hierarchie 69
4.2.2 Ziele festlegen durch Kennzahlen und Schwellenwerte 72
4.2.3 Kennzahlentypen und -systematiken 77
4.2.4 Kennzahlen aus Primär- und Sekundärdaten 79
4.2.5 Ziel- und Stellgrößen 80
4.2.6 Verhaltens-, Verhältnis- und Gesundheitskennzahlen 81
4.2.7 Kontinuierliche vs. kategoriale Kennzahlen 81
4.3 Schritt 3: Organisations- und Personaldiagnostik durchführen 82
4.3.1 Mitarbeiterdiagnostik 82
4.3.2 Organisationsdiagnostik 83
4.3.3 Datenquellen für die Personal- und Organisationsdiagnostik 84
4.3.4 Diagnosewerkstatt 88
4.4 Schritt 4: Maßnahmen planen 90
4.5 Schritt 5: Maßnahmenplanung umsetzen 93
4.6 Schritt 6: Umsetzung evaluieren 95
4.6.1 Umsetzungsevaluation: Struktur- und Prozessevaluation 95
4.7 Schritt 7: Endergebnis evaluieren und weitere Schritte entscheiden 98
4.7.1 Endergebnis evaluieren 98
4.7.2 Planung für das zukünftige BGM 100
Literatur 102
5 Zusammenfassung 105
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
H. Pfaff, S. ZeikeControlling im Betrieblichen Gesundheitsmanagementhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-16525-3_1
1. Einleitung
Holger Pfaff¹ und Sabrina Zeike¹
(1)
Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Mitarbeiter∗innen stehen mehr denn je im Fokus betriebswirtschaftlichen Interesses. Haupttreiber dieser Entwicklung sind der demografische Wandel, die zunehmende Arbeitsverdichtung, der Trend zur Wissensarbeit und der Wertewandel. Gesundheit hat als Wert für Arbeitnehmer∗innen an Bedeutung gewonnen. Auf der anderen Seite wird für den Arbeitgeber der/die einzelne Mitarbeiter∗in mit seinem/ihrem Wissen und seiner/ihrer Kompetenz immer wichtiger, da Arbeitsverdichtung und Personalknappheit ihn/sie zu einer wertvollen Ressource werden lassen. Die Notwendigkeit, die Attraktivität des Arbeitgebers zu steigern und die Generation 50+ gesund zu erhalten, sind zusätzliche Gründe für die Betriebe, sich um das Thema Gesundheitsförderung zu kümmern. Daher gehen Unternehmen zunehmend dazu über, Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung einzuführen. Im Zuge der Implementierung dieser Maßnahmen müssen ausführende Manager∗innen oft die Erfahrung machen, dass auch für Gesundheitsförderungsaktivitäten ein gut durchdachtes Management notwendig ist. Es stellen sich Fragen wie: Erreichen wir unsere angestrebten Ziele? Wo soll ich das begrenzte Gesundheitsförderungsbudget einsetzen? Was „packe" ich als nächstes Ziel an?
Ein optimal aufgestelltes BGM erlaubt es, Gesundheitsziele konsequent zu verfolgen, die knappen Ressourcen richtig über die verschiedenen Präventions- und Gesundheitsförderungsmaßnahmen zu verteilen (Ressourcenallokation) und zu entscheiden, welche Maßnahmen besonders effektiv sind. Das Management von BGM benötigt, wie andere Managementaktivitäten auch, ab einer gewissen Größe und Komplexität ein Controlling als maßgebliches Steuerungsinstrument. Unter BGM-Controlling wird an dieser Stelle ein System verstanden, in dem entscheidungs- und gesundheitsrelevante Informationen für die Entscheider im Betrieb zur Verfügung gestellt werden. Man kann nach den Gegenständen des BGM-Controllings zwei Unterformen unterscheiden: Das Gesundheitscontrolling, welches das Controlling der Zielparameter (z. B. kollektiver Gesundheitszustand, Fehlzeitenquote) umfasst, und das Management- und Maßnahmencontrolling, welches das Controlling der gesundheitsrelevanten Maßnahmen und der Managementstrukturen und -prozesse des BGM darstellt.
Das Controlling ist eine Hilfestellung für die gesundheitsrelevanten Entscheider. Zu diesen zählen: das Top-Management, das Management der mittleren und der operativen Ebene, der Betriebs- oder Personalrat sowie die Gesundheitsprofessionen, wie z. B. Gesundheitsmanager∗innen, Betriebsarzt/Betriebsärztin, Arbeitssicherheitsfachkräfte und Verantwortliche für das betriebliche Eingliederungsmanagement. Diese betrieblichen Akteure sowie Studierende im Bereich der Gesundheits- und Sozialwissenschaften sind die Zielgruppe dieses Buches. Dieses Buch gibt eine Einführung in das BGM-Controlling und dient als Orientierungshilfe.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
H. Pfaff, S. ZeikeControlling im Betrieblichen Gesundheitsmanagementhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-16525-3_2
2. Betriebliches Gesundheitsmanagement: Definition, Ziele, Maßnahmen
Holger Pfaff¹ und Sabrina Zeike¹
(1)
Institut für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationswissenschaft, Universität zu Köln, Köln, Deutschland
Zusammenfassung
Dieses Kapitel fasst grundlegendes Wissen zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) zusammen. Ziel des BGM ist die systematische Entwicklung eines gesundheitsförderlichen Unternehmens. Dabei bildet die Definition von Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Grundlage des Verständnisses des BGM. Eine Grundannahme des BGM ist, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden eines Unternehmens von der auszuführenden Arbeit, von der Organisation und von der Person selbst abhängt. Auf diese Gesundheitsfaktoren kann das BGM über verschiedene Maßnahmen Einfluss nehmen. Diese setzen an bestimmten Stellgrößen an. Zu den Stellgrößen gehören der Arbeits- und Gesundheitsschutz, die Prävention und Gesundheitsförderung, die Personal- und Organisationsarbeit, die Führungsarbeit und das Eingliederungs-, Fehlzeiten- und Versorgungsmanagement. Dieses Kapitel führt zunächst eine Definition des BGM an, erläutert, warum und wie die Gesundheit des Individuums mit der Arbeit einer Gesellschaft zusammenhängt, und stellt die oben genannten Stellgrößen vor.
2.1 Betriebliches Gesundheitsmanagement: Begriffsbestimmung und Komponenten
Unter Betrieblichem Gesundheitsmanagement (BGM) wird im Allgemeinen „die Entwicklung betrieblicher Rahmenbedingungen, betrieblicher Strukturen und Prozesse, die die gesundheitsförderliche Gestaltung von Arbeit und Organisation und die Befähigung zum gesundheitsfördernden Verhalten der Mitarbeiter zum Ziel haben" verstanden (Badura und Steinke 2009, S. 4). Auch die Spezifikation DIN SPEC 91020 „Betriebliches Gesundheitsmanagement" fasst das BGM als eine „systematische sowie nachhaltige Schaffung und Gestaltung von gesundheitsförderlichen