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Spiel ohne Regeln (Perimeterverteidigung Buch 4): LitRPG-Serie
Spiel ohne Regeln (Perimeterverteidigung Buch 4): LitRPG-Serie
Spiel ohne Regeln (Perimeterverteidigung Buch 4): LitRPG-Serie
eBook447 Seiten6 Stunden

Spiel ohne Regeln (Perimeterverteidigung Buch 4): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Das Imperium gerät aus den Fugen. Die Großen Häuser verweigern der Thronwelt den Gehorsam und treffen immer häufiger eigene politische Entscheidungen. Selbst die loyalsten Sternsysteme im Kernland des Imperiums spüren die Schwäche der Zentralregierung und leisten den Anweisungen von oben nicht mehr Folge. Ist all das nur eine Verkettung von Zufällen oder vielmehr eine gezielte Kampagne?

Kann eine starke Führungspersönlichkeit die gespaltene Menschheit einen, um die Invasion der Aliens zurückzuschlagen? Wer unter den zahlreichen Akteuren der intergalaktischen Politik wäre dieser Aufgabe gewachsen? Und was steckt hinter den hartnäckigen Gerüchten, dass einflussreiche Aristokraten mit dem Feind gemeinsame Sache machen und sich den Aliens angeschlossen haben?

Dieses Buch ist das letzte der Reihe und beantwortet sämtliche Fragen, darunter auch die wichtigste von allen: „Was hat es mit Perimeterverteidigung wirklich auf sich?“
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum26. Mai 2022
ISBN9788076195103
Spiel ohne Regeln (Perimeterverteidigung Buch 4): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Spiel ohne Regeln (Perimeterverteidigung Buch 4) - Michael Atamanov

    Kräfteverhältnis

    „WIE GEHT ES IHR?", fragte ich Miya, als sie in den kleinen Speisesaal kam. Ich war mir sicher, dass sie wusste, wen ich meinte – und wenn nicht, konnte sie das als Wahrheitssucherin aus meinen Gedanken lesen.

    Meine Frau wirkte heute auffällig unausgeruht. Trotz aller Kosmetika und der teuren Kleidung sah ich die dunklen Ringe unter ihren Augen, die ihr vor Erschöpfung fast zufielen. Machte sich etwa das Alter bemerkbar? Vielleicht hatte Miya mittlerweile Mühe, ihr jugendliches Aussehen zu bewahren, denn immerhin war sie bereits ... Wie viele Jahre zählte sie nun? 130? 150? 200?

    „Schon gut, schon gut, Georg. Das reicht!, protestierte die schöne Rothaarige und bewies damit einmal mehr, dass sie ungeniert meine Gedanken las. „Ich habe verstanden. In Zukunft komme ich erst zum Frühstück, wenn ich mich richtig hergerichtet habe. Allerdings bin ich wirklich sehr müde. Gespräche mit der Dunklen Mutter fand ich schon immer sehr anstrengend, und unsere letzte Unterhaltung hat mir fast alle Lebenskraft geraubt.

    „Wie geht es ihr?", wiederholte ich meine ursprüngliche Frage.

    „Mit der Dunklen Mutter geht es langsam zu Ende, Georg. Ihr altersschwacher Körper will nicht mehr. Sie ist sehr hinfällig und versucht erst gar nicht, ihr Bett zu verlassen. Trotzdem ist sie nach wie vor die stärkste Wahrheitssucherin in der Galaxie und kann mit der bloßen Kraft ihres Geistes jeden Schädel wie ein weichgekochtes Ei zerquetschen. Seit sie sich mit dem Imperator überworfen hat, fehlt ihr die Machtquelle, sodass sie jetzt von ihren Reserven lebt. Wie lange diese reichen werden, wissen weder ich noch sie. Ehrlich gesagt ist mir immer noch nicht klar, wieso die Dunkle Mutter unbedingt ein Ferngespräch mit mir führen wollte. Wir haben weder über ihr Schicksal noch über den Imperator geredet. Auch politische Themen haben wir nicht angeschnitten. Ich habe mich lediglich eine halbe Stunde lang mit einer schwachen Alten unterhalten, die nach einem sehr langen Leben zu Tode erschöpft ist, und trotzdem fühle ich mich jetzt wie eine ausgepresste Zitrone. Mir ist, als hätte ich gerade eine wichtige Prüfung gehabt und leider nicht bestanden."

    Während ich über Miyas Worte nachdachte, bat ich meine Gattin zu mir an den Esstisch, doch sie ging stattdessen zu einem großen Wandspiegel. Meine Gedanken über ihr Alter hatten sie offenbar gekränkt, sodass sie sich jetzt vergewissern wollte, ob ich recht hatte. Ich grübelte weiter über Miyas Bericht nach. Die Dunkle Mutter hatte nie zu Plaudereien geneigt. Ganz im Gegenteil, die mächtigste aller Wahrheitssucherinnen war bekannt dafür, dass sie nur selten sprach. Einst galt ein Wort von ihr als Befehl, weil jeder wusste, dass aus ihrem Mund der Herrscher des Imperiums sprach.

    Seit drei Monaten jedoch war alles anders. Ich gehörte zu den wenigen, die die Wahrheit über den Konflikt zwischen dem Imperator und der Dunklen Mutter kannten. Das übrige Imperium dagegen war von den Ereignissen geradezu schockiert. Alles hatte mit einem Videoclip begonnen, auf dem zu sehen war, wie die Wachposten des Imperators meine Leibwächter und meine Cousine, Herzogin Katerina ton Unatari, gnadenlos zusammenschossen, während die sonst so ruhige Dunkle Mutter fanatisch kreischend nach meinem Kopf verlangte.

    Die Aufnahmen vom grundlosen Angriff auf Kronprinz Georg royl Inoky ton Mesfelle – den Helden aus dem Krieg gegen die Aliens, Herrscher des Staates Unatari und loyalen Untertan des Imperiums, der zu den beliebtesten Militärkommandanten zählte - hatte für große Aufruhr gesorgt und das Vertrauen der Gesellschaft in die Unfehlbarkeit des Imperators erschüttert. Viele führende Aristokraten und Politiker hatten diesen Vorfall verurteilt, darunter auch die Oberhäupter der Großen Häuser Blau, Purpur und Grün sowie die Vertreter des Vereinigten Generalstabs des Imperiums, und die meisten Bürger des Imperiums hatten das strenge Ultimatum, mit dem ich reagierte, als berechtigt empfunden.

    Was daraufhin geschehen war, hatten viele jedoch für unmöglich gehalten. Selbst ich war verblüfft gewesen, als Imperator August royl Toll ton Akad zurückgerudert war und sich offiziell für den Angriff auf die Gesandtschaft aus Unatari entschuldigt hatte. Er hatte sogar versprochen, mich für die Ermordung meiner Diplomaten und die Zerstörung meiner Yacht Königin der Sünde mit fünf Milliarden zu entschädigen. Der Imperator hatte behauptet, die Dunkle Mutter wäre die treibende Kraft hinter dem Blutbad im Silberpalast gewesen und hätte die Situation aufgrund ihrer uralten Panik vor nichtmenschlichen Rassen nicht richtig eingeschätzt. August hatte erklärt, er wäre wider seinen Willen Opfer der Dunklen Mutter geworden und blind ihrem Rat gefolgt, wie er es sich in drei langen Jahrhunderten vertrauensvoller Zusammenarbeit angewöhnt hatte. In seiner Ansprache an das Volk hatte der Imperator verkündet, er hätte die Dunkle Mutter unehrenhaft entlassen und seine neue Wahrheitssucherin wäre nun Krista, die bislang für die Herrscherin von Haus Blau, Herzogin Ovella royl Stok ton Miro, gearbeitet hatte.¹

    Ich hatte dem Imperator sein Bedauern nie abgekauft, nicht vor drei Monaten und ganz sicher nicht jetzt. August royl Akad hatte schlichtweg nicht damit gerechnet, dass die Öffentlichkeit so heftig reagieren würde oder dass es mir gelingen könnte, der Verhaftung zu entgehen und aus dem Silberpalast zu entkommen. Er hatte in einer Zwickmühle gesteckt: Entweder würden mindestens Unatari und Haus Grün das Imperium verlassen, oder er musste seine Schuld eingestehen. In dieser Situation hatte er sich für eine dritte Alternative entschieden und die Dunkle Mutter zum Sündenbock gemacht, um selbst ungeschoren davonzukommen.

    Eine Zeitlang hatte das den Zorn im Imperium tatsächlich dämpfen können, obwohl die Großen Häuser der Thronwelt nie wieder so uneingeschränkt vertrauten wie zuvor. Ich selbst hatte sofort Verdacht geschöpft, als die Thronwelt nicht bereit war, mir meine Entschädigung in Schiffen und Ersatzteilen zu zahlen statt in Geld. Daraufhin hatte ich angeboten, stattdessen meinen Sohn Georg Junior offiziell zum Kronprinzen des Imperiums zu ernennen. Dieser Weg zur Versöhnung hätte den Imperator keinen einzigen Guthabenpunkt gekostet, aber dennoch hatte er mir auch das verweigert.

    Und als meine Fachleute für die neuen Schlachtschiffe und Angriffskreuzer schwere Laserkanonen und Warp-Antriebe aus Fertigungsanlagen im Kernland des Imperiums hatten bestellen wollen, war jegliche Belieferung ohne nähere Begründung verweigert worden. Obwohl kein offizielles Embargo verkündet worden war, durfte an den Staat Unatari offenbar keine Hightech-Militärausrüstung verkauft werden. Diese Manöver der Thronwelt hatten nicht dazu beigetragen, dass die Wogen sich geglättet hatten, und es kam für mich nicht infrage, meine Tochter Likanna zurück zu ihrer Schule in die Thronwelt zu schicken. Deshalb hielten sich sowohl Kronprinzessin Likanna royl Georg ton Unatari als auch ihre beste Freundin Kronprinzessin, Natalie royl Cruz ton Unatari, weiterhin in Unatari auf.

    Likanna war mittlerweile auch zum Frühstück erschienen, und zwar in einem flauschigen Pyjama, der mit albernen Comicfiguren verziert war, und riesigen Plüschpantoffeln an den nackten Füßen. Ich wollte die junge Prinzessin gerade darauf hinweisen, dass Mädchen in ihrem Alter sich angemessen anziehen sollten, bevor sie zu Tisch kamen, doch die Worte blieben mir im Hals stecken. Hinter Lika tauchte nämlich Prinzessin Astra in einem fast identischen Aufzug auf – kuscheliger, weißer Schlafanzug mit rosa Fröschen und kleinen, grauen Eseln, Plüschslipper, auf denen riesige Kulleraugen prangten, und auf dem Kopf eine Kapuze mit langen Hasenohren.

    „Hallo, Papa!", sagte Lika, drückte mir rasch einen Kuss auf die Wange und ließ sich im Schneidersitz auf einem hohen Stuhl nieder. „Hast du schon gehört? Astra gehört jetzt das Studio, in dem die Serie Jeanne die Sternenreisende produziert wird. Du weißt doch, vor anderthalb Jahren haben wir das Geld für ihr Gemälde Der letzte Tag von Veyerde in eine neue Staffel über Weltraumfrosch Jeanne investiert. Tja, es hat sogar für zehn neue Staffeln gereicht, und die sind einfach toll! Mit dem Geld, das wir damit verdient haben, konnten wir uns die Mehrheit an dem Studio kaufen."

    Ich sah Astra an, die strahlend lächelte. Ihre schneeweißen Zähne blitzten, das helle, wellige Haar war noch vom Schlaf zerzaust, und in ihren Augen funkelte kindliche Begeisterung. Die Prinzessin war so glücklich und stolz, dass ich mir in diesem Augenblick des Triumphs eine Bemerkung über ihre unpassende Kleidung verkniff.

    Astra war mittlerweile eine erwachsene Frau, die hingebungsvolle Mutter eines sieben Monate alten Jungen, die eine hervorragende Ausbildung genossen hatte und die höfische Etikette bis ins kleinste Detail beherrschte. Dennoch konnte ich mich nicht dazu durchringen, sie wie eine Erwachsene zu behandeln. Ihr Wesen war eine seltsame Mischung aus Scharfsinn, Naivität und Schlichtheit. Und das war nicht gespielt oder aufgesetzt, sondern die Prinzessin lebte wirklich in ihrer eigenen kleinen Welt, in der alles, was sie nicht interessierte oder nicht unmittelbar betraf, nicht existierte. Vermutlich wusste Astra gar nichts von meinen Problemen mit dem Imperator, weil es dabei um Politik ging, mit der sie nichts zu tun hatte und die ihr egal war.

    Seit der Zerstörung von Veyerde hatte Astra keinen Anspruch mehr auf den Titel Prinzessin, deshalb hatte ich sie der Ordnung halber vor drei Monaten zur Schwarmprinzessin ernannt und ihr Ländereien im System Uyakh zugeteilt. Ich hatte erwartet, als Herrscherin würde sie sich ein Team aus Wirtschafts-, Planungs- und Bauberatern zusammenstellen, doch Astra hatte als Allererstes angefangen, die Sprache der Iseyeks zu lernen. Zwar galt die Insektensprache aufgrund der geringen Anzahl an Wörtern und grammatischen Regeln als recht einfach, doch viele der hochfrequenten Laute ließen sich mit menschlichen Sprechorganen nicht nachbilden. Trotz aller Warnungen hatte Astra sich jedoch nicht von ihrem Plan abbringen lassen.

    Zwar war es für mich nachvollziehbar, dass die Herrscherin eines Sternsystems ihre Untertanen ohne die Hilfe von Dolmetschern verstehen wollte, doch damit hatte Astra sich nicht zufriedengegeben. Schon einen Monat später hatte sie ihre Sprachkenntnisse für ausreichend gehalten, war ins intergalaktische Kommunikationszentrum auf meinem Flaggschiff Dicke Joan gegangen und hatte von den Offizieren eine Direktverbindung zum Sternsystem Uyakh verlangt. Ich selbst war damals in Sektor Neun mit wichtigen Trainingseinheiten für meine Weltraumflotte beschäftigt und hatte erst im Nachhinein vom Abenteuer meines Lieblings erfahren.

    Bionica und Phobos, die mit Astras schrecklichem Akzent schwer zu kämpfen hatten, hatten mir die Rede der Prinzessin übersetzt. Als ich hörte, welchen Blödsinn sie auf dem Podium von sich gab, hatte ich förmlich die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Mein Liebling hatte die Idee, den Planeten Uyakh-IV zu einer Wohlfühloase und zum allersichersten Ort im gesamten Universum umzugestalten. Sie wollte überall Parks und Grünflächen sehen und regte an, alle schmutzigen Fabriken vom Planeten zu beseitigen und dort stattdessen viele Museen für interplanetare Kunst zu errichten. Außerdem wollte Astra auf ihrem Planeten die größte Kunstakademie bauen lassen, die Kunstschaffende aus der gesamten Galaxie aufnehmen sollte. Dort würde ihr kostbarer Sohn später einmal das Malen lernen ...

    Allerdings war der Planet Uyakh-IV eines der Haupt-Produktionszentren des Schwarms, und die innovativen Einfälle der Prinzessin hätten die Schließung Tausender Fabriken und anderer Einrichtungen bedeutet, in denen Hightech-Produkte hergestellt wurden, die der Schwarm und der ganze Staat Unatari brauchten. Deshalb hatte ich erwartet, dass Astras unberechenbare Rede schlimme Konsequenzen haben würde, doch dazu war es nicht gekommen. Die 14 Milliarden Bewohner des Planeten Uyakh-IV hatten sich den Vortrag der neuen Herrscherin ihres Sternsystems aufmerksam angehört, wussten ihre Fürsorge zu schätzen und reagierten mit einer deutlichen Verbesserung der Beziehung zu allen Rassen des Schwarms. Mehr war nicht geschehen.

    Wie ich später von Admiral Kheraisss Vej erfuhr, der selbst von Uyakh-IV stammte, galt die Weiße Königin, wie der Schwarm Prinzessin Astra nannte, als gütige, aber exzentrische und etwas dumme Begleiterin des eigentlichen Herrschers. Die Iseyeks sahen sich verpflichtet, Astra zu bewundern, ihre Eigenarten hinzunehmen und sie vor allzu leichtsinnigen Handlungen zu bewahren. Allerdings hielten sie es nicht für notwendig, ihre Anweisungen zu befolgen. Die Insekten sahen Astras Pläne sehr skeptisch, und sämtliche Fabriken auf dem Planeten waren noch in Betrieb. Meine Cousine Katerina drückte das etwas drastischer aus: „Die Iseyeks haben einen Schwachsinns-Sensor." Der Schwarm verhielt sich deutlich vernünftiger als befürchtet und ignorierte die seltsamen Befehle einfach.

    Ja, Astra taugte nicht zur seriösen, respektablen Politikerin. Dafür wurde mein Liebling von den Einwohnern Unataris, sowohl Insekten als auch Menschen, innig geliebt. Wo immer sie auftauchte, begrüßte man sie mit Applaus und großen Blumensträußen. Und das stand in krassem Gegensatz zu meiner angetrauten Ehefrau Miya – in der Terminologie des Schwarms die Rote Königin –, die respektiert und vielleicht auch gefürchtet wurde, aber nicht geliebt.

    „Komm schon, Georg, das reicht jetzt! Meinst du, solche Vergleiche höre ich gern?"

    Die Empörung der Königin ließ mich auflachen. Sie war selbst schuld. Wenn sie meine Gedanken nicht lesen würde, müsste sie sich nicht darüber ärgern. Aber ich konnte über meine Frau nicht klagen. Sie hatte keine Schwierigkeiten mit meinem Liebling, weil sie Astra nicht einmal annährend als ernste Rivalin sah. Und Astra, die bald erkannt hatte, dass die Königin von Unatari ihr trotz ihres schrecklichen Rufs nicht nach dem Leben trachtete, nahm Miya ungerührt hin wie ein Möbelstück oder einen der vielen Leibwächter des Monarchen. Vor drei Monaten hatten die Königin und mein Liebling in einem vertraulichen Gespräch gewisse Regeln festgelegt, nach denen sie friedlich zusammenleben wollten. Einzelheiten waren mir jedoch nicht bekannt.

    „Was meinst du mit Einzelheiten?" Meine Gattin mischte sich schon wieder in meine Gedanken ein. „Meine vielsagenden Andeutungen hat die Prinzessin leider nicht verstanden, deshalb musste ich Astra klipp und klar befehlen, sich von Doktor Nicosid Brandt schnellstmöglich das allerbeste Verhütungsmittel zu besorgen. Ich habe ihr versichert, dass sie von mir nichts zu befürchten hat, solange sie das Mittel wie verordnet einnimmt. Und wenn sie gegen diese Regel verstößt, tja …"

    Da Miya nicht weitersprach, vergewisserte ich mich, was Astra drohte.

    „Georg, du weißt doch ganz genau, dass ich dir ein Versprechen gegeben habe und deinem Liebling deshalb nichts antun kann. Aber das muss Astra nicht wissen. Sie nimmt sich viel zu viel heraus und hat sich in deiner Kabine richtiggehend eingenistet. Deine Gemächer verlässt die Prinzessin im Grunde nur, wenn sie mit ihrem Sohn im Spielzimmer ist."

    Ich ging zur Königin von Unatari, die missmutig ihr Spiegelbild betrachtete, und legte sanft die Arme um sie.

    „Miya, reg dich nicht auf, sagte ich dann so leise, dass Likanna und Astra es nicht hörten. „So lebt Astra seit ihrem ersten Tag in meinem Gefolge. Sie findet das ganz normal und ahnt gar nicht, dass du dich über sie ärgerst.

    Meine Erklärung wurde durch ein Signal unterbrochen.

    „Majestät, eingehender Anruf aus der Thronwelt, meldete der Kommunikationsoffizier. „Die Dunkle Mutter möchte mit Ihrer zweiten Wahrheitssucherin Florianna ton Veyerde sprechen. Soll ich sie durchstellen?

    Diese Frage war eine reine Formalität – konnte man einer so mächtigen Wahrheitssucherin eine Bitte abschlagen? Natürlich stimmte ich zu. Meine Gattin, die ihren Verjüngungsprozess abgeschlossen hatte, drehte sich zu mir um. Ihr jetzt makellos junges Gesicht wirkte besorgt.

    „Georg, das gefällt mir nicht. Die Dunkle Mutter führt sicher etwas im Schilde, ich traue ihr nicht. Das Gefühl, dass Gefahr droht, wird seit Wochen immer stärker, und jetzt ist es geradezu unerträglich. Schon bald wird etwas Unwiderrufliches geschehen."

    Ich zweifelte nicht an der Vorahnung meiner erfahrenen Wahrheitssucherin. Auch mir war aufgefallen, dass in der Politik des Imperiums in den letzten paar Tagen eine seltsame Ruhe eingekehrt war. Das gab mir ein ungutes Gefühl, denn normalerweise geschah jeden Tag irgendetwas – Aristokraten hatten Streit und versöhnten sich wieder, „ewige" Allianzen wurden gebildet und gelöst, es gab Berichte von den Fronten, an denen Haus Purpur und Haus Blau mit wechselndem Erfolg gegen die Invasion der Aliens kämpften. Jetzt jedoch war es, als herrschte Ruhe vor dem Sturm.

    Ich wandte mich zum Tisch um, der gerade unter dem wachsamen Blick meines Butlers Bryle gedeckt worden war. Jetzt hatte ich keinen Appetit mehr auf ein Frühstück.

    „In vier Tagen sollte eine Konferenz der Flottenkommandanten von Unatari stattfinden, um die Fertigungsfristen für die neuen Schiffe zu besprechen", sagte ich. Obwohl ich niemanden direkt ansprach, wusste ich, dass man meine Anweisung an die richtige Stelle weiterleiten würde. „Ich möchte, dass alle Eingeladenen darüber informiert werden, dass sich der Termin geändert hat und ich sie in 40 Minuten auf der Dicken Joan erwarte. Miya, du kommst mit mir. Ich habe eine Aufgabe für dich."

    * * *

    Ich befand mich in einem kleinen, runden Raum auf meinem Flaggschiff, der für geheime Verhandlungen und Konferenzen gebaut war. Von der Außenwelt war er komplett abgeriegelt. Hier funktionierten keine Aufnahmegeräte, sämtliche Implantate wurden deaktiviert. Meine Androiden-Sekretärin Bionica schaltete sich in diesem Raum ebenfalls sofort ab, sodass der Anführer meines Sicherheitsteams, das Chamäleon Popori de Cacha, bei der Unterredung zwischen Menschen und Iseyeks dolmetschen musste. Normalerweise hätte Flora mich begleitet, um die Aufrichtigkeit und Loyalität aller Anwesenden zu prüfen, doch heute war Miya meine Wahrheitssucherin.

    Die Königin von Unatari nahm zum ersten Mal an einer solchen Konferenz teil und war in einen riesigen Touchscreen mitten im Raum vertieft, über dem ein gewaltiges Hologramm des Imperialen Weltraums mit sämtlichen Perimetersektoren schwebte. Zahlreiche Marker in verschiedenen Farben zeigten die Positionen aller bekannten Flotten, nicht nur die des Imperiums, der Großen Häuser und verbündeter Königreiche, sondern sogar die der Aliens.

    „Hier siehst du die genaue Position sämtlicher Kampfschiffe, die wir infiltriert haben. So präzise Angaben hat nicht einmal der Vereinigte Generalstab des Imperiums." Ich konnte es mir nicht verkneifen, vor meiner Frau ein wenig anzugeben.

    Miya stellte keine Fragen, sondern las offenbar direkt aus meinem Kopf, welche geheimen Quellen wir nutzten. Diese taktische Karte war der wahre Stolz der Flotte von Unatari. Zehntausende bescheidene Androiden, die unter dem Radar blieben und auf Militärschiffen des Imperiums der Großen Häuser als Haushälterinnen, Schauerleute, Mechaniker oder auch Freuden-Roboter für die Schiffsbesatzungen im Einsatz waren, versorgten uns mit aktuellen Daten.

    Die Anzahl der Androiden, die mit der Sache von Unatari sympathisierten, war erheblich gestiegen. Bionica wurde förmlich mit verschlüsselten Daten überschwemmt, die von unseren vielen Agenten geschickt wurden. Deshalb war in meiner Kommandozentrale vor zwei Monaten eine Sonderabteilung mit 20 Robotern entstanden, die verschlüsselte Nachrichten auf gesonderten Kanälen entgegennahm, sie auf Vertrauenswürdigkeit prüfte und die Daten dann auf die Taktikkarten übertrug. Meldungen über Flottenbewegungen wurden meist von Dutzenden unabhängiger Quellen bestätigt, sodass Falschinformationen sofort herausgefiltert werden konnten. Doch soweit ich wusste, hatte wir bislang noch keine Falschinformationen entdeckt, sodass ich davon ausgehen durfte, dass das Imperium nichts von meinem geheimen Spionagenetzwerk aus Androiden ahnte.

    Eine weitere Informationsquelle waren die Ariten, und zwar nicht nur die Diplomaten, die in der Thronwelt „getötet" worden waren, sondern noch 100 weitere formwandlerische Geheimagenten, die im ganzen Imperium unterwegs waren und sich in Kommandozentralen, Flotten und Kommunikationszentren einnisteten. Noch immer wusste ich nicht, wie die Ariten einander erkannten und miteinander kommunizierten, denn zu diesem Thema äußerten sie sich nicht gern. Eines stand jedoch fest – die wertvollsten Informationen über die geheimen Docks des Imperiums, in denen riesige Raumschiffe der Superfracht-Klasse gebaut wurden, hatten wir von den Ariten-Iseyeks erhalten.

    Zudem hatte der Staat Unatari zahlreiche normale Spione. In Militärkreisen hatte ich schon lange große Autorität genossen, doch seit dem ersten erfolgreichen Angriff auf die Aliens in der Geschichte, der Niederlage der furchteinflößenden Flotte der Alien-Königin und der Befreiung von fast 30 Sternsystemen war die Einstellung der Militärfraktion zu Kronprinz Georg auf annähernd +60 gesprungen. Soweit ich wusste, hatte kein anderer Flottenchef oder Aristokrat in der Galaxie einen ähnlich hohen Wert. Das hätte ich ausnutzen können, um Informationen zu ergattern, doch das schien mir nicht ratsam. Florianna und Miya gelang es zuverlässig, Spione in meinen Reihen zu entlarven, und die Wahrheitssucherinnen auf der anderen Seite hatten vermutlich ähnliche Fähigkeiten.

    Die Türen öffneten sich und die Mitglieder meines geheimen Rates kamen nacheinander herein. Es waren Veteranen aus vielen Schlachten und Fachleute auf ihrem Gebiet, an deren Fähigkeiten und Loyalität ich nicht im Geringsten zweifelte. Admiral Stefan Antri-Mesfelle, der Flottenkommandant von Sektor Neun. Weltraummajorin Nicole ton Savoia, die Flottenkommandantin von Sektor Acht. Admiral Mike ton Akad, Erster Kommandant der Flotte von Unatari. Admiral Kiro Sabuto, Zweiter Kommandant der Flotte von Unatari. Alpha-Iseyek-Admiral Masss Azhzh, der Kommandant der schweren Flotte von Virho. Alpha-Iseyek-Admiral Kheraisss Vej, der Kommandant der Eingriffsflotte von Ayho. Marschall Savasss Jach, der Kommandant der Schwarm-Landungsoperationen. Sowie meine Cousine zweiten Grades und politische Beraterin, Herzogin Katerina ton Unatari.

    Außerdem kam ein neues Mitglied, mein Erster Berater Apasss Ugu, auf seinen vielen kleinen Beinchen hereingeeilt. Zuvor war der Beta-Iseyek Berater der Königin Nai Igir gewesen. Als ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, hatte ich mein Glück kaum fassen können. Das einzigartige Insekt verfügte über einen phänomenalen Verstand und ein hervorragendes Gedächtnis und wusste restlos alles über sämtliche Schwarm-Systeme. Bei Bedarf lieferte Apasss Ugu auf der Stelle Informationen über im Bau befindliche Schiffe in all meinen Docks, den voraussichtlichen Fertigstellungstermin, Materialreserven und die erforderliche Anzahl an Transporten zur Versorgung sämtlicher Garnisonen. Derartig kompetente Mitarbeiter waren Gold wert – selbst unter den Massen von Schwarm-Mitgliedern hatte ein solches Genie Seltenheitswert. Deshalb hatte ich in meiner Eigenschaft als Herrscher über die Iseyeks meinem Ersten Berater auf der Stelle einen blauen Streifen auf dem Bauch verliehen, der absolute Unantastbarkeit anzeigte.

    Damit waren sämtliche Teilnehmer der heutigen Privatkonferenz eingetroffen. Ich nickte Popori de Cacha zu, und der Anführer meiner Leibwache befahl einem Untergeben, die Tür zu schließen und das System zur Unterdrückung elektronischer Vorrichtungen zu aktivieren. Dass der elektromagnetische Kokon um den Raum eingeschaltet war, merkte ich daran, dass meine elektronischen Implantate nicht mehr zur Verfügung standen. Nur noch ein einiges elektronisches Gerät funktionierte, nämlich der riesige Taktikbildschirm, der genau deshalb mit einem Elektroschild versehen war.

    „Gut, fangen wir an, sagte ich und ging hinüber zu dem leuchtenden Hologramm mitten im Raum. „Ich glaube, meine Frau Miya muss ich nicht vorstellen. Unsere heutige Konferenz hat ein so ernstes Thema, dass die Königin von Unatari persönlich als Wahrheitssucherin dabei ist. Miya wird sicherstellen, dass Sie alle ehrlich sind. Außerdem wird sie jegliches Gedankenlesen bis zum Ende der Besprechung unterbinden.

    Die Mitglieder des Rates wurden unruhig – dass Gedankenlesen nicht erlaubt sein sollte, gefiel ihnen nicht. Laute Proteste gab es jedoch nicht.

    „Ich möchte an eine weitere Regel erinnern, fuhr ich fort. „Hier wird offen gesprochen, niemand muss fürchten, mit seinen Bemerkungen oder Vorschlägen andere zu kränken. Wir lassen uns in diesem Kreis nicht durch Gesetze oder Moral beschränken, sondern ziehen sämtliche Möglichkeiten in Betracht, selbst solche, die man in der Welt draußen nicht gutheißen würde. Nun möchte ich das Wort zunächst der Königin von Unatari überlassen, damit sie ihre Gedanken und Verdächtigungen mit uns teilen kann.

    Obwohl ich Miya damit überrumpelte, gelang ihr ihre Rede hervorragend. Vermutlich hatte sie in ihrem langen Leben schon viele Male öffentlich gesprochen. Dass sie Rhetorikkurse belegt hatte, wusste ich bereits, und das merkte man deutlich. Meine Frau sprach nicht sehr laut, doch jedes ihrer Worte brannte sich als unbestreitbare Wahrheit in meinen Kopf ein, wie ein Dogma, an dem es keine Zweifel gab.

    Die Königin von Unatari berichtete, als Wahrheitssucherin spüre sie eine wachsende Bedrohung und habe sogar deren Ursprung ermittelt: Die Antagonisten waren zur Invasion bereit. Das Imperium kannte die Pläne unserer jahrzehntelangen Feinde, und eine Kollision der zwei mächtigsten Kräfte war unvermeidlich – nicht in ferner Zukunft, sondern vielleicht schon in den nächsten Tagen oder gar Stunden. Ganz gleich, wer in der Auseinandersetzung die Oberhand gewinnen würde, in den Plänen des Siegers war kein Platz für einen unabhängigen Staat Unatari.

    „In der Zukunft kann ich uns nicht sehen, lauteten die Schlussworte der Königin. „Keinen von den hier Anwesenden. Das bedeutet, wenn wir nicht entgegenwirken, sondern den Dingen ihren Lauf lassen, ist jeder in diesem Raum dem Untergang geweiht, sogar ich. Uns bleiben höchstens noch anderthalb Jahre.

    Die Worte der Wahrheitssucherin weckten in mir ein grausiges Gefühl. Alle Teilnehmer wirkten äußerst besorgt. Ich konnte förmlich spüren, wie die Zukunft, die sie beschrieb, bedrohlich näher rückte. Nachdem die Königin ihren Vortrag beendet hatte, wurde es still. Der Erste, der zu sich kam, war Admiral Masss Azhzh.

    „Ich habe nicht die geringsten Zweifel an den Fähigkeiten der Roten Königin, sagte er, „aber ich kann nicht verstehen, wieso wir nur so wenig Zeit haben. Unatari hat eine mächtige Weltraumflotte und könnte es mit jeglichem Feind aufnehmen. Und wenn unser Gegner zu stark ist, können wir jederzeit die Warp-Sender abschalten.

    „Das würde unseren Todeskampf nur in die Länge ziehen, aber nichts am Ergebnis ändern", erwiderte Miya auf der Stelle.

    Katerina trat vor. Nachdem sie den Rat begrüßt hatte, warf sie einen Blick auf die Taktikkarte und ergriff dann das Wort.

    „Die Gefahr einer Invasion von Haus Gold ist klar, obwohl nichts darauf hindeutet, dass das Imperium Schiffe in die Peripherie des Kernlands schickt. Etwas anderes gibt mir dagegen zu denken. Der schwelende Krieg zwischen dem Imperium und den Antagonisten geht darauf zurück, dass Imperator August mit seiner Schwester Eleonora um den Thron kämpft. Deshalb sollten wir alle über die folgende Frage nachdenken: Wieso haben sich die Antagonisten noch nicht an den Herrscher von Unatari gewandt? Rein praktisch betrachtet ist Kronprinz Georg der Enkel der Herrscherin der Antagonisten, deshalb wäre es nur logisch, dass er sich seiner engsten Verwandten anschließt und nicht dem Imperator, der einem anderen Zweig des Stammbaums angehört. Wieso also hat Haus Gold uns noch keine Allianz angeboten?"

    Admiral Kiro Sabuto erhob sich abrupt und sah meine Cousine streng an.

    „Herzogin, ich hoffe sehr, dass Ihr Vorschlag, der Staat Unatari könne mit den Antagonisten gemeinsame Sache machen, nur hypothetisch war, sagte er recht empört. „Wie die meisten Offiziere in der Flotte von Unatari habe ich dem Imperium mein Leben lang treu und aufrichtig gedient und bleibe ihm weiterhin loyal. Vor drei Monaten, als in der Thronwelt ein gemeiner Angriff auf Kronprinz Georg verübt wurde, sah die Lage anders aus. Ich und all meine Offiziere hätten unseren Kommandanten damals ohne Zögern verteidigt, selbst wenn das bedeutet hätte, gegen das gesamte Imperium vorzugehen. Für Geld oder aus politischem Kalkül gegen das Imperium zu kämpfen, ist aber etwas anderes. Wir würden uns damit gegen Freunde und Waffenbrüder stellen, die in den anderen Flotten des Imperiums dienen. Das würde die Streitkräfte von Unatari in große Konflikte stürzen.

    Unterstützung fand der Admiral bei Weltraummajorin Nicole ton Savoia, der Flottenkommandantin von Sektor Acht.

    „Bitte verzeiht mir, wenn ich zu dreist bin, aber er sagt die reine Wahrheit. Mir wurde der Auftrag erteilt, die Flotte von Perimetersektor Acht zu leiten, und wir würden niemals mit den Antagonisten gemeinsame Sache gegen das Imperium machen. Eine solche Entwicklung würde ich als Verrat betrachten, und meine Offiziere ebenfalls. Was die Frage von Herzogin Katerina betrifft, so weiß ich die Antwort. Das liegt daran, dass beide Konfliktparteien davor zurückschrecken, Kronprinz Georg Versprechen zu machen, die sie nicht halten wollen. Man fürchtet eine heftige Reaktion. Als ich noch zum Vereinten Generalstab des Imperiums gehörte, hatte ich Einblick in die persönliche Akte des Herrschers von Unatari. Ein sehr treffender Vermerk zu den psychologischen Eigenschaften ist mir gut in Erinnerung geblieben, nämlich: ‚Wird jeden Versuch, seine Interessen zu beschneiden, unweigerlich ablehnen. Gerät außer sich, wenn ihm etwas genommen werden soll, das der Kronprinz als sein Eigentum betrachtet. Hat kein Gespür für angemessene Vergeltungsmaßnahmen. Der Herrscher von Unatari könnte jemandem den Arm abreißen, nur weil er versehentlich angerempelt wurde.‘"

    Miya überlegte kurz und schloss die Augen.

    „Ja, das stimmt, bestätigte die Wahrheitssucherin. „Die Macht über ein vereintes Imperium ist nichts, das man teilen oder einem möglichen Verbündeten anbieten könnte. Deshalb bin ich ein wenig verwirrt, dass Imperator August ein solches Angebot gemacht hat. Ich spüre hier keine Trickserei – der Imperator ist wirklich bereit, seinen Thron aufzugeben, wenn Unatari die Antagonisten besiegt.

    „Aber August hat einen Sohn, Herzog Julius royl August ton Akad, der in der Thronfolge an erster Stelle steht, stellte Katerina fest. „Was hindert August daran, kurz vor dem Sieg über die Antagonisten zurückzutreten und den Thron seinem Nachfolger zu vererben, der dem Herrscher von Unatari keinerlei Versprechen gegeben hat?

    Kiro Sabuto schüttelte den Kopf. „Damit wäre ein Krieg zwischen Unatari und dem Imperium unvermeidlich. Kronprinz Georg royl Inoky ton Mesfelle würde einen solchen Trick kaum verzeihen, und er hat genug Beweise und Einfluss, sodass ein Großteil des Militärs des Imperiums auf seiner Seite stehen würde. Der Sohn des Imperators würde verlieren, und zwar alles."

    Alle im Raum wurden still. Ich nutzte die Gelegenheit, um meine Gedanken zu äußern.

    „Gehen wir davon aus, dass es unmöglich sein wird, sich aus dem Konflikt herauszuhalten, und Unatari handeln muss. Aber die Vorstellung, in einen Konflikt zwischen zwei der mächtigsten Armadas in der Galaxie zu rutschen, ohne die vielen inoffiziellen Absprachen und Positionen der anderen Spieler zu kennen, gefällt mir nicht. So hat Haus Grün beispielsweise eine kolossale Flotte mit fast 15.000 Raumschiffen. Formell sind die Grünen immer noch Teil des Imperiums. Werden sie sich in dem großen Machtkampf heraushalten oder werden sie sich in jedem Fall gegen die Antagonisten stellen? Was hat der Imperator für eine solche Unterstützung zugesichert? Und wie würde sich die Flotte von Haus Grün verhalten, wenn sie sich im gleichen Sternsystem befindet wie eine unserer Flotten? Könnte es vielleicht sein, dass sie uns in den Rücken fällt?"

    „Haus Grün wird sich niemals mit Unatari verbünden, dafür gibt es zu viel alten Groll, sagte Herzogin Katerina. „Den Mord an zwei ihrer Kronprinzen und die jämmerliche Kapitulation ihrer Ersten Angriffsflotte wird die Familie Lavaelle dem Herrscher von Unatari niemals verzeihen. Sie würden versuchen, unsere Schiffe zu zerstören.

    Leider stimmte ich der Einschätzung meiner Cousine voll und ganz zu. Seit meinen allerersten Tagen in Perimeterverteidigung hatte sich mein Verhältnis zur Familie Lavaelle zusehends verschlechtert und war mittlerweile zu unversöhnlichem Hass geworden. Obwohl Unatari und Haus Grün beide zum Imperium gehörten, betrachtete ich uns nicht als Verbündete.

    Meine Beziehung zu Haus Purpur hatte sich ebenfalls erheblich verschlechtert, seitdem wir Sektor Sieben geschluckt hatten. Meine Zwillingsschwester Violetta war wütend auf mich und versuchte, Haus Purpur zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Staat Unatari zu bewegen. Aus unerklärlichen Gründen bot das Oberhaupt von Haus Purpur, Herzog Takuro royl Andor, der Kronprinzessin Violetta keinen Einhalt, sondern war offenbar bereit, unser gutes Verhältnis für einen Zweck zu opfern, den ich nicht durchschaute.

    Haus Blau ... Hier war die Lage sehr kompliziert und verwirrend. Die Perimetersektoren Vierzehn und Fünfzehn wurden von Aliens kontrolliert. Sektor Sechzehn hatte keine Verbindung mehr zum übrigen Gebiet von Haus Blau, und dort war der Separatismus am stärksten geworden – de facto standen die Systeme in Sektor Sechzehn nicht mehr unter der zentralen Herrschaft der Regierung. In den Sektoren Neun, Elf, Zwölf und Dreizehn kämpfte die junge Herzogin Ovella royl Stok ton Miro einen zermürbenden Zweifrontenkrieg – zum einen gegen die einfallenden Armadas der Aliens, zum anderen gegen eine massive Opposition, die rasch Morgenluft gewittert hatte, nachdem die Wahrheitssucherin Krista in die Thronwelt gezogen war. In ihrem Krieg gegen die Aliens wurde Herzogin Ovella von der Flotte des Imperiums unterstützt, doch in die politische Auseinandersetzung innerhalb von Haus Blau würden sich die Schiffe des Imperators aus Prinzip nicht einmischen.

    Die politische Karte von Haus Blau erinnerte an einen Flickenteppich. Dort waren Dutzende verschiedenfarbiger Gruppen zu sehen, sowohl diejenigen, die sich offiziell zu Gegnern von Haus Blau erklärt hatten, als auch diejenigen, die vorsichtig loyal blieben, aber gewisse Bedingungen stellten. Söldner, Anarchisten, bewaffnete Rebellen, politische Randfiguren ... Örtliche Konflikte und bürgerkriegsähnliche Zustände gab es in vielen Sektoren. Sowohl große als auch kleine Städte wechselten regelmäßig den Besitzer.

    Die Kräfte, die Herzogin Ovella loyal waren, kontrollierten mittlerweile weniger als 30 % des Gebiets von Haus Blau. Da sie besser organisiert und ausgerüstet waren, während unter ihren Gegnern keine Einheit herrschte, konnten sie die Angriffe nicht nur

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