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Ein neuer Vertrag (Perimeterverteidigung Buch 3): LitRPG-Serie
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Ein neuer Vertrag (Perimeterverteidigung Buch 3): LitRPG-Serie
eBook473 Seiten6 Stunden

Ein neuer Vertrag (Perimeterverteidigung Buch 3): LitRPG-Serie

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Über dieses E-Book

Der Feind kommt immer näher, ein Sternsystem nach dem anderen fällt ihm zum Opfer. Mit jeder Sekunde wird die Lage dramatischer. Unatari - das Sternsystem von Kronprinz Georg - wird von den Aliens bedroht. Höchste Zeit, dass Ruslan zurückkommt, um alles, was ihm am Herzen liegt, vor der drohenden Vernichtung zu bewahren und Perimeterverteidigung zu retten - das Spiel, das sein Lebensinhalt geworden ist.

Mit roher Gewalt lässt sich der Feind nicht aufhalten, deshalb bittet Ruslan seine Verbündeten um Hilfe: Raumschiffe des Schwarms sollen die Ursprungsplaneten der Aliens angreifen, damit diese umkehren, um ihre Heimat zu schützen. Doch die Schwarmkönigin ist von diesem Plan nicht überzeugt: Das intelligente Insekt zweifelt daran, dass Ruslan gewinnen kann.

Das lässt unserem Helden nur eine Wahl: Er muss unter Beweis stellen, dass er eine vereinte Flotte aus sämtlichen Rassen der Galaxie kommandieren kann, und die Armada der Aliens in der entscheidenden Schlacht besiegen.
SpracheDeutsch
HerausgeberMagic Dome Books
Erscheinungsdatum26. Mai 2022
ISBN9788076193734
Ein neuer Vertrag (Perimeterverteidigung Buch 3): LitRPG-Serie

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    Buchvorschau

    Ein neuer Vertrag (Perimeterverteidigung Buch 3) - Michael Atamanov

    Offene Worte

    ICH BEFAND MICH GERADE zur regelmäßigen Entzugsbehandlung in der Klinik in der Nähe meiner Wohnung, als auf meinem Handy eine unbekannte Nummer auftauchte. Bei meiner Rückkehr aus Perimeterverteidigung war meine Drogen- und Alkoholabhängigkeit nicht zu verbergen gewesen, und selbst jetzt, drei Monate später, bekam ich in der Klinik nach wie vor dreimal wöchentlich Glukose und Vitamine, die Leber und Blut reinigen und andere schädlichen Nebenwirkungen lindern sollten. Ich konnte nicht in Worte fassen, wie sehr ich Mr. G. I. innerlich verfluchte, wenn ich mit der Nadel im Arm dasaß und die lästige Prozedur über mich ergehen ließ. In den sechs kurzen Monaten, die er in meinem Körper verbracht hatte, war ich ein regelrechtes Wrack geworden. Mr. G. I. musste so viel getrunken haben, dass ich mich fragte, wie er sich überhaupt auf den Beinen halten konnte.

    „Ja?", fragte ich, nachdem ich den Anruf mit der freien Hand angenommen hatte.

    „Ruslan, ich möchte dir ein ernsthaftes Angebot machen."

    Obwohl ich sie so lange nicht gehört hatte, hätte ich diese Stimme auf Anhieb unter Millionen anderen erkannt. Miya! Seit Wochen bereitete ich mich innerlich auf ein Gespräch mit meinem ehemaligen Auftraggeber vor und hatte sogar versucht, ihm absichtlich über den Weg zu laufen, um diesem Mistkerl endlich ins Gesicht zu sagen, was ich von ihm hielt. Auf eine Unterhaltung mit seiner engen Vertrauten war ich jedoch nicht eingestellt und deshalb ein wenig überrumpelt. Da mir keine smarte Erwiderung einfiel, schaltete ich das Telefon kurzerhand aus.

    In meinem Kopf rasten die Gedanken. Wieso meldete sich Miya und nicht Mr. G. I.? Hatte er solche Angst vor einer Begegnung mit mir, dass er seine Freundin vorschickte? Es war so lange her … Vermutlich brauchten sie mich jetzt doch.

    „Du hast recht", ertönte die Stimme der Wahrheitssucherin in meinem Kopf. „Mr. G. I. erwartet dich in 40 Minuten dort, wo ihr euch beim letzten Mal getroffen habt."

    Was sollte ich davon halten? Einerseits wollte ich mich liebend gern wieder in die Fantasiewelt von Perimeterverteidigung stürzen. So seltsam es klingen mochte, dort hatte ich zum ersten Mal im Leben das Gefühl gehabt, meine Berufung gefunden zu haben und wirklich an etwas zu glauben. Dort hatte ich erstmals die berauschende Wirkung von Ruhm und Anerkennung erlebt. Ich hatte Geschichte geschrieben. Die mächtigen Raumschiffe meiner Flotte hatten Sterne ausgelöscht und alle, die uns in die Quere kamen, vor Furcht erzittern lassen. Ich hätte stellvertretender Herrscher über Milliarden von Insekten werden können, oder sogar das Oberhaupt von Haus Orange. Alles hatte mir offen gestanden. Doch vor allen Dingen hatte ich in Perimeterverteidigung gespürt, dass die Menschheit mich brauchte. Ich galt dort als Retter der gesamten Rasse …

    Andererseits würde eine Rückkehr ins Spiel mindestens genauso viele Nachteile mit sich bringen. Für mein letztes Abenteuer hatte ich teuer bezahlt. Mein Honorar hatte kaum ausgereicht, um die zahlreichen Gebühren und Strafen zu begleichen, die Mr. G. I. mir hinterlassen hatte. Meine Freunde hatten sich von mir abgewandt, ich hatte mich mit der Verwandtschaft zerstritten und die Frau, mit der ich mich hin und wieder getroffen hatte, hielt mich nun für einen hoffnungslosen Junkie. Und leider war dieser Vorwurf nicht ganz unbegründet. Während meiner Zeit im Spiel hatte mein Körper durch den maßlosen Konsum von harten Drogen und Alkohol sehr gelitten. Mir war, als wäre ich in diesen sechs Monaten um zehn Jahre gealtert. Die Rückkehr aus der magischen Traumwelt von Perimeterverteidigung in die Realität war somit eine äußerst bittere Erfahrung gewesen.

    „Was sollte mich dazu bewegen, mich erneut auf Perimeterverteidigung einzulassen − nach allem, was mir beim letzten Mal angetan wurde? Vermutlich würde das meinem Körper den Rest geben!"

    Meine unsichtbare Gesprächspartnerin schwieg kurz, bevor sie mir antwortete.

    „Die Flotte der Königin der Aliens hat mit 3.000 Schiffen Hnelle erobert. Deine Hauptstadt Unatari wurde vom Imperium abgeschnitten und macht sich auf eine aussichtslose Schlacht gefasst. Ohne dich gibt es keinerlei Hoffnung auf einen Sieg. Alles, was du dir mit so viel Mühe aufgebaut hast, könnte auf einen Streich vernichtet werden, und alle, die dir nahestehen, werden sterben."

    Ich hatte nicht daran geglaubt, dass sie mich überreden könnte, doch ich hatte mich geirrt. Miya erwähnte genau das, was mir in letzter Zeit so sehr gefehlt hatte. Man brauchte mich. Man traute mir zu, andere zu retten, und sehnte sich nach meiner Rückkehr. Ich spürte, wie sich nach vielen langen Wochen der Apathie Tatendrang in mir regte.

    „Diesmal lege ich die Vertragsbedingungen fest!", erklärte ich entschieden.

    „Einverstanden", erwiderte Miya sofort, ohne sich erst bei ihrem Herrn zu vergewissern.

    „In Ordnung, ich bin in zehn Minuten da", sagte ich, zog mir die Nadel aus der Vene und stürmte zum Ausgang.

    * * *

    „Hallo, Ruslan. Wo willst du denn hin?" Der mürrische Türsteher, der den Eingang zum Restaurant bewachte, hielt mich an der Schulter fest.

    Mit Mühe schluckte ich eine nicht druckreife Bemerkung hinunter. Immer wieder das Gleiche. Auch hier bekam ich die Konsequenzen von Perimeterverteidigung zu spüren. Ich hätte schwören können, dass ich diesem Mann noch nie begegnet war, während er mich ganz offensichtlich kannte und für einen Ganoven hielt. Dass mein Ruf durch Mr. G. I. so gelitten hatte, fand ich fast noch schlimmer als die körperlichen Folgen des Drogenkonsums. Die Sucht hatte meinem Körper zwar schwer zugesetzt, doch davon konnte ich mich immerhin wieder erholen, während mein Ansehen dauerhaft ruiniert war.

    Frauen, die ich noch nie im Leben gesehen hatte, warfen mir vielsagende Blicke zu und lächelten mich an wie einen guten Bekannten. Mehrmals hatten mir vollkommen Fremde mich auf offener Straße unvermittelt ins Gesicht geschlagen, sobald sie mich erkannt hatten. Manchmal weigerten sich Kassiererinnen in Supermärkten, meine Einkäufe zu scannen. Stattdessen ließen sie mich vom Sicherheitsdienst vor die Tür setzen. Noch dazu bekam ich nachts häufig ungebetenen Besuch. Mir stand das alles bis zum Hals!

    Vor allem in den ersten Wochen nach meiner Rückkehr aus Perimeterverteidigung hatte ich nie gewusst, wer mich erwartete, wenn es an der Tür schellte. Es konnte ein Eskortmädchen sein, das sich in meiner Wohnung erstaunlich gut auskannte und mir versicherte, bis Jahresende wäre alles bezahlt. Genauso gut aber auch finstere Verbrechertypen, die Baseballschläger oder Schlagringe schwangen und die Bezahlung von Schulden verlangten, zu denen horrende Zinsen angefallen waren.

    Ich hatte mir fest vorgenommen, meinem ehemaligen Auftraggeber ausführlich zu schildern, was ich seinetwegen erdulden musste, und eine üppige Entschädigung dafür zu verlangen, dass meine Gesundheit und mein guter Ruf so gelitten hatten. Außerdem würde ich ihm nur dann helfen, wenn der neue Vertrag ausdrücklich ausschloss, dass sich derartige Vorfälle wiederholten. Um überhaupt mit Mr. G. I. reden zu können, musste ich jedoch erst einmal in das Restaurant gelangen.

    „Ich bin hier mit jemandem verabredet. Er hat einen Tisch bestellt", erklärte ich dem wachsamen Türsteher ruhig.

    Er ließ meinen Arm los, rief einen Kellner herbei und flüsterte ihm etwas zu, während er auf mich deutete.

    „Auf welchen Namen ist der Tisch reserviert?", erkundigte sich der Restaurantmitarbeiter, schlug ein Notizbuch auf und sah die dort verzeichnete Gästeliste durch.

    „Georgiy Innokentievich ... uhh ... Mesfelle", riet ich, doch das war leider nicht die richtige Antwort. Unter diesem Namen gab es für den heutigen Tag keine Reservierung.

    „Hab‘ ich’s mir doch gedacht, nichts wie raus mit ihm!", rief der missmutige Türsteher, doch ich unternahm noch einen Versuch.

    „Schauen Sie bitte nach Miya Mesfelle. Vielleicht ist der Tisch auf ihren Namen bestellt."

    Seine enttäuschte Miene verriet mir, dass ich diesmal richtig gelegen hatte.

    „Aber keine Fisimatenten, Ruslan. Dein letzter Besuch hat dich eine Stange Geld für die zerstörten Möbel und anderen Schäden gekostet. Noch einmal kommst du nicht so leicht davon!", drohte der Türsteher, bevor er mich endlich hineinließ.

    Als ich das letzte Mal hier gewesen war, in aller Frühe an einem Wintermorgen, war das Lokal leer gewesen. Diesmal war es gut besucht, dennoch entdeckte ich Miya sofort in der Menge. Die elegante junge Frau mit den langen roten Haaren zog mit ihrem knielangen Kleid in leuchtendem Orange den Blick auf sich wie eine Flamme in dunkler Nacht. Sie saß allein an einem Tisch mitten in dem großen Raum, vor sich eine Art Fruchtpüree und ein Glas Orangensaft.

    „Setz dich, Ruslan, sagte die Wahrheitssucherin anstelle einer Begrüßung und deutete auf einen freien Stuhl. „Du bist früh dran. Mr. G. I. ist noch nicht hier, du wirst auf ihn warten müssen. Bestell dir, was du möchtest.

    Ein Kellner erschien, reichte mir die Speisekarte und nahm dann meine Bestellung auf. Dabei wirkte er so ängstlich, als fürchtete er, ich könnte ihn beißen.

    „Du scheinst hier einen fragwürdigen Ruf zu genießen, Ruslan", bemerkte Miya, der das seltsame Verhalten des Kellners ebenfalls aufgefallen war.

    „Woran könnte das wohl liegen?" Ich konnte nicht an mich halten. „Vor meinen sechs Monaten in Perimeterverteidigung hätten mich nicht einmal meine Nachbarn erkannt. Jetzt dagegen droht man mir ständig Prügel an!"

    „Dann hättest du deine Rückkehr vielleicht etwas zurückhaltender feiern sollen", erwiderte die rothaarige Hexe ebenso spöttisch.

    Vor Empörung bliebt mir fast die Luft weg. Sollte das etwa heißen, ich wäre selbst an allem schuld? Der Vorwurf kam so unerwartet und war so dreist, dass mir der Kragen platzte. Miya nahm meinen Wutausbruch lächelnd hin.

    „Ruslan, wir sollten für dieses Gespräch bestimmte Eckdaten festlegen, damit es keine Missverständnisse gibt. Dein Privatleben außerhalb von Perimeterverteidigung interessiert weder mich noch Mr. G. I. Was du gemacht hast oder nicht oder wieso bestimmte Nachbarn dich nicht mehr leiden können, geht uns nichts an und hat nicht das Geringste mit diesen Verhandlungen zu tun …"

    An dieser Stelle unterbrach die Wahrheitssucherin ihren Vortrag, da ein Kellner an unseren Tisch kam und Miya eine Flasche Champagner vorsetzte, die sie nicht bestellt hatte.

    „Ein Geschenk von den mutigen jungen Burschen dort drüben", erklärte der Kellner und wies auf eine Gruppe Männer aus dem Kaukasus, die gemeinsam beim Essen saßen. Einer von ihnen lächelte Miya an und warf ihr eine Kusshand zu.

    Ich bemerkte, wie sie rasch den Blick durch den Raum schweifen ließ und an einer Gruppe Studentinnen am Nachbartisch hängenblieb. Miya machte eine lässige Geste, und der Blick des Kellners wurde glasig. Er nahm die Flasche, stellte sie vor den Mädchen auf den Tisch und erzählte ihnen die gleiche Geschichte von den dreisten Draufgängern. Das Grüppchen kicherte fröhlich und freute sich sichtlich über das Geschenk.

    „Nicht der beste Ort für Verhandlungen, sagte Miya verärgert. „Aber das lässt sich jetzt nicht mehr ändern. Uns bleibt nicht viel Zeit. Also, Ruslan, ich wiederhole noch einmal: Es geht jetzt nur um die Bedingungen des nächsten Vertrags, alle Beschwerden und Unstimmigkeiten kannst du mit Mr. G. I. persönlich klären, sobald er gekommen ist.

    „Was erwartet mich diesmal? Soll ich quer durch den Fluss schwimmen, um mir eine Rettungsweste zu sichern? Ich lachte gequält. „Nein, Miya, so läuft das nicht. Seit meinem letzten Einsatz habe ich riesige Probleme, und bevor ich mich auf neue Abenteuer einlasse, muss ich das mit Mr. G. I. ausdiskutieren.

    Miya leerte ihr Saftglas, stellte es zur Seite und sah mir fest in die Augen.

    „Ruslan, merkwürdigerweise scheinst du zu glauben, dass dein Auftraggeber dir zu Dank verpflichtet ist. Da liegst du falsch. Ihr hattet eine rein geschäftliche Abmachung. Du hast deinen Auftrag ausgeführt und wurdest dafür bezahlt. Alles, was danach passiert ist, ist nicht unser Problem. Etwaige Schwierigkeiten mit deinem ersten Vertrag sind jetzt nicht das Thema. Und falls du meinst, du hättest so beeindruckende Erfolge vorzuweisen, dass dein Auftraggeber dir dringend seine immense Dankbarkeit versichern will, muss ich dich leider schon wieder enttäuschen. Mr. G. I. war über deinen Einsatz in Perimeterverteidigung alles andere als glücklich und hatte nicht vor, noch einmal mit dir zusammenzuarbeiten. Er hat diesem Treffen nur zugestimmt, um mir angesichts der aktuellen Umstände einen persönlichen Gefallen zu tun. Deine angeblich so tollen Errungenschaften und Erfolge haben damit nichts zu tun. Rein gar nichts."

    „Soll das etwa heißen, ich hätte nichts Besonderes geleistet? Ich traute meinen Ohren nicht. „Ich habe die Flotte von Sektor Acht weiter ausgebaut, als sich irgendjemand vorstellen konnte, weder Mr. G. I. noch du selbst, nicht einmal das Oberhaupt von Haus Orange oder der Imperator persönlich. Anfangs hatte ich nur 16 leichte Schiffe mit einer resignierten Besatzung, die noch dazu von Spionen der Großen Häuser unterwandert war. Bei Vertragsende konnte ich die größte Flotte des Imperiums mit insgesamt 500 Schiffen vorweisen, darunter sechs Schlachtschiffe, 20 schwere Kreuzer und ein furchteinflößendes Mutterschiff! Ganz zu schweigen von der Ausbildung, die die Veteranen meines Feldzugs im Gebiet der Aliens genossen haben. In Sachen Kompetenz, Effektivität und Loyalität waren sie mit dem unorganisierten Haufen, den ich übernommen hatte, nicht mehr zu vergleichen.

    „Ruslan, wir wollen doch bei der Wahrheit bleiben." Miya verzog ärgerlich das Gesicht und winkte dann den Kellner herbei. Nachdem sie sich noch einen Saft bestellt hatte, sprach sie weiter.

    „Jetzt will ich dir verraten, wie sich die Lage für mich und Mr. G. I. darstellt. Bei Ablauf des Vertrags bestand die Hälfte deiner Flotte aus Schiffen der Iseyeks, die allesamt auf das Gebiet des Schwarms zurückgekehrt sind. Also erzähl mir nichts von 500 Schiffen. Du hast Mr. G. I. bestenfalls 200 übergeben, davon nicht sechs, sondern fünf Schlachtschiffe und nur 15 schwere Angriffskreuzer. Darüber hinaus waren alle anderen schweren Schiffe ‚idiotisch ausgerüstet‘, wie unser neuer Admiral sich ausdrückte, sodass wir Unsummen des Geldes, das du uns überlassen hast, für den Umbau aufwenden mussten. Dein schlimmster Fehler war allerdings, dass du die Königin der Sünde verkauft hast, ohne deinen Boss auch nur zu fragen. Der Kronprinz musste seine Luxusjacht von Roben zurückkaufen und dafür vier Schlachtschiffe sowie mehrere Kreuzer opfern. Das sind die Fakten, also erzähl mir keine Märchen. Im Augenblick gibt es in der Flotte nur noch ein einziges Schlachtschiff, die Kronprinzessin Likanna, und fünf schwere Angriffskreuzer. Der Rest ist nicht mehr da und hat dir sowieso nie gehört."

    Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte. Braut des Chaos, Prinzessin Astra, Herrscher von Tesse und Indigo-Schönheit, die gerade erst zur Flotte gestoßen waren, nachdem ich in Sektor Neun eine Stange Geld für die komplette Renovierung und Modernisierung ausgegeben hatte, waren verloren. Diese Schwachköpfe hatten vier nagelneue Schlachtschiffe und zehn Angriffskreuzer für eine magere Jacht geopfert!

    Miya jedoch schenkte meiner Fassungslosigkeit keine Beachtung, sondern berichtete weiter.

    „Niemand bestreitet, dass die Flotte in den sechs Monaten, die du im Spiel verbracht hast, wirklich stärker geworden ist. Wir haben immerhin ein Schlachtschiff und mehrere schwere Kreuzer dazugewonnen. Allerdings sind Mr. G. I. und ich überzeugt davon, dass dies auch ohne dich möglich gewesen wäre. Schließlich hast du das Geld für die Schiffe vom Imperator und vom Oberhaupt von Haus Orange bekommen. Wenn der eigentliche Account-Inhaber gespielt hätte, hätte er den kostspieligen Disput mit Herzog Paolo vermutlich vermeiden können. In diesem Fall wäre die Flotte noch viel größer und stärker als jetzt."

    Miyas Worte klangen seltsam plausibel. Vermutlich versuchte sie, mich mit Hypnose zu manipulieren. Einige Sekunden lang glaubte ich beinahe selbst, ich wäre ein unfähiger Trottel, der alles vermasselt hatte. Wenn ich nicht so fest vom Gegenteil überzeugt gewesen wäre, hätte die Wahrheitssucherin ihr Ziel vielleicht sogar erreicht. Ich schüttelte heftig den Kopf, um die trügerischen Gedanken zu vertreiben.

    „Wenn Mr. G. I. die Jacht für wichtiger gehalten hat als vier umfassend modernisierte, luxuriös ausgestattete Schlachtschiffe, dann wäre die Flotte unter seiner Leitung wohl kaum stärker geworden. Dein Begleiter hätte das Geld verjubelt, wie er es seit jeher getan hat. Diese vier Schlachtschiffe und zehn schweren Kreuzer waren zusammen mindestens 2 Millionen Guthabenpunkte wert, ganz zu schweigen von der bestens ausgebildeten Besatzung. Und dieses Vermögen hat er für eine Jacht eingetauscht, die bei großzügiger Schätzung höchstens 3 Millionen wert ist?"

    „Darüber steht dir kein Urteil zu, Ruslan! Es geht hier ums Prinzip. Die Königin der Sünde war ein Geschenk von Kronprinz Georg an mich. Oder genauer gesagt an uns beide. Sie war unser fliegender Palast. Wir haben gut 15 Jahre gemeinsam darauf gelebt. In all diesen Jahren hat Georg zahlreiche Dekorationsstücke für unser Zuhause zusammengetragen, die verschiedensten Raritäten und Meisterwerke. Das war sein liebstes Hobby. Er hat in die Königin der Sünde so viel Zeit, Mühe und Millionen von Guthabenpunkten investiert, dass kein Kampfschiff auch nur annähernd ihren Wert erreichen kann, ganz zu schweigen von den Annehmlichkeiten. Allein die Skulpturen des großen Veron ton Gep auf der Jacht sind mindestens 700 Millionen Guthabenpunkte wert! Darüber hinaus befindet sich dort auch meine fast vollständige Sammlung durchnummerierter Smaragde von Sivalla, die im großen Krieg gegen den Schwarm erobert wurden. Die sind schlicht unbezahlbar. Und du hast den ganzen Luxus für eine lausige Milliarde an Roben verkauft! Der Bruder hat dich um den Finger gewickelt, und du hast es nicht einmal bemerkt."

    Mein Essen kam, deshalb musste Miya wieder eine Pause einlegen. Die rothaarige Schönheit warf einen Blick auf meinen Teller.

    „Was ist das denn, Ruslan?, fragte sie erstaunt. „Bist du etwa auf Diät? Salat und Mineralwasser. Dabei hättest du Fleisch und Beilagen, gegrillten Fisch und natürlich auch Alkohol bestellen können. Beim letzten Mal hast du dich nicht so zurückgehalten.

    „Beim letzten Mal hatte ich einen jungen, gesunden Körper, Aber nach den leeren Wodkaflaschen in meinem Zimmer zu urteilen hat Mr. G. I. ihm in sechs Monaten keine trockene Sekunde gegönnt. Meine Leber macht Probleme, mein Blutdruck spielt verrückt und meine Venen sind völlig zerstochen. Dreimal pro Woche muss ich in eine Entzugsklinik. Das ist der Preis für meinen ersten Vertrag mit euch. Und deshalb halte ich mich jetzt an Mineralwasser und verzichte auf Stärkeres."

    Miya schloss kurz die Augen und schüttelte dann ein wenig erschöpft den Kopf.

    „Ruslan, ich dachte, wir hätten uns auf bestimmte Regeln für diese Unterredung geeignet. Ich möchte noch einmal klarstellen, dass dein Leben außerhalb von Perimeterverteidigung Mr. G. I. nicht im Geringsten interessiert. Während deines Einsatzes lag dein Körper in einer Virtual-Reality-Kapsel und wurde dort bestens versorgt. Deine Geschichten über Alkoholmissbrauch und kaputte Venen sind reine Hirngespinste, genau wie der Vorwurf, jemand anderes sei schuld an deinem Streit mit den Nachbarn. Du kannst nichts beweisen, deine Behauptungen sind allesamt haltlos."

    Ich suchte in meinen Taschen und kramte etwas hervor, das ich von zu Hause mitgebracht hatte. Eine durchsichtige Dose, in der ein glänzendes Kügelchen lag. Ich stellte die Dose vor Miya auf den Tisch. Die Wahrheitssucherin nahm sie in die Hand, betrachtete sie aufmerksam von allen Seiten und stellte sie dann wieder zurück. Ich war mir sicher, sie mit unwiderlegbaren Beweisen in die Enge getrieben zu haben.

    „Stammt die aus Mr. G.I.s persönlichem Vorrat oder von dem Kristall, das du vom Piratenstützpunkt auf Unatari mitgenommen hast?"

    Miya lächelte belustigt. „Ruslan, das ist doch kein Kristall. Ich sollte es schließlich wissen, oder? Vermutlich ist das nur ein Plastik-Souvenir, das du dir zur Erinnerung an Perimeterverteidigung bestellt hast."

    „Nehmen wir einmal an, das würde stimmen. Dann verrate mir bitte, Miya, woher du meine Telefonnummer hast?"

    „Was ist nur los mit dir, Ruslan? So misstrauisch! Hast du etwa schon vergessen, dass ich den letzten Winter in deiner Wohnung verbracht habe? Mr. G. I. hat es dir doch gesagt. Ich habe deine Nummer auf einer Rechnung gesehen und sie mir für alle Fälle abgespeichert."

    „Das wäre durchaus plausibel, Miya, und vielleicht hätte ich dir sogar geglaubt, aber ich habe seitdem meine Nummer geändert. Die nächtlichen Drohanrufe wurden mir schlicht zu viel. Die neue Nummer habe ich erst seit knapp einer Woche, und ich habe sie nur meiner Mutter und meinem besten Freund verraten. Außerdem möchte ich dir einen wertvollen Tipp geben: Wenn du in Zukunft jemanden anrufst, solltest du tatsächlich sprechen und nicht nur Gedanken direkt in den Kopf schicken. Es war sehr beunruhigend, dass ich dich immer noch hörte, obwohl ich das Telefon abgeschaltet hatte."

    „Ruslan, du sagst sehr seltsame Dinge, beschwerte Miya sich und schürzte die Lippen. „Stimmen im Kopf, Gespräche mit abgeschalteten Telefonen … Vielleicht solltest du mal zum Psychiater gehen.

    Ich schob den Teller entschieden von mir weg und stand auf.

    „In Ordnung, Miya. Ich habe mich wohl geirrt. Ein konstruktives Gespräch zwischen uns ist nicht möglich. Viele Grüße an deinen Boss, und richte ihm bitte aus, dass ich ihn niemals wiedersehen will. Wenn ich ihm irgendwann doch begegne, werde ich diesem Abschaum einen Schlag ins Gesicht verpassen, das schwöre ich!"

    Ich wandte mich zum Gehen und brachte zwei ganze Schritte zustande, bevor ich von zwei athletisch gebauten Männern aufgehalten wurde, die sich bislang ruhig an einem Nachbartisch unterhalten hatten. Einer von ihnen drehte mir gekonnt den Arm auf den Rücken und drückte mein Gesicht vor Miya auf die Tischplatte.

    „Die Chefin hat nicht erlaubt, dass du gehst", flüsterte das Monster mir ins Ohr.

    Alle um uns herum aßen weiter, als wäre nichts geschehen. Ein Kellner trug direkt vor meiner Nase ein Tablett vorbei, und keiner der vielen Restaurantgäste interessierte sich dafür, was an unserem Tisch vor sich ging. Es war, als wären wir gar nicht da. Vielleicht sollte ich schreien, um auf mich aufmerksam zu machen.

    „Spar dir die Mühe, Ruslan. Sie würden dich nicht hören, sagte Miya mit einer unmenschlichen, eisigen Stimme, während ich mich vergeblich wehrte. „Kein guter Zeitpunkt, dich an meine Fähigkeiten als Wahrheitssucherin erinnern zu müssen. Da fällt mir etwas ein: Ich hatte versprochen, dich zu töten, wenn wir uns in der Realität begegnen. So etwas verspreche ich nicht leichtfertig. Und da du nicht bereit bist, mit mir zusammenzuarbeiten …

    Da fiel mir auf, dass die beiden Kerle, die mich angegriffen hatten, einander glichen wie ein Ei dem anderen. Zwillinge? Oder vielleicht ….

    „Par to nek Tuki-tuka-de-sa! Pori-la-navi!" (Lasst mich los! Gehorcht der Stammesältesten! Sofort!)

    Meine Reaktion war rein instinktiv, stellte sich jedoch als richtig heraus. Die beiden Typen ließen sofort von mir ab, knieten nieder und senkten die Köpfe. Wie gut, dass ich die Gespräche meiner Chamäleon-Leibwächter oft belauscht hatte. Die Sprache der Ravaash beherrschte ich zwar nicht, aber einige Sätze hatte ich mir eingeprägt.

    Voller Stolz auf meinen kleinen Triumph salutierte ich spöttisch vor Miya und machte mich auf den Weg aus dem Restaurant. Nun, zumindest versuchte ich das. Nach wenigen Metern spürte ich beträchtlichen Widerstand. Jeder Schritt wurde schwerer als der vorherige. Sechs Schritte brachte ich zustande, doch dann kam ich keinen Millimeter weiter. Nun, ich war nicht dumm, ich verstand. Ich gab mich geschlagen, ging zurück zum Tisch und ließ mich gegenüber von Miya nieder.

    „Damit steht es wohl eins zu eins. Die mächtige Wahrheitssucherin kicherte hämisch. „In Ordnung, Ruslan. Jetzt können wir endlich offen reden.

    * * *

    Miya sah schon wieder auf die Uhr. Ihre Miene war verärgert und mittlerweile sogar ein wenig besorgt.

    „Dein Auftraggeber verspätet sich unerklärlicherweise. Sehr seltsam. Georgiy ist normalerweise pünktlich. Nun gut, wir sollten ohne ihn anfangen. Ruslan, ich mache dir folgendes Angebot: Ich verspreche, dir drei Fragen offen und ehrlich zu beantworten. Nach diesen Antworten verschwenden wir keine Zeit mehr, sondern widmen uns dem neuen Vertrag. Du sagst mir Punkt für Punkt, was du dir vorstellst, und ich entscheide, ob sich das erfüllen lässt. Falls es noch Unklarheiten gibt, können wir abwarten, was Mr. G. I. dazu meint. Abgemacht?"

    Ich überlegte kurz und nickte dann. Damit war ich einverstanden. Miya seufzte erleichtert. Offenbar war sie sich nicht sicher gewesen, ob ich zustimmen würde. Die rothaarige Wahrheitssucherin entspannte sich ein wenig, und hinter der Maske der tödlichen Raubkatze kam eine unfassbar schöne Frau zum Vorschein, vielleicht sogar die schönste, die ich je gesehen hatte. Nur Astra mit ihrer exquisiten, zerbrechlichen Eleganz konnte es mit dieser gefährlichen Männerfresserin aufnehmen. Ich musste daran denken, wie Florianna die beiden einst verglichen hatte: „Astra ist eine Schneeflocke und Miya eine Flamme." Sehr treffend beobachtet.

    Miya lächelte unvermittelt − offenbar hatte sie meine Gedanken gelesen.

    „Ohne Babybauch bist du ein ungewohnter Anblick. Wie heißt denn die Kleine?", stellte ich die erste der drei Fragen, die sie mir zugestanden hatte.

    Miya sah mich überrascht an, setzte dann aber rasch wieder ihr Lächeln auf.

    „Mit dieser Frage hätte ich wahrlich nicht gerechnet, Ruslan. Aber sie freut mich, das muss ich zugeben. Sie heißt Deia, Kronprinzessin Deianna royl Georg ton Mesfelle."

    Wenn Miyas Tochter eine Kronprinzessin geworden war, musste der echte Georg mittlerweile die Scheidung von Marta vollzogen haben. Was seine Ex-Frau dafür verlangt haben mochte? Sollte ich Miya danach fragen? Nein, dafür wollte ich keine weitere Frage opfern, sondern würde es im Laufe des Spiels herausfinden. Außerdem war mir schon eine weitaus interessantere Frage eingefallen.

    „Seit ich aus Perimeterverteidigung zurückgekehrt bin, habe ich viel Zeit darauf verwendet, online Informationen über das Spiel zu suchen. Außerdem habe ich versucht, eine Virtual-Reality-Kapsel wie die aufzutreiben, aus der ich gestiegen bin. Leider vergeblich. Dass ein privates Spiel für die Elite geheim gehalten wird, kann ich noch verstehen, aber wieso auch die VR-Kapseln? Man sollte doch meinen, dass die Hersteller fleißig Werbung für ihr Produkt machen. Ich habe fast den Eindruck, dass diese Technik gar nicht existiert. Was kannst du mir darüber sagen?"

    Wieder lächelte Miya zufrieden.

    „Endlich denkst du logisch und lässt dich nicht mehr von deinen Gefühlen leiten. Gute Frage, Ruslan. So hättest du das Gespräch angehen sollen, statt nur in Selbstmitleid zu schwelgen und dich über unverschämte Nachbarn zu beschweren. Alle deine Vermutungen sind richtig, aber du übersiehst einen wichtigen Aspekt. Du hast eine funktionstüchtige VR-Kapsel in der Realität gesehen, und zwar ein Modell aus der Massenproduktion, keinen experimentellen Prototypen. Damit habe ich dir genug Hinweise gegeben, den Rest kannst du dir selbst zusammenreimen. Mal sehen, ob in deinem Kopf ausreichend Grips steckt."

    Miya lehnte sich mit dem Saftglas in der Hand auf dem Stuhl zurück und musterte mich, während ich grübelte. Sie hatte offenbar nicht die Absicht, mir weitere Informationen zu liefern.

    Ich überlegte fieberhaft, wie das zusammenpasste. Das Gerät stammte aus der Massenproduktion, doch es gab keinerlei Berichte darüber? Vielleicht ein militärisches Geheimnis? Um unterschiedliche Szenarios in einer virtuellen Welt jenseits der Realität zu untersuchen? Etwa für die Arbeit unter feindlichem Beschuss oder in Gegenden, in denen hoch ansteckende Krankheiten wüteten? Oder vielleicht wurden Soldaten damit trainiert, ihre Todesangst zu überwinden. Nach 100 virtuellen Toden war die Angst verschwunden. Oder wählte man so geeignete Personen für besonders ungewöhnliche Missionen aus, zum Beispiel für eine Landung auf dem Mars oder Erstkontakt mit außerirdischen Lebensformen? Das allerdings erschien mir alles zu weit hergeholt.

    „Doch, die Antwort ist richtig", bestätigte Miya sichtlich zufrieden. „Schön, dass du nicht so engstirnig bist wie die allermeisten Menschen. Du kannst über das Alltägliche hinaus denken. Ja, die Kapsel soll Einsatzmöglichkeiten für fortschrittliche Technologien ermitteln, die sich noch in der Entwicklung befinden. Das Spiel Perimeterverteidigung und die Ausrüstung dafür gibt es wirklich. Allerdings sind auch mir nicht sämtliche Ziele dieses umfassenden Experiments bekannt. Und ich weiß auch nicht, wo ehemalige Spieler nach einem Game-Over landen. Informationen über Perimeterverteidigung dürfen aus den Labors nicht nach außen dringen. Ich hoffe sehr, dass die Betroffenen neue Charaktere bekommen, doch sicher bin ich mir diesbezüglich nicht. Jetzt bleibt dir nur noch eine Frage, Ruslan. Stelle sie, damit wir zur Sache kommen können."

    Das war leichter gesagt als getan. Ich hatte die Antwort auf die vorherige Frage noch nicht richtig verarbeitet. Offenbar waren Miya und Georgiy an einem groß angelegten Experiment für eine unbekannte Geheimorganisation beteiligt, das sich über mehrere Jahre erstreckte. Unfassbar! Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Die Fragen, die mir gerade noch wichtig erschienen waren, wirkten jetzt sinnlos. Perimeterverteidigung war ein Simulator zur Entwicklung fortschrittlicher Technologien. Das war zwar schwer zu glauben, erklärte jedoch vieles.

    „Kann ich meinen eigenen Körper ins Spiel bringen?", erkundigte ich mich.

    Miya runzelte die Stirn und schürzte ungläubig die Lippen.

    „Eine seltsame Frage. Du enttäuschst mich sehr, denn die Antwort kennst du doch bereits. Das wäre aus verschiedensten Gründen unmöglich. Wie kommst du auf die Idee, man könnte einen echten Körper in ein Computerspiel bringen? Kein einziger Gegenstand kann in die virtuelle Welt gelangen. Genauso wie sich nichts aus Perimeterverteidigung herausbefördern lässt, nur Gedanken, Wissen und Kenntnisse. Das hier", sagte sie und deutete auf die Dose, „ist nur ein Geschenkartikel aus China. Eine Plastikperle. Georgiy hat sie an einem Stand im Einkaufszentrum gesehen und für mich gekauft, weil sie so aussieht wie das Objekt aus dem Spiel. Ich habe sie noch etwas verschönert. Perimeterverteidigung dient unter anderem dazu, Personen mit versteckten psionischen Fähigkeiten zu entdecken und zu schulen. Nach langjähriger Ausbildung habe ich gelernt, diese Fähigkeiten nicht nur in der virtuellen Welt einzusetzen, sondern auch außerhalb."

    So skeptisch ich auch war, die Erklärungen der Wahrheitssucherin klangen sehr plausibel. Obwohl … ich deutete auf die Zwillinge am Nachbartisch.

    „Und wer spielt die nichtmenschlichen Rassen und die Aliens? Wieso haben sie mich verstanden, als ich Ravaash gesprochen habe?"

    Miya schüttelte vorwurfsvoll den Kopf.

    „Das verstößt gegen unsere Abmachungen. Du hast bereits alle drei Fragen verbraucht. Halten wir uns doch bitte an die vereinbarten Regeln. Ich habe deine drei Fragen beantwortet, alle anderen wirst du früher oder später selbst klären können. Jetzt brauche ich eine umfassende Liste deiner Vertragsbedingungen. Hier hast du einen Stift und ein Blatt aus meinem Notizbuch. Ich gebe dir ein paar Minuten und werde in der Zwischenzeit nachforschen, wo mein Kompagnon bleibt."

    Aus ihrer kleinen Handtasche holte die rothaarige Schönheit ein winziges Handy, das mit großen, funkelnden Kristallen − vielleicht sogar echten Edelsteinen – besetzt war, und zog sich aus dem lauten Raum ins Treppenhaus zurück. Unwillkürlich fiel mein Blick auf das lederne Täschchen, das auf dem Tisch geblieben war. Darin warteten bestimmt Unmengen interessanter Dinge, vielleicht sogar geheime Erfindungen, die mir verraten könnten, was hier vor sich ging. Doch ich verdrängte die kriminellen Gedanken und griff zum Stift. Also, was sollte ich verlangen?

    Sieben Minuten später, als meine Liste fast fertig war, kam Miya zurück. Sie blieb ein paar Sekunden reglos neben dem Tisch stehen und starrte mit leerem Blick an mir vorbei, dann schleuderte sie ihr Telefon heftig zu Boden. Es zerschellte in viele Teile, die Edelsteine kullerten über den Boden. Man musste kein Genie sein, um zu erkennen, wie aufgebracht, ja, geradezu erbost sie war. Wer mochte die Wahrheitssucherin nur so in Rage versetzt haben?

    „Mr. G. I. wird nicht an diesem Treffen teilnehmen, verkündete Miya, nachdem sie sich wieder ein wenig gefangen hatte. „Offenbar hat er seine Meinung im allerletzten Moment geändert und will dich nicht persönlich treffen, weil er meint, du könntest nicht gut auf ihn zu sprechen sein. Was für ein Narzisst!

    Vielleicht täuschte ich mich, aber ich meinte, in ihren tränenüberschwemmten Augen ein verräterisches Funkeln zu entdecken.

    „In Ordnung, Ruslan, da Georgiy mich so hängenlässt, gibt es keinen Grund mehr, ihn zu schützen. Ja, du hast recht. Georgiy befand sich die ganze Zeit in deinem Körper, während du Perimeterverteidigung gespielt hast. Tu nicht so überrascht. Das Spiel wurde unter anderem deshalb entwickelt, weil man die Technologie zur Übertragung des menschlichen Bewusstseins optimieren will. Das erfolgt entweder über eine Spezialmaschine oder durch starke menschliche Psioniker wie mich und Mr. G. I. Du ahnst ja nicht, Ruslan, wie schwer es mir fallen wird, alles selbst zu übernehmen. Wenn ich nur genug Kraft hätte … Aber dazu ist keine Zeit. Wir sind schon sehr spät dran. Also gibt mir den Zettel, ich will mir ansehen, was du aufgeschrieben hast."

    Miya riss mir das Blatt förmlich aus den Händen und überflog es rasch.

    „Was den ersten Punkt betrifft: Kein Problem, das Geld bekommst du. Damit gibt es sicher keine Schwierigkeiten. Das hier ist schon komplizierter: ‚Keine Drogen und kein Alkohol in meinem Körper.‘ Vorläufig kann ich das nicht zu 100 % garantieren, aber ich werde mir etwas einfallen lassen. Gleiches gilt für den nächsten Punkt zum asozialen Verhalten. Obwohl … sicher. Wir werden beides akzeptieren. Ich schwöre bei meinen Fähigkeiten und beim Leben meiner einzigen Tochter, dass niemand in diesem Körper asoziales Verhalten zeigen oder Rauschmittel konsumieren wird. Ich hoffe, das reicht dir."

    Ich nickte. Wie ernsthaft sie gerade geschworen hatte, beunruhigte mich ein wenig.

    „Die beiden nächsten Punkte verstehe ich nicht richtig, fuhr Miya fort. „‚Freiheit, mich im Spiel so zu verhalten, wie ich möchte. Garantierte Sicherheit für alle, die mir nahestehen …‘ Ruslan, lass uns das genauer definieren. Was meinst du hier mit Freiheit und Sicherheit? Und mach bitte schnell. Es könnte bald auffallen, dass Mr. G. I. nicht mehr im Spiel ist.

    Bei den letzten Punkten hatte ich mit größerem Widerstand gerechnet, da ich eine beträchtliche Summe Geld forderte, darunter einen erheblichen Betrag an Schadensersatz sowohl für den letzten Vertrag als auch als Vorschuss für

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