Parker rollt die Street-Gang auf: Butler Parker 245 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Lady Agatha legte eine ungewöhnliche Ruhe an den Tag, die man nur noch als gefährlich bezeichnen konnte. Sie saß im Fond von Parkers hochbeinigem Monstrum, hatte das Fenster auf ihrer Seite gesenkt und blickte den Fünfundzwanzigjährigen, der seine nackten Oberarmmuskeln spielen ließ, sehr konzentriert an. »Wiederholen Sie das noch mal, junger Mann, was Sie da gerade verlangt haben«, meinte sie mit ihrer sonoren Stimme. Auf ihrem Schoß ruhte der perlenbestickte Pompadour. »Ohne Zoll keine Weiterfahrt, Schwester«, erwiderte der Mann, der sich als Zöllner vorgestellt hatte. Er gab sich lässig und schien sich seiner Kraft bewußt zu sein. Butler Parker am Steuer beobachtete entspannt die Situation. Ihm war längst klar, daß die Dinge einem explosiven Höhepunkt zutrieben, denn der sogenannte Zöllner hatte von Mylady Bargeld verlangt. Er setzte sich damit einer Gefahr aus, deren Tragweite er nicht ahnen konnte. Die Sparsamkeit der älteren Dame war in eingeweihten Kreisen geradezu sprichwörtlich. Es wurde sogar behauptet, Schotten seien im Vergleich zu Agatha Simpson reine Verschwender. »Erwähnten Sie eben ein Pfund, junger Mann?« erkundigte sich Lady Agatha inzwischen. »Ein sattes Pfund, Schwester«, bestätigte der Zöllner. »Und wenn der Schein nicht bald durch's Fenster flattert, polieren wir die Kiste hier mal kurz auf. »In Anbetracht der allgemeinen Lage sollten Mylady möglicherweise den Wegezoll entrichten«, ließ der Butler sich vernehmen.
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Buchvorschau
Parker rollt die Street-Gang auf - Günter Dönges
Butler Parker
– 245 –
Parker rollt die Street-Gang auf
Günter Dönges
Lady Agatha legte eine ungewöhnliche Ruhe an den Tag, die man nur noch als gefährlich bezeichnen konnte. Sie saß im Fond von Parkers hochbeinigem Monstrum, hatte das Fenster auf ihrer Seite gesenkt und blickte den Fünfundzwanzigjährigen, der seine nackten Oberarmmuskeln spielen ließ, sehr konzentriert an.
»Wiederholen Sie das noch mal, junger Mann, was Sie da gerade verlangt haben«, meinte sie mit ihrer sonoren Stimme. Auf ihrem Schoß ruhte der perlenbestickte Pompadour.
»Ohne Zoll keine Weiterfahrt, Schwester«, erwiderte der Mann, der sich als Zöllner vorgestellt hatte. Er gab sich lässig und schien sich seiner Kraft bewußt zu sein.
Butler Parker am Steuer beobachtete entspannt die Situation. Ihm war längst klar, daß die Dinge einem explosiven Höhepunkt zutrieben, denn der sogenannte Zöllner hatte von Mylady Bargeld verlangt.
Er setzte sich damit einer Gefahr aus, deren Tragweite er nicht ahnen konnte. Die Sparsamkeit der älteren Dame war in eingeweihten Kreisen geradezu sprichwörtlich. Es wurde sogar behauptet, Schotten seien im Vergleich zu Agatha Simpson reine Verschwender.
»Erwähnten Sie eben ein Pfund, junger Mann?« erkundigte sich Lady Agatha inzwischen.
»Ein sattes Pfund, Schwester«, bestätigte der Zöllner. »Und wenn der Schein nicht bald durch’s Fenster flattert, polieren wir die Kiste hier mal kurz auf.
»In Anbetracht der allgemeinen Lage sollten Mylady möglicherweise den Wegezoll entrichten«, ließ der Butler sich vernehmen. Er hatte die provisorische Straßensperre längst zur Kenntnis genommen. Sie bestand aus einem abwrackreifen Kleinlaster, der die Hälfte der Fahrbahn sperrte.
Ein ramponiert aussehender Personenwagen sperrte die andere Hälfte, ruckte vor und wieder zurück und schien von seinem Fahrer nicht unter Kontrolle gehalten zu werden.
Diese Straßensperre war geschickt improvisiert und konnte blitzschnell wieder aufgehoben werden. Am Kleinlaster standen einige weitere junge Männer herum, damit beschäftigt, große, sperrige Kartons aus- oder einzuladen.
»Nun gut, ich passe mich der Situation an«, meinte Lady Agatha und nickte dem Zöllner zu.
»Kluges, altes Mädchen«, hörte sie und ... reagierte auf ihre spezielle Art. Der eben noch friedlich auf ihrem Schoß ruhende Pompadour stieg schwungvoll hoch, beschrieb einen Halbkreis und setzte sich auf die Nase des Zöllners, der von diesem Angriff völlig überrascht wurde.
In diesem zierlichen Handbeutel, wie ihn die Damen um die Jahrhundertwende zu tragen pflegten, befand sich Myladys sogenannter Glücksbringer, nämlich ein Hufeisen, das vom einem stämmigen Brauereipferd stammte.
Die Nase des Mannes war dieser Energie nicht gewachsen und verbog sich nach links. Dem jungen Zöllner schoß das Wasser in die Augen. Er brüllte, fiel zurück und landete auf dem Gesäß. Doch blitzschnell war er wieder hoch und traf Anstalten, sich auf die hintere Wagentür zu stürzen.
Er erreichte sie nicht ganz. Agatha Simpson war wesentlich schneller und öffnete sie schwungvoll. Die Tür krachte förmlich gegen das rechte Knie des Anstürmenden, der erneut aufheulte und endgültig auf dem Straßenbelag Platz nahm.
»Wagen sie es nicht noch mal, eine wehr- und hilflose Dame zu belästigen«, donnerte Lady Agatha zu ihm hinunter. Sie stieg aus und blickte erwartungsvoll in die Runde. Sie dachte nicht im Traum daran, das Feld zu räumen.
Die anderen jungen Männer, ähnlich gekleidet wie der Zöllner am Boden, waren natürlich aufmerksam geworden, brauchten einige Sekunden, bis sie endlich begriffen, und jagten dann heran.
Sie hielten handliche Knüppel in ihren Händen, diverse Stahlruten und sogar einige kleinere Äxte, die in dieser städtischen Umgebung völlig deplaziert wirkten. Diese kleine Streitmacht aus vier Männern blieb dann völlig irritiert stehen, als Parker seine schwarze Melone lüftete.
»Man wünscht allerseits einen ausgesprochen friedlichen Nachmittag«, sagte er. »Muß man davon ausgehen, daß sie die Dinge eskalieren lassen wollen?«
»Wie war das?« fragte einer der Axtträger verblüfft und runzelte die Stirn. Daß er sichtlich nachdachte, war ihm deutlich anzusehen.
»Sollten Sie tatsächlich an einer Auseinandersetzung interessiert sein, die dann wohl handfest verlaufen dürfte?«
Sie zeigten sogar großes Interesse und erlebten wenige Augenblicke später das, was man im allgemeinen Sprachgebrauch als ein blaues Wunder bezeichnet.
*
Es war ein wirklich hübscher Nachmittag«, sagte Lady Agatha etwa anderthalb Stunden später, nachdem Josuah Parker seinen kurzen Bericht erstattet hatte. »Ich denke, ich habe diesen jungen Lümmeln gründlich gezeigt, daß man mich nicht verärgern darf.«
Die Zuhörer in der großen Wohnhalle des altehrwürdigen Fachwerkhauses in Shepherd’s Market waren Kathy Porter und Mike Rander. Sie waren vor etwa zwanzig Minuten in das Stadthaus der älteren Dame gekommen und wunderten sich überhaupt nicht, daß die Hausherrin wieder mal Kontakt mit der Unterwelt von London aufgenommen hatte.
Wie ein Magnet zog sie Kriminelle aller Schattierungen an, wogegen sie überhaupt nichts hatte. Sie fühlte sich als versierte Kriminalistin und ging keinem noch so gefährlichen Fall aus dem Weg.
Lady Agatha war eine große, majestätische Erscheinung, die das sechzigste Lebensjahr bereits überschritten hatte. Ihre Energie aber war dennoch nicht zu bremsen. Sie spielte Golf und huldigte dem Sport des Bogenschießens, um in Form zu bleiben.
Myladys Direktheit war schon fast legendär, obwohl sie sich für eine geschickte und erfahrene Diplomatin hielt. Sie nannte die Dinge stets beim Namen und ließ kein Fettnäpfchen aus, in das sie lustvoll treten konnte.
»Und was wurde aus dem Zöllner, Mylady?« fragte Kathy Porter, die offiziell immer noch als Sekretärin und Gesellschafterin fungierte.
»Ich habe diese Subjekte zur Ordnung gerufen, Kindchen«, beantwortete Agatha Simpson die Frage. »Sie gaben schon nach wenigen Minuten Fersengeld. War es nicht so, Mister Parker?«
»Mylady waren wieder überzeugend«, bestätigte der Butler gemessen und würdevoll. »Meine bescheidene Wenigkeit wurde der Mühe enthoben, sich helfend einzuschalten.«
Parker war das Urbild eines hochherrschaftlichen englischen Butlers. Der alterslos erscheinende Mann, der einen leichten Bauchansatz zeigte, war die Würde in Person und durch nichts zu erschüttern.
»War die Straßensperre nur eine spontane Einzelaktion?« wollte Mike Rander wissen. Er stand seitlich hinter Kathy Porter und erinnerte in Größe und Haltung an einen bekannten James-Bond-Darsteller. Rander, seines Zeichens Anwalt, verwaltete das immense Vermögen der älteren Dame und war eindeutig mit Kathy Porter liiert.
»Nach Auskunft einiger Anwohner, Sir, bestand die Straßensperre schon seit etwa zwanzig Minuten, als Mylady und meine Wenigkeit die jungen Zöllner kontaktierten«, lautete Parkers Antwort.
»Und man hat bis dahin nicht die Polizei alarmiert?« staunte Kathy Porter.
»Man sah schweigend zu oder weg, Miß Porter«, erläuterte Josuah Parker.« Die Angst vor Repressalien dürfte dabei eine entscheidende Rolle gespielt haben.«
»Konnten Sie ein paar Papiere sichersteilen?«
»Die jungen Zöllner suchten ausgesprochen schnell das sprichwörtliche Weite«, sagte der Butler. »Sie dürften noch jetzt unter dem Eindruck von Myladys Aktion stehen.«
»Sie brauchten gar nicht erst einzugreifen?« Kathy Porter wußte im vorhinein, daß der Butler natürlich wieder mal Regie geführt hatte.
»Nur andeutungsweise, Miß Porter«, gab Parker bescheiden zurück.
»Es war nicht mal der Rede wert, Kindchen«, warf die ältere Dame umgehend ein. »Bevor Mister Parker überhaupt begriff, was da passierte, hatte ich bereits gehandelt.«
Kathy Porter und Mike Rander tauschten einen schnellen, amüsierten Blick. Sie kannten die Eifersucht der Lady, die jeden noch so geringen Erfolg für sich allein verbuchte.
»Haben Sie denn inzwischen die Polizei verständigt, Parker?« wollte Mike Rander wissen. Seine lässig-burschikose Anrede hatte Gründe. Vor Jahren waren er und Parker in den USA tätig gewesen und hatten sich dort mit der Unterwelt herumgeschlagen. Man kannte sich also gut genug.
»Keine Polizei, mein Junge«, warf Agatha Simpson sofort ein, bevor Parker antworten konnte. »Ich will doch hoffen, daß die Lümmel sich an mir rächen wollen. Daran will ich sie auf keinen Fall hindern.«
»Und ob sie sich rächen werden, Mylady«, warnte Mike Rander ernst. »Sie haben die Knaben lächerlich gemacht. Und das wird