Parker setzt die Fotobande matt: Butler Parker 272 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Der Besucher, dem Parker am späten Nachmittag die Tür öffnete, machte den Eindruck eines gutsituierten Geschäftsmanns. »Ist Lady Simpson für einen Moment zu sprechen?« erkundigte er sich. »Darf man möglicherweise den Grund Ihres Besuches erfahren?« fragte der Butler und nahm die Visitenkarte des Vierzigjährigen in Empfang. Sie lautete auf »Fred D. Hull – Finanzierungsberatung«. Das nervöse Zucken, das Parker schon vorher im Gesicht des Mannes registriert hatte, verstärkte sich. Hull warf einen hastigen Blick über die Schulter, ehe er mit gedämpfter Stimme antwortete. »Ich... ich muß die Dienste Ihrer Herrin in Anspruch nehmen«, teilte er zögernd mit »Die Sache ist nämlich... man versucht, mich zu erpressen...« »Man wird Ihr Anliegen unverzüglich vortragen, Mister Hull«, versprach der Butler, deutete eine Verbeugung an und entfernte sich. »Erpreßt wird der Mann?« vergewisserte sich Lady Agatha freudig überrascht, Sie hatte gerade ihre Teestunde beendet und war dankbar für die Abwechslung, die der Besuch versprach. »So jedenfalls lautete der Bescheid, den meine Wenigkeit von Mister Hull entgegennahm, Mylady«, bestätigte der Butler. »Dann führen Sie ihn herein, Mister Parker«
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Parker setzt die Fotobande matt - Günter Dönges
Butler Parker
– 272 –
Parker setzt die Fotobande matt
Günter Dönges
Der Besucher, dem Parker am späten Nachmittag die Tür öffnete, machte den Eindruck eines gutsituierten Geschäftsmanns. »Ist Lady Simpson für einen Moment zu sprechen?« erkundigte er sich.
»Darf man möglicherweise den Grund Ihres Besuches erfahren?« fragte der Butler und nahm die Visitenkarte des Vierzigjährigen in Empfang. Sie lautete auf »Fred D. Hull – Finanzierungsberatung«.
Das nervöse Zucken, das Parker schon vorher im Gesicht des Mannes registriert hatte, verstärkte sich. Hull warf einen hastigen Blick über die Schulter, ehe er mit gedämpfter Stimme antwortete.
»Ich... ich muß die Dienste Ihrer Herrin in Anspruch nehmen«, teilte er zögernd mit »Die Sache ist nämlich... man versucht, mich zu erpressen...«
»Man wird Ihr Anliegen unverzüglich vortragen, Mister Hull«, versprach der Butler, deutete eine Verbeugung an und entfernte sich. ‚
»Erpreßt wird der Mann?« vergewisserte sich Lady Agatha freudig überrascht, Sie hatte gerade ihre Teestunde beendet und war dankbar für die Abwechslung, die der Besuch versprach.
»So jedenfalls lautete der Bescheid, den meine Wenigkeit von Mister Hull entgegennahm, Mylady«, bestätigte der Butler.
»Dann führen Sie ihn herein, Mister Parker«, entschied die passionierte Detektivin. »Sonst überlegt er sich’s noch anders und geht zur Polizei.«
»Wie Mylady zu wünschen geruhen«, erwiderte Parker in seiner höflichen Art und kam der Weisung nach.
Mit dezent gestreiften Beinkleidern und dem konservativ geschnittenen Zweireiher war er schon auf den ersten Blick als hochherrschaftlicher Butler zu erkennen. Makellose Umgangsformen entsprachen dem äußeren Bild.
Eher als das glatte, meist ausdruckslose Gesicht ließen die ergrauten Schläfen und ein leichter Bauchansatz auf seinen Jahrgang schließen. Die würdevolle Haltung, die Parker in jeder Lebenslage zu bewahren wußte, wirkte manchmal so steif, als hätte er einen Ladestock verschluckt.
Während man die Statur des Butlers als eher durchschnittlich einstufen konnte, verfügte seine immens vermögende Herrin über respektable Körperfülle. Obwohl sie die Sechzig überschritten hatte, war die exzentrische Lady keineswegs immun gegen zeitweilige Anwandlungen weiblicher Eitelkeit und verwendete besondere Sorgfalt auf die Auswahl ihrer Hüte.
Agatha Simpson war mit dem britischen Blut- und Geldadel verschwistert und verschwägert. Sie konnte sich jeden erdenklichen Luxus leisten, wurde aber ständig von der Furcht geplagt, eines Tages mittellos dazustehen. Daraus resultierte ihr ausgeprägter Hang zur Sparsamkeit.
Ihr Steckenpferd, dem sie sich mit Haut und Haaren verschrieben hatte, waren kriminalistische Aktionen, in die sie sich mit lustvoller Vehemenz zu stürzen pflegte.
Mit Wonne trat sie in jedes Fettnäpfchen und brachte Verwirrung in die Fäden der Ermittlungen. Ihrem Selbstbewußtsein tat dies allerdings keinen Abbruch. Im Gegenteil: Mylady hielt sich für die Detektivin des Jahrhunderts.
Finanzberater Fred D. Hull begrüßte die Hausherrin mit ausgesuchter Höflichkeit und entschuldigte sich mehrmals für die Störung.
»Kommen wir zur Sache, Mister Dull«, wurde die Detektivin dienstlich, sobald der Besucher Platz genommen hatte.
»Mein Name ist Hull, nicht Dull, Mylady.« Dabei deutete er auf seine Visitenkarte, die auf einem kleinen Silbertablett auf dem Tisch lag. »Sie müssen mir helfen, Mylady«, fuhr der Besucher in flehendem Ton fort. »Koste es, was es wolle.«
Agatha Simpson hatte ihr Gegenüber kritisch taxiert und aus dem gepflegten Äußeren offenbar auf ein ausreichend dotiertes Bankkonto geschlossen.
»Sie werden also bedroht, Mister Dull?« wollte die majestätische Dame wissen. »Vermutlich hat man Schlägertrupps und Killer auf Sie angesetzt«
»So schlimm ist es zum Glück nicht, Mylady«, antwortete Hull.
»Warten Sie’s ab, junger Mann«, konterte Lady Agatha. »Niemand kennt die Sitten und Bräuche der Unterwelt so gut wie ich.«
»Man will mich finanziell ausnehmen«, teilte der Finanzberater mit. »Und wenn Sie mir nicht helfen können, werde ich zahlen, weil mein Ruf als Geschäftsmann und mein Familienglück auf dem Spiel stehen.«
»Daß ich Ihnen helfen kann, ist überhaupt keine Frage«, erwiderte Mylady großzügig. »Der Gangster, der mir gewachsen wäre, muß erst noch geboren werden.«
»Darf man gegebenenfalls um Auskunft bitten, ob Sie die Polizei in den Fall eingeschaltet haben, Mister Hull?« ließ Parker sich aus dem Hintergrund vernehmen.
»Dazu habe ich mich nicht entschließen können, weil ich die Sache mit äußerster Diskretion behandelt wissen möchte, Mister Parker«, gab der Besucher zur Antwort. »Obwohl...«
»Sie haben sich völlig richtig entschieden, indem Sie mich mit den Ermittlungen beauftragten, Mister Dull«, fiel Lady Simpson ihm ins Wort. »Diskretion ist nämlich meine Spezialität.«
»Mylady wäre Ihnen außerordentlich verbunden, wenn Sie nähere Angaben machen könnten, welche Druckmittel die Erpresser gegen Sie in der Hand haben, Mister Hull«, kam der Butler auf die Kernfrage zu sprechen.
»Es handelt sich um Fotos, die mich in einer ... äh ... kompromittierenden Situation zeigen«, verriet der Mann und senkte beschämt den Blick.
»Das müssen Sie mir näher erklären«, zeigte Agatha Simpson unverhohlen ihre Neugier.
»Man hat mir drei Abzüge zugeschickt«, teilte der Finanzberater mit. »Dazu die Mitteilung, daß es mich fünfzigtausend Pfund kosten würde, an die Negative zu kommen.«
»Diese Ausgabe werde ich Ihnen ersparen, junger Mann«, gab die passionierte Detektivin sich zuversichtlich. »Aber die Fotos muß ich natürlich sehen.«
»Selbstverständlich, Mylady«, nickte Hull mit der Miene eines reuigen Sünders und begann, in den Innentaschen seiner Anzugjacke zu kramen. Irritiert setzte er die Suche in den Außentaschen fort.
»Ich muß die Fotos vergessen haben«, gestand er schließlich mit hilfloser Geste. »Anscheinend liegen sie noch im Geheimfach meines Schreibtischs.«
»Wie auch immer. Sie können ja sicher beschreiben, was auf den Bildern zu sehen ist«, blieb die Hausherrin hartnäckig am Ball. »Und lassen Sie keine Einzelheiten aus.«
*
»Sie müssen wissen, daß ich im Prinzip ein Mensch von strenger Moral bin und die eheliche Treue noch nie verletzt habe«, schickte Hull stockend voraus. »Bis auf diesen verflixten Abend...«
»Was war denn an dem Abend, Mister Dull?« drängelte Mylady, die es endlich genau wissen wollte.
»Nach einer feuchtfröhlichen Betriebsfeier mit den Mitarbeitern meines Büros bin ich irgendwann in einem sogenannten ...« Der Besucher holte tief Luft und nestelte betreten an seiner Krawatte, ehe er fortfuhr: »... in einem Freudenhaus gelandet.«
»Schämen Sie sich, Mister Dull«, tadelte Lady Agatha im Ton einer gestrengen Lehrerin. »Was hat denn Ihre Gattin dazu gesagt?«
»Bist jetzt weiß sie nichts davon, Mylady«, gab Hull zurück. »Aber wenn sie die Fotos in die Finger bekommt ...«
»Demnach sollte man davon ausgehen, daß die Lichtbilder Situationen zeigen, die sich mit dem Prädikat ›ehebrecherisch‹ umschreiben lassen, Mister Hull?« vergewisserte sich Parker.
»So ist es, Mister Parker«, gestand der Finanzberater. »Obwohl ich auf den Fotos eindeutig zu erkennen bin, kann ich mich an nichts erinnern. Ich muß ziemlich betrunken gewesen sein, um es ganz offen zu sagen.«
»Unmäßiger Alkoholgenuß hat schon viele Menschen ins Unglück gestürzt, junger Mann«, dozierte die Hausherrin, obwohl sie selbst einem guten Schluck keineswegs abhold war.