Politisch motivierte Morde
Von Walter Brendel
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Über dieses E-Book
Ein politischer Mord ist die vorsätzliche, ungesetzliche oder illegitime Tötung einer Person aus politischen Motiven. Das Opfer hat in der Regel einen aus Sicht des Urhebers der Tat unerwünschten politischen Einfluss, oder der Urheber erwartet sich von der Ermordung eine für ihn vorteilhafte politische Entwicklung.
Politik mit anderen Mitteln, das ist nach Clausewitz der Krieg. Auch Mord ist ein "anderes Mittel der Politik" - oft gebraucht, selten bewiesen! Wir widmen uns im Buch bekannten Mordfällen und vor allem deren Hintergründe. Mord kann den Lauf der Geschichte beeinflussen, diese Weisheit ist so alt wie die Menschheit. Seit den ägyptischen Pharaonen und römischen Kaisern gehören Morde zu den Möglichkeiten seinen Willen durchzusetzen. Mordanschläge sollen die sozialen Entwicklungen stoppen, die den Auftraggebern nicht genehm sind und die Sympathisanten abschrecken.
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Buchvorschau
Politisch motivierte Morde - Walter Brendel
Vorwort
Macht und Gewalt - zwei Begriffe, die offenbar untrennbar miteinander verbunden sind, im öffentlichen wie im privaten Bereich, in der Politik wie in der Familie, quer durch alle sozialen Schichten, quer durch die Jahrhunderte hindurch. Der Blick m die Geschichte zeigt: Wenn die Macht ruft, verstummt sogar die berühmte Stimme des Blutes. Für eine Krone, für einen Thron, für Einfluss und persönlichen Vorteil wurde intrigiert, verraten, misshandelt und gemordet. Bei der Durchsetzung der eigenen Interessen kannte man keinerlei Rücksicht. Wer im Wege stand, behinderte oder gar Widerstand zu leisten wagte, wurde beseitigt.
Ein politischer Mord ist die vorsätzliche, ungesetzliche oder illegitime Tötung einer Person aus politischen Motiven. Das Opfer hat in der Regel einen aus Sicht des Urhebers der Tat unerwünschten politischen Einfluss, oder der Urheber erwartet sich von der Ermordung eine für ihn vorteilhafte politische Entwicklung.
Historisch gesehen bezieht sich der Begriff fast ausschließlich auf das Attentat auf einzelne, hochgestellte Persönlichkeiten. Der Tatbestand des politischen Mords lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen. Unterschiede zu einem gewöhnlichen Mord sind die politisch motivierten Interessen bzw. ideologischen Implikationen, sowie die Tatsache, dass der Auftraggeber und der Ausführende (Auftragsmörder) meist verschiedene Personen sind. Politik mit anderen Mitteln, das ist nach Clausewitz der Krieg. Auch Mord ist ein anderes Mittel der Politik
- oft gebraucht, selten bewiesen! Wir widmen uns bekannten Mordfällen und vor allem deren Hintergründe. Mord kann den Lauf der Geschichte beeinflussen, diese Weisheit ist so alt wie die Menschheit. Seit den ägyptischen Pharaonen und römischen Kaisern gehören Morde zu den Möglichkeiten seinen Willen durchzusetzen. Mordanschläge sollen die sozialen Entwicklungen stoppen, die den Auftraggebern nicht genehm sind und die Sympathisanten abschrecken.
Tatmotive können zum Beispiel sein:
das Ausschalten eines Konkurrenten, Kritikers oder Andersdenkenden
das Ausschalten eines möglichen Belastungszeugen/Mitwissers (ist über illegale und/oder politisch heikle Aktivitäten des Auftraggebers informiert und könnte dieses Wissen kundtun oder veröffentlichen)
Rache für ein Tun oder Unterlassen
Abschreckung/Einschüchterung Dritter (Politiker, politische Aktivisten)
Ist der Urheber eine Regierung oder regierungsnahe Institution, wird den Morden zuweilen eine Scheinlegalität verliehen oder die Tat komplett geheim gehalten, zum Beispiel beim Verschwindenlassen politischer Gegner. Schauprozesse können Macht demonstrieren oder Dritte abschrecken.
Morde können autokratischen Machthabern Vorwände bieten, ihre Repressions- und Terrormaßnahmen zu verschärfen. Beispiele:
Im Jahre 1819 folgten auf die Ermordung August von Kotzebues durch Karl Ludwig Sand unmittelbar die Karlsbader Beschlüsse zur Bekämpfung und Überwachung liberaler und nationaler Tendenzen in Deutschland.
Die Ermordung des Legationssekretärs Ernst vom Rath durch Herschel Grynszpan lieferte 1938 dem NS-Regime den willkommenen Anlass zur „Reichskristallnacht".
Vielfach schaffen sie sich ihre Vorwände selber. Zum Beispiel behauptete das NS-Regime im Sommer 1934 wahrheitswidrig, man habe auf einen unmittelbar bevorstehenden Putsch des SA-Führers Ernst Röhm reagiert (Röhm-Putsch) als Rechtfertigung für die Ermordung von etwa 200 Menschen.
Mord am Hochaltar
Als der Priester die Hostie hebt, bricht Giuliano de' Medici blutüberströmt zusammen. Mehr als ein Dutzend Dolchstiche haben ihn unter der prächtigen Kuppel des Doms tödlich getroffen. An diesem Apriltag 1478 rütteln Verschwörer an der Macht der Medici über Florenz. Doch das Komplott endet grausam für die Mörder- die entscheidende Person haben sie verfehlt! Es ist Sonntagmorgen und die Herren sind in Eile: Lorenzo de' Medici geht mit großen Schritten die Via Martelli entlang, die Straße zwischen dem gewaltigen Palazzo seiner Familie und der Domkirche Santa Maria del Fiore. Begleitet wird er von Francesco Salviati, dem Erzbischof von Pisa, und seinem Gefolge. Eigentlich hätte die Heilige Messe an diesem fünften Sonntag nach Ostern längst beginnen sollen. Auf einen Lorenzo de' Medici jedoch warten in Florenz selbst die Priester. Lorenzo den Prächtigen nennen sie ihn, den „Gran maestro", den ungekrönten König von Florenz.
Doch etwas stimmt nicht an diesem Tag. Lorenzo weiß schon lange: Der Erzbischof ist kein Freund der Medici. Salviati ist der Neffe Papst Sixtus' IV. und wurde von diesem auf den Hirtenstuhl der Hafenstadt Pisa gesetzt - als Nachfolger eines Medici und gegen den Willen der Florentiner. „Eine außerordentliche Ungerechtigkeit!, empörte sich Lorenzo. Der Papst aus der Familie der della Rovere suchte die Medici zu schädigen, wo er nur konnte, so berichtet Niccolö Machiavelli knapp 50 Jahre später in seiner „Geschichte von Florenz
. Der Chronist schreibt, Italien sei seinerzeit in zwei Parteien zerfallen: Florenz und Rom.
In der Stadt am Arno zieht der Papst jedenfalls die ungeheuer reichen Pazzi vor; dem Medici jedoch ist diese Familie ein Dorn im Auge. Zwar ist seine Schwester Bianca mit einem Pazzi verheiratet, „Lorenzo aber wollte alle seine Autorität fühlen lassen", betont Machiavelli.
Giuliano de’ Medici
Giuliano de’ Medici (* 25. März 1453; † 26. April 1478 in Florenz) war der zweite Sohn von Piero I. de Medici und dessen Ehefrau Lucrezia Tornabuoni und Mitregent seines Bruders Lorenzo il Magnifico (1449–1492).
Er wurde als Startsignal der Verschwörung der Pazzi im Dom Santa Maria del Fiore in Florenz von Francesco de Pazzi und Bernardo Baroncelli während der Ostermesse am 26. April 1478 ermordet.
Er ist bei seinem Bruder Lorenzo in der Medici-Kapelle der Basilica di San Lorenzo di Firenze begraben. Beider Grab ist mit der Madonna mit dem Kind von Michelangelo geschmückt.
Der „Prächtige misstraut jedenfalls den angeheirateten Verwandten. „Dank ihres üblen Charakters trachten sie danach, mir so viel Schaden zuzufügen wie möglich
, schreibt er an den befreundeten Herzog von Mailand. Die Pazzi haben sich zu päpstlichen Bankiers aufgeschwungen und die Medici ausgestochen. Von den hohen Ämtern in Florenz jedoch hält Lorenzo sie mit aller politischen Finesse fern.
Erzbischof Salviati ist für Lorenzo ein Geschöpf der Pazzi und in Florenz unwillkommen. Doch der Kirchenfürst wünscht, die Kunstschätze im Palazzo Medici zu besichtigen - ein Vorwand, wie sich zeigen wird. Salviati weiß: Der leidenschaftliche Dichter Lorenzo gibt viel auf die schönen Künste und auf das Ansehen seines Hauses. Einen Bischof auszuladen, wäre überdies schlechte Diplomatie. Auf dem Weg zur Kathedrale bedenkt Salviati noch einmal den Plan: An seiner Seite soll Lorenzo geradewegs ins Verderben laufen, und mit ihm sein jüngerer Bruder Giuliano. Zwei Mal ist es in den Tagen zuvor nicht gelungen, die Köpfe der aufstrebenden Familie abzuschlagen - einmal bei einem Bankett in Salviatis Landhaus und einmal bei einem Gastmahl in Florenz. Giuliano war zwei Mal nicht erschienen.
Man muss beide ausschalten, dessen sind sich die Verschwörer sicher. Machiavelli schreibt die Idee des Komplotts Francesco Pazzi zu, einem Neffen des Familienoberhaupts Jacopo, sowie dem Grafen Girolamo Riario, einem weiteren Neffen des Papstes. Den hat der Heilige Vater zum Statthalter in Imola gemacht - noch ein Stachel im Fleisch der Medici. Denn der Papst hat den Florentinern diese Stadt vor der Nase weggekauft, mit dem Geld der Pazzi. Auch Erzbischof Salviati spielt laut Überlieferung eine zentrale Rolle bei der Vorbereitung des Komplotts.
Als sicher gilt, dass Sixtus IV. von dem Plan weiß. Wenn auch seine Zustimmung nicht schriftlich überliefert ist, sein Groll gegen den „einfachen Kaufmann" Lorenzo ist es. Die Verschwörer wissen: Sixtus wird die blutige Tat billigen!
Unter der Kuppel von Santa Maria del Fiore mit ihren himmlischen Szenen herrscht größte Andacht. Der Priester hält die Hostie zur Wandlung empor. Fromme Blicke liegen auf da Gesichtern - da schlagen die Attentäter zu: „Hier, du Verräter!" Bernardo Bandini, ein Pazzi-Freund, springt hervor, rammt Giuliano de' Media den Dolch in die Brust. Giuliano greift an die Wunde, taumelt. Da springt Francesco de' Pazzi hinzu und sticht wieder und wieder auf Giuliano ein, mindestens zwölf Mal.
Sandra Cozzoli stellte Giuliano de'Medici als Melchior in seinem „Zug der heiligen drei Könige" dar
Sein Opfer bricht sterbend zusammen. Schreie hallen durch die riesige Kathedrale, Menschen laufen durcheinander, verängstigte Gottesdienstbesucher hasten zu den Ausgängen. Zur gleichen Zeit auf anderen Seite des Kirchenschiffs. Zwei Priester zücken verborgen gehaltene Dolche, ergreifen Lorenzo stechen von hinten zu. Am Hals getroffen, springt der hochgewachsene Medici vor, wirbelt herum, zieht seinen eigenen Dolch. Flink pariert er weitere Angriffe, dann flüchtet er durch die aufgewühlte Menge und rettet sich mit Freunden in die Sakristei.
Das Herz schlägt Lorenzo bis; Hals. Blut läuft ihm auf den Kragen. Bevor die schweren