Der BND-Eine Behörde im Westen: 2. Band der Reihe Zeitgeschichte
Von Walter Brendel
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Buchvorschau
Der BND-Eine Behörde im Westen - Walter Brendel
Einleitung
Eine Behörde, von laufenden Geheimnissen umhüllt, soll im Mittelpunkt des Buches stehen. Wir gliedern es in drei Teile, um den Weg dieser Behörde bis heute zu verfolgen. Der Bundesnachrichtendienst, geboren aus braunen Gestalten der Vergangenheit, soll im ersten Teil behandelt werden.
Im Geist des Antikommunismus entsteht Anfang 1946 auf Initiative der USA der westdeutsche Auslandsnachrichtendienst. Gründer ist der ehemalige Wehrmachtsgeneral Reinhard Gehlen.
Ohne moralische Skrupel werden auch ehemalige Mitglieder von SS, SD oder Gestapo für die Organisation Gehlen und später den BND rekrutiert. Der Krieg der Geheimdienste von West und Ost im geteilten Deutschland bestimmt die Ära Gehlen bis zum Mauerbau 1961.
Zu Beginn ist es keine Stunde null, es ist ein Deal zwischen Siegern und einem Besiegten. In den ersten Jahren spionieren die Westagenten noch im Auftrag und im Sold der US-Amerikaner und ausschließlich in Richtung Osten.
Reinhard Gehlen prägt bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 1968 als Präsident des nun BND genannten Geheimdienstes eine Ära. Sie ist beeinflusst von den schweren Belastungen durch das nationalsozialistische Erbe der neuen westdeutschen Schlapphüte, durch Verrat, Ohnmacht und Versagen angesichts eines sich zuspitzenden Ost-West-Konfliktes und der Spaltung Deutschlands und der Welt. Der erste Teil der Reihe beschreibt, wie Reinhard Gehlen ohne moralische Bedenken aus dem Reservoir zum Teil schwerstbelasteter ehemaliger Angehöriger von SS, SD, Gestapo und nationalsozialistischer Politik einen Geheimdienst aufbaut. Der Organisation Gehlen gelingt es durchaus, seine weitgehend ahnungslosen Auftraggeber auf der anderen Seite des Atlantiks zu blenden und mit echten Erfolgen zu beeindrucken. Dabei werden auch bis heute nicht bekannte Fälle anhand neuester Aktenfunde dargestellt. Etwa der des ehemaligen Finanzministers und zu Landsberger Festungshaft verurteilten Lutz Graf Schwerin von Krosigk, der mit fast seiner gesamten Familie bei der Organisation Unterschlupf findet.
Im Mittelpunkt des zweiten Teils steht die allmähliche Emanzipation des westdeutschen Geheimdienstes von den USA. Beschrieben wird eine erste Phase der Globalisierung der bundesrepublikanischen Spionage im Zeichen der weltweiten Stellvertreterkonflikte des Kalten Krieges.
Es ist eine Zeit, in der die Pullacher Agenten erstmals über die weltweite Landkarte des Spionagegeschäfts und von Skandal zu Skandal stolpern. Die wenigen spektakulären Erfolge dieser Zeit - wie die Anwerbung des KGB-Obersten Victor
im Zentrum des Kremls und seine spektakuläre Rettung nach seiner Enttarnung oder die effizienten Bemühungen um die Freilassung deutscher Geiseln im Libanon oder die Suche nach Verbindungen zu untergetauchten Terroristen im Nahen Osten - kann der Geheimdienst zur eigenen Ehrenrettung nicht in der Öffentlichkeit ausspielen.
Mit dem Einmarsch der Sowjetunion in Afghanistan beginnt der Untergang einer Weltordnung, die die europäische und globale Nachkriegszeit bestimmt hat. Wie positioniert sich der BND im geopolitischen Hotspot Afghanistan? Was weiß der BND über den inneren Zustand der DDR und der Sowjetunion? Ist der BND vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte vorbereitet auf einen kommenden großen Umbruch der Weltordnung? Und wenn ja, was hat es ihm genutzt?
Der dritte Teil der Reihe steht ganz im Zeichen der beiden großen welthistorischen Umbrüche am Ende des 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts: dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch der kommunistischen Systeme sowie den Terroranschlägen des 11. September 2001. Alte Gegensätze und Gegner scheinen verschwunden, und neue Feinde und tödliche Bedrohungen tauchen auf.
Die Welt ist nun konfrontiert mit neuen Frontverläufen, asymmetrischen Kriegen und vermeintlich notwendigen Invasionen, die auf Lügen basieren. Die Geschichte des BND vom Mauerfall bis in unsere Tage ist die Erzählung eines Geheimdienstes auf der Suche nach Orientierung. Alte Werte und sicher geglaubte Wahrheiten haben scheinbar ihre Geltung verloren. Im Zentrum steht die Frage nach der künftigen Rolle des BND in einer Welt, in der immer wieder neue Bedrohungsszenarien durch staatliche und nicht staatliche Akteure den deutschen Geheimdienst vor neue Herausforderungen stellen.
Das Buch erzählt die Geschichte des westdeutschen Auslandsgeheimdienstes in drei Teilen chronologisch vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die Gegenwart.
Erster Teil: Der braune Spuk
Der Bundesnachrichtendienst, sieben Jahrzehnte Spionageschichte. Legenden und Skandale, geheime Operationen. Der Kampf zweiter deutscher Staaten gegeneinander unter dem Motto: tarnen, täuschen, aushorchen.
Der 17. Juni 1953 und der 13. August 1961 sind besondere Ereignisse im Kampf der Systeme. Die Welt am Abgrund – der Kalte Krieg. Der westdeutsche Geheimdienst in Zeiten der Gefahr und der Hoffnung. Eine Geschichte von Freiheit und Terror.
Der nüchterne Behördenname: „Bundesnachrichtendienst", doch es geht um Leben und Tod, um Lügen und Wahrheit, um Freund oder Feind. Am Anfangen stehen Männer, die einst Hitlers Helfer waren. Die Wurzeln des Bundesnachrichtendienstes, des Auslandsgeheimdienst der Bundesrepublik Deutschlands liegen in der Zeit des Nationalsozialismus, in Diktatur und Verstrickung.
12 Jahre Terror von Gestapo, Reichssicherheitsdienst, Polizei und SS. Hunderttausende wurden von diesen Geheimdiensten verfolgt, verhaftet und ermordet. Erst in Deutschland, dann in halb Europa.
Als Hitler die Sowjetunion angreift, steht die Wehrmacht hinter ihm. Ein junger Offizier wird im Kriegsverlauf bis zum Generalmajor aufsteigen und damit den Grundstein für seine Karriere in der Nachkriegszeit legen.
Es ist Reinhard Gehlen, später Präsident des BND. Dieser ist zu Beginn des Krieges 37 Jahre alt. An der Front ist er nur kurz, sein Platz ist der Schreibtisch. Gehlen ist für Landesbefestigung zuständig, arbeitet als Verbindungsoffizier, wird Adjutant des Generalstabschefs.
Er hatte die erste Hälfte seiner militärischen Kariere mit der Beförderung zum General erfolgreich hinter sich gebracht, hat eine Spitzenposition im Generalstab eingenommen und wenn der Krieg ein paar Jahre länger gedauert hätte, hätte er Chancen gehabt, Generalsstabchef zu werden, sich in die Tradition eines Schliefens oder Moltke einzuordnen.
Als die deutsche Wehrmacht vor Moskau gestoppt wird, schlägt die Stunde des Karrieristen. Im Mai 1942 wird er Leiter der Abteilung „Fremde Heere Ost", zuständig für die Feindaufklärung.
Im Kreis der Abteilung
Ein Sowjet-Experte ist er nicht und auch von der Geheimdienstarbeit hat er keine Ahnung. Doch Gehlen sammelt Erfahrungen und bastelt am Image des Russland-Kenners. Später will er alles vorhergesehen haben, die Niederlage im totalen Krieg.
Schauen wir uns seine Biografie an. Reinhard Gehlen wurde als Sohn einer bürgerlichen Familie in Erfurt am 3. April 1902 geboren. Sein Vater Walther war Major a. D. der Artillerie und ab 1908 Buchhändler in Breslau, wo Reinhard aufwuchs. Walther Gehlen war zuletzt Direktor für den Ferdinand-Hirt-Verlag in Breslau, dessen Leitung er von seinem Bruder Max Gehlen übernommen hatte. Seine Mutter Katharina van Vaernewyk stammte aus Flandern. Reinhard Gehlen war ein Cousin des einflussreichen Soziologen Arnold Gehlen.
Nach dem Abitur am humanistischen König-Wilhelm-Gymnasium in Breslau trat Gehlen am 20. April 1920 als Offizieranwärter in das 6. leichte Artillerieregiment der Reichswehr in Schweidnitz ein. Im Oktober des gleichen Jahres wurde er in das Artillerie-Regiment 3 versetzt. Von September 1926 bis Oktober 1928 wurde er aufgrund seiner Fähigkeiten als Bereiter an die Kavallerieschule Hannover versetzt und schloss diese mit dem Dienstgrad eines Oberleutnants ab. Von November 1928 bis März 1929 wurde er in den Stab V. (reit.)/Artillerieregiment 3 versetzt. Von April 1929 bis September 1933 war er Bataillonsadjutant des 1./Artillerieregiment 3; im Oktober wurde er in