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Die Welt des Axel Cäsar Springer: Aufstieg eines Verlegers
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eBook254 Seiten2 Stunden

Die Welt des Axel Cäsar Springer: Aufstieg eines Verlegers

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Über dieses E-Book

Der Verleger Axel Cäsar Springer wurde am 2. Mai 1912 in Altona bei Hamburg geboren und starb am 22. September 1985 in West-Berlin. Er war Gründer und Inhaber der heutigen Axel Springer SE. Wegen der Machtfülle des Konzerns sowie der Art und Weise, wie Springer diese gebrauchte, gehört er zu den umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Nachkriegsgeschichte. 1977 attackierte der Journalist und Schriftsteller Günter Wallraff mit seinem Enthüllungsbuch "Der Aufmacher" die Bild-Zeitung. Die sozialkritische Dokumentation Wallraffs deckte die Kehrseiten der Springer-Presse und ihre Methoden auf und warf einen dunklen Schatten auf Springer. 1985 veräußerte Springer 49 Prozent des Gesamtkapitals seines Imperiums an verschiedene Interessenten; der Verlag wurde an die Börse gebracht. Er war fünfmal verheiratet, seine letzte Frau Friede, die ab 1965 als Kindermädchen im Hause Springer gearbeitet hatte, trat sein Erbe an. Das Buch schaut hinter die Kulissen der Welt dieses umstrittenen Mannes.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum23. Dez. 2021
ISBN9783754934791
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    Buchvorschau

    Die Welt des Axel Cäsar Springer - Walter Brendel

    Einleitung

    Axel Cäsar Springer war ein Zeitungsverleger sowie Gründer und Inhaber der heutigen Axel Springer AG. Wegen der Machtfülle des Konzerns sowie der Art und Weise, wie Springer diese gebrauchte, gehört er zu den umstrittensten Persönlichkeiten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Der Verlag Axel Springer (nicht zu verwechseln mit dem Springer Verlag) dominiert und polarisiert bis heute die europäische Medienlandschaft.

    Axel Cäsar Springer hätte am 2. Mai 2012 seinen 100. Geburtstag feiern. Er war der mächtigste, einflussreichste und auch umstrittenste Verleger der deutschen Nachkriegszeit.

    Nach einem Aufstieg ohnegleichen wurde er zur Hassfigur der Studentenbewegung und zum Feindbild der Linken.

    Wer war dieser Mann? Wie entstand das Bild vom populistischen Agitator, vom Kalten Krieger? Missbrauchte Springer seine publizistische Macht zur Durchsetzung seiner politischen Ziele? Warum führt auch heute noch allein die Nennung seines Namens immer noch zu reflexhaften Distanzierungen und Vorurteilen?

    Eine der Schlüsselstellen in Springers Biografie ist das Jahr 1968. Mitten in der Zeit der Studentenbewegung fokussiert sich besonders in Berlin die Aggressivität der Auseinander-setzung zwischen 'Establishment' und 'Neuer Linker' auf den Verleger, der mit BILD und anderen Blättern seines Zeitungsimperiums gut 70 Prozent des Marktes beherrscht.

    Nach dem Attentat auf den Studentenführer Rudi Dutschke am 11. April 1968 eskaliert die Gewalt:

    Mit Sprüchen wie 'Enteignet Springer' ziehen tausende Studenten zum Verlags-Hochhaus in die Berliner Kochstraße.

    Das Axel-Springer-Verlagshaus in Hamburg

    Sie machen den Konzernherrn für die Schüsse verantwortlich. Denn Tage zuvor war in der BILD-Zeitung zu lesen Stoppt den Terror der Jungroten jetzt oder Man darf auch die ganze Drecksarbeit nicht der Polizei und ihren Wasserwerfern überlassen.

    Axels Biografie

    Axel Cäsar Springer wurde am 2. Mai 1912, als Sohn des Verlegers und Inhabers des Hammerich & Lesser Verlages, in Hamburg/Altona geboren.

    Er wuchs bei seinen Eltern in Hamburg auf. Nach Abschluss der Schule im Jahr 1928 absolvierte er im Verlag seines Vaters eine Druckerlehre. Später arbeitete er bei der Schröderschen Papierfabriken Sieler & Vogel in Hamburg und Leipzig.

    Bis 1932 absolvierte Springer ein Volontariat bei der Bergedorfer Zeitung und der Nachrichtenagentur WTB. Später wurde er Redakteur der Zeitung Altonaer Nachrichten, wo er in den Bereichen Sport und Wirtschaft arbeitete.

    Im Jahr 1933 heiratete Springer die Hamburger Kaufmannstochter Martha Else Meyer, die noch im gleichen Jahr die gemeinsame Tochter Barbara zur Welt brachte.

    Im Jahr 1934 wurde Springer stellvertretender Chefredakteur bei der Zeitung Altonaer Nachrichten. Nach dem seine erste Ehe gescheitert war, heiratete er 1939 das Berliner Mannequin Erna Frieda Berta Holm (geb. Küster). Nach einem ärztlichen Attest, wurde er im selben Jahr als kriegsuntauglich eingestuft.

    Im Jahr 1941 wurde durch die NSDAP ein Arbeitsverbot über den Verlag verhängt. Fortan wurde Propagandamaterial gedruckt. Im selben Jahr wurde aus der Beziehung mit Erna, der erste Sohn, Axel, geboren.

    In den Jahren 1944-1945 war Springer Gesellschafter im Hammerich & Lesser Verlag, der unverändert fortbestehen konnte. Als erster Druck erschien der Kalender Besinnung. Ewige Worte der Menschlichkeit.

    Ab 1946 verlegte der Verlag die Nordwestdeutschen Hefte, in denen Informationen vom Nordwestdeutschen Rundfunk gedruckt wurden. Ebenso erschien 1946 erstmals die Programmzeitschrift Hör zu.

    Springer gründete 1947 die Axel Springer Verlags GmbH und erhielt gemeinsam mit seinem Verlagskollegen John Jahr die Lizenz zur Herausgabe der Frauenzeitschrift Constanze. Nachdem die erste Ausgabe im März 1948 erschienen war, entwickelte sich Constanze zu einem der erfolgreichsten Modemagazine der 1950er, 1960er und 1970er Jahre in Westdeutschland.

    Im Jahr 1948 erhielt Springer mit der Lizenz zur Herausgabe einer Tageszeitung (Hamburger Abendblatt) auch die Genehmigung zur Verlegung der ersten überparteilichen Zeitung, die in Hamburg von Behörden zugelassene wurde. Um den hohen Auflagen gerecht zu werden, wurde 1950 mit dem Bau des Verlagshauses in der Kaiser-Wilhelm-Straße begonnen.

    Nachdem die Hör zu die Millionenauflage überschritten hatte, entwickelte Springer 1952 nach dem Muster der englischen Yellow-Press-Zeitungen das Boulevard-Format der BILD-Zeitung.

    1925: Der Teenager im zeitgemäßen Matrosenanzug

    Als auch seine zweite Ehe scheiterte, heiratete Springer 1953 Rosemarie Alsen, geborene Lorenz. Ebenso kaufe er 1953 aus englischem Besitz die Zeitungen Die Welt, Welt am Sonntag und Das Neue Blatt zu dem bestehenden Ver-lagsprogramm dazu.

    1956 tätigte Springer, mit einer Beteiligung am Berliner Ullstein-Verlag, seine erste externe Akquisition. Seit April des Jahres erschien die BILD-Zeitung in täglicher Folge und in Gestalt der Bild am Sonntag auch am Wochenende.

    Springer reiste 1958 nach Moskau, wo er Gespräche mit dem russischen Staats- und Regierungschef Nikita Chruschtschow führte. Ziel der Initiative war es, der russischen Regierung ein Konzept zur deutschen Wiedervereinigung nahe zu bringen.

    1930: Hinten rechts posiert Axel Springer als Lehrling in der Feinpapiergroßhandlung Sieler & Vogel in Hamburg

    Ergebnis der Reise war jedoch nur ein Interview, das in der Zeitung Die Welt veröffentlicht wurde.

    Im Jahr 1959 erwarb Springer den Mehrheitsanteil am Berliner Ullstein-Verlag, der mittlerweile die Tageszeitungen B.Z. und Berliner Morgenpost verlegte.

    Springer heiratete 1962 in vierter Ehe Helga Alsen, geborene Ludewig-Sarre. Aus dieser Beziehung gingen die Söhne Raimund und Nikolaus hervor.

    1932: Axel Springer mit Martha Meyer auf Sylt. Ein Jahr später heiraten die beiden

    Zur weiteren Ergänzung des Programms kaufte der Verleger 1964 die Düsseldorfer Boulevardzeitung Mittag sowie das Münchner Verlagshaus Kindler & Schiermeyer auf. Weitere Zukäufe waren 1965 die Jugend-Zeitschrift Bravo, twen und die Fußball-Illustrierte Kicker.

    Im Jahr 1965 spendete Springer im Rahmen einer Israel-Reise 3,5 Millionen DM für den Bau eines israelischen Museums. Gemeinsam mit dem Bundespräsidenten Heinrich Lübke wurde 1966 in West-Berlin das neue Springer-Verlagshaus eingeweiht, das ab 1967 Hauptsitz des Konzerns wurde.

    In diesem Jahr begannen auch die ersten großen Proteste, die sich im Zuge der Studentenbewegung gegen den Verlag regten. Im Mittelpunkt der Kritik stand die Person Axel Springers. Ausgang des Unmutes diverses Studentengruppen war der Missbrauch der Medienmacht durch Springer. Mit Parolen wie Enteignet Springer zogen Studenten, in meist nicht genehmigten Demonstrationen, durch die Straßen von Berlin.

    Springer antwortete mit der Veröffentlichung von vier Grundsätzen, die fortan für alle Redakteure des Springer-Verlages bindend waren:

    1. - Das Eintreten für die Wiedervereinigung Deutschlands.

    2. - Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden.

    3. - Ablehnung jeder Art von politischem Totalitarismus.

    4. - Verteidigung der sozialen Marktwirtschaft.

    Nach dem Anschlag auf den Studentenführer Rudi Dutschke drohte die Situation 1968 zu eskalieren. Aufgrund der vorangegangenen verbalen Hetzkampagne der Springer-Presse gegen die Studentenbewegung lautete deren Vorwurf: Bild schoss mit.

    Nun wurde der Fall politisch und auf höchster Ebene behandelt. Eine Pressekommission, die von der Bundesregierung eingesetzte wurde, schloss sich der Kritik am Springer-Verlag an und äußerte seine Bedenken über den unverantwortlichen Umgang mit der Pressefreiheit in Deutschland.

    Springer verkaufte daraufhin freiwillig die Zeitschriften Das Neue Blatt, Jasmin, Eltern, Bravo, twen und Kicker, wofür er vom Verband der Deutschen Zeitungsverleger gelobt wurde.

    Im Jahr 1970 wurde der Konzern zu einer Aktiengesellschaft umgewandelt. Die bisherigen Unternehmen des Konzerns, wie Ullstein, Hammerich & Lesser und Axel Springer & Sohn, wurden in der AG zusammengefasst, deren alleinigen Aktionär und Aufsichtsratsvorsitzenden Springer selbst stellte.

    1968: Die Linke dämonisiert Springer. Nach dem Attentat auf Rudi Dutschke kommt es zu Ausschreitungen vor dem Verlagshaus

    Von der Rote Armee Fraktion wurde 1972 ein Bombenanschlag auf das Hamburger Springer-Hochhaus verübt. 17 Mitarbeiter des Verlages wurden verletzt. 1973 folgte ein Brandanschlag auf ein Gästehaus Springers in Kampen sowie auf sein Chalet in Gstaad.

    Im Jahr 1974 wurde Springer von der israelischen Bar-Ilan-Universität in Ramat-Gan die Ehrendoktorwürde verliehen. 1976 folgte die Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität von Jerusalem und 1977 die Auszeichnung der American Friendship Medal.

    Großes Medieninteresse löste 1977 das Buch Der Aufmacher aus. Der Autor und Journalist Günter Wallraff hatte sich unter dem Decknamen Hans Esser in die Redaktion der Bild-Zeitung in Hannover eingeschlichen. Mit seiner Kritik an der Arbeitsweise der Zeitung brachte er abermals eine Welle der Empörung in Gang. In einem späteren Prozess unterlag der Verlag gegenüber Wallraff.

    Zur Genugtuung der Öffentlichkeit wurde der Springer-Verlag 1978 zur Zahlung von 50.000 DM an die Studentin Eleonore Poensgen verurteilt. Der Grund hierfür war, dass die BILD-Zeitung nach der Ermordung des Dresdner-Bank-Chefs Jürgen Ponto die Studentin zur Terroristin erklärt hatte.

    Ebenfalls 1978 heiratete Springer in fünfter Ehe Elfriede Riewerts. Für seine Verdienste um die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden wurde er als erster Preisträger mit der Leo-Baeck-Medaille bedacht. Springers ältester Sohn Axel, der ihm trotz zahlreicher Querelen sehr nahe stand und als sein Nachfolger galt, beging 1980 in Hamburg Selbstmord. Kurz darauf wurde das Buch Aus Sorge um Deutschland veröffentlicht.

    Ebenfalls 1980 kam es während des PEN-Kongresses in Bremen zum organisierten Boykott gegen Springer. 58 Schriftsteller und Journalisten beschlossen, nicht mehr für den Springer-Verlag zu schreiben. Zahlreiche Künstler und Wissenschaftler schlossen sich dem an.

    Im nächsten Jahr wurde Springer mit der Ehrendoktorwürde der Universität Boston und dem Konrad Adenauer-Preis der Deutschlandstiftung bedacht.

    Anfang der 1980er zog sich Springer mehr und mehr aus dem Geschäftsleben zurück. Zu seinen letzten Projekten zählte der vergebliche Ausbau des Btx. Ab 1982 nahm er Verhandlungen mit dem Burda-Verlag über den Verkauf von Konzernanteilen auf. Im selben Jahr wurde Springer mit der Berliner Ernst Reuter-Medaille geehrt.

    Nach zähen Verhandlungen mit dem Bundeskartellamt übernahm der Burda-Verlag 1983 einen Anteil von 24,9% am Springer-Verlag. Im selben Jahr wurde Springer, als erster Deutscher, mit dem Titel Bewahrer Jerusalems bedacht.

    Im Jahr 1985 verkaufte der Verleger weitere Konzernanteile in Höhe von 49%, wobei Leo Kirch seine ersten 10% am Springer-Unternehmen erwarb.

    Kurz darauf verstarb Axel Cäsar Springer am 22. September 1985, im Alter von 73 Jahren, in West-Berlin. Testamentarisch hatte er die Erben zur Nichtveräußerung ihrer verbleibenden Anteile des Springer-Verlages bis zum Jahre 2015 verpflichtet.

    Ich werde Deutschland wiedervereinigen, ob Sie es glauben oder nicht

    Seinen ersten Erfolg verdankte Axel Springer den Intellektuellen, die ihm den Weg zu Radio Hamburg, a Station of Military Government, öffneten.

    Einer von ihnen, Axel Eggebrecht, war alles das, was die Blätter des Konzerns später so heftig geißelten: ein heimatloser Linker, ein früherer Kommunist, Mitarbeiter der von (dem Chefredakteur der Welt am Sonntag) Bernhard Menne geleiteten marxistischen Literaturzeitung Das Wort und der Weltbühne, Mitte der zwanziger Jahre mit der Partei zerfallen, nun ein radikaler Demokrat und Pazifist, ein zerschossener, trauriger Mann, der den perfekten, knochenbrecherischen Militärstaat nach der Verordnung zum Schutz von Volk und Staat im Konzentrationslager erlebt hatte -- Bist du wirklich immer noch so radikal? fragte ihn Axel Springer später.

    Eggebrecht war im März 1945 von Berlin nach Schleswig-Holstein gekommen und von dort zum Funkhaus in der Rothenbaumchaussee gefahren. Mit seinen sächsischen Landsleuten Peter von Zahn, Radikalliberaler damals, Curt Emmrich, genannt Peter Bamm, Bruno E. Werner und Ernst Schnabel bildete er dort die Kerntruppe des späteren Nordwestdeutschen Rundfunks -- einen obersächsischen Sender im niedersächsischen Raum.

    Wie alle, die über die Kette von Ursachen und Wirkungen in der deutschen Geschichte nachzudenken begannen, waren die neuen Rundfunkjournalisten für radikale Aufklärung und Umerziehung.

    Ein neuer Rationalismus, übereifrig, kurzschlüssig oft, aber geeignet, die Grundlagen der gesellschaftlichen und politischen Fehlhaltungen in Deutschland freizulegen, wollte sich verbreiten.

    Auch Axel Springer, so schien es wenigstens, teilte den neuen, aufklärerischen Geist. Da privater Einfluss auf den Rundfunk kaum zu gewinnen war, blieben zwei verlegerische Projekte: die Sendungen im Druck vorher anzukündigen und sie, soweit sie lesenswert waren, im Druck nachher festzuhalten. Eine Programmzeitung also und ein digestähnliches Journal mit dem Wortlaut der interessanten Sendungen nach dem Muster des englischen Listener, einer Zeitschrift der British Broadcasting Corporation (BBC) in London.

    Beide Projekte waren nicht nur der Aufklärung wegen, sondern auch kaufmännisch interessant. "Der Stoff kostete im Einkauf so gut wie nichts, Markt und Publizität wurden vom Rundfunk kostenlos mitgeliefert. Man musste nur redigieren, drucken und eine gute Spanne einkalkulieren.

    Manche Rundfunkanstalten, so die britische BBC, behielten sich den Vertrieb solcher Druck-Erzeugnisse daher vor, und man mag es als Ironie betrachten, dass Axel Springer seinen wirtschaftlichen Aufstieg der Anlehnung an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verdankte, den er als Gralsritter des freien Wettbewerbs später so heftig bekämpfte -- Springer, privilegiert zudem durch ein rigoroses, quasi-staatliches Li-zenzierungssystem, das gleiche Startbedingungen und freien Wettbewerb in der wichtigen Anfangsphase ausschloss und ihm auf dem Markt der Programmzeitschriften einen wohl nicht mehr einzuholenden Vorsprung verschaffte.

    Auf den offiziösen Eindruck achteten beide Organe im Anfang peinlich: die Listener-Nachahmung Nordwestdeutsche Hefte mit dem Kopfvermerk Herausgeber: Axel Eggebrecht und Peter von Zahn im Auftrage des Nordwestdeutschen Rundfunks, die Hör zu getaufte Programmzeitschrift in dem von der Nummer 2 an geführten Untertitel Die Rundfunkzeitung des NWDR. Für die Programmzeitschrift erhielten die Inhaber des Verlages Hammerich & Lesser, Axel und Hinrich Springer (in dieser Reihenfolge aufgeführt), im britischen Hauptquartier die Lizenznummer 67, für die Nordwestdeutschen Hefte" die Lizenznummer 68.

    Es wehte ein rauer, umstürzlerischer Geist durch die gelben, holzhaltigen Seiten der Nordwestdeutschen Hefte, deren erstes, undatiert, offenbar im März 1946 erschien -- eine Entschlossenheit, Staat, politisches Bewusstsein, die Presse von Grund auf zu erneuern:

     gegen mythische Vernebelung -- Seien wir misstrauisch! Mit dem Glauben soll uns keiner fangen (Peter von Zahn);

     gegen platten Antikommunismus -- Es empört Sie, dass ich einige sowjetische Leistungen als Grolltaten der Menschheit bezeichnet habe. Soll ich mir den Blick trüben lassen? (Artur W. Just).

    Wenn in Konzentrationslagern Platz gewesen ist für Christen und Atheisten, warum dann nicht auch in einem neuen Deutschland, schrieb der Pfarrer der bei Stalingrad untergegangenen 371. Infanteriedivision, Johannes Schröder, und der ehemalige Fähnleinführer Ralf Dahrendorf aus Hamburg-Wellingsbüttel gegenwärtig Soziologie-Professor in Konstanz (und der damalige intellektuelle Sprecher der FDP), forderte die beschleunigte Amnestierung der jungen Generation, die sonst haltlos, pessimistisch und inaktiv werde, denn bei 1550 oder 1880 Kalorien gibt es kein Zurück".

    Die Liste der Autoren kennt noch keine Unterscheidung in links und rechts. Belletristik, Theater, Kunst und Populäres blühten mehr am Rande, meist versorgt von Walther Hansemann, der die Hefte laut Impressum seit Januar 1947 redigierte und offenbar auch die neu belebte Buchproduktion von Hammerich & Lesser dirigierte, für die in der Zeitschrift, eine Eigenheit des Konzerns vorwegnehmend, eine kräftige redaktionelle Eigenwerbung betrieben wurde.

    Im April 1948 wurde aus den Nordwestdeutschen Heften die. Illustrierte Kristall, die Springer im Dezember 1966 mit einem Verlust von 30 Millionen Mark einstellte.

    Der Buchverleger-Ehrgeiz scheint bei Axel Springer im Jahre 1947 noch groß gewesen zu sein. Eine aus Hammerich & Lesser ausgegliederte Axel Springer Verlag GmbH sollte offenbar den Rahmen abgeben; demnächst, liest man, sollten dort wichtige Bücher erscheinen. Die Firma entfernte sich jedoch ziemlich weit von ihrer Funktion; heute ist sie das Stellwerk des Riesenkonzerns, und die einzigen Bücher, die dort erscheinen, sind die Bilanzen der zahlreichen Tochter- und Schachtelgesellschaften.

    Ob die aufklärerischen Gedanken, die Axel Springer in monatlich rund 100 000 Exemplaren seiner Nordwestdeutschen Hefte vertrieb, Spuren im Publikum hinterließen, lässt sich nicht feststellen; der graue Lesermarkt schluckte damals jedes Druck-Erzeugnis. Auf dem gesättigten, freien Markt hätten sie jedoch kaum genügend abgeworfen, um eine Massenpresse im neuen Stil zu gründen.

    So war es ein anderer Mann, der Axel Springer weiterhalf einer der wenigen unpolitischen Autoren der Nordwestdeutschen Hefte, der über Radar-Technik im Tierreich zu plaudern verstand -- Wir sehr gescheiten Menschen mussten erst die größte Torheit des Menschengeschlechts begehen, um am Ende dieses Krieges das große Geheimnis der Fische vielleicht zu ergründen -- und den eine redaktionelle Notiz als gediegenen Popularschriftsteller und Verfasser des Operetten-Librettos Traumland" auswies: Eduard Rhein.

    Der 15. Dezember 1946, Erscheinungstag der ersten Nummer der Rundfunkzeitung Hör zu unter der Chefredaktion von Eduard Rhein, veränderte die deutsche Zeitungslandschaft. Fortan entwickelten sich zwei Richtungen des Journalismus, die, zunächst parallel und unverbunden ihren Markt suchend, später in bittere Fehde miteinander gerieten. Beide verstanden sich demokratisch, die eine in der Kritik der Verhältnisse (Nordwestdeutsche Hefte), die andere in Anpassung an die Verhältnisse (Hör zu). Die Geschichte von Hör zu, das als Programmzeitung mit einer Auflage von 250 000 Exemplaren begann und als dickleibiges, anzeigengepolstertes Familienmagazin mit 4,5 Millionen Exemplaren Auflage fortlebt, zeigt einerseits die instinktive Sicherheit, mit der Axel Springer für das leichte journalistische Genre gleich den richtigen Mann fand. Zum anderen gab sie das Muster der journalistisch-unternehmerischen Anpassung ab, das später bei allen von Axel Springer erfundenen Zeitungen wiederkehrte, eine Anpassung, die sich auf die unpolitischen Stereotypen des Jahres 1946 ebenso einzustellen verstand wie auf die politischen Stereotypen zwanzig Jahre später.

    Eduard Rhein, gelernter Ingenieur, kam aus dem Hause Ullstein, wo er unter der Ägide des Deutschen Verlages die unterhaltsame Rundfunkzeitung Sieben Tage geleitet und Technik und Wissenschaft in zwei erfolgreichen Büchern popularisiert hatte: Du und die Elektrizität und Wunder der Wellen.

    Der kleine Mann, der neben seinen technischen Basteleien auch einige der Schönen Künste liebte, emotionell exponiert und schwierig, kein beliebter Chefredakteur, sondern einer mit der eisernen Hand, war gleichwohl ein Popularisator großen Stils. Er verstand sich nicht nur auf die Personifizierung von Welle und Korpuskel und des unpersönlichen Rundfunks, sondern auch auf eine eigene Popularpsychologie, die ihn später zum Meister des neuen Trivial-Romans machte.

    Das Programm von Hör zu mit Ausrufungszeichen, der ersten Nachkriegs-Zeitschrift mit einem Imperativ-Titel,

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