Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Die Nachtwache: Die Dinge im Schatten
Die Nachtwache: Die Dinge im Schatten
Die Nachtwache: Die Dinge im Schatten
eBook184 Seiten2 Stunden

Die Nachtwache: Die Dinge im Schatten

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Bella ist ein ungewöhnliches Mädchen. Sie sieht und hört Dinge, die den anderen Menschen verborgen bleiben und genau deshalb hat man sie verpflichtet, ihren Dienst in der Nachtwache von Whitechapel zu verrichten. Ihre Arbeit in London von 1899 besteht für die 16-jährige darin die schrecklichsten Kreaturen zu vertreiben und die abscheulichsten Wesen unschädlich zu machen. Zusammen mit Gilbert dem Inspektor der Nachtwache und seinem Diener Bolder begibt sie sich auf die gefährliche Jagd nach Gespenstern, Untoten und Vampiren.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum3. Jan. 2018
ISBN9783742757401
Die Nachtwache: Die Dinge im Schatten

Ähnlich wie Die Nachtwache

Ähnliche E-Books

Kinder – Märchen & Folklore für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Die Nachtwache

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Die Nachtwache - Mina Bialcone

    1

    Bella saß auf der von der Sonne noch aufgeheizten Stufe vor dem hübschen zweistöckigen Haus in der Pembrose Street. Das Haus hatte Blumenkästen vor den Fenstern, in denen sie Jasmin und Bolder Kräuter zogen. Im Erdgeschoss befanden sich das Wohnzimmer, Küche und Badezimmer. Ein heller, luftiger Raum, der mit einem guten Auge möbliert war und von zwei hohen und breiten Fenstern zur Straße hin erhellt wurde. Die Zimmer waren großzügig und der Flur war breit. In ihrer Wohnung roch es nach Lavendel und dank farbiger Lichtfenster in der Wohnungstür sah man die Staubflocken nicht in der Luft tanzen. Ihre Schuhe standen ordentlich unter dem Schuhschrank, wobei sie lieber barfuß ging und nur bei der Arbeit Schuhwerk trug. Sie bewohnte die Wohnung seit drei Monaten und hatte es in der kurzen Zeit bereits geschafft, dass die Menschen der Gegend einen Bogen um sie schlugen, aber das lag daran das sie einen komischen Beruf ausübte. An ihren ersten Auftrag konnte sie sich kaum erinnern, sie hatte einfach schon zu lange mit diesen Dingern zu tun, ihr ganzes Leben war von diesen Kreaturen umgeben, der Sinn ihrer Existenz auf ihre Vernichtung aufgebaut. Nicht – das sie sich nichts Besseres vorstellen konnte oder ihr die Träume und Ziele abhandengekommen waren. Aber wer in ihrem Metier arbeitet, kommt nur schwer aus der Tretmühle heraus. Womit sie keinesfalls behaupten würde die Aufgabe sein nicht wichtig, oder es gefiel ihr nur nicht, weil Opfer und Täter unter allen Umständen geheim bleiben mussten. Eine schöne Panik würde ausbrechen, wenn Mithras die Wahrheit ausplaudern und die Beweise auf den Tisch legen sollte. Wenn man anfängt, für ihn im Außendienst zu arbeiten kommt es einem zuerst grausam vor, einer kompletten Familie: Vater, Mutter und Kind einen Silberpfahl durch die Herzen zu rammen, einem nach den anderem, als stempelt man ein Dokument. Hat man diese Hemmschwelle überwunden, indem man nur an die Opfer denkt, flutscht die Arbeit von alleine und man erledigt ein Nest in einem Aufwasch. Nach vier Jahren Ausbildung hatte sie das zum ersten Mal unter Aufsicht von Fortlebe gemacht. Einem schlafenden Vampir, der wie eine nette ältere Dame aussah den Silberdorn durchs Herz gehämmert und sich über das viele Blut erschrocken, das aus dem Loch in ihrer Brust schoss und an die Wände und über ihr Gesicht klatschte. Fortleben hatte sie zur Seite genommen und gesagt: irgendwer muss schließlich dafür Sorgen das London zu keinem Totenhaus wird. Wer konnte, voraussehen das 1855 mit der Ankunft der Besatzungslosen Demeter im Londoner Hafen der Ärger mit Vampiren begann. Bei der Jagd nach diesen Kreaturen kann einem schon hin und wieder ein Fehler unterlaufen. Man erschreckt den Falschen mit Hammer in der Hand und das spitze Ende des Silberpfahles direkt über seinem Herz, weil der Vampir weitergezogen ist. Es ist ein Schock, wenn ein gesetzestreuer Bürger seine Augen aufschlägt und eine junge Dame mit erhobener Waffe über sich knien sieht. Oft sind die Berichte nicht auf dem neusten Stand und das Ding, das man seit Wochen jagte, war weitergezogen. Sie blickte auf eine ölige Pfütze in denen Kartoffelschalen und Abfall schwammen, die sich am verstopften Gullydeckel gesammelt hatten. Das Thermometer zeigte immer noch 34 Grad und ihre Arbeitsschuhe waren seit gut einer halben Stunde ungebunden. »Weißt du«, sagte sie zu sich, »und das sage ich nicht, weil ich es nicht verstehe, aber warum muss ich mich immer dann mit Mithras treffen, wenn es mir nun überhaupt nicht passt?« Einer der wartenden jungen Männer pfiff einem Mädchen hinterher und Bella hätte ihm die Zunge herausgeschnitten, hätte er ihr irgendwas anzügliches hinterhergeschrien. Menschen bis auf wenige Ausnahmen nervten sie furchtbar. Bella knotete die Schnürsenkel ihrer Arbeitsschuhe zu und stand auf. Sie ließ einen Boten passieren und überquerte die Straße und machte sich auf den Weg nach Clapham.

    2

    Die Kutsche scherte aus dem zähfließenden Verkehr und hielt vor dem Haus Nummer 166 A, mit seinen schlanken hohen Säulen und der klassischen Fassade. Minister Finstburn, stieg aus und drehte sich zu seinem Kutscher und blinzelte ihn an, als sei ihm gerade aufgegangen das er sich aus seinem Amtszimmer fortbewegt hatte. »Ah schon da. Gehe in die Küche und esse, Tom. Es wird vermutlich nicht sehr lange dauern. Ich lasse dich rufen, wenn ich dich brauche.«

    »Nachdem ich Betty versorgt habe, Sir.«

    »Verstehe«, Finstburn nickte, »erst die Pflicht.«

    Der Fahrer, mit dem tätowierten Gesicht schnalzte mit der Zunge und die Kutsche fuhr zu einem nahegelegenen Mietstall. Minister Finstburn überquerte, eine Melodie summend, die ihm seit dem Vormittag im Kopf festsaß den Bürgersteig und stieg energisch die sechs Marmorstufen bis zur Eichentür. Er musste nicht mit seinem Gehstock klopfen oder die Klingelschnur ziehen. Ein Diener, breit wie ein Berg und nicht höher als ein Tisch im weißen Hemd, mit schräg sitzendem Zylinderhut auf dem Kopf und schlecht verwachsenen Narben im tätowierten Gesicht, öffnete die schwere Tür und verneigte sich. Alte Kameraden, die sich nur zu Bürostunden an die Regeln der Höflichkeit hielten. Finstburn betrachtete seinen alten Freund und dachte wieder, dass die Tätowierungen sie alle zu Sklaven machte. Auch sein Gesicht wies die wilden Ornamente auf, die verhindern sollten, das man jemals ein bürgerliches Leben führen konnte. Bluthunde des Ministeriums heirateten einander und zeugten medial begabte Kinder, deren Lebensweg vorherbestimmt war. Sie waren ausgestoßen und empfanden sich deshalb als Familie.

    »Minister«, sagte Fortlebe mit französischen Akzent, er war in Soho unter Hugenotten, Spaniern und russischen Anarchisten groß geworden. Vielleicht hatte er deswegen Sympathie mit den Juden die vor den mörderischen Pogromen in Russland und Polen flohen und täglich in der Stadt strandeten. Fünfzig oder einhunderttausend allein in diesem Jahr. So genau wusste das niemand, außer den Narren, die glaubten Religion oder Rasse habe etwas mit der Qualität von Menschen zu tun. Fortlebe, wusste es viel besser. Oft waren die Monster, die er vernichtet hatte, von besserer Qualität gewesen, als die Menschen die er vor ihnen zu schützen hatte. Minister Finstburn lächelte genauso flüchtig, wie Louis Fortlebe sich verneigte. Er strich Finstburns Anzug glatt. »Schon wieder neue Garderobe und dann diese schwarzen Schatten unter deinen Augen. Du stolzierst herum, wie einer dieser versnobten Vampire aus dem West End.«

    Der Minister unterdrückte ein Seufzen. Nur in Nähe von Fortlebe hatte er das Gefühl nicht unter einem Berg Akten lebendig begraben und anstatt von Menschen von Automaten umgeben zu sein. »Ich muss mich hin und wieder im Parlament sehen lassen und meine Augen erklären sich aus der Art meiner Arbeit. Ich sitze vierzehn Stunden am Tag über Akten und manche sind so alt, das sie in Frühlatein verfasst wurden. Und was hast du nur gegen Vampire?«

    »Solange sie mich nur in Ruhe lassen und sich an die Regeln halten nur in den Slums und unseren Gefängnissen zu speisen«, grummelte der Wächter. Die furchtbaren Narben in seinem Gesicht stammten von einem Kampf mit einem Vampir, der sich nicht seinem Schicksal ergeben wollte. Das in Fetzen gerissene Gesicht und der hohe Blutverlust hatte Fortlebe fast mit dem Leben bezahlt, ärgerlicher war, die Flucht des Vampirs hatte ihm die makellose Bilanz ruiniert. »Du wirst erwartet, Minister. Wenn, du mir folgst bringe ich dich jetzt zu deiner Besucherin.«

    »Wenn es wichtiger ist, als das Dorf Midhurst in Sussex dessen Einwohner seit einer Woche fehlen. Die Reporter der Zeitungen wittern schon eine Sensation und schnüffeln in der Gegend herum.«

    »Ich habe es gehört, das Essen stand auf gedeckten Tischen, als kommen alle gleich wieder. Ich glaube nicht, sie hat alle Punkt Mitternacht das Reisefieber gepackt.«

    »Nein, davon ist leider nicht auszugehen.«

    »Ich werde meine gute Gesichtshälfte fressen, wenn nicht Vampire dahinterstecken! Kaum treffen sich drei haben wir es mit einer neuen Sekte zu tun die ihren Göttern Blutopfer darbieten.«

    »Oder es ist eine neue Form von Spuk!«

    »Ein Nekromant der eine offene Rechnung mit den Bewohnern hatte?«, schlug Fortlebe vor.

    »Mit allen hundert Bewohnern? Dann hat der arme Kerl Jahre seines Lebens damit verschwendet sich Feinde zu machen.«

    »Ja und es muss ihn harte Arbeit gekostet haben. Ich bleibe beim Vampirkult.«

    Sie durchschritten die mit rotem Teppich ausgelegte Halle in denen Ritterrüstungen und aufgestellte Banner die Illusion erzeugten es mit einem normalen Ministerium zu tun zu haben. Sie gingen durch hohe von Säulen getragene Räume, in denen Beamte des Ministeriums Berichte schrieben, Akten stempelten und von Pult zu Pult wandern ließen. Die Beiden folgten labyrinthischen Korridoren in denen sich Akten und Zeitungsbündel stapelten, sie benutzten schließlich eine unscheinbare Hintertreppe und kamen in der obersten Etage an.

    »Ist es nicht sehr viel angenehmer seine Besucher im Erdgeschoss zu empfangen und ihnen den mühsamen Aufstieg zu ersparen?«, fragte Fortlebe, der seit der Schließung von Clapham nicht mehr für die Ausbildung der jungen Generationen von Bluthunden zuständig war, sondern für die Sicherheit der Außenstelle des Ministeriums für Seuchenkontrolle nahe der Waterloo Bridge gegenüber dem größten Bahnhof der Welt. Nach einem kurzen Blick von Fortlebe traten die beiden bulligen Wachen zur Seite und Finstburn und Fortlebe traten an die letzte Tür, über der auf einem Relief ein Langbogenschütze seine Zeige und Mittelfinger dem Besucher entgegenstreckte.

    »Molon labe, kommt und holt sie euch. Ein Motto aus dem Hundertjährigen Krieg, damals schworen die Franzosen jedem englischen Langbogenschützen Zeige- und Mittelfinger abzuschneiden. Ich sollte Mittel aus dem Haushalt abzweigen und in die Renovierung stecken. Ist es ein Wunder, das alle meine Mitarbeiter staubtrocken sind, das man sich nach einem Glas Wasser sehnt, wenn man länger als eine Minute mit ihnen redet?«

    »In Clapham hatten wir mehr Spaß bei der Jagd. Ich frage mich, wann es begonnen hat, wie in einem richtigen Ministerium bei uns zuzugehen?« Fortlebe schob mit dem linken Arm, unter seiner Haut rollten die Muskeln wie Bowlingkugel umher, den Vorhang auseinander.

    »Es ist vielleicht die Arbeit«, seufzte Finstburn, »mir wird Silber unerträglich.« Er spielte mit einer Schnur und ließ die Silberperlen, wie einen Rosenkranz durch seine Finger gleiten. »Allein der blässliche Glanz, wie die Haut eines Wiedergängers«, sagte er und trat durch die kleine komplett aus Silber bestehende Tür, die hinter dem Vorhang verborgen gewesen war.

    Victoria Buckingham kontrollierte seit Jahrzehnten die Auslandsabteilung des Ministeriums und war eine der wichtigsten politischen Personen in der Stadt. Sie hatte in einem roten Ledersessel am Fenster Platz genommen und sah mit übereinandergeschlagenen Beinen der rot glühenden Abendsonne über Waterloo beim untergehenden zu. Die Dampfwolken der vielen Lokomotiven vermischten sich mit dem Pfeifen von Zügen die im Minuten Takt ein und ausfuhren. Wenn, sie ihr überaus feines Gehör anstrengte konnte sie die Rufe der Gepäckträger unterscheiden. Die erste Kammerzofe der Königin schien jedes Mal von dem Spektakel fasziniert zu sein. Ihre langen schneeweißen Finger spielten dann völlig gedankenverloren mit einem mit Juwelen geschmückten Silberkreuz aus dem 15. Jahrhundert in ihrem Schoss. Finstburn betrachtete sie von der Tür aus und brachte es nicht fertig sie zu stören. Die Abendsonne reflektierte sich in ihrem seidigen Haar und ihre zarte Haut schien milchig zu leuchten.

    »Es ist ein Schauspiel, Minister«, sagte sie, ohne sich einmal umzudrehen. »Die Menschen streben alle zu einem Ort. Warum scheint ihr immer auf einen Weg irgendwohin zu sein?« Buckingham, wer wusste, wie ihr wirklicher Name lautete und wie viele sie in ihrem langen Leben schon angenommen hatte, machte anstalten sich aus dem Sessel zu erheben. Der Minister schloss lautlos die Tür hinter sich. »Bleiben Sie ruhig sitzen.« Finstburn trug mit Leichtigkeit einen schweren Lehnsessel vom Kamin an das Fenster und setzte sich an den Tisch zu ihr. Victoria hob überrascht die Augenbrauen, sie war es von den vielen Bällen und Empfängen gewohnt, von den Männern umschwärmt zu werden, vor allem junge Militärs umkreisten sie, wie Motten das Kerzenlicht, aber der Minister hatte es überraschenderweise nie für nötig gehalten ihr gefallen zu wollen. Genauso wenig, wie sich besser herzurichten, wenn eine Dame nach ihm rief. Als er sich seines Mantels entledigt hatte und ihn ungeschickt auf die Sessellehne warf, sah sie die Kreide und Tintenflecken an den Manschetten seines Hemdes. Er setzte sich ihr gegenüber und betrachtete die feinen blauen Venen am Unterarm und ihrer Schläfe die unter ihrer porzellanweißen Haut schimmerten. Ihr weizenblondes Haar verschwand in Kaskaden von Wellen unter der weißen Spitzenhaube, wie sie nur noch alte Jungfern trugen. Um als modischer Akzent zu wirken, trug sie ein gelbes Satinkleid mit gewagtem Ausschnitt das eng an den Hüften saß, bevor es glockenförmig zu Boden fiel und mindesten im Radius von einem Meter allen Platz für sich beanspruchte. Er kam sich jetzt einfach und hemdsärmelig vor. Wie ein Pächter vor seinem Grundherren. Er trug ein weißes Hemd, wie es jeder Arbeiter für drei Schilling bei Harrods in der Brompton Road bekam, eine Weste und eine schwarze Hose, die an den Knien bereits fadenscheinig glänzte. Er saß einfach zu oft mit den Händen auf den Knien in seinem Büro herum und langweilte sich. Nicht immer beschworen Nekromanten eine Katastrophe herauf oder kamen hinter die Geheimnisse der Regierung, die besser unbekannt blieben. Er sah nicht aus, wie ein Politiker aussehen sollte, selbst die Amtsschreiber hier achteten mehr auf ihre Kleidung. Die Frau fixierte den Minister mit einem langen Blick, der jeden anderen hätte rot werden lassen, aber den Finstburn nur nebenbei wahrzunehmen schien.

    »Ich hörte, Sie erwarten mich und es geht bestimmt um Leben und Tod? Die Existenz unserer Monarchie steht auf dem Spiel? Ein Skandal, in die eine prominente Person verwickelt ist und der vertuscht werden muss?«

    Sie lachte. »Ich neige

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1