Der alte Mann und die Suche nach dem Frühling
Von K. D. Beyer
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Über dieses E-Book
Stefan, ein pensionierter Polizist, ist auf der Suche nach sich und der wahren Liebe.
Wer soll dieses Buch lesen?
Alle, die an Glück und Zufall und manchmal auch an die Vorsehung glauben.
Was macht es spannend und einfach unwiderstehlich?
Eine Geschichte wie ein Tag am Meer: warm und geistreich, so entspannend, dass man weit bis nach Sonnenuntergang bleiben möchte.
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Buchvorschau
Der alte Mann und die Suche nach dem Frühling - K. D. Beyer
Abschied
Am Abend meiner Abschiedsfeier erlitt ich meinen zweiten Herzinfarkt. Anfang Dezember setzten die starken Schmerzen ein und ich brach zusammen, wie ein Kartenhaus.
Die Genesung meines Herzens dauert bis heute an und ich kann nur hoffen, dass es mir noch viele Jahre treue Dienste leisten wird.
Je kürzer die Tage wurden, desto schlechter war es um mich bestellt und die Ärzte rechneten mit dem Schlimmsten. Aber sie hatten nicht mit meinem Überlebenswillen gerechnet. Der Krieger in mir kehrte zurück und innerhalb kürzester Zeit wurde aus dem hilflosen Patient ein nerviger Querulant. Als ich kurz vor Weihnachten dann endlich, und nur auf eigene Verantwortung, aus dem Krankenhaus entlassen wurde, stand mein Entschluss längst fest.
Diesen Jahreswechsel, diesen Neuanfang, wollte ich nicht, wie immer, zu Hause mit einem vor sich hin nadelnden, sterbenden Weihnachtsbaum, sondern unter saftigen, grünen Palmen auf einer Insel feiern. Ich war Witwer, offiziell alleinstehend und hatte nun auch nicht einmal mehr eine Ersatzfamilie. Ja, in meinem Leben würde es nun auch keine Verbrecher mehr geben, die ich erbarmungslos jagen konnte. Ich liebte meinen Job – diese knallharte Konfrontation mit dem Bösen, dem Perfiden und Morbiden. Das Schöne und Perfekte langweilte mich, Lügner und Schwätzer verachtete ich. Deshalb war ich auch kein Politiker, sondern Chefermittler bei der Kripo. Ich kenne die dunkelsten Ecken der Region und weiß wie die Menschen ticken, besser als jeder Psychologe. Und nun? Wenn ich ehrlich war, fühlte ich mich alt und nutzlos. Es gab also eigentlich gar keinen Grund für mich, zu feiern.
Der Gedanke an Wärme, Sonne und Meeresrauschen half mir, wieder ein bisschen zuversichtlicher nach vorne und in ein neues, unbekanntes Jahr zu schauen.
Ich vermute, es war nicht nur der Abschiedsschmerz von meinem langen, erfüllten Berufsleben, das Wechselbad der Gefühle, das mir den Rest gab und meinen angezählten Körper beinahe ins Jenseits beförderte. Auch eine unbestimmte Angst vor der Zukunft spielte eine große Rolle. Doch etwas in mir wollte weiter leben. Ein schwaches, hoffnungsvolles Pflänzchen in meiner Brust gab meinem Herzen den Impuls, nicht aufzugeben – noch nicht.
Mein schicksalsträchtiger letzter Arbeitstag war der Nikolaustag. Dieser Tag erwies sich als gute Wahl zum Feiern. Der Altweibersommer hatte sich in einen dunkelgrauen, nasskalten Spätherbst verwandelt und die Vorfreude auf eine feuchtfröhliche Adventszeit trug viel zur ausgelassenen Stimmung bei. Alle, bis auf wenige entschuldigte Ausnahmen, waren gekommen. Nun erst wurde mir klar, wie viele wohlwollende Menschen mich begleitet hatten und dankbar verkündete ich, wie sehr ich mich freute, alle zu sehen.
Meine Gäste waren gut gelaunt. Manche trugen Weihnachtsmann-Mützen. Man hatte mir, in Fachkreisen auch „The Tiger" genannt, im Laufe der Party auch eine Weihnachtsmann-Mütze auf mein dichtes weißes Haar gestülpt. Die Mütze war kräftig rot, verbrämt im frechen Tigerlook. Dafür heimste ich zahlreiche Komplimente und Küsschen ein. Ich glaube, ich strahlte, wie ein Honigkuchenpferd.
Ein köstlicher Bratenduft zog in meine Nase, als ich mit belegter Stimme begann, meine Rede vorzutragen. Diese hatte ich mir vorher genau ausgedacht und stundenlang auswendig gelernt. Doch als ich in die erwartungsvollen Gesichter schaute, fasste ich meine kunstvolle Festrede in einem einzigen Satz zusammen:
„Vielen Dank, dass ihr da seid! Lasst uns feiern – das Buffet ist eröffnet!" Die erste fette Gans war sehr schnell verzehrt und der zweite Vogel wartete zum Glück bereits im Backofen. Dazu hatte ich Rotkohl, handgeschabte Spätzle, handgeformten Semmelknödel und Pilzragout bestellt.
Dass das Tiramisu ein Traum und die Mousse au Chocolat eine Alptraum war, weil man nicht aufhören konnte, davon zu essen, erfuhr ich nur vom Hörensagen. Ich kam gar nicht dazu, irgendetwas zu probieren. Ich schüttelte Hände, nahm Geschenke und Glückwünsche entgegen und hatte die ganze Zeit über ein lachendes und ein weinendes Auge. Ich kann mich nicht mehr an jedes einzelne Gespräch erinnern. Doch ich habe mich noch nie so wohl gefühlt im Kreise meiner Kollegen, wie am Tage meiner Verabschiedung. Allein diese wenigen Stunden löschten all den Verdruss, den es natürlich auch gegeben hatte, aus meiner Erinnerung und ich dachte, schade, dass diese Zeit nun definitiv zu Ende ist.
Die meisten Kollegen und Weggefährten hatten sich schon von mir verabschiedet und mir alles Gute gewünscht. Für sie würde alles weiter gehen wie bisher. Nur ich, ich würde mich umstellen müssen. Mit jeder Verabschiedung driftete ich mehr und mehr ins Abseits. Umarmungen, Versprechungen, sich bald mal wieder zu treffen, auf Besuch zu kommen, genau wissend, dass ich nicht mehr dazu gehören würde.
Zum Glück war ich noch nicht alleine zu Hause in meinen eigenen vier Wänden, als die Schmerzen einsetzten. Zunächst dachte ich, dass ich wohl zu viel Wein, Bier und Sekt durcheinander getrunken hätte. Meine