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Vampire in den Highlands
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eBook355 Seiten4 Stunden

Vampire in den Highlands

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Über dieses E-Book

Eine 2000 Jahre alte Vampirin macht Jagd auf einer ihrer Art. Dieser Vampir hat einen unschuldigen sterblichen Wanderer in den Highlands bestialisch getötet. Dabei kämpft Rowena noch mit ihrer eigenen Vergangenheit und ein deutscher Tourist bringt sie ständig in Rage.
Für alle, die in Fantasy verpackte erotische Liebesgeschichten mögen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum28. Juni 2016
ISBN9783738075205
Vampire in den Highlands

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    Buchvorschau

    Vampire in den Highlands - Heike Möller

    Prolog

    Peter Doghnaty stand schwer atmend auf dem Hügel und sah sich zufrieden lächelnd um. Die raue Landschaft der schottischen Highlands erfreute ihn immer wieder. Schon seit Jahren verbrachte er seinen Urlaub hier. Er lebte gern in Glasgow, arbeitete dort als Arzt in einem Krankenhaus. Aber wenn seine Batterien leer waren – so nannte Peter es immer - dann brauchte er die Ruhe und Abgeschiedenheit in der kargen Landschaft.

    In der Ferne erhob sich der Ben Nevis, der höchste Berg Schottlands. Nicht weit davon entfernt lag die Stadt Fort William, eine Touristenhochburg, die Peter mied. Er hatte genug Menschenansammlungen in Glasgow, hier wollte er seine Ruhe haben.

    Aber so ganz ohne andere Menschen ging es eben doch nicht.

    Er hatte sich in Invergarry, einem idyllischen, geschichtsträchtigen Örtchen am Loch Oich in einem Bed & Breakfast-Hotel eingemietet und machte täglich seine Wanderungen durch die raue Natur, aber abends saß er im gemütlichen Pub und trank sein Ale oder auch mal einen Whisky. Die Einheimischen waren raue, aber herzliche Menschen, die einen Fremden schnell willkommen hießen, wenn dieser sich anpasste. Hingegen hatte Peter einmal beobachten können, wie ein neureicher Lackaffe aus London mit seiner aufgedonnerten weiblichen Begleitung in einem nagelneuen BMW Z4 angefeindet wurde, weil er sich benahm wie ein Kolonialherrscher aus dem 19. Jahrhundert. Hinterher sah der Wagen nicht mehr neu aus und die beiden Engländer erstatteten Anzeige – gegen unbekannt. Denn der ortsansässige Constable, der genau wusste, wer hinter diesem schändlichen Spaß steckte, hob nur bedauernd die Schultern, als der Neureiche wütend mit dem Yard drohte.

    Peter musste grinsen, als er an diese Episode dachte.

    Ein paar Steine kullerten einen kleinen Abhang hinunter und Peter sah sich um. Ein einsamer Wanderer, so wie er auch, stand einige Meter abseits und schien ihn zu beobachten. Peter, der eigentlich nie Probleme hatte, andere Menschen offen anzusprechen, bekam ein mulmiges Gefühl in der Magengegend.

    >Reiß dich zusammen, Doghnaty. <

    Er hob die Hand und winkte dem Mann zu. „Hallo!"

    Der Mann reagierte nicht, starrte nur weiter zu Peter hinüber. Innerlich zuckte er mit den Schultern und wendete seinen Blick wieder dem Ben Nevis zu.

    >Morgen werde ich nach Fort William fahren. Gucke mir in Ruhe die alte Festungsanlage an und werde den Nevis hinauf wandern. Wie schön es doch hier ist. <

    Peter nahm einen letzten Schluck aus seiner Wasserflasche, verschloss sie und steckte sie wieder in seinen Rucksack. Dann schulterte er den Rucksack, zog die Gurte fest und schnappte sich seinen Wanderstab. >Zurück zum Gasthof! <

    Er drehte sich um und prallte beinahe gegen den Mann. Vor Schreck stieß Peter einen kleinen Schrei aus. „Großer Gott! Sie haben mich fast zu Tode erschreckt, Mann!"

    Der Fremde war etwa genauso groß wie Peter selbst. Aber von der Statur eher schmächtig und dürr. Sein Gesicht war blass, die Wangen eingefallen, ungepflegt. Auch die Kleidung wirkte ungepflegt, war zerschlissen und löchrig.

    „Ich habe Hunger", sagte der Mann leise.

    Peter wusste nicht warum, aber eine Gänsehaut zog über seinen Rücken und ihm war, als ob sich ein Metallreif um seine Brust legte.

    Er hatte Angst. Irrationale und absolut unerklärliche Angst.

    Peter schluckte. „Ähm …. Ich habe ein paar Brote in meinem Rucksack. Die gebe ich Ihnen gern." Er nahm den Rucksack wieder von seinem Rücken, stellte ihn vor sich hin. Dabei nahm er nicht eine Sekunde seinen Blick von dem seltsamen Mann.

    >Himmel, diese Kleidung war vielleicht in den 1980ern modern! Was ist nur mit dem Mann geschehen? <

    Peter räusperte sich. „Ich bin Arzt. Sie sehen aus, als ob sie medizinische Hilfe bräuchten."

    Der Mann schüttelte den Kopf. „Ich habe nur Hunger, guter Mann."

    Peter konnte sich nicht des Eindruckes erwehren, dass der Mann einen gefährlichen Unterton angeschlagen hatte. Ein leichtes Knurren lag unter dieser leisen, distanzierten Stimme. Ein Knurren und … Bedauern?

    Peter kramte die beiden Brote hervor, die noch übriggeblieben waren, sowie einen Apfel. „Hier. Sind Sie sicher, dass Sie keinen Arzt brauchen?"

    Der Mann blickte Peter direkt in die Augen. „Absolut. Und es tut mir leid."

    Peter sah den Fremden irritiert an. Der nahm Peters Brote und den Apfel nicht, ignorierte die Gaben völlig. Dafür sah der Mann ihn hungrig an.

    >Oh. Scheiße! <

    Die Augen des Mannes hatten sich irgendwie verändert. Waren sie vorher noch von einem wässerigen Blau waren sie jetzt schwarz. Das Weiß wirkte regelrecht blutunterlaufen

    „Was wird das hier für eine Nummer, Mister?" Peter spannte seine Schultern an. Er war gut in Form, ging regelmäßig ins Fitnessstudio und trainierte Karate. So leicht würde er nicht zu überwältigen sein. Außerdem wirkte der Fremde nicht besonders stark.

    „Wehre dich nicht. Dann ist es schnell vorüber."

    Die Worte plätscherten langsam in Peters Gehirn, aber so richtig verstand er den Sinn nicht. „Hör mal, mein Freund. Ich kenne dich nicht, weiß also nicht, was das jetzt soll. Lass mich einfach durch, klar?"

    Der hagere Mann schüttelte den Kopf, sah Peter sogar beinahe bedauernd an. „Glaube mir, ich tu das nicht gern. Aber ich habe keine Wahl. Ich werde es schnell machen."

    Ohne sichtbaren Ansatz sprang der unheimliche Mann ihn an, streckte die schmalen Hände nach dessen Hals aus. Peter reagierte einfach. Er sprang zur Seite und riss seinen linken Ellenbogen hoch. Der krachte in das Gesicht des Fremden und es gab ein unschönes Geräusch, als die Nase brach. Peter hob seinen Wanderstab hoch, nahm ihn in beide Hände und stellte sich seinem Angreifer entgegen. So leicht würde er es dem Typen nicht machen.

    Der Fremde war offensichtlich zusammengebrochen, denn er hockte auf einem Knie, das andere war angewinkelt. Mit einer Hand stützte er sich auf den Boden ab, mit der anderen betastete er seine Nase.

    „Lass weitere Manöver, Mann!, warnte Peter den Fremden. „Ich weiß mich zu wehren. Hau ab!

    Der Fremde erhob sich langsam, streckte seine Schultern. „Du hättest das nicht tun sollen, mein Freund."

    Peter schluckte. Die Stimme war eiskalt, grausam. Der Fremde drehte sich zu ihm um, sah ihm in die Augen und fletschte die Zähne.

    Peter erstarrte. Der Fremde hatte kein Gesicht mehr, sondern eine blutverschmierte Fratze. Die Augen waren jetzt eine einzige schwarze Fläche. Kein Weiß, keine anderen Pigmente, nur eine glänzende schwarze Fläche.

    Aus dem Mund ragten vier gewaltige Zähne weit über die Unterlippe hinaus. Es waren die Eckzähne und die sich daneben befindlichen Schneidezähne. Sie wirkten höllisch spitz und scharf!

    Der Fremde schlug Peter mit einer einzigen, kaum sichtbaren Bewegung den Wanderstab aus den Händen, brach ihm dabei das rechte Handgelenk. Peter schrie vor Schmerz und Überraschung auf, stolperte rückwärts, fiel über einen Stein und blieb auf dem kargen Boden der Highlands liegen. Mit weit aufgerissenen Augen sah er panisch in das verzerrte Gesicht.

    „Ich wollte dir einen schnellen Tod gewähren, aber du hättest dich nicht wehren sollen. Nun leide!"

    Der Fremde sprang Peter an, begrub ihn unter seinem Körper und verbiss sich in dessen Wange.

    Peter Doghnaty schrie und schrie, aber niemand war in der Nähe, um ihm zu helfen. Seine Schreie hallten über die Berge und Täler der Highlands, bis sie irgendwann erstarben.

    Kapitel 1: Der Bruch

    Rowena Mc Dougall lag in den Armen ihres Exmannes Tristan Kadian und lächelte in der Dunkelheit zur Decke ihres Schlafzimmers empor. Er hatte einen Arm um ihre Schulter gelegt und mit den Fingern der anderen Hand streichelte er den Arm, der auf seiner Brust lag. Rowena genoss die Momente nach dem Sex mit Tristan. Er gab ihr Ruhe und Kraft, indem er einfach nur an ihrer Seite war. Schnurrend wie eine Katze drehte sie sich in seinen Armen und liebkoste seine nackte Brust mit ihren Lippen.

    „Willst du eine Verlängerung?", fragte er amüsiert. Sein wundervoller Bass schickte kleine Vibrationen durch seinen Körper, übertrug die Schwingungen auf sie.

    „Nein, erwiderte sie träge. „Ich genieße es nur, deinen perfekten Körper anzusehen und zu streicheln.

    Tristan grunzte etwas, vergrub dann seine Finger in ihrem honigblonden Haar und zog sie zu sich hoch. Mit einer zärtlichen Leidenschaft presste er seine Lippen auf ihren Mund, küsste sie lange und innig.

    Mozarts Kleine Nachtmusik erklang aus dem Handy auf Rowenas Nachttisch.

    „Wer stört zu so später Stunde?", fragte Tristan zwischen zwei Küssen, ließ sie aber nicht los.

    „Ich sollte ran gehen", nuschelte Rowena und versuchte sich, von Tristan wegzudrücken Aber er hielt sie fest, dachte nicht im Traum daran, sie jetzt loszulassen. Schwungvoll drehte er sie auf den Rücken, schob sich auf ihren kleinen, zierlichen Körper und drückte mit seinem Knie ihre Beine auseinander.

    „Tris! Es könnte wichtig sein!"

    Das Klingeln hörte auf und Tristan stieß ein kleines, triumphierendes Lachen aus. „Wenn es wichtig ist, wird derjenige es noch einmal versuchen, Liebling."

    Rowena zuckte kurz zusammen. So hatte Tristan sie während ihrer Ehe genannt. Und die war vor etwas über einhundert Jahren geschieden worden.

    1409 hatten sich Rowena Mc Dougall und Tristan Kadian in Marseille getroffen, ineinander verliebt und gleich am nächsten Tag geheiratet. Es war eine leidenschaftliche Ehe gewesen, geprägt von heftigem Sex und hitzigen Diskussionen. Tristan zog es immer wieder auf das Schlachtfeld. Er war nun mal ein Krieger, war es immer gewesen.

    Rowena bemühte sich in jeder Epoche die medizinischen Fortschritte zu erlernen, die die Sterblichen entwickelten. Dabei musste sie gerade als Frau sehr darauf aufpassen, dass sie nicht auffiel. Also arbeitete sie oft zur Tarnung als Nonne oder Schankmädchen.

    1715 trennten sie sich endgültig. Das Auf und Ab in ihrer Ehe zermürbte sie beide und man beschloss, sich eine Auszeit zu gönnen. Hin und wieder trafen sie sich, oft eher zufällig. Sie fielen in neu entfachter Leidenschaft übereinander her und stellten nach wenigen Monaten fest, dass ihr eigentliches Problem nach wie vor bestand: sie konnten nicht zusammenleben.

    1901 schließlich ließen sie sich in Genf durch das Konzil scheiden. Zehn Jahre später trafen sie sich noch einmal und fielen wieder übereinander her.

    Aber Rowena verschwand damals, hinterließ Tristan nur einen kleinen Zettel.

    `Ich werde dich immer lieben, aber was tun wir uns an? Verzeih. Es ist besser so. Ro´

    Nun waren einhundert Jahre vergangen. Durch Zufall trafen sie wieder aufeinander, als Jannik Cerný sie und Tristan um Hilfe bat. Das war jetzt drei Monate her und als ob keine einhundert Jahre dazwischen gelegen hätten entflammte ihre Leidenschaft füreinander von Neuem.

    Und doch war es diesmal anders!

    Tristan suchte ständig ihre Nähe, vor allem nachdem sie vor dem `Psycho´, eine Diskothek in Berlin, fast getötet worden waren. Er führte sie ins Kino aus, sie besuchten Theater- und Musicalvorstellungen, gingen in Museen oder machten lange Spaziergänge.

    Tristan schien süchtig nach ihr geworden zu sein.

    >Hat er sich etwa wirklich neu in mich verliebt? < Rowena hatte Angst, dass das der Fall sein könnte.

    „Stopp, Tris!", sagte sie leise.

    Goldene Augen sahen in violette und ein irritierter Ausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit. Er war erregt, seine Haut schien zu glühen und sein Atem kam stoßweise.

    „Wir müssen reden."

    Tristan hielt vor Schreck die Luft an, dann setzte sich ein schmerzhafter Ausdruck auf sein Gesicht. „Tu mir das nicht an, Ro!", bat er heiser.

    Rowena kannte den Gesichtsausdruck. Ihre Befürchtungen bewahrheiteten sich.

    „Tristan, geh bitte von mir runter." Ihre Stimme war leise und ruhig und sie sah ihm fest in die Augen.

    Er presste seine Lippen aufeinander und rollte sich von Rowena runter. Dann setzte er sich in eine Ecke des großen Bettes und deckte seine Blöße zu. Mit offenem Mund und gerunzelter Stirn sah Tristan seine Exfrau an.

    „Tristan, hast du mich gerade `Liebling´ genannt?"

    Er schluckte, dann nickte er stumm.

    Rowena setzte sich auch auf, raffte ein Kissen vor ihrer Brust und rieb sich erschöpft die Stirn. Das tat sie immer, wenn sie vor einer schier ausweglosen Situation zu stehen schien.

    „Hast du dich … in mich verliebt?"

    Tristan sah sie verletzt an. „Ob ich …? Ro, ich habe nie aufgehört, dich zu lieben!"

    >Scheiße! < Rowena holte lange und tief Luft, dann schüttelte sie den Kopf. „Tris, das geht nicht gut zwischen uns. Und das weißt du!"

    Er schüttelte trotzig den Kopf, seine langen, dunkelblonden Haare umspielten die nackten, kräftigen Schultern. „Es ist dieses Mal anders, Ro. Das spüre ich. Bitte, gib´ uns noch einmal eine Chance!"

    Rowena sah in die Augen, die ihr so vertraut waren. Ja, sie liebte Tristan auch, aber sie war einfach nicht fähig, mit ihm eine gemeinsame Zukunft zu planen, zu führen. Bedauernd schüttelte sie den Kopf. „Tris, es tut …"

    „Nein, Rona! Nein! Sag das nicht, verstanden? Seine Augen blitzten jetzt dunkelgrün auf. Es war ihm verdammt ernst. „Als wir uns bei Jannik trafen, vor drei Monaten, da war es Bestimmung. Fast hundert Jahre habe ich versucht, dich aus meinem Kopf, aus meinem Herzen zu verbannen Aber ich habe es nicht geschafft. Ich habe dich dasitzen sehen und alles, was ich mir zurechtgelegt hatte, wenn ich dir jemals wieder begegnen sollte, war weg. Einfach weg.

    Rowena schluckte hart. Es tat ihr weh, Tristan so leiden zu sehen, aber es änderte nichts an ihrem Entschluss. „Tristan, es ist besser, wenn wir es hier und jetzt beenden. Endgültig!"

    Der Laut, den der große, kämpferische Mann von sich gab, brach ihr das Herz und sie wusste, dass der Bruch dieses Mal wirklich für immer war.

    „Warum? Ist es, weil ich dir nicht genug bin?"

    Rowena sah ihn fragend an. „Ich verstehe nicht!"

    Ein bitteres Lachen prallte ihr entgegen. „Glaubst du, ich habe Stavros nicht an dir gerochen?"

    Rowena vergaß zu atmen. Ihr Denken setzte einen Moment aus.

    „Ich weiß ja, dass du frisches Blut brauchst. Dass du nicht nur auf die Blutkonserven zurückgreifen kannst. Und es ist auch okay, dass der Junge dich von sich trinken lässt. Aber musstest du gleich mit deinem Essen schlafen?"

    „Was?" Die Formulierung traf Rowena wie ein Faustschlag in den Magen.

    „Ich kann sehr wohl die unterschiedlichen Gerüche bestimmen. Blut und Sperma, Rowena." Tristan hatte jetzt fast schwarze Augen. Nichts war mehr in diesem Blick, was auch nur annähernd liebevoll war.

    „Es ist einfach passiert, Tris. Große Mutter! Als ob du tugendhaft wärst!"

    „Frage mich!", knurrte er.

    „Wie bitte?" Rowena verstand wirklich nicht, worauf er hinauswollte. Er hatte seinen Geist, seine Gedanken vor ihr verschlossen. Und selbst wenn er es nicht hätte so würde sie nicht so einfach in seine Gedanken schlüpfen. Das hatte sie schon damals nicht getan.

    „Frage mich, mit wie vielen Frauen ich geschlafen habe, seitdem wir vor genau 600 Jahren, auf den Tag genau, geheiratet haben." Tristans Stimme war eiskalt, ein grausamer Zug hatte sich um seine Lippen gelegt.

    600 Jahre? Heute? Heute war der Hochzeitstag?

    „Ich habe vergessen, dass wir …"

    „Ich nicht!, brüllte er, schoss quer über das Bett und packte sie an den Armen. „Frage endlich!

    „Wie viele?", schrie sie ihn an.

    „Keine … einzige", zischte er und öffnete seinen Geist, ließ sämtliche Barrieren fallen.

    Rowena sah seine Erinnerungen, fühlte seine Gefühle. Die guten wie die schlechten. Aber die Liebe zu ihr übertraf alles andere, sogar den Hass gegenüber Darius, Tristans Schöpfer.

    „Nein, hauchte sie und die Erkenntnis raubte ihr den Atem. „Es tut mir leid, Tristan. Ich … ich hatte ja keine Ahnung, dass …

    Wie ein verwundetes Tier schrie er kurz auf, entzog sich schnell ihrem Geist und ihrem Körper. Schluchzend stand er auf und begann, sich anzuziehen.

    Rowena starrte geschockt zur Zimmerdecke hinauf. „Tristan, bitte. Verzeih mir. Ich wollte dir n …"

    „Vergiss es einfach, Rowena. Er klang erschöpft. „Mach´ dir keine Sorgen wegen Stavros. Ich mache ihm keinen Vorwurf. Er hat von mir nichts zu befürchten.

    Rowena tastete nach ihrem Morgenrock und zog ihn sich umständlich über.

    „Ich möchte nur eins wissen, in Ordnung?" Sein verletzter Blick traf auf violette, panisch aufgerissene Augen.

    „Was?" Sie hatte beinahe Angst, zu Fragen.

    „Als wir verheiratet waren, und noch nicht getrennt, hast du da mit anderen Männern geschlafen, wenn ich auf dem Schlachtfeld war?"

    Nach all den Jahrhunderten überraschte sie die Frage jetzt. „Tristan, ich musste mich nähren, das weißt du!"

    Er erstarrte. „Ich auch, Rowena! Aber ich habe mich nur genährt. Ohne Sex. Das geht nämlich, weißt du!"

    Rowena merkte, wie sie vor Scham errötete. Noch nie hatte sie sich Gedanken über ihre ausgeprägte Libido gemacht. Warum auch? Schließlich erinnerten sich die meisten Männer hinterher nicht einmal an eine Nacht mit ihr. Außerdem entspannte es sowohl die Männer als auch sie selbst, während sie von ihnen trank.

    „Das ist nicht fair, Tristan", warf sie ihm vor.

    Tristan lachte erneut bitter auf. „Nicht fair? Ich habe dir vertraut, Rowena. Ich habe dich in deinen Bemühungen, die Medizin der Sterblichen zu studieren unterstützt. Ich habe dich überall hinbegleitet, damit du die Religionen der Welt erforschen konntest um aus ihnen neue Kräfte zu ziehen. Dann schlage ich irgendwo eine Schlacht, bin nur ein paar Wochen oder Monate von dir getrennt, und du fickst andere Männer! Und ich bin nicht fair?"

    Rowena war inzwischen aufgestanden, starrte über dreißig Zentimeter nach oben um Tristan in die Augen zu blicken. Ohne erkennbaren Ansatz verpasste sie ihm eine schallende Ohrfeige.

    Wäre Tristan sterblich, hätte er jetzt eine Gehirnerschütterung davongetragen, so heftig war der Schlag. Sein Kopf wurde nach hinten gerissen und er taumelte kurz. Allerdings mehr vor Überraschung als vor Schmerz. Ungläubig suchte er ihren Blick. Ein kleiner Blutfaden lief über seinem linken Mundwinkel.

    Rowena war über sich selbst erschrocken. In all den Jahrhunderten hatte sie ihn noch nie geschlagen. Und Tristan hatte Rowena nie geschlagen, egal, wie heftig sie sich auch gestritten hatten.

    „Tris, es tut …"

    „Hör auf, das zu sagen. Seine Stimme klang hohl, sein Blick war leer. „Geh´ lieber ans Telefon.

    Ohne ein weiteres Wort schnappte er sich seine Schuhe, drehte sich um und verließ fluchtartig Rowenas Eigentumswohnung im Berliner Stadtteil Zehlendorf.

    Rowena konnte nicht so ganz begreifen, was da gerade geschehen war. >Ich habe ihn verloren. Endgültig! Aus. <

    Mozarts Kleine Nachtmusik holte sie in die Realität zurück. Tief durchatmend ging sie zum Nachttisch und nahm das Handy.

    „Ja!" Ihre Hand tat durch den Schlag etwas weh, aber das würde nach ein paar Minuten wieder nachlassen. Der Schmerz in ihrem Herzen würde bleiben.

    „Herrin, hier ist Brian."

    Für einen Moment setzte Rowenas Herzschlag aus, dann zwang sie sich, ruhig weiter zu atmen.

    „Hallo, Brian. Auch wenn der Anlass vermutlich weniger schön ist, ist es aber schön, deine Stimme zu hören, mein Freund."

    „Ja, Herrin." Die knarzige Männerstimme mit dem starken, schottischen Akzent kratzte wie eine Erinnerung in ihrem Ohr.

    „Was ist geschehen?"

    „Es gab einen Toten."

    Rowena atmete hörbar scharf ein. Das in ihrer Heimat Menschen starben war nicht ungewöhnlich. Deswegen rief Brian Conelly auch nicht an. Selbst wenn der Verstorbene ein guter Freund oder nur ein Bekannter gewesen sein sollte.

    Außerdem lag etwas in der Stimme des Mannes, das Rowena alarmierte. „Ein Einheimischer?"

    „Nein. Ein Tourist aus Glasgow. Er kam ein bis zweimal im Jahr hierher. Wanderte, angelte, trank Bier und Whisky. Netter Mann. Ein Arzt."

    „Familie?"

    Der Mann am anderen Ende seufzte leise. „Geschieden, zwei Töchter. Wohnen bei der Mutter. Trotzdem sind die Hinterbliebenen erschüttert."

    Rowena setzte sich wieder auf ihr Bett, strich sich nervös über ihre Stirn. „Was ist genau passiert?"

    „Er wurde gerissen, Herrin. Zerfleischt. Ausgeweidet. Beinahe leer getrunken."

    Rowena konnte den zischenden Laut nicht unterdrücken, der ihre Lippen verließ.

    >Ein Wilder. Das ist nicht gut. <

    „Ich verstehe, Brian. Ich muss noch hier in Berlin ein paar Kleinigkeiten regeln, bin dann in etwa zwei bis drei Tagen zu Hause."

    „Ja, Herrin. Ich werde dein Haus für dich herrichten und die Sonderlieferung in Empfang nehmen."

    Rowena lächelte freudlos. „Danke, Brian. Du bist ein wahrer Freund. Ach, sage den anderen Bescheid, dass sie die Augen nach Fremden aufhalten sollen. Solche, die sich merkwürdig verhalten, komisch aussehen und Einzelgänger sind. Solche, die Menschenansammlungen meiden. Aber keine Aktionen, bis ich da bin. Ich will mir selbst ein Bild machen, in Ordnung?"

    „Ja, Herrin. Scott Palatin, unser Inspektor, hat von dem Autopsiebericht und den Fotos Kopien gemacht und für dich in Sicherheit gebracht."

    „Sehr gut. Hast du die Leiche gesehen?"

    Brian zögerte einen Moment. „Ja, Herrin."

    „Dein Eindruck?"

    Wieder zögerte der Mann, dann seufzte er leise. „Verzeih, aber ich glaube, es war jemand von deiner Art, Herrin."

    Rowena lächelte, obwohl der alte Mann das nicht sehen konnte. „Brian, du musst dich nicht entschuldigen. Ich bin auch schon längst zu dieser Erkenntnis gelangt. Leider gibt es auch bei uns einige, die gegen Gesetze verstoßen. Aber ich finde den Mörder. Und dann kehrt am Loch Oich wieder Ruhe ein. Versprochen."

    „Ich weiß, Herrin. Du beschützt uns. Nach all den Jahren wachst du noch immer über uns."

    „Ihr seid meine Familie, meine Nachkommen. Mein Herzschlag."

    Der alte Mann am anderen Ende räusperte sich leicht. „Also dann in spätestens drei Tagen."

    „Ja, Brian. Ich werde kommen."

    Kapitel 2: Reisevorbereitungen

    Rowena parkte ihren Smart in der Straße, in der die Tanzschule von Tobias Kerner lag. Sie hoffte, dass er es ihr nicht krummnahm, wenn sie unangemeldet erscheinen würde, aber sie musste mit ihm reden. Sie brauchte jetzt jemanden, dem sie vertrauen konnte, der ihr zuhören würde. Schließlich verband sie und Tobias sehr viel, quasi eine gemeinsame Vergangenheit.

    >Warum mache ich mir eigentlich was vor? Ich möchte mit ihm reden, weil ich jemanden zum Reden brauche! Punkt. <

    Rowena wollte gerade aussteigen, als die schwere Eingangstür des Hauses von innen geöffnet wurde. Eine junge, nicht besonders große Frau mit braunen Haaren und Brille verließ das Haus, Tobias stand direkt hinter ihr im Hauseingang. Sie unterhielten sich noch kurz, lächelten sich zu. Dann drehte sich die Frau um und Tobias sah ihr hinterher.

    Neugierig schlüpfte Rowena in den Kopf des Mannes. >Ich mag Hanna. Aber mehr darf es einfach nie sein! <

    Rowena runzelte die Stirn. Dann schüttelte sie die dunklen Gedanken beiseite und sendete Tobias eine Botschaft. >Tobi! Ich bin´s. Rona. Hast du Zeit? <

    Tobias stand stocksteif da, sah sich verblüfft um. Dann sah er, wie Rowena Mc Dougall aus dem Smart stieg und ihm zuwinkte. Er lachte leicht und winkte die blonde Frau zu sich.

    „Hallo, Tobi!" Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dabei wurde ihr wieder schmerzhaft bewusst, wie ähnlich er und Tristan sich sahen. Die gleichen Gesichtszüge, die grünbraunen Augen, die dunkelblonden Haare mit der hohen Stirn.

    Und doch waren sie so verschieden.

    Tobias war meistens eher schwermütig, beinahe depressiv, während Tristan einfach nur düster wirkte. Rowena mochte Tobias von ganzem Herzen, aber sie hatte kein Interesse an ihm. Was für ihre Verhältnisse außergewöhnlich war. Nach dem gestrigen Streit mit Tristan waren ihre Interessen ohnehin in den Keller gerutscht, nach ganz tief unten.

    „Was ist los, Rona?"

    „Ich muss mit jemanden reden, Tobi, gestand sie ihm. „Und du bist nach Tristan und Jan der Einzige, dem ich so ziemlich hundertprozentig vertraue.

    Tobias runzelte kurz die Augenbrauen, nickte aber. „Komm rein. Du kennst dich ja aus."

    Rowena war schon einmal hier gewesen. Damals war Jannik Cerný von den `Kriegern des Reinen Glaubens´ entführt und durch Dimítrios Kapodistrias gefoltert worden Tobias Kerner hatte im Schlaf eine Vision der Entführung und der ersten Folterungen gehabt und Tristan alarmiert. Daraufhin waren Tristan und Rowena sofort zu Tobias gefahren, hatten alles erfahren und sämtliche Vampire Berlins und Brandenburgs in Alarmbereitschaft gesetzt. Benjamin Goldstern war aus dem Ruhrpott dazu gestoßen und Adolar Cerný kam mit seiner jungen Frau Nicole und zwei Freunden, die dort gerade aus geschäftlichen Gründen im Lande waren, aus Tschechien angereist.

    Rowena betrat die Wohnung des jungen Vampirs und sah sich um. Damals hatte sie aufgrund der Notlage keinen Blick für die Wohnung gehabt. Der Eingangsbereich war in einem mediterranen Stil gehalten, die Auslegeware hochwertig und flauschig. Rowena zog sich ihre Schuhe aus und folgte Tobias in das riesige Wohnzimmer, das von einer Sofalandschaft beherrscht wurde. Stuckarbeiten an den Decken der hohen Altbauwohnung waren farblich herausgearbeitet worden. Tobias hatte keine Schrankwand, sondern offene Regale mit Fernseher, Bücher, CDs und DVDs, sowie einige Accessoires.

    „Dein Stil gefällt mir. Männlich sparsam und

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