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Dunkle Tiefen der Seele
Dunkle Tiefen der Seele
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eBook344 Seiten4 Stunden

Dunkle Tiefen der Seele

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Über dieses E-Book

Warum musste Fred Kowalski, Hauptkommissar beim Morddezernat Hamburg, sterben?
Und dann trifft es drei Tage später auch noch seinen Zwillingsbruder Paul, der kurz zuvor eine junge Frau vergewaltigt und getötet hat. Auch er wird vergiftet. Zufall?

Wie ein Schemen taucht der unheimliche Mörder auf und verschwindet nach jeder neuen Tat so spurlos, als hätte es ihn nie gegeben.
Er will sich rächen. Doch wofür?

Und welches geheimnisvolle Band verknüpft den Künstler Voltaire mit dem skrupellosen Paul?

Die schöne Galeristin Julia van Dangen hat den Mörder gesehen. Auf Anraten des Kommissars Sven Sörensen und der Psychiaterin Karla, ihrer Schwester, zieht sich Julia auf die Baleareninsel Mallorca zurück, um der Gefahr eines Mordanschlags zu entfliehen.

Hier lernt sie den zehnjährigen, gehbehinderten Roul und dessen Großmutter Tessa Alvarez kennen, die über die Gabe des zweiten Gesichts verfügt.
Wird Tessa Julia vor dem Mörder schützen können?

Und wird die zart keimende Liebe zwischen Julia und Kommissar Phil Thomsen Erfüllung finden?

In einem spektakulären, überraschenden Finale klären sich die Zusammenhänge, Rätsel und das Motiv des schemenhaften Mörders.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum19. Jan. 2015
ISBN9783738012200
Dunkle Tiefen der Seele

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    Buchvorschau

    Dunkle Tiefen der Seele - Bärbel Junker

    ZUM BUCH

    Warum musste Fred Kowalski, Hauptkommissar beim Morddezernat Hamburg, sterben? Und dann trifft es drei Tage später auch noch seinen Zwillingsbruder Paul, der kurz zuvor eine junge Frau vergewaltigt und getötet hat. Auch er wird vergiftet. Zufall?

    Wie ein Schemen taucht der unheimliche Mörder auf und verschwindet nach jeder neuen Tat so spurlos, als hätte es ihn nie gegeben. Er will sich rächen. Doch wofür?

    Und welches geheimnisvolle Band verknüpft den Künstler Voltaire mit dem skrupellosen Paul?

    Die schöne Galeristin Julia van Dangen hat den Mörder gesehen. Auf Anraten des Kommissars Sven Sörensen und der Psychiaterin Karla, ihrer Schwester, zieht sich Julia auf die Baleareninsel Mallorca zurück, um der Gefahr eines Mordanschlags zu entfliehen.

    Hier lernt sie den zehnjährigen, gehbehinderten Roul und dessen Großmutter Tessa Alvarez kennen, die über die Gabe des zweiten Gesichts verfügt. Wird Tessa Julia vor dem Mörder schützen können?

    Und wird die zart keimende Liebe zwischen Julia und Kommissar Phil Thomsen Erfüllung finden? In einem spektakulären, überraschenden Finale klären sich die Zusammenhänge, Rätsel und das Motiv des schemenhaften Mörders.

    VERWECHSLUNG!

    Als Fred Kowalski an diesem strahlend schönen Sommertag erwachte wusste er, etwas Schreckliches würde geschehen. Er starrte gegen die Zimmerdecke und schalt sich einen Narren, doch das ungute Gefühl blieb. Seufzend schlug er die weiche Daunendecke zurück und stand auf.

    Nach dem Duschen fühlte er sich zwar besser, aber eine düstere Vorahnung blieb. Ein gutes Frühstück mit frischen Brötchen wird die düsteren Gedanken schon vertreiben, dachte Fred, und schlüpfte eilig in Jeans, T-Shirt und Lederjacke.

    Wenig später öffnete er die Tür zum Bäckerladen und trat ein. An dem einzigen Caféhaustisch neben der Eingangstür stand ein schwarz gekleideter Mann, der die Morgenzeitung las. Als Fred an ihm vorbeiging hob er den Kopf mit dem breitkrempigen schwarzen Hut und starrte ihm hinterher; und obwohl die dunklen Brillengläser die Augen des Fremden verbargen, spürte er deren stechenden Blick wie Nadelstiche auf seiner Haut.

    Fred bezahlte hastig seine drei Vollkornbrötchen, um den Augen hinter den dunklen Gläsern zu entfliehen. Mit knurrendem Magen eilte er nach Hause. Als er jedoch vor dem Teller mit den belegten Brötchen saß, verging ihm plötzlich der Appetit. Er nippte an seinem Kaffee und starrte vor sich hin.

    Was war bloß mit ihm los?

    Da hatte er nun endlich mal einen freien Tag und wusste nichts Besseres damit anzufangen, als trübsinnig in seine Tasse zu starren.

    Der Türsummer schreckte ihn auf. Wer mochte das sein? Er erwartete keinen Besuch und wollte auch niemanden sehen. Er würde einfach nicht aufmachen. Doch er hatte nicht mit der nervtötenden Ausdauer seines ungebetenen Besuchers gerechnet. Das Klingeln hielt an.

    „So eine Frechheit", schimpfte Fred. Er sprang auf und eilte zur Wohnungstür. Durch den Spion erkannte er den Unbekannten aus dem Bäckerladen. War der Mann ihm etwa gefolgt? Und wenn schon! Er hatte absolut keine Lust sich auch noch in seiner Freizeit mit Fremden abzugeben. Er wollte seine Ruhe haben. Fred zuckte mit den breiten Schultern und wandte sich ab.

    „Bitte öffnen Sie, Herr Kowalski. Ich weiß, dass Sie zu Hause sind."

    Fred fühlte sich ertappt und öffnete zögernd die Tür. „Ja, bitte?, fragte er verlegen. „Kennen wir uns?

    „Nein, aber ich muss Sie unbedingt sprechen. Sie sind doch bei der Polizei?"

    „Ja, das ist richtig, erwiderte Fred. „Was kann ich für Sie tun?

    „Darf ich kurz hereinkommen?, bat der Mann heiser. „Es ist wirklich wichtig. Ich glaube, meine Schwester befindet sich in großer Gefahr.

    Und obwohl ihn eine innere Stimme warnte und er üblicherweise keine Fremden in seine Wohnung ließ, siegte Freds Hilfsbereitschaft. Er öffnete die Tür. „Ich wollte gerade frühstücken. Darf ich Ihnen eine Tasse Kaffee anbieten?, fragte er auf dem Weg zum Esszimmer. Der Mann nickte. „Schwarz, bitte, sagte er, und Fred holte eine zweite Tasse Kaffee aus der Küche.

    Als er zurückkam, hatte der Mann bereits am Tisch Platz genommen. Fred stellte die Tasse auf den ovalen Mahagonitisch und nahm dem Fremden gegenüber Platz. „Also, was kann ich für Sie tun?", fragte er, wobei er befremdet die in feinen Lederhandschuhen steckenden Hände seines Besuchers musterte.

    „Eine unangenehme Hautkrankheit, erklärte dieser und hob die Tasse an den Mund. Er starrte Fred über den Tassenrand an. „Sie erkennen mich nicht, oder?, stieß er hervor.

    Fred runzelte die Stirn. „Ich habe Sie noch niemals zuvor gesehen, sagte er kühl und trank seinen Kaffee aus. „Wer sind Sie? Und was wollen Sie?

    „Meinen Namen erfahren Sie schon noch früh genug", entgegnete der schwarz gekleidete Besucher aggressiv.

    Jetzt wurde der Kerl auch noch frech! „Verlassen Sie sofort meine Wohnung", verlangte Fred empört über den unverschämten Ton seines Besuchers.

    „Ich denke nicht daran", erwiderte dieser frech.

    Fred musterte ihn fassungslos. Das durfte doch nicht wahr sein! Er setzte zu einer gepfefferten Antwort an, brachte jedoch keine Silbe hervor. Seine Mundhöhle verwandelte sich von einer Sekunde auf die andere in kochend heiße Lava, die sich brennend in seinen Rachen ergoss, ihm den Schweiß aus sämtlichen Poren trieb und seinen bräunlichen Teint grünlich verfärbte.

    „Ist Ihnen nicht gut?", drang die Stimme seines Besuchers so dumpf wie durch eine dichte Nebelwand an sein Ohr.

    „Mir ist plötzlich so übel, murmelte Fred unter einem, bis ins Mark gehenden, Kälteschauer erbebend. Er riss sich zusammen und starrte den Mann aus blutunterlaufenen Augen an. „W...was wo .... Eine plötzliche Hitzewelle nahm ihm den Atem. Stechende Schmerzen tobten durch seine Gedärme. Sein schweißüberströmtes Gesicht verzog sich gequält.

    „Was ist nur plötzlich mit mir los?, flüsterte er mit verzerrtem Gesicht. Er hatte Mühe beim Atmen. Unerträgliche Kälteschauer vertrieben die Hitze, breiteten sich in seinem Körper aus und kristallisierten die Schweißperlen auf seinem Gesicht. „W...wer si...sind Sie?, stammelte er unter Qualen. Sein Besucher starrte ihn an. „Bitte, helfen Sie mir", keuchte Fred. Er versuchte aufzustehen, doch seine kraftlosen Beine trugen ihn nicht. Er stürzte, schlug schwer auf dem Boden auf und blieb zusammengekrümmt liegen. Mein Gott! Ich sterbe, schoss es ihm durch den Kopf.

    Ein Stuhl wurde zurückgeschoben. Schritte näherten sich. Kurz darauf ragte der unheimliche Fremde wie ein Rachegott über ihm empor und starrte aus funkelnden Augen auf ihn und sein Elend herab.

    Fred sah stöhnend in das mitleidlose Gesicht über sich. Bittend hob er die Hände. „Helfen Sie mir", flehte er unter einer neuerlichen Schmerz- und Kältewelle erbebend.

    „Helfen?! Ausgerechnet dir soll ich helfen?, stieß der Mann hasserfüllt hervor. „Von wegen! Ich werde sie rächen, du verdammter Mistkerl!, keifte er mit sich überschlagender Stimme. „Na, fällt endlich der Groschen?"

    „Wer – wer ...?", stöhnte Fred. Doch ein entsetzlicher Krampf in seinen Eingeweiden verhinderte jedes weitere Wort.

    „Wer, wer, äffte ihn sein herzloser Besucher nach. „Du weißt, weshalb ich gekommen bin. Ich sagte doch: Ich werde sie rächen, zischte er. „Du fragst dich wie? Na, wie wohl!"

    „Du stirbst!

    Du stirbst hier und jetzt, und ich werde deinen Todeskampf bis zur letzten Sekunde genießen."

    „Wo...wovon reden Sie?", presste der todgeweihte Mann mit letzter Kraft hervor. Gift! Der Kaffee! schoss es ihm blitzartig durch den Kopf. Er hat mich vergiftet. Und er hat Recht! Ich sterbe wirklich. Mit allen Fasern seines Körpers spürte er das Absterben seiner Glieder; und das grauenhafte Kältegefühl war kaum noch zu ertragen. Seine Atmung verlangsamte sich von Sekunde zu Sekunde. Er spürte den nahenden Tod.

    Aber ... W A R U M ?!

    Wieso sprach der Mann von Rache? Rache wofür? Und woher sollte er ihn kennen? War der Fremde verrückt?

    Dieser ragte noch immer über ihm auf und starrte hasserfüllt auf sein Opfer herab. „Sieh her", knurrte er und nahm die große Sonnenbrille ab. Vorsichtig rieb er sich mit einem Taschentuch die Schminke ab.

    Fred starrte in das Gesicht. Er kannte es, aber woher? Und obwohl dem Tod bereits so nah, arbeitete sein Polizistengehirn noch immer tadellos. Er sah den kaum verheilten tiefen Riss über der Augenbraue und die im Abklingen begriffenen Blutergüsse, registrierte die blauvioletten Flecken auf den Wangen ebenso wie die lange, kaum verheilte Narbe am linken Nasenflügel. Schlimme Verletzungen von brutaler Menschenhand, erkannte Fred. Nur, was hatte das mit ihm zu tun?!

    Er versuchte zu sprechen, brachte aber nur ein unverständliches Krächzen hervor. Dafür begann sein mitleidloser Besucher zu reden. Doch vorher erhielt Fred einen Tritt in die Rippen, den er jedoch schon nicht mehr spürte. Er sah ihn zwar kommen, doch der Schmerz blieb aus; seine Gliedmaßen waren bereits abgestorben.

    Was für ein Gift hat mir der Verrückte verabreicht, überlegte er. Strychnin? Blausäure? Nein, Blausäure nicht; den Geruch hätte ich bemerkt. Also Strychnin? Nein, auch nicht. Die Symptome sind anders, und der Tod stellt sich schneller ein. Aber schließlich war das für ihn nicht mehr wichtig. Er starb so oder so. Was sagte der Mann gerade?

    „... und ich dachte noch: Geh zur Polizei. Schalte die Polizei ein. Ausgerechnet die Polizei! Du Perversling bist doch die Polizei! Mein Gott! Wie ich dich hasse!, keuchte der Unbekannte und versetzte Fred noch einen Tritt. „Weißt du jetzt, weshalb ich gekommen bin?, zischte er.

    „Nei...ein", stöhnte Fred.

    „Aber jetzt?", keuchte der Mann und riss sich den Schlapphut vom Kopf.

    „Wa...as? Wie...wieso?!", stöhnte Fred.

    „Na? Begreifst du jetzt?"

    Fred versuchte zu sprechen, zu fragen, zu erklären, brachte jedoch nur ein einziges Wort hervor:

    „VERWECHSLUNG"

    Sein Mörder starrte ihn an.

    „VERWECHSLUNG!", keuchte Fred entsetzt. Und in einer letzten Erkenntnis, bereits auf den Stufen ins Jenseits, schoss ihm ein Name durch den Kopf:

    PAUL! Mein Gott! PAUL!

    Sein durchtrainierter Körper bäumte sich auf. Ein letztes, gequältes Stöhnen. Dann Stille.

    Es war vorbei. Fred Kowalski war tot.

    Minutenlang starrte der Mörder auf den Toten zu seinen Füßen. Endlich hatte er sich gerächt! Drei Tage lang hatte er Fred Kowalski beobachtet und verfolgt; hatte nach einer Chance gesucht es ihm heimzuzahlen. Und es war ihm gelungen!

    Er starrte auf den Leichnam und ... fühlte nichts. Wo blieb der Triumph dieses Monster bestraft zu haben? Wo, das euphorische Gefühl der Genugtuung? Nur Leere. Absolute Leere.

    „Er hat den Tod verdient!", rief der Mörder in die Stille des Raumes und zuckte vor dem Klang seiner eigenen Stimme erschrocken zurück. Hastig stülpte er sich den Hut über den Kopf und zog ihn tief ins Gesicht. Jetzt noch die Sonnenbrille! Er musste hier raus! Plötzlich bekam er keine Luft mehr. Die Stille des Raumes drohte ihn zu erdrücken. Er hastete aus dem Zimmer und öffnete vorsichtig die Wohnungstür. Er lauschte. Nichts! Im Treppenhaus hielt sich niemand auf. Geräuschlos zog er die Tür hinter sich zu und eilte die Treppe hinunter. Aufatmend trat er in den hellen Tag hinaus. Mit ruhigen Schritten ging er davon.

    DER ZWILLINGSBRUDER

    Kommissar Sven Sörensen starrte auf den vor ihm liegenden Bericht des Gerichtsmediziners. Das konnte doch nicht wahr sein! Wer sollte seinem Partner etwas so Entsetzliches antun? Und doch wurde da in nüchternen Worten der grausame Todeskampf seines besten Freundes beschrieben:

    Fred war durch Aconitin, dem Hauptalkaloid des "Aconitum napellus – auf Deutsch: „Blauer Eisenhut" – aus der Familie der Hahnenfußgewächse, Ranunculaceae, getötet worden. „Eine äußerst seltene Tötungsart", hatte der Polizeiarzt gesagt.

    „Wie schnell wirkt das Gift?", hatte er gefragt.

    „Schnell. Sehr schnell", war die Antwort des Mediziners gewesen.

    Auf die Frage, ob Fred hatte leiden müssen, hatte ihn der Arzt stumm angesehen und nach einer Weile leise gefragt: „Sind Sie sicher, dass Sie das wirklich wissen möchten? Er war doch Ihr Freund, oder?"

    „Ja, Doktor. Er war mein bester Freund und gerade deshalb muss ich es wissen. Ich muss alles wissen, und sei es noch so fürchterlich, nur dann kann ich seinen Mörder finden."

    „Also gut. Dann also die Wahrheit und nichts als die Wahrheit, hatte der Arzt geseufzt. „Ja, er hat gelitten. Da gibt es nichts zu beschönigen. Aconitin verursacht bereits wenige Minuten nach der Aufnahme folgende Symptome: Starkes Brennen im Mundbereich; Schweißausbrüche und Frösteln; dann Übelkeit, Erbrechen verbunden mit unerträglichem Kältegefühl. In der Endphase sterben die Gliedmaßen ab, die Atmung verlangsamt sich und nach etwa zwanzig Minuten tritt der Tod ein, dozierte der Arzt, wobei er Svens entsetzten Blick mied.

    „Mein Gott", hatte er kreidebleich gemurmelt und sich überstürzt verabschiedet. Er war zur Toilette geeilt und hatte sich fast die Seele aus dem Leib gewürgt. Und jetzt saß er hier, las immer wieder den sachlichen Bericht des Arztes und vermochte es doch nicht zu glauben.

    Er hatte seinen Freund gefunden. Hatte ihn mit gebrochenen Augen auf dem Teppich des Esszimmers liegend gefunden. Entsetzlich war es gewesen, so entsetzlich, dass der Anblick sich in allen grausamen Einzelheiten wie ein Foto in sein Gedächtnis gebrannt hatte. Er wurde es einfach nicht mehr los. Doch vielleicht würde es verblassen und durch ein schöneres aus glücklichen Tagen ersetzt werden, sobald Freds Mörder seine gerechte Strafe erhalten hatte. Jedenfalls hoffte er das aus tiefstem Herzen. Sven strich sein dichtes, dunkelblondes Haar aus der Stirn und seufzte.

    „Die Ergebnisse der Spurensicherung", sagte sein Kollege Tom Curtis so dicht an seinem Ohr, dass er erschrocken herumfuhr und Curtis den Bericht aus der ausgestreckten Hand schlug. Eine Entschuldigung murmelnd raffte Sven hastig die einzelnen Blätter zusammen, während sein Kollege kopfschüttelnd davonstiefelte.

    Aber dessen Freund war Fred ja schließlich auch nicht gewesen, dachte Sven und begann zu lesen.

    „Verdammt, nichts Neues. Keine Spur. Nicht das winzigste Indiz. Einfach gar nichts", murmelte er verzagt. Wer, zum Teufel, konnte auf die wahnsinnige Idee verfallen einen Mann wie Fred umzubringen? Einen Mann, der die Höflichkeit und Hilfsbereitschaft in Person gewesen war? Er konnte sich einfach kein Motiv für diese Tat vorstellen.

    GEWESEN! JA! GEWESEN!

    Die entsetzliche Wirklichkeit erglühte in Leuchtbuchstaben vor seinem inneren Auge.

    GEWESEN! AUS UND VORBEI!

    Nie wieder Freds warmes Lachen, seine Freundlichkeit und sein Verständnis. Svens Augen füllten sich mit bitteren Tränen. Gramerfüllt vergrub er das Gesicht in seinen bebenden Händen. Er litt schrecklich unter dem plötzlichen Verlust seines Freundes. Ihn bei einem Polizeieinsatz zu verlieren wäre schlimm genug gewesen, ihn jedoch unter diesen Umständen zu verlieren, machte ihn fix und fertig.

    Er rang um Fassung; und der Gedanke an das verweinte Gesicht von Freds Freundin half ihm dabei. Wie musste ihr erst zu Mute sein. Er hatte seinen besten Freund verloren, Karla jedoch ihren Lebenspartner nach kaum einem halben Jahr. Traurig dachte er an die wundervollen Abende, die er zusammen mit Fred und Karla verbracht hatte.

    Wie sehr hatte er seinen Freund heimlich um diese kluge und bezaubernde Frau beneidet. Jetzt schämte er sich dafür, obwohl kein schlechter Gedanke in ihm gewesen war. Nur Bewunderung und die Hoffnung, auch irgendwann einmal einer solchen Frau zu begegnen. Nach Freds Tod sei er ihr eine wichtige Stütze in ihrem Leid, hatte sie ihm weinend gestanden. Er war sehr glücklich über ihr Vertrauen. Er würde sie niemals enttäuschen!

    „Sven, du sollst zum Chef kommen, drang die dunkle Stimme seines neuen Partners Phil Thomsen, einem langjährigen Freund von Fred und ihm, in seine Gedanken. „Alles in Ordnung?, fragte Phil.

    „Danke, es geht schon, murmelte Sven. „Was will der Alte von mir?

    „Es geht wohl um den Mord an Fred."

    Sven nickte und stand auf. Als er nach kurzem Anklopfen das geräumige Büro seines Chefs betrat, stach ihm sofort ein dicker Aktenstapel ins Auge, der ihn innerlich aufstöhnen ließ. In einer blitzartigen Vision sah er sich in Hemdsärmeln nächtelang, mit vor Übermüdung tränenden Augen, davor sitzen. Seine Vision sollte sich bewahrheiten.

    „Das sind von Fred Kowalski erfolgreich bearbeitete Fälle, wo die Täter bei ihrer Festnahme oder im Gerichtssaal Drohungen gegen ihn ausgestoßen haben. Einer von ihnen könnte sein Mörder sein. Überprüfen Sie das, Sörensen", verlangte sein Boss.

    Sven runzelte die Stirn und heftete seine graublauen Augen zweifelnd auf den umfangreichen Aktenstapel. „Ich glaube nicht, dass wir den Täter unter den üblichen Verbrechern finden werden, meinte er skeptisch. „Die Tötungsart passt ganz einfach nicht zu einem Profi.

    „Und weiter?"

    „Ein Profi hätte Fred erschossen oder erstochen oder vielleicht mit einem Sprengsatz in die Luft gejagt, aber ihn doch nicht mit einem so ausgefallenen Gift wie Aconitin umgebracht, noch dazu in seiner Wohnung. Fred hätte doch keinen Ganoven hereingelassen und ihm auch noch Kaffee angeboten."

    „Trotzdem könnte die Tat ein Racheakt gewesen sein."

    „Aber von wem? Fred war äußerst vorsichtig und ließ so leicht niemanden zu sich herein", wandte Sven ein.

    „Es könnte die Frau, die Schwester oder die Freundin irgendeines, von Fred dingfest gemachten Verbrechers gewesen sein."

    „Vielleicht, aber ich glaube nicht daran."

    „Also gut, Sörensen, da wir diese Theorie jedoch auch nicht völlig ausschließen können, werden Sie die Akten trotz Ihrer Skepsis durcharbeiten und zwar möglichst schnell. Phil Thomsen kann Ihnen dabei helfen", beharrte sein Boss auf seinem Standpunkt. Sven klemmte sich wortlos die Akten unter den Arm und ging.

    „Verdammter Mist, fluchte er in seinem Büro und klatschte den Aktenstapel wütend auf seinen Schreibtisch. Dann teilte er ihn in zwei gleich hohe Stapel auf und legte einen davon seinem Partner auf den Tisch, dem das Grinsen schlagartig verging. „Arbeit für dich, Phil. Zwar wird sie uns keinen Schritt weiterbringen und nur unsere kostbare Zeit stehlen, doch unser hoher Chef wünscht es so, sagte Sven sauer.

    Mit einem undefinierbaren Ausdruck in seinen haselnussbraunen Augen sah Phil ihn an.

    „Was ist? Sitzt meine Krawatte schief oder weshalb starrst du mich so an?", fragte Sven gereizt.

    „Nein, mit deiner Krawatte ist alles in Ordnung. Mir ging nur gerade etwas durch den Kopf."

    „Und was, wenn ich fragen darf?"

    „Du darfst. Ich überlegte gerade, ob du schon Freds Familie benachrichtigt hast."

    „Was denn für eine Familie?, fragte Sven unwirsch. „Freds Eltern sind tot und außer seiner Freundin Karla kenne ich niemanden, der von seinem Ableben unterrichtet werden müsste.

    „Und sein Bruder?"

    „Sein Bruder? Machst du Witze?", stieß Sven hervor. „Ausgerechnet sein Bruder Paul! Der hat Fred doch nur Ärger und Kummer bereitet. Fred hat schon vor Jahren jede Verbindung zu ihm abgebrochen; und er würde ihn auch nicht auf seiner Beerdigung haben wollen. Ich nehme jedenfalls keinen Kontakt zu ihm auf. Dieser Paul ist ein ganz übles Subjekt und Fred konnte ihn nicht ausstehen", sagte Sven erregt.

    „Kennst du Freds Bruder persönlich?"

    „Nein, aber was Fred über ihn erzählte reicht mir. Ich lege nicht den geringsten Wert auf seine Bekanntschaft. Was soll diese dämliche Fragerei eigentlich?, knurrte Sven. „Was geht uns dieser Paul an? Anstatt über Freds unerfreulichen Bruder zu palavern, sollten wir lieber seinen Mörder suchen.

    „Eben", erwiderte Phil lapidar.

    „Eben?! Was soll denn das nun wieder heißen? Also wirklich, Phil, manchmal werde ich einfach nicht schlau aus dir, nörgelte Sven. „Eben! So was Blödes aber auch.

    „Das ist nicht so blöde wie du meinst", verteidigte sich sein Freund.

    „Und wieso nicht?"

    „Weil wir meiner Meinung nach den Fall von einer ganz anderen Seite anpacken sollten."

    „Und welcher?"

    „Ich denke, dass wir uns unbedingt mit diesem Bruder befassen sollten. Schließlich ist ..."

    „Warum das denn?", unterbrach ihn Sven.

    „Na ja, das Interessante daran ist doch, dass es sich bei diesem Bruder um einen Zwillingsbruder handelt, oder?"

    „Und wenn schon. Was ist daran so ungewöhnlich?"

    „Aber Sven, verstehst du denn nicht?

    Ein ZWILLINGSBRUDER!

    Was ist, wenn jemand Fred mit seinem Bruder Paul verwechselte?"

    Sven starrte Phil sprachlos an. „Du meinst, dieser Jemand tötete Fred versehentlich?", fragte er bestürzt.

    „Ja, genau. Vielleicht wollte der Mörder Paul töten und verwechselte ihn mit dem armen Fred. Was hältst du davon?"

    „Das wäre ja grauenhaft, stöhnte Sven. „Aber warum?

    „Das warum, müssen wir noch herausfinden falls meine Theorie richtig sein sollte."

    „Mein Gott, wäre das entsetzlich, wenn Fred für seinen miesen Bruder gestorben wäre", flüsterte Sven.

    „Bisher ist es ja nur eine Theorie."

    „Ja, aber sie könnte sich bewahrheiten. Deine Überlegungen sind nicht so einfach von der Hand zu weisen. Wir sollten diesen Paul aufsuchen, vielleicht hat Karla seine Adresse. Am besten fahren wir gleich zu ihr", schlug Sven vor und hatte es plötzlich eilig.

    „Einverstanden. Phil fuhr sich hastig mit dem Kamm durch sein welliges dunkles Haar, fuhr flink in seine Lederjacke und reckte unternehmungslustig seinen durchtrainierten Körper. „Von mir aus kann es losgehen.

    Sven, der ihn mit seinen fast zwei Metern um einen halben Kopf überragte, ließ ihm höflich den Vortritt.

    KARLA UND JULIA

    Dreißig Minuten später hatten sie ihr Ziel erreicht. Sven parkte den dunkelblauen BMW in einer Lücke vor dem gepflegten roten Backsteinhaus, in dem Freds Freundin eine komfortable Eigentumswohnung besaß.

    Karla freute sich über ihren Besuch und bat sie herein. Nachdem sie Sven mit einem freundschaftlichen Kuss auf die Wange begrüßt hatte, reichte sie Phil lächelnd die Hand.

    Sie wirkt heute viel gelöster und sieht nicht mehr so verweint aus, freute sich Sven und nahm ihren Arm.

    „Kommt bitte mit. Meine Schwester ist gerade zu Besuch, sagte Karla und führte sie ins Wohnzimmer. „Liebes, ich möchte dich mit Kommissar Sörensen und Inspektor Thomsen bekannt machen, sagte Karla und steuerte auf eine schlanke, junge Frau mit ebenholzschwarzem Haar zu, deren veilchenblaue Augen die beiden Männer aufmerksam musterten.

    „Und das ist meine Schwester Julia van Dangen", sagte Karla weich.

    Phil starrte Julia wie hypnotisiert an. Mein Gott, ist diese Frau schön, stöhnte er innerlich und setzte sich mit weichen Knien, nachdem er sie begrüßt hatte.

    „Es ist lieb von Ihnen, Karla in dieser schweren Zeit beizustehen", sagte Sven und setzte sich ebenfalls.

    „Ich erfuhr leider erst vor zwei Stunden von Karlas schmerzlichem Verlust, sonst wäre ich schon früher gekommen, erwiderte Julia mit samtweicher Stimme, die Phil prickelnde Schauer über den Rücken jagte. „Leider habe ich Karlas Freund nicht persönlich gekannt. Meine Schwester wollte ihn mir zwar vorstellen, dummerweise kam jedoch jedes Mal etwas dazwischen.

    „Wissen Sie, woran er starb?", fragte Sven.

    „Nein. Karla wollte es mir gerade erzählen, als es läutete."

    „Wir werden nicht lange stören, sagte Sven. „Nur ein paar Fragen an Karla und wir sind wieder weg.

    „Sie waren sein Freund?"

    „Ja, sein Freund und Partner."

    „Sein Partner?"

    „Ja, Julia. Fred war auch bei der Mordkommission", erklärte Karla mit schwankender Stimme.

    „Aha, bei der Mordkommission, murmelte Julia. „Du hast mir nie erzählt, dass dein Freund Polizist ist.

    „Ich weiß, aber Fred wollte es dir bei eurem ersten Zusammentreffen lieber selbst erzählen.

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