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Die Pueblo-Kulturen: Band 4 Anasazi, Fremont
Die Pueblo-Kulturen: Band 4 Anasazi, Fremont
Die Pueblo-Kulturen: Band 4 Anasazi, Fremont
eBook574 Seiten6 Stunden

Die Pueblo-Kulturen: Band 4 Anasazi, Fremont

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Über dieses E-Book

Die Publikation über Pueblos und Höhlenstätten erbauende Indianerkulturen aus dem nordamerikanischen Südwesten ist ein Sachbuch (ohne leseerschwerende Quellenangaben) mit sieben Kartenskizzen. Auf Abbildungen wurde aus Copyright-Gründen verzichtet und auf die riesige Anzahl von Bildern im Internet verwiesen, die auch der Autor nutzte. Die Publikation gibt einen Überblick über die archäologisch erschlossenen Kulturen und ihre Charakteristika. Alle vier Teile des Buches sind "einzeln" lesbar. Teil 1 umfasst "Grundsätze und Übersicht", im Folgenden erscheinen im Teil 2 die Hauptkultur der Mogollon mit Trincheras und Salado, im Teil 3 die Hohokam mit den Sinagua und Patayan und im Teil 4 die Anasazi mit den Fremont.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum29. Aug. 2014
ISBN9783847608929
Die Pueblo-Kulturen: Band 4 Anasazi, Fremont

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    Buchvorschau

    Die Pueblo-Kulturen - Werner-Wolf Turski

    Band 4 Anasazi, Fremont

    Die Bodenbauer-Dorf-Kulturen

    des nordamerikanischen Südwestens

    in der Zeit von 1 bis 1600 u.Z.

    von

    Dr.-Ing. Werner-Wolf Turski

    Teil 4

    Anasazi (allgemein, Chaco, Northern San Juan, Virgin, Kayenta, Little Colorado, Zuni, Rio Grande),

    Fremont

    4.1. Die Anasazi-Kultur (Allgemeine Übersicht) 4.1.1 Das Verbreitungsgebiet

    Die Anasazi-Kultur dominierte mit zeitlich unterschiedlicher Präsenz den wesentlichen zentralen Gürtel und den Süden des Colorado Plateaus mit einer „leichten westlichen Überschreitung bis zum heutigen Stausee Lake Mead und Las Vegas/Nevada. Nach Osten erstreckte sich diese Kultur über den wesentlichen Teil des Rio Grande Beckens in New Mexico bis zum Oberlauf des Pecos River. Hier gilt die Stadt Las Vegas bei Santa Fe als „Stichwort für den östlichsten „Verbreitungspunkt der Anasazi und auch der Südwestkultur. Der aus sprachlichen Gründen apostrophierte nördlichste „Verbreitungspunkt, die Stadt Durango/Colorado, müsste jedoch durch die nördlicher liegende Stadt Moab/Utah ersetzt werden. Als Südgrenze des Verbreitungsgebietes ist der südliche Rand des Colorado Plateaus ausreichend genau.

    Das Gebiet weist eine Ost-West-Ausdehnung von 950 bis 1000 km und eine Nord-Süd-Erstreckung von ca. 400 bis 500 km mit einer Fläche von ca. 350.000 bis 400.000 km² auf, die jedoch nie vollständig und gleichzeitig von Menschen dieser Kultur genutzt wurde. Zu bestimmten Zeiten bzw. ab einer bestimmten Zeit war ein Bereich dieses Gebietes von Trägern der Anasazi-Kultur verlassen.

    Das Gebiet des Colorado Plateaus kann in sechs topographische Bereiche/Sektionen unterteilt werden. Der höchste Bereich des Colorado Plateaus ist das Hochplateau von Utah, gekennzeichnet durch große Felsmassive und Terrassen mit Höhen bis zu 3.353 m NN in Zentral-Utah. Die nördlichste Sektion ist das Uinta Becken, ein ostwestlich verlaufendes, zerklüftetes Plateau der Uinta Mountains im nordöstlichsten Utah und nordwestlichsten Colorado. Südlich davon sind die Canyon Lands, ein von tiefen Canyons zerfurchtes Plateau. Dieser Bereich hat eine unscharfe Abgrenzung zum Navajo-Bereich, eine Region mit weniger und nicht so tiefen Canyons in Arizona, New Mexico und kleinen Teilen von Utah und Colorado. Die Grand Canyon Sektion umfasst den Grand Canyon, der von 2.100 bis 2.700 m NN hohen Plateaugebieten umgeben ist. Die Datil Sektion ist der südöstlichste Bereich in Arizona und New Mexico. Sie ist ein Land der Mesas und Täler und ist durch seine vulkanischen Erscheinungen gekennzeichnet.

    Im Beckenbereich des Plateaus waren die entsprechenden (mittleren) Flusslaufbereiche des Colorado River mit seinen östlichen Zuflüssen San Juan River und Little Colorado River und seinen nördlichen Zuflüssen Muddy River und Virgin River sowie der Vielzahl ihrer ganzjährig oder auch nur saisonal wirkender Nebenflüsse maßgeblich für die semiaride Landschaft und die in ihr lebenden prähistorischen Menschen. Östlich des die östliche Plateau-Grenze bildenden Kontinentalscheidenabschnitts dominierte der Rio Grande mit seinen Nebenflüssen seinen Beckenbereich.

    Die ökologischen Bedingungen sind so vielgestaltig wie diese Landschaft und wechselten über kürzere oder längere Zeiträume durch lokale und regionale Klimaveränderungen und beeinflussten dadurch sehr stark die kulturelle und gesellschaftliche Anpassungsfähigkeit der steinzeitlich agierenden Menschen und veranlassten u.a. auch zu Wanderungen – Abwanderungen und Einwanderungen – in dem Gebiet, in das Gebiet und aus dem Gebiet.

    4.1.2. Die territoriale Gliederung der Anasazi-Kultur

    Die Anasazi-Kultur ist die nördlichste der drei großen prähistorischen Kulturen des nordamerikanischen Südwestens und kann zweifelsfrei auf direkte heutige Nachkommen ihrer heute auch nach den Pueblo-Wohnstätten benannten Kultur verweisen.

    In dieser Darstellung wird der in der Literatur weit verbreitete Navajo-Begriff „Anasazi („Ahnen der Nachbarn, „Ahnen der Feinde") verwendet, obwohl er nicht den Bedingungen der political correctness entspricht, da die heutigen „Pueblo-Indianer für ihre Vorfahren eine Navajo-Bezeichnung in offiziellen Schriftstücken ablehnen, die sie in ihren Sprachen als „Ahnen bezeichnen.

    Aus Gründen der allgemeinen und allgemein verständlichen Verbreitung der Bezeichnung „Anasazi" und als Ausdruck prähistorischer Kontinuität nutze ich aber diesen Begriff weiter. Ich versichere aber allen heutigen Hopi, Zuni oder auch oft nur als Pueblo-Indianer bezeichneten Menschen, dass mir jegliche namensbedingte Herabsetzung ihrer Ethnie und Identität vollkommen fern liegt und ich ihnen und ihren hier beschriebenen Vorfahren meine größte Hochachtung für ihre lebens- und identitätserhaltende Anpassungsfähigkeit ausspreche.

    Ab der Zeitenwende entstanden aus den im Wesentlichen durch Jagd- und Sammelaktivitäten Nahrungsstoffe erlangenden kleinen und weit verstreuten Personengruppen mit einem sehr rudimentären Bodenbau in verschiedenen Regionen unterschiedliche Zweige der Anasazi-Kultur, die ab 900 u.Z. nach den mehr oder minder großen geographischen Bereichen ihrer Verbreitung benannt worden waren.

    Dies sind folgende Zweige der Anasazi-Kultur:

                Virgin Anasazi ................................................................ Western Anasazi

                Kayenta Anasazi ............................................................ Western Anasazi

                Little Colorado Anasazi .................................................... Western Anasazi

                Northern San Juan Anasazi/Mesa Verde Anasazi ................... Northern Anasazi

                Chaco Anasazi ............................................................... Central Anasazi

                Cibola Anasazi ... (wird auch den Mogollon zugeschrieben) .... Central Anasazi

                Rio Grande Anasazi .......................................................... Eastern Anasazi

    Die hier dargelegte Unterteilung des Anasazi-Kulturbereiches ist eine mögliche Form der Darstellung. Sie ist mit sieben Gruppen relativ differenziert. Es gibt auch die angedeutete Unterteilung in vier Gruppen, eine westliche, nördliche, zentrale und östliche Gruppe.

    Sie mussten sich an die in ihrem Bereich möglichen Wachstumszeiten, Temperaturspannen, Niederschlagsmuster, Naturressourcen, Jagdwild und Nahrungswildpflanzengemeinschaften anpassen. Jede Kultur und jeder Kulturzweig musste unterschiedliche Praktiken, technologische Fähigkeiten, Jagdstrategien, Sammeltechniken, Bodenbau- und Nahrungsstoffzubereitungsmethoden sowie Niederlassungsformen für den Bestand ihrer Menschengemeinschaft entwickeln.

    4.1.3. Die Anasazi-Chronologie

    Die Entstehung und Ausprägung der Anasazi-Kultur wird in verschiedene Abfolgenzeitschritte unterteilt. Als Grundlage gilt die sogenannte Pecos-Klassifikation, die von einigen Archäologen etwas modifiziert wurde, weil die Ansichten und auch die Zuordnung archäologischer Indizien über dieses große Kulturverbreitungsgebiet nicht uniform sind. Die folgende Darstellung versucht der Pecos-Klassifikation und verschiedenen differierenden Ansichten gerecht zu werden. Die einzelnen Zweige der Anasazi-Kultur haben oft aus der konkreten lokalen Situation von den Archäologen definierte eigene Chronologien und Bezeichnungen, die in textlichen Darstellungen meist mit der hier dargestellten Form der Pecos-Klassifikation und ihren Zeitbezeichnungen vermischt werden. Die verbalen Zeitbezeichnungen sind dann oft verwirrend. Es ist einfacher, sich immer nur auf die numerische Zeitangabe zu konzentrieren.

    Basketmaker II .........        1/ 50 bis   400/500 u.Z.

    Basketmaker III ........    400/500 bis   700/750 u.Z.

    Pueblo I ..................    700/750 bis   900 u.Z.

    Pueblo II .................          900 bis 1100/1150 u.Z.

    Pueblo III ................ 1100/1150 bis 1300 u.Z.

    Pueblo IV ................         1300 bis 1600 u.Z.

    4.1.4. Die kulturelle Formierung

    Da der Kulturzweig der im Bereich des Chaco Canyon ansässigen Anasazi als die „Mutterkultur" der Anasazi angesehen wird, ist die Periodencharakterisierung sehr stark von den Indizien dieses Zweiges geprägt und kann deshalb mehr oder minder stark von den archäologischen Belegen der anderen Kulturzweige abweichen.

    Die Anasazi-Kultur entstand aus der Oshara-Kultur schweifender Gruppen von JägerInnen und SammlerInnen eines ariden bis semiariden Hochlandgebietes, des Colorado Plateaus. Sie lebten saisonal abhängig in Höhlen oder auf Campplätzen im offenen Gelände. Sie nutzten für die Jagd Speere und Atlatl. Wichtige Werkzeuge waren zu Schlag- und Schneidzwecken hergerichtete Steine. Erste Kulturpflanzenbelege von Squash und Mais aus der Zeit zwischen 1000 und 800 v.d.Z. stammen aus dem Chaco Canyon, hatten aber offensichtlich noch keinen nachweisbaren Einfluss auf die Subsistenz dieser Menschen. Sie kannten noch keine Keramik. Wichtigste Behälter waren Körbe, deren aufgefundene Reste die Archäologen veranlassten, diese Kulturstufe der Anasazi als Basketmaker (II) zu bezeichnen. Teilweise waren diese Körbe mit Harzen überzogen und wasserdicht. Weitere bemerkenswerte Faserprodukte waren Beutel aus Wurzelfasern und Sandalen aus Yucca-Fasern. Über den Beginn dieser Periode differieren die Ansichten der Archäologen zwischen 1200 v.d.Z. und 1 u.Z. Der Autor hat sich auf den Beginn zur Zeitenwende entschieden (Späte Basketmaker II). In dieser Zeit bis 400/500 u.Z. entstanden flache Grubenhäuser und Vorratsboxen in Form von aus Steinplatten in den Boden eingebauten Steinkisten. Die Niederlassungen bestanden aus ein bis vier Grubenhäusern. Die frühesten nachgewiesenen Grubenhäuser stammen aus der Zeit um 300 u.Z. aus dem Canyon de Chelly und im Kayenta-Gebiet ab 400 u.Z. Auch der Grand Gulch Bereich im westlichen Northern San Juan Gebiet weist eine große Anzahl von Stätten aus der Basketmaker II Zeit auf. Um 350 u.Z. entstanden die ersten Jacal-Bauten. Mindestens zwei Arten von Hunden hatten sich herausgebildet oder wurden gezüchtet.

    Zwischen 400/500 und 700/750 u.Z. (Basketmaker III) wurden die Grubenhäuser stärker eingetieft (bis 2 m) und die ersten übertägigen Wohn- und Vorratsbauten entstanden. Die Wände der Grubenhäuser wurden mit Steinplatten verkleidet. Aus Grubenhausbauten entstand die Kiva, ein spezielles Grubenhaus für kommunale Aufgaben. Im Mesa Verde Gebiet wurden um 600 u.Z. die ersten Grubenhäuser gebaut. In dieser Zeit begann der Bodenbau spürbar an Gewicht bei der Beschaffung von Nahrungsstoffen zu gewinnen. Gegen Ende dieser Periode verstärkt sich der Bau von übertägigen Bauwerken, die schrittweise die Grubenhäuser ersetzen, eine Widerspiegelung der zunehmenden Sesshaftigkeit durch den sich entwickelten Bodenbau. Ab 500 u.Z. sind Mais, Bohnen, Squash und Melonen u.a. im Gebiet von Hovenweep belegt. Pfeil und Bogen verdrängten Atlatl und Speer und effektivierten die Jagd. Die Herstellung von Keramik (Gray ware und etwas Black-on-white ware) nach der Spiralwulstmethode begann. Türkisschmucksachen und grobe Lehmfiguren erscheinen erstmalig. Die Bevölkerung nahm zu und breitete sich weiter aus. Die Niederlassungen blieben aber noch relativ klein.

    Ab 700/ 750 u.Z. wird auf Grund der jetzt dominierenden übertägigen Wohn- und Vorratsbauten von der Pueblo-Zeit (Pueblo I, II, III und IV) gesprochen, obwohl tiefe Grubenhäuser weiterhin noch genutzt wurden. Es ist eine Zeit des Überganges (Pueblo I) von kleineren (3- bis 10-Raum-Blöcke) zu größeren Niederlassungen und Ritualräumen/Kivas bis 900 u.Z. Die Wände der übertägigen Bauten bestanden aus Jacal und/oder grobem Steinmauerwerk. Einige der Jacal-Bauten hatten Steinmauerungen für die unteren Teile der Wände, dabei wurden auch aufrecht stehende Steine für eine Stabilisierung des Fundamentes für vertikale Pfosten und bei Adobewänden genutzt.

    Ein wichtiges Kennzeichen der Dörfer dieser Zeit war neben ihrer großen Anlage auch das Vorhandensein von Bauten für zeremonielle und/oder kommunale Zwecke, sogenannte öffentliche Bauten/Anlagen. Im Laufe der Zeit wurden diese öffentlichen Grubenhäuser immer größer und in den Kennzeichen ihrer inneren Ausstattung zunehmend standardisiert/vereinheitlicht, u.a. mit großen Stützen zum Tragen ihres Dachs. Diese entwickelten Grubenhäuser wurden mit der Zeit zu den bekannten multifunktionellen (zeremoniell und sozial genutzten) Kivas der Anasazi. Die Niederlassungen wurden zur besseren Nutzung der Sonnenwärme linear oder bogenförmig nach Süden/Südosten ausgerichtet. Die früher vor dem kleinen Pueblo liegenden Freiflächen wurden allmählich zu umbauten Plazas, kommunalen Anlagen.

    Die Keramiktradition aus der Basketmaker III entwickelte sich weiter. Erste verzierte Red-ware-Keramik erscheint. Aus Baumwolle, die interaktiv aus dem Süden erworben worden war (Auf dem Colorado-Plateau wuchs nur an den südlichen Zuflüssen des Colorado River Baumwolle, die dort aber zu dieser Zeit noch nicht angebaut wurde.), entstanden mit der zeitgleichen Übernahme des Webstuhls gewebte Kleidungsstücke. Truthühnerhaltung ist belegt. Es gab neue Formen der Schmuckgestaltung aus Molluskenschalen, Türkisen, Jet, Ton und anderen Materialien.

    Die Pueblo II Zeit von 900 bis 1100/1150 u.Z. ist durch die Blüte der Chaco-Kultur gekennzeichnet, die weit über große Teile des Anasazi-Gebietes und auch bis in das südlich gelegene Mogollon-Gebiet sowie zu den Sinagua und etwas später zu den Salado beeinflussend ausstrahlt. In dieser Zeit prägten sich die verschiedenen Zweige der Anasazi-Kultur aus. Neben kleinen Pueblo-Bauten gab es Klein- und Großhäuser sowie Kivas und Großkivas in entsprechender Größe und Anzahl. Das Mauerwerk bestand aus in Lehmmörtel gesetzten und mehr oder minder geformten Sandsteinen. Die Dörfer bestanden zumeist aus einer Anhäufung von meist rechteckigen Räumen, die erst in der späteren Pueblo II Zeit auch in mehreren Etagen aufgetürmt worden waren. Innerhalb oder außerhalb dieser Wohn- und Vorratsraumblöcke befanden sich die runden steingemauerten unterirdischen Kivas. Die sogenannten Chaco-Straßen erschienen. Bei der Keramik dominierte weiterhin die einfache und gewellte Gray ware und die Black-on-white ware. Zusätzlich gab es noch einige maltechnisch verzierte rote und orangefarbene Gefäße. Das Bevölkerungswachstum führte zur Wiederbesiedlung von Stätten, die in der Pueblo I Zeit verlassen worden waren. Die Anzahl und Größe der Niederlassungen wuchs.

    Trotz des Erlöschens der Chaco-Kultur um 1130/1150 u.Z. setzte sich bis 1300 u.Z. (Pueblo III) mit lokalen Abwandlungen der Bau von großen und kleinen Pueblos, Kliffwohnstätten und Türmen auf den Felsgraten und Bergrücken fort, bis auch diese gegen Ende der 1300er Jahre u.Z. (Mesa Verde, Kayenta) verlassen wurden. Bei der Keramik dominierten gewellte graue Gefäße und der Black-on white, Red und Orange Stil. Das Ende von Pueblo I war durch dem Bodenbau günstige klimatische Bedingungen und weiteren kulturellen Aufstieg und das von Pueblo II und III durch ungünstige Bedingungen (Dürre) und dadurch bedingte Abwanderungen und eine generelle Schrumpfung des früheren kulturellen Verbreitungsgebietes gekennzeichnet.

    Nach 1300 u.Z. konzentrierte sich die Anasazi-Kultur im vergleichsweise kleinen Bereich der Black Mesa (Hopi), am Little Colorado und seinen Zu- und Quellflüssen sowie im Rio Grande Becken. Dort entstanden große Pueblos um Plazas. Bemalte Keramik trat gegenüber der einfachen Gebrauchskeramik in den Hintergrund. Die Elemente des Katchina-Kultes entwickelten sich. 1598 u.Z. wurden die Anasazi im Hopi-, Zuni- und Rio Grande-Bereich von den Spaniern kolonisiert, die Bevölkerung durch Gewaltaktionen und Ausbeutung sowie europäische Seuchen stark dezimiert und kulturell/religiös extrem unterdrückt. Die danach wirksam werdenden Überfälle der von den Spaniern militarisierten Plainsnomaden (Süd-Athapasken) verstärkten noch diesen Effekt.

    Als grundsätzliche Kennzeichen der Anasazi gelten die Pueblo-Einheit oder das Einheitspueblo, die Kiva, die Orientierung der Pueblos mit ihrer Vorderseite in die südliche Richtung, die gray ware und die Black-on-white ware Keramik und die Bestattungsart, bei der die beizusetzenden Körper auf der Seite liegen und die Beine an die Brust herangezogen sind. Die Körper wurden im Allgemeinen mit dem Gesicht nach Süden ausgerichtet.

    Rekonstruktionen nach den Skelettfunden ergaben für die Männer eine Durchschnittsgröße von 160 cm und für die Frauen von 150 cm bei einer etwas untersetzten Statur. Die Lebenserwartung lag um 40 Jahre. Ca. 50% der Kinder starben vor dem 3. Lebensjahr. Ab 750 u.Z. traten bei den Anasazi abgeflachte Hinterschädel auf, die auf die Nutzung der ungepolsterten Flat-Cradle (flache Kindertrage) zurückzuführen sind, auf der die Säuglinge und Kleinkinder schliefen und transportiert wurden.

    4.1.5. Die Subsistenzwirtschaft

    Die Anasazi betrieben örtlich und zeitlich unterschiedlich und auch den konkreten topographischen und hydrologischen Bedingungen angepasst alle aneignenden und bodenbauerisch produzierenden Wirtschaftformen, die auch in anderen Bereichen des Südwestens üblich waren. Die frühere Speerschleuder (Altatl) und der Speer wurden zunehmend durch Pfeil und Bogen ersetzt, der normale Speer blieb weiter in Gebrauch. Wurf- und Schlaghölzer/Keulen existierten sicher auch, sind aber kaum nachweisbar. Ähnlich sieht es mit Fallen, Netzen und Reusen aus. Angelhaken sind nicht belegt. Das Werkzeugspektrum für den Bodenbau war sehr begrenzt und auch hauptsächlich aus Holz. Bestimmte Teile waren aus Stein und/oder Knochen, die besser als die organischen Materialien erhalten blieben.

    Wesentlich sind alle baulichen Anlagen zur Gewährleistung und Förderung des Bodenbaus, wobei der Trockenbodenbau meist ohne irgendwelche baulichen Anlagen (Ausnahme: Gittergärten) auskam. Hier existierte das volle Spektrum der im Südwesten anzutreffenden Wasserkontroll- und Erosionsschutzanlagen wie Kanäle, Rückhaltedämme, Terrassen, Kanaleinlauf- und -regulierungsvorrichtungen u.ä., allerdings mit lokal sehr unterschiedlichen Wichtungen. Kulturpflanzen waren Mais, Bohnen, Squash und Melonen. Flaschenkürbis trat wegen unzureichender Temperaturbedingungen kaum auf. Für Baumwollanbau waren nur Flusstäler der südlichen Zuflüsse des Little Colorado geeignet. Der andere Bereich des Colorado Plateaus war zu kalt und zu wasserarm. Ansonsten wurde Baumwolle erst wieder im südlichen Bereich der Rio Grande Anasazi angebaut. Agaven, die südlich des Anasazi-Gebietes sogar auf speziellen Feldern angebaut wurden, fanden ebenfalls keine erträglichen Wachstumsbedingungen im Anasazi-Gebiet. Die auf dem Colorado Plateau weit verbreitete Yucca ist zwar auch eine Agaven-Pflanze, aber mit anderen Wachstumsbedingungen. Ihre Blätter wurden für eine Fasergewinnung und bei einer speziellen Yucca-Art die Wurzeln zur Seifenherstellung genutzt.

    Die Haltung und gegebenenfalls Züchtung von Hunden und die Haltung von Truthühnern sind belegt. Hunde wurden wahrscheinlich als Jagdbegleiter und als Vertilger von Kleinnagern in den Niederlassungen und Hüter von Feldflächen gegen Fressfeinde eingesetzt. Sie mussten wahrscheinlich weitgehend als Selbstversorger überleben. Truthühner wurden wahrscheinlich als Jungtiere gefangen und als kleine Schar bis zur Schlachtreife gehütet. Sie waren Fleisch- und Federlieferanten. Die Federn wurden für wärmende Kleidungsstücke in Kombination mit groben Fasern verarbeitet.

    4.1.6. Die Architektur und die Niederlassungsgestaltung

    Eine Niederlassung ist nicht schlechthin ein Standort mit mehr oder minder permanent genutzten Wohn-, Vorrats-, Ablage- und Ritualräumen/-flächen, sondern gleichzeitig auch eine zentrale Markierung eines Lebensbereiches/eines Reviers, das alle wichtigen Ressourcen enthält, die für die Erfüllung der notwendigen physischen und spirituellen, gemeinschaftserhaltenden Aufgaben erforderlich sind.

    Der Standort, von dem die Subsistenzaktivitäten ausgehen, liegt möglichst nahe an der wichtigsten Ressource, einer Wasserquelle, wobei der Wasserbedarf für den Hausgebrauch und als Trinkwasser dominiert. In diesem Sinne sind auch natürliche Wasserreservoire genutzt und ausgebaut worden, teilweise auch als Stau- und Versickerungsräume zur Speisung von Quellen. Es wurden auch künstliche Reservoire zur Hauswasserversorgung gestaltet, die Orte einer rituellen Nutzung wurden. Danach folgt die für den Bodenbau genutzte Fläche. Jagd- und Sammelgebiete können teilweise außerhalb des eigentlichen Reviers liegen. Flächen für den Trockenbodenbau befanden sich meist in höheren Lagen, wo die lokalen Niederschläge etwas höher, die Wachstumszeiten aber kürzer waren. In den Bereichen des Bewässerungsbodenbaus waren eine Vielzahl qualitativ unterschiedlicher Wasserkontrollanlagen (Kanäle, Rückhaltedämme) zu beobachten und instand zu halten. Wegen der Wichtigkeit dieser Gemeinschaftsaufgabe war der Niederlassungsort meist relativ dicht an solchen Anlagen.

    Innerhalb des Reviers werden auch an Orten, die für die Bewohner als spirituell wichtig gelten, bauliche Gestaltungen (Schreine, „Straßen u.ä.) vorgenommen. Überregional wichtige Orte wie „heilige Berge sind nicht reviergebunden und werden auch nicht mit baulichen Anlagen versehen. Sie zeichnen sich meist durch einen Artefaktmangel aus. Mögliche Gaben an die Geister waren eventuell aus vergänglichen oder fressbaren Stoffen.

    Mit der sich über Jahrhunderte hinziehenden Ablösung des Grubenhauses als Wohnstätte und Vorratslagerbereich durch übertägige Bauten erscheint das sogenannte Verbundpueblo, auch als Pueblo-Einheit oder Einheitspueblo (Pueblo Unit) bezeichnet. Bei den Kliffwohnstätten von Mesa Verde wird für diesen Bauwerksverbund auch der Begriff „Raumsuite" benutzt. Dieser Komplex besteht aus vier Elementen – den Wohn-/Vorrats-/Arbeitsräumen (6 bis 15 Räume), einer Plaza, der Kiva und dem Abfallplatz. Diese Einheit bildet einen Standardbau für eine Blutsverwandtschaftsgruppe.

    Rechteckige Raumboxen ermöglichten durch eine Aneinanderreihung die Entwicklung eines größeren, anfangs reihenförmigen Bauwerks. Die nördliche Raumreihe wird meist für Vorratslagerung benutzt. Zwischen 1050 und 1100 u.Z. erfolgen die ersten Aufstockungen. Die südlichen und die oberen Räume werden aus raumklimatischen Gründen (u.a. passive Nutzung der Sonnenenergie) als Wohnräume verwendet. Der Zutritt zu den Räumen erfolgte meist über Dachluken, seltener durch rechteckige oder T-förmige Türöffnungen mit hohen Schwellen von der südlichen Außenseite des Pueblos oder zwischen den Räumen. Kleine Fensteröffnungen gab es in den Wänden der Ost-, Süd- und Westseite. Feuerstellen, das Kennzeichen für die sogenannten Wohnräume, gab es nur in einigermaßen gut belüftbaren Räumen auf der südlichen Außenseite des Pueblos. Auch spezielle Arbeitsräume (z.B. Mahlräume mit Metaten) lagen oft in südlichen Außenseitenräumen.

    Die Plaza befindet sich gut übersichtlich vor der Südseite des Pueblos und wurde oft im Laufe der Pueblogestaltung zunehmend bis völlig durch Räume und/oder Mauerwerk umschlossen. Die Kiva befand sich oft auf der Plaza. Ihre Form und Funktion ist regional und zeitlich sehr unterschiedlich. Sie hat eine rechteckige oder runde Grundform und weist Innendurchmesser von 3,5 bis über 20 m auf. Sie ist meist überdacht, kann völlig oder teilweise in den Untergrund eingetieft sein, aber auch nur übertägig (bis zum Turmbau!), dann aber im Raumkomplex des Pueblos, errichtet worden sein. Ihre Funktion reicht vom besten Wohnraum bis zum ausschließlichen Zeremonialraum. Beim Kulturzweig der Virgin Anasazi gibt es keine Räume, die als Kiva definiert werden konnten. Eine profan als Abfallhaufen bezeichnete Anlage befindet sich oft südlich der Plaza und ist eine Ablagefläche/Depot für „entseelte" (tote, verschlissene, nicht mehr nutzbare) Dinge (= Todzone). In diesem Sinn ist auch die Nutzung dieser Materialanhäufung als Bestattungsplatz und möglicher Ritualplatz zusehen. In einigen Fällen wurden diese Hügel oder Haufen auch zu zeremoniell bedeutsamen Mounds gestaltet.

    Die ursprünglichen Einheitspueblos wurden je nach Erfordernissen sehr flexibel als zusammengesetzte Pueblos/multiple Pueblos (multiple pueblo units) und auch als Verbundpueblo (z.B. Kleinhaus, Großhaus) mit einer sehr großen Variationsbreite gestaltet. Die letzteren, medial immer in den Vordergrund gestellten und für den Touristen sehr attraktiven Pueblo-Dörfer sind aber eine Ausnahme. Die meisten Pueblostätten bleiben auf dem Niveau des mehr oder minder großen Einheitspueblos.

    Auf die regional unterschiedlichen Gestaltungsformen der architektonischen Anlagen wird in der Darstellung der einzelnen Kulturzweige der Anasazi eingegangen.

    4.1.7. Die Handwerksproduktion und das Kunsthandwerk

    Die Herstellung von Werkzeugen und Geräten aus Stein, Knochen, Keramik, Holz, Fasern/Haaren/Federn und Haut/Leder/Fell durch die Anasazi entspricht qualitativ und in der Breite mit lokalen und zeitlichen Differenzen dem allgemeinen Niveau im Südwesten, wie es auch in anderen Kulturen anzutreffen war. Dabei konnten bestimmte spirituelle Ausrichtungen und ihr künstlerisch-spiritueller Ausdruck, ein gutes Rohstoffpotenzial und einige geschickte HerstellerInnen bei entsprechendem Glück der Archäologen schon qualitativ weit überdurchschnittlich gute Artefakte der Nachwelt hinterlassen.

    Schneid-, Stich- und Bohrwerkzeuge wurden aus amorphen Gesteinen mittels Schlag- und Drucktechniken absplitternd zugerichtet. Die dafür notwendigen Rohstoffe mussten durch Beschaffungsaktionen oder Interaktivitäten erworben werden. Flusssteine und Gerölle für Schlaggeräte (Hämmer, Äxte) und gegebenenfalls Manos konnten aus den breit verteilten angeschwemmten Sedimentfächern und -flächen gesammelt werden. Formgebungen an solchen Gesteinen erfolgten im Allgemeinen abrasiv unter Nutzung der ebenfalls weitverbreiteten Sandsteine. Dabei gab es passive Abrasion, wobei die herzustellenden Werkzeuge unter Druck über die raue ortsfeste oder mobile Schleiffläche bewegt wurden oder die aktive Abrasion, bei der der Schleifstein selbst als gestaltetes oder sich dabei gestaltendem Werkzeug über das primär zu formende Objekt materialabtragend wie eine Feile bewegt wurde.

    Grundsteinwerkzeuge wie Metaten und Mörser konnten als ortsfeste Anlage oder als schweres, durch Schläge und/oder Abrasion geformtes transportables Werkzeug existieren.

    Schlagende und/oder abschleifende Gestaltung erfuhren auch Werkzeuge aus Knochen wie Schaber und Ahlen und die Kratzer und Spinnwirtel aus Keramikscherben. Holz wurde nach seiner schlagtrennenden oder schneidenden Ablösung von Wuchsort schneidend und schleifend gestaltet.

    Gestaltete Steinwerkzeugteile (ganz selten Knochenwerkzeugteile) wurden zur besseren Wirkung oft mit hebelnden Holzteilen (z.B. Schäften, Heften) mit Hilfe von klebenden (Harz) und bindenden (Fasern, Riemen) Materialien oder Werkstücken verbunden. Dazu zählen Steinmesser und Sägen mit Holzheften (selten Knochenheften), Hämmer, Äxte und Hacken mit mehr oder minder elastischen Griffen sowie die hölzernen Grabstöcke, Speere und Pfeile mit Steinspitzen.

    Gewebe und Geflechte wurden aus mehr oder minder bearbeiteten, meist versponnenen Fasermaterialien (z.B. Agave, Yucca, Baumwolle), gegebenenfalls auch aus Bast, Riemen, Fellstreifen und Faserwurzeln, teilweise in Kombination mit Federn (Truthühner, Ara) oder Fellstreifen, herstellt. Die Produkte waren flächig (Gewebe für Kleidung, Matten) oder dreidimensional als Korbgefäße für Transport oder Lagerung gestaltet. Auch Netze für Jagd und möglicherweise Fischfang wurden hergestellt. Korbreusen sind nicht belegt. Die Nutzung von gerätetechnischen Webhilfen ist anzunehmen, aber nicht direkt belegt. Die sichere Nutzung von Fell und Leder (und damit von Gerbarbeit) ist wegen der Erhaltungsprobleme nur extrem selten belegbar.

    Die Herstellung von Weichkeramik ist allgemein verbreitet und weist ein breites utilitaristisches Spektrum für Hausgebrauch und Lagerung auf. Die medial im Mittelpunkt stehende maltechnisch dekorierte Keramik ist flächendeckend mit unterschiedlicher Quantität und Qualität vertreten. Darstellungen von ca. 150 den Anasazi zugeschriebenen Keramikstilen, die zeitlich und lokal unterschiedlich entstanden waren, sind Gegenstand von Fachliteratur.

    Bei allen Betrachtungen handwerklicher Tätigkeiten und Produkte spielen Objekte spirituellen und rituellen Charakters eine große Rolle, um die physischen Fähigkeiten und die spirituell-künstlerische Kreativität einzuschätzen. Im Mittelpunkt steht dabei die mehr oder minder plastische Gestaltung lokaler und nichtlokaler („exotischer, „edler) Materialien. Interaktiv erworbene Muscheln aus weit entfernten Gebieten (Golf von Kalifornien, Pazifikküste, Golf von Mexiko) waren am Ursprungsort nur Abfall, der im erweiterten Sinn lokale Türkis erforderte dagegen einen hohen Gewinnungsaufwand. Der rote Argillit war ein weicher Tonschiefer, der nur in wenigen Lagerstätten unproblematisch zu gewinnen war. Seltener genutzte Materialien waren Kupfer-, Blei- und Eisenerze (z.B. Malachit, Azurit, Türkis, Galenit/Bleiglanz, Hämatit, Limonit) und Kohlen wie Jet/Pechkohle und Lignit/Hartbraunkohle für die Herstellung von Gegenständen und Farben. Alle diese Materialien waren relativ weich und durch Abschleifen an Sandstein unterschiedlicher Körnung und sowie Ausschneiden, Bohren und Gravieren mittels Quarzitwerkzeugen (Härte 7) für geschickte Hände und geduldige Menschen kein fertigungstechnisches Bearbeitungsproblem. Das Kernstück war immer die Umsetzung einer spirituellen Vorstellung.

    Die sicher weit verbreitete rituelle Gestaltung und Verzierung von Kleidung oder Gegenständen mittels vergänglicher Materialien wie Holz, Fasern, Leder und Federn und auch deren Bemalung ist nur in Ausnahmefällen/archäologischen Glücksfällen nachweisbar. Von Fällen des Körperschmucks durch Bemalung und Tätowierung ganz zu schweigen. Die besten Aussagen zu solchem Sachverhalten geben anthropomorphe Petroglyphen und Piktogramme, die selbst ein hohes Maß spiritueller Ausdruckskraft mit zum Teil einfacher Strichführung und Farbgestaltung und (nach unseren heutigen Maßstäben) hoher Ästhetik widerspiegeln. In diese Kategorie bildnerischer Gestaltung gehören auch die selten nachweisbaren Fälle von Wandmalereien und -ritzungen auf dem Verputz in Kiva- und Wohnraumwänden und die plastische Gestaltung von Stein, Keramik und Holz. „Unvergängliche Steinskulpturen sind selten anzutreffen, Holzfiguren- oder Installationen sind wegen ihrer Vergänglichkeit bestenfalls in Fragmenten nachzuweisen. Häufiger sind aber keramische anthropomorphe und zoomorphe Figurengefäße. Die ersteren sind meist Darstellungen von SchamanInnen, letztere stellen neben den „gängigen Vogelfiguren auch Bären, Pumas, Bergschafe und Hunde dar. Reptilien- und Amphibiendarstellung liegen meist in der Kategorie „Schmuck". Gebrannte und ungebrannte Tonfigurinen sind Ausnahmeerscheinungen.

    4.1.8. Zur Spiritualität der Anasazi

    Die nur anhand der unvergänglichen Indizien (Architektur, Plastik, Felszeichnung und Keramikdekor) spekulativ mögliche Einschätzung der Anasazi-Glaubensvorstellung deutet schwerpunktmäßig auf eine weibgetragene, auf Fruchtbarkeit und Wasser sowie Ernteprodukte orientierte Spiritualität, die sich in kaum nachweisbaren spirituell-künstlerisch darstellenden Ritualaktivitäten ausdrückt. Über Felszeichnungen sind auch Jagdwünsche rituell umgesetzt worden. Ob dabei die Herstellung des Bildes und/oder das Bild selbst das Wesentliche dieses beschwörenden Jagd-Ritus waren, ist unbekannt und auch für uns unwesentlich.

    Ökologisch bedingter ernsthafter Ernährungsstress erbrachte Zweifel an der spirituellen Wirksamkeit langjährig erfolgreicher Rituale, Zeremonien und spiritueller Kommunikation mit den Geistkräften. Fruchtbarkeit, Wasser und Nahrungspflanzen blieben zwangsläufig immer im Mittelpunkt der Spiritualität, aber die „erfolglosen" Zeremonien mussten in eine bessere = wirksame(re) Kommunikation auf gegebenenfalls neuen Lokalitäten umgewandelt werden. Das war eine Aufgabe für die ganze Gemeinschaft und führte zu neuen für uns nur über physische Ausdrucksformen erkennbaren/deutbaren Veränderungen. Eine Form war der Zeremonialplatzwechsel von der Kiva zur Plaza (und zurück?), wobei die damit verbundene Rolle bei Ritualen weder quantitativ noch qualitativ einzuschätzen ist.

    Rückschlüsse aus der heutigen Zeremonialität der Anasazi-Nachfahren in den Pueblos vom Rio Grande, der Hopi und der Zuni zu ziehen, verbieten schon rein sachliche Gründe. Wie bereits früher geschrieben, führt ein vergleichender Rückschluss von den Zeremonien im heutigen Vatikan zu denen in den römischen Katakomben der Frühchristen zu ebensolchen Fehldeutungen wie die Übernahme der Sonnenrad-Apostrophierung für das altindische Hakenkreuz/Swastika und die Symbolik des von den Nationalsozialisten missbrauchten Hakenkreuzes zur Deutung des von den radlosen und nicht nationalsozialistisch beeinflussten Anasazi genutzten Hakenkreuzes (Canyon de Chelly; Antelope House). Was hinter den scheinbaren oder wahrscheinlichen Katchina-Darstellungen der 1300er Jahre u.Z. stand, ist uns unbekannt. Das wissen auch die heutigen Nachkommen nach 300 bis 400 Jahren kolonialer und christlicher Unterdrückung, Ausbeutung und Dezimierung nicht. Sie äußern sich dazu nur in einem dem aktuellen Mainstream der Weißen und/oder einiger Natives entsprechenden Kontext. Das ist kein Vorwurf, sondern eine sachliche Feststellung.

    4.1.9. Das „geheimnisvolle Ende" der Anasazi

    Das „geheimnisvolle Ende" der Anasazi ist ein oft anzutreffendes Schlagwort in Darstellungen der Anasazi-Kultur und es ist eine dreiste Lüge. Die Kultur der Anasazi und ihre ethnischen Träger wandelten sich spirituell und kulturell und existieren nachweislich bis heute. Richtig ist, dass bestimmte kulturelle Erscheinungen in bestimmten Gebieten durch Abwanderung ihrer ethnischen Träger keine Fortsetzung mehr fanden und so aus den Augen der Archäologen verschwanden. Dass der Wanderungs- und Wandlungsprozess und seine physischen Indizien selbst für die besten Wissenschaftler nur sehr begrenzt beschreibbar und erklärbar sind, ist ein völlig normaler Sachverhalt und nichts Mysteriöses. Aber eine mediale Aufmerksamkeit lässt sich mit „mysteriösem eher erringen als mit „normalem. Die alten „Germanen" sind auch nicht untergegangen, sie haben sich aus Stämmen mit vielerlei oft zeitweise genutzten Namen nur zu Deutschen, Franzosen, Engländern und anderen Nationen gewandelt.

    4.2. Die Kultur der Chaco-Anasazi 4.2.1. Das Verbreitungsgebiet

    Das Kulturgebiet der Chaco Anasazi, eine der Untergruppen der Anasazi, liegt im Wesentlichen im Nordwesten von New Mexico, im südlichen Bereich des San Juan Beckens, dem südlichen Zustromgebiet des San Juan River. Es erstreckt sich von den Chuska Mountains im Westen bis dicht an die Kontinentalscheide im Osten, vom San Juan River im Norden bis zum Puerco River im Süden. Der Chaco Canyon, durchflossen vom Namen gebenden, nur saisonal fließenden Chaco Wash (ein rechter, östlicher Zufluss des Chaco River), liegt annähernd im Zentrum dieses Gebietes und ist das Ursprungs- und Kerngebiet dieses Anasazi-Kulturzweiges. Die Fläche dieses Gebietes wird nach den Bewertungskriterien (Gebiet der Erstreckung des Chaco-„Straßen"-netzes, Gebiet des architektonischen Einflusses) unterschiedlich angegeben. Es schwankt zwischen 350 x 200 km = 70.000 km² oder 400 x 300 km = 120.000 km². Als allgemeiner Richtwert ist die Angabe von ca. 100.000 km² sicher ausreichend genau.

    Der im Zentrum des südlichen San Juan Beckens liegende Chaco Canyon hat eine Länge von ca. 40 km. Sein Talboden liegt 45 bis 150 m tiefer als die umliegenden Sandstein-Tafelberge (Mesas). Seine größte Breite beträgt 600 bis 1000 m. Das Gebiet ist heute mit einem durchschnittlichen Niederschlag von 230 mm/a sehr trocken.

    Das Kerngebiet der Anasazi-Kultur im Chaco Canyon erstreckt sich aber nur über einen 15 km langen Canyon-Teil, wo sich 12 Großhäuser und ca. 160 Kleinhäuser/Einheitspueblos befinden, die zwischen 850 und 1130 u.Z. erbaut wurden. In dem den Chaco Canyon umgebenden Gebiet von ca. 85 bis 90 km² sind weitere 3.000 Wohnstätten mit bis zu maximal 20 Räumen von den Archäologen registriert worden. Im Gesamtgebiet, das einmal von der Chaco-Kulturtradition beeinflusst worden war, gibt es ca. 150 sogenannte Chaco-Außenstellen (outliers) unterschiedlicher Größe, die bis zu 185 km vom Chaco-Zentrum entfernt liegen. Teilweise ist die Benennung einiger dieser Bauwerke bzw. Stätten als Chaco-Außenstelle umstritten, wie z.B. die von Wupatki als der möglicherweise westlichsten Chaco-Außenstelle, ca. 320 km vom Chaco Canyon entfernt.

    4.2.2 Die Chronologie

    Zeit                                 Chaco Phase       Anasazi-Periode

    400 bis  500 u.Z.               -               Späte Basketmaker II

    500 bis  700/750 u.Z.    La Plata           Basketmaker III

    700/750 bis  900 u.Z.    White Mound     Pueblo  I

    900 bis 1040 u.Z.          Early Bonito      Pueblo II

    1040 bis 1090 u.Z.        Classic Bonito    Pueblo II

    1090 bis 1140 u.Z.        Late Bonito       Pueblo III

    1140 bis 1200 u.Z.        McElmo            Pueblo III

    1200 bis 1300 u.Z.        Mesa Verde       Pueblo III

    Die Datierung der frühen Basketmaker II schwankt sehr stark zwischen 1500 v.d.Z. und 1 u.Z. Einige Quellen nennen für den Beginn der Basketmaker II noch 1200 v.d.Z. und 400/500 v.d.Z. Die Datierung hängt sehr stark von den Ansichten des entsprechenden Archäologen bzw. seiner Schule, den daraus entspringenden Literaturquellen und sicher auch von den von diesem Archäologen untersuchten Gebieten und Stätten ab.

    Auch die Daten der Chaco-Phasen sind in den Quellen unterschiedlich angegeben, z.B. wird für die Classic Bonito Phase auch die Zeit von 1020 bis 1120 u.Z. genannt. Das Ende von Pueblo III und dementsprechend auch der Anfang von Pueblo IV wird in einigen Quellen mit 1350 u.Z. angegeben.

    4.2.3. Die kulturelle Formierung

    Die ersten Kulturpflanzen – nachweisbar sind Mais und Kürbis – erreichten gegen 1900 v.d.Z. das Colorado Plateau und wurden wahrscheinlich in der Folgezeit ergänzend zu den Ergebnissen der Sammel- und Jagdtätigkeit auch im Bereich des Chaco Canyon genutzt. Die früheste Keramik – die sogenannte Obelisk Gray Ware und eine Brownware – erschien in diesem Raum zwischen 400 und 500 u.Z. in der späten Basketmaker II - Zeit. In der La Plata Phase von 500 bis 700/750 u.Z. (annähernd Basketmaker III von 400/500 bis 750 u.Z.) wurde die sogenannte La Plata Brown Ware, die Lino Gray Ware und die Obelisk Gray Ware Keramik hergestellt. Die Behausungen aus dieser Zeit sind flach eingetiefte Grubenhäuser, die gegen Ende der Phase (ab 700 u.Z.) durch tiefere Grubenhäuser ersetzt werden. Die Grubenhäuser sind oft verstreut errichtet worden, aber es sind auch vereinzelt bereits dorfähnliche Grubenhausanhäufungen anzutreffen, bei denen größere Grubenhäuser von den Archäologen bereits als Kiva bezeichnet werden. Vereinzelt wurden auch bereits übertägige mittelgroße Vorratsräumlichkeiten neben den auch für die Vorratshaltung gebauten sogenannten Steinplatten-Kisten errichtet. Parallel dazu entstanden ab 700 u.Z. auch die ersten nicht eingetieften, sondern auf

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