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Erntejagd
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eBook312 Seiten3 Stunden

Erntejagd

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Über dieses E-Book

Der ungarische Kriminalbeamte Örnagy (Major) István László wird zu einem Mord in der Puszta gerufen, bei dem eine junge Deutsche hinterrücks erschossen wurde. Gleichzeitig wird deren Bruder in Rumänien ermordet, der dort eine Jagdhütte betreibt. Stehen die beiden Morde in einem Zusammenhang? Welche Rolle spielen Ereignisse vor 30 Jahren in Rumänien und vor 10 Jahren in Deutschland? Welches Spiel spielt der Verlobte der jungen Deutschen, welches deren Vater? Wer ist die 'blaue Wölfin'?
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum22. Nov. 2020
ISBN9783752923100
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    Buchvorschau

    Erntejagd - György Kristián Szitás

    Sie wachte auf. Die milde Luft des beginnenden Herbstes lies sie frösteln. Müde drehte sie sich zu den LED-Anzeigen des Radioweckers um.

    Es war kurz nach Zwei und sie zog die Decke weiter über sich, nur um festzustellen, dass es nicht half. Die Kälte war noch immer da und ihr Freund fehlte ihr.

    Bei dem Gedanken an ihn musste sie lächeln und an die Gesichter ihrer Freunde denken.

    Vaterkomplex hatte es damals geheißen, weil er fast doppelt so alt war, wie sie. Aber von ihrem Vater, eigentlich ihrer restlichen Familie und ihren damaligen Freunden, unterschied sich Hans-Peter - so hieß ihr Freund - grundlegend.

    Ihr waren diese Unterschiede erst aufgefallen, als sie ihn damals im Krankenhaus kennenlernte - auch ein Ort um seinen künftigen Ehemann kennenzulernen…

    Wäre er jetzt hier gewesen, hätte sie sich an ihn kuscheln können und hätte von seiner Wärme gezehrt. Da er aber nicht da war, seufzte sie, stand auf und ging zum gekippten Fenster, um es vollständig zu schließen. Dabei stellte sie fest, warum es so kühl war. Die höher gelegenen Luftschichten hatten Regenwolken in das Dorf östlich von Kecskemét getragen, die nun hier ihre Last abwarfen und die sowieso schon milde Luft noch mehr abkühlten.

    Sie schloss das Fenster mit einem Ruck.

    Als sie den Rollladen ebenfalls schließen wollte, blitzten die Scheinwerfer eines Wagens auf, der von der Staatsstraße auf den Feldweg einbog, der nur zu ihrem Haus führte. Der Höhe der Scheinwerfer nach zu urteilen, musste es sich um einen Lieferwagen oder Kleinbus handeln.

    Sie wartete einen Moment.

    Was wollte um diese Zeit ein Wagen auf der Straße, die das Haus, das sie mit Hans-Peter bewohnte, mit der Staatsstraße verband? Direkte Nachbarn gab es keine, ringsum waren nur Felder. Der nächste Nachbar war ungefähr einen halben Kilometer entfernt und dessen Haus wurde mit einer eigenen Straße versorgt.

    Wenn der Fahrer sich nicht verfahren hatte oder den kleinen Feldweg zum Knutschen mit seiner Freundin nutzen wollte, dann wollte der Fahrer zu ihr - oder zu Hans-Peter. Aber Hans-Peter war auf dem Weg nach Rumänien, um mit ihrem Bruder auf die Jagd zu gehen.

    In den Augenwinkeln sah sie, wie der starke Beauceronrüde - den ihr Hans-Peter als Wachhund hiergelassen hatte und der auf den Namen „Charly" hörte - sich langsam auf das Hoftor zu bewegte, während ihr erschrocken einfiel, dass sie vergessen hatte, es abzusperren.

    Im Dunkeln war der Hund fast nicht zu erkennen, aber die scharfen Augen der jungen Frau hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt.

    Die Autolichter gingen aus und die Kühle des Raumes wich einer Eiseskälte, als sie durch den Regen hindurch sah, dass die drei Personen, die dem Wagen entstiegen und sich zu dem Haus hinbewegten, mit Gewehren oder Schrotflinten bewaffnet waren. Auch der Beauceronrüde stieß ein lautes Knurren aus, das in ein bösartiges Gebell mündete und einen unvorsichtigen Angreifer abgeschreckt hätte, aber die drei Gestalten, die sich auf das Haus zu bewegten, wussten offenbar, was sie taten.

    Kämpfernatur wie sie war, sprang sie mit einem Satz zum Schrank, wechselte ihre Nachtwäsche gegen dunkle Jagdkleidung und verließ das, im Obergeschoß gelegene, Schlafzimmer.

    Als sie vom Obergeschoß des Tanya¹ ins Erdgeschoß eilte, zog sie das Wakizashi² aus der Wandhalterung und schlüpfte in die Springerstiefel, die neben der Haustüre standen.

    Für einen kurzen Moment dachte sie darüber nach, weshalb sie jemand überfallen wollte. Und ihr fiel keiner ein. Mit Ausnahme der ältesten Tochter der Familie Farkas, hatte sie zu allen Nachbarn und Bekannten ein sehr gutes, freundschaftliches Verhältnis. Hans-Peter ebenfalls…

    Das Gebell des Hundes wurde schärfer und bösartiger.

    Plötzlich hörte sie den unverkennbaren Krach einer Schrotflinte und das Gebell wurde abrupt von einem kurzen Jaulen abgelöst.

    Dann war Stille!

    Sie wusste genau, sollten diese Männer sie ihm Haus erwischen, hätte sie keine Chance mehr. Sie musste nach draußen in den Hof, wo sie Platz zum kämpfen hatte. Sie wandte sich zur Toilette. Dort befand sich ein kleines Fenster, das zu einem schmalen Durchgang zwischen dem Haus und der Garage führte, sollte ihr einer der Männer dort entgegen kommen, konnte sie ihre Wendigkeit gegen seine Masse einsetzen. Sie hatte sich keinen schwarzen Gürtel in Budo Taijutsu erarbeitet, um jetzt klein beizugeben.

    Schnell fischte sie sich ihre Quadschlüssel, von der Konsole neben dem Telefon und glitt durch die Toilettentüre.

    Mit einem lauten Krachen flog die Haustüre auf und der Platz wurde sofort von der massigen Gestalt eines Mannes eingenommen.

    Lautlos schloss die junge Frau die Toilettentüre hinter sich, während einer der Männer die Treppe zu den Schlafräumen hinauf trampelte.

    Die Schlafzimmertüre wurde laut krachend von einer Schrotflinte zertrümmert, während das Toilettenfenster lautlos geöffnet wurde und die junge Frau ins Freie glitt.

    Die kühle Luft und der Regen wirkte belebend, während sie zur Türe der Garage schlich.

    Plötzlich sah sie vor sich die Gestalt eines weiteren kräftigen Mannes, der ihr den Rücken zuwandte und hörte das metallische Scharren des kleinen Hebels, der die Schrotflinte entsicherte. Zwei der drei Männer waren also ins Haus gegangen, während ihr der dritte hier auflauerte, sollte sie durch eines der Fenster oder die Haustüre entkommen.

    Dass sie hinter ihm, in diesem Durchgang, stehen könnte - daran hatte der Mann nicht gedacht!

    Für einen kurzen Moment atmete sie lautlos ein, dann sprang sie nach vorn und rammte dem Mann ihr kurzes Schwert, bis zum Heft, durch den Leib.

    Sie hatte gut getroffen, der Mann zuckte einen kurzen Moment auf und brach zusammen, während sie ihr Schwert wieder aus ihm herauszog.

    Schnell sah sich die junge Frau um und erkannte, dass sie alleine auf dem Hof war. Wie sie vermutet hatte, waren die beiden Anderen also im Haus.

    Mit einen Anflug von Bedauern erkannte sie die Überreste des Rüden, der sie nicht hatte beschützen können und glitt wie ein Schatten zum Garagentor, das mit einem Schwung offen war. Das Quietschen, das dabei zu hören war, ging ihr durch Mark und Bein.

    Im Inneren der Garage tastete sie nach dem Fahrzeugschlüssel, fand ihn gleich und sprang auf die schwere Maschine, deren Motor sofort ansprang. Dann gab sie Gas und fuhr los.

    Einer der Männer kam aus dem Haus gerannt und stellte sich ihr in den Weg, doch sie kannte kein Erbarmen mehr, hielt den Lenker fest und fuhr ihn über den Haufen. Als sie den Feldweg erreichte gab sie Vollgas, doch bevor sie die Staatsstraße erreicht hatte, bellte nochmals eine Schrotflinte durch die Nacht.

    Als sie merkte, dass sie sich nicht mehr auf dem Quad halten konnte, war ihr letzter Gedanke: „Warum?"

    ###

    Magda Farkas war gerne Hebamme und besonders in solchen Fällen. Zwei junge Eltern, nicht zu jung, aber auch nicht zu alt, die sich liebten und diese Liebe nun mit einem - durchaus geplanten - Kind krönten. Und so wie es aussah würde es nicht bei diesem einen Kind bleiben, denn der Hof oder das Tanya, das sie bewohnten, hatte genug Platz, um eine klassische Großfamilie zu beherbergen.

    Der Vater des Kindes hatte eine gutbezahlte, sichere Arbeitsstelle bei der ungarischen Luftwaffe in Kecskemét und die Mutter war bis vor Kurzem im örtlichen Kindergarten als Erzieherin tätig gewesen.

    Müde aber glücklich war nun Magda auf dem Weg zu sich nach Hause und hatte zu tun, dass ihr nicht die Augen bei der Fahrt zufielen. Wo hätte sie auch um halb vier hin sollen, wenn nicht zu einer Geburt oder eben von dieser zurück? Ihr Mann Zsombor würde in ein paar Stunden aufstehen und das Vieh versorgen, denn neben Magdas Einnahmen als Hebamme, lebte die Familie Farkas von der Landwirtschaft.

    Da Magda mit ihrer Familie auf der anderen Seite von Szentkirály lebte, fuhr sie gerade auf das Dorf zu, als sich etwas Wehmut in ihrem Herzen breit machte, denn sie musste an Hans-Peter, Sabine, Annette und Florian denken.

    Florian war der erste und bisher vernünftigste Freund ihrer ältesten Tochter Monika gewesen. Die Familien hatten sich auf Anhieb verstanden und dann passierte dieses schreckliche Unglück…

    Durch das krachende Geräusch eines Schusses war sie sofort wieder im „Hier und Jetzt", aber sie konnte auf der Straße vor sich nichts erkennen und so fuhr sie langsam und vorsichtig weiter, während der Regen gegen die Windschutzscheibe ihres kleinen Renault prasselte.

    Auf der Höhe der Straße, die ausgerechnet zu jenem Tanya führte, das Hans-Peter für sich und seine Familie gekauft hatte, wackelte ein Quad quer über die Straße und Magda bremste ihren Wagen abrupt ab, sonst wäre es zu einem Unfall gekommen. Dass bei dem Übergang von dem Feldweg auf die Staatsstraße ein Schatten von dem Quad geworfen wurde, nahm sie nur am Rande war.

    Magda wollte nach ihrem Handy greifen, jedoch war es in ihrer Handtasche so weit nach unten gerutscht, dass sie es erst suchen musste.

    Sie schaltete die Innenbeleuchtung ihres Autos ein und blickte in die Tasche, fast hatten ihre zittrigen Finger das Handy erreicht, als ein Stoß ihren Wagen fast von der Fahrbahn schob.

    Das Handy vergessend, schrak sie hoch und nahm noch in den Augenwinkeln war, wie ein alter Mercedes-Kastenwagen mit Höchstgeschwindigkeit auf der Staatsstraße in Richtung Szentkirály verschwand.

    Vom Nummernschild hatte sie nicht viel erkannt, außer dass es sich um ein tschechisches Schild handeln musste.

    Eine weitere Schrecksekunde später wählte Magda, die nun mit festen Fingern ihr Handy ergriffen hatte, die Notrufnummer der Polizei.

    II  

    Das Telefon klingelte schrill und viel zu laut. István László drehte sich brummig zu dem nervenden Geräusch um. Es war fünf Uhr morgens, zumindest verkündeten dies die Leuchtziffern des alten, mechanischen Weckers, den er als Jugendlicher selbst repariert hatte. Als junger Beamter hatte er sich einmal einen modernen Radiowecker zugelegt, aber dieser hatte den wütenden Wurf an die Wand nicht überlebt, als er vor einigen Jahren zu seinem ersten Mord gerufen wurde.

    Seitdem tat der alte mechanische Wecker diesen Dienst, wenn ihn nicht gerade das Diensthandy um den Schlaf brachte, bei dem er sich auch schon einmal überlegt hatte, es an die Wand zu werfen - vor circa zehn Sekunden - aber seine Hand tastete nach dem Telefon.

    Das Telefon klingelte weiter und Istváns Frau Agy murmelte verschlafen: „Wer kann das sein?"

    „Am Sonntag? Um diese Zeit? fragte István genauso verschlafen zurück, „Muss es sich um Mord handeln. Sonst begehe ich einen.

    Wieder das schrille Klingeln des Telefons.

    István László drückte auf die grüne Taste seines Diensthandys und brummte verschlafen hinein:

    „Major der Kriminalpolizei László István?"

    „Major?" fragte die engagierte, junge Stimme seines Leutnants.

    „Ja!" Die Stimme des Majors war müde und ärgerlich, während die Müdigkeit langsam - sehr langsam - durch den Ärger verdrängt wurde.

    „Es tut mir leid, dass wir Sie um diese Zeit wecken müssen."

    „Schon gut, mir tut‘s auch leid!"

    Agy drehte sich zur Seite und stülpte ein Kissen über ihre Ohren.

    „Wir haben hier zwei Leichen, eine junge Frau aus Deutschland und ein aktenkundiger Ukrainer. In der Nähe eines Hauses, das einem Deutschen gehört. Von dem Hausbesitzer haben wir keine Spur."

    Die Stimme zögerte, aber István war bereits aus dem Schlafzimmer gegangen.

    „Können Sie kommen?" Der junge Leutnant wirkte unsicher.

    „Ist in Ordnung, ich komme. An Schlafen war jetzt sowieso nicht mehr zu denken. „Können Sie mir einen Wagen schicken?

    „Ja kann ich! Funktioniert Ihr Lada nicht mehr?" Die Stimme des jungen Leutnants klang amüsiert.

    Der alte Dienstlada, Modell Niva, des Major der Kriminalpolizei, Standort Kecskemét, István László war weithin bekannt. László stand seit längerer Zeit schon ein modernerer, schnellerer, bequemerer Wagen zu, doch László hatte den Wagen liebgewonnen. Freilich, für eine Verfolgungsjagd auf einer der Landstraßen, war er vollkommen ungeeignet, aber bei László kam es öfters mal vor, dass er zu einem Bauernhof oder auf ein Feld fahren musste, um seine Ermittlungen durchzuführen und so hatte er gegenüber seinen Vorgesetzten durchgesetzt, dass er den Niva behalten durfte, bis dieser auseinanderfiel. Auch Robert Andras, der Leiter der Polizeiwerkstatt, mochte den alten Wagen und so blieb der Dienstlada immer voll in Schuss.

    „Nein, aber ich bin erst vor einer Stunde ins Bett gekommen und einer der fünf Schnäpse mit meinem Schwiegervater war wohl einer zu viel." László versuchte wach zu bleiben, während er ins Telefon brummte.

    „Der Fahrer ist unterwegs, kann ich Ihnen schon ein paar Informationen mit auf den Weg geben?" war der Leutnant zu hören.

    „Bloß nicht! warnte ihn der Major. „Ich versuche unter der Dusche wach zu werden und mich auf der Fahrt noch etwas zu erholen.

    „Gut wir warten auf Sie!" Der Leutnant kannte solche Momente von eigenen Familienfeiern.

    István hörte den Satz schon nicht mehr und drückte die rote Taste, wenn er in einer Stunde an dieser Adresse sein wollte, müsste er sich verdammt beeilen.

    Auch sonntags Früh im spätsommerlichen Szentkirály, beziehungsweise an der Einfahrt zu dem Tanya.

    Er ging auf leisen Sohlen zurück ins Schlafzimmer und verabschiedete sich bei seiner Frau mit einem Kuss auf die Backe:

    „Tut mir leid, dass ich los muss. Aber die haben am Ortsrand von Szentkirály zwei Leichen gefunden."

    Das Gesicht seiner Frau gab den Widerwillen unverblümt wieder.

    „Eigentlich hatte ich mich auf ein gemütliches Frühstück mit Dir gefreut, brummte sie verschlafen. „Und davor oder auch dabei könnten wir noch etwas kuscheln.

    „Nur kuscheln?" fragte er lausbübisch.

    „Seit wann ist es bei uns nur beim Kuscheln geblieben?" fragte sie neckisch zurück.

    „Tut mir leid!" versicherte er.

    „Mir auch. Ich liebe Dich! Pass auf Dich auf!"

    „Zu Befehl Frau Major!" István stand stramm und grüßte militärisch.

    Agy lachte: „Nun verschwinde schon, sonst laufen Dir noch die Leichen davon!"

    „Ich liebe Dich!" flüsterte István und beugte sich zu seiner Frau herunter, um sie nochmals zu küssen. Diesmal auf den Mund. Und seine Frau erwiderte den Kuss genussvoll.

    István verschwand unter der Dusche und stellte sie so kalt wie möglich ein, um bald wach zu werden.

    Nach etwa zehn Minuten in dem Dienstwagen, der ihn viel zu pünktlich abholte, merkte er, dass er sich die kalte Dusche hätte sparen können, denn er war eingeschlafen.

    III  

    Als der moderne Dienstwagen an der Abfahrt zum Tanya hielt, wurde István László wieder wach, öffnete die Türe, stieg aus und streckte sich. Da es noch recht dunkel war, hatte die örtliche Feuerwehr Scheinwerfer aufgestellt, um den Tatort auszuleuchten. Über die Staatsstraße hinweg sah er die Abdeckplane, die üblicherweise über Leichen gelegt wurde.

    Sein Leutnant kam direkt auf ihn zu, doch noch ehe der Major ihn ansah, sah er den abgedeckten Körper deutlicher, der mitten auf dem Feldweg lag. Der Regen schwemmte Blut unter der Plane hervor, das sich nach links in das angrenzende Feld ergoss, auch wenn die Spurensicherung einen Pavillon über der Leiche aufgestellt hatte.

    Der Leutnant sah den Blick des Majors und fing gleich an zu erklären:

    „Die junge Deutsche wurde offenbar von mehreren Männern überfallen, wusste sich aber zu wehren. Sie brachte einen der Angreifer – einen dreißigjährigen Ukrainer, den wir schon mehrmals wegen Drogendelikten und Körperverletzungen in Haft hatten – mit einem japanischen Kurzschwert um. Diesem Wakizashi hier."

    „Ein was?" fragte László nach.

    „Wakizashi. So nennt man diese Schwerter. Die längere Version heißt Katana."

    „Ach so, gähnte László, „ich bin noch nicht richtig wach. Wir waren gestern auf der Silberhochzeitsfeier meines Schwagers und ich hatte eine politische Diskussion mit meinem Schwiegervater. Sie machen ja Kampfsport. László hatte es vor einigen Jahren mal mit Karate probiert, aber dann kam seine Frau, dann die Kinder, das Leben halt …naja.

    „Ja, man muss sich fit halten. Kam die Antwort des Leutnants und László dachte sich: „So wie Du, dachte ich damals auch!

    László rieb sich die Stirn: „Also gut. Was wissen Sie noch?"

    „Es waren wahrscheinlich drei Angreifer, vermutlich alles Ukrainer. Den vorläufigen Spuren nach zu urteilen, stürmten alle drei Angreifer in das Grundstück, wo einer von ihnen von einem großen, schwarzen Hund attackiert wurde, den sie erschossen haben. Mit einer Schrotflinte, wie die Frau. Aber das muss ein anderer Schütze gewesen sein, denn die Schrotladung mit der die Frau getötet wurde ist grobkörniger. Bei dem Hund handelte es sich wohl um eine Mischung zwischen Dobermann und Rottweiler."

    Sie hatten die abgedeckte Leiche erreicht und László ging auf die Knie, um die Plane etwas anzuheben.

    „Ist die Spurensicherung hier schon fertig?" wollte er wissen.

    „Ja, sind wir! war von weiter vorn die Stimme des Gerichtsmediziners Dr. Molnár zu hören. „Wir wollten nur warten, bis Du Dir ein Bild von allem gemacht hast. Dein Leutnant hat Dir wohl schon alles erzählt?

    „Noch nicht so ganz," kam die Antwort Lászlós.

    László und der Doktor kannten sich schon lange, sie waren miteinander zur Schule gegangen. Dann hatten sich ihre Wege getrennt.

    László hatte bei der Polizei angefangen und Dr. Molnár hatte Medizin studiert. Erst in Budapest, dann in Wien und schließlich in Würzburg. Danach hatte es ihn an die

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