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Der Schatten Deiner Seele
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eBook427 Seiten5 Stunden

Der Schatten Deiner Seele

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Über dieses E-Book

"Er konnte nicht aufhören, sie zu küssen und immer wieder zu küssen – auch dann nicht, wenn die Welt um sie herum in Scherben lag."

Was bleibt, wenn alles zerbricht?

Gefangen in einer fremden und zugleich vertraut wirkenden Welt, rauben ausgerechnet die Hüter Kierans Gedächtnis. Alles Wissen über die Fäden, das Schattenreich und Prinzessin Ariana scheint damit für immer verloren. Das Netz der Fäden zieht sich immer weiter zu und Kierans Seelenlicht ist in großer Gefahr. Er und die Prinzessin sehen sich schnell mit einer Bedrohung konfrontiert, die mehr als nur eine Welt ins Chaos stürzt - und in der Dunkelheit lauert der Tod.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum15. Dez. 2020
ISBN9783752926170
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    Buchvorschau

    Der Schatten Deiner Seele - Hazel McNellis

    Teil 1 – Schatten

    01 – Wüstenwind

    Der heiße und trockene Wüstenwind wirbelte Sand auf, der Kieran in Nase, Ohren und Augen drang. Jeder Atemzug ließ ihn röchelnd husten. Gebeugt stand er da, nach Atem ringend. In was für einer Hölle war er gelandet?

    Die Natur bestand aus feinem, cremefarbenem Sand, trockenem Wind und flirrender Hitze. Die Sonnenstrahlen brannten auf seiner Haut.

    Er spuckte die letzten Sandkörner auf den nachgiebigen Boden. Der Schweiß, fremd und unnatürlich, rann ihm unangenehm über den Körper. Sein Leib kannte solch menschliche Absonderungen nicht. Ein Dunkelelf schwitzte nicht. Niemals. Schwitzen war für Mindere.

    Die Erinnerung an Ariana flammte in seinem Gedächtnis auf. Sie schmerzte mehr als die sengenden Sonnenstrahlen. Das Menschenmädchen war unvermittelt in sein Reich gestürzt. Dabei war sie für sein Volk bloß eine Sklavin ohne jeden Wert gewesen. Nur er, der Elfenkönig persönlich, hatte sein Herz an die Menschenprinzessin verloren.

    Ihm lag ein Fluch auf den ausgedörrten, rissigen Lippen. Sein verräterisches Herz klopfte kraftvoll und stetig hinter seinen Rippen. Es war eine beständige Erinnerung daran, was die Prinzessin in ihm angerichtet hatte.

    Er kniff die Augen gegen den nahenden Sandsturm zusammen und wandte den Blick nordwärts. In der Ferne erkannte die kantigen Umrisse eines schroffen Gebirges. Vielleicht irrte er. Vielleicht gab es dort aber doch so etwas wie eine Zivilisation oder zumindest eine Quelle, von der er trinken konnte. In jedem Fall fände er Schatten und das schien ihm aktuell verlockend genug.

    Hier in der endlosen Wüste begegnete ihm niemand. Egal, in welche Richtung er sich wandte, der Sand war allgegenwärtig.

    Kieran sog rau die Luft ein. Jeder Atemzug sandte ein loderndes Feuer durch seinen Hals. Die Lippen, Kehle und sein ganzer Körper vertrockneten von Minute zu Minute mehr.

    Schlurfend schob er den Sand vor sich her. Längst hatte er die Stiefel ausziehen müssen. Das Leder war mit jedem Schritt auf dem glühenden Wüstenboden geschmolzen. Es hatte sich zuletzt bis in die Haut gebrannt. Ein Blick zurück zeigte ihm die rotbraune Spur, die er hinterließ, ehe neue Sandkörner sie verbargen.

    Seine Fußsohlen waren wund und verbrannt. Trotzdem gab er nicht auf. Denn er wollte in dieser Hölle keinen jämmerlichen Tod sterben. Er gehörte woanders hin. An einen anderen Ort, in eine andere Welt.

    Unter normalen Umständen hätte er verhindert, dass irgendwer in Kontakt mit seinem Blut geriet. Elfenblut war besonders. Es wäre ein Schatz für jeden, der nicht dem Elfenvolk angehörte. Die Gabe, die in ihm schlummerte, war nicht für Normalsterbliche bestimmt. Er erinnerte sich gut daran, wie er es zuletzt eingesetzt hatte. Mit welcher Wucht die Emotionen bei Arianas Heilung ihn überrannt hatten. Es war eine Ironie, dass die Macht der Gene nicht seiner eigenen Genesung dienten. Hier draußen, mitten im glühend heißen Nirgendwo, kümmerte niemanden das Blut des Elfenkönigs. Es war genauso bedeutungslos wie all die Minderen, die im Elfenreich als Sklaven schufteten.

    Kieran legte sich seinen Umhang um den Kopf und die Schultern. Sein Schädel glühte erdrückend vor Hitze.

    Den Gedanken an jenes Wesen, das ihn überhaupt erst an diesen Ort der Verdammnis geschickt hatte, vermied er. Der Knochenmann spielte ein übles Spiel mit ihm. Es war erschreckend genug, dass das Schattenwesen ihn hierher vertrieben hatte. Aber das Schattenreich bedrohte ungehindert das Elfenreich und die ganze Welt drumherum. Darüber wollte Kieran in dieser sengenden Ödnis am liebsten nicht nachgrübeln.

    Seine Beine knickten wie kraftlose Zweige im Wind ein. Er stolperte, stürzte in den Sand und rutschte eine kurze Düne hinab. Ein brennender Schmerz fegte durch seinen Körper, kaum dass die Handflächen den weichen Boden berührten. Stöhnend rappelte er sich auf. Um ihn herum wuchs der Sturm zu einem Tosen heran. Aber die schwächlichen Tränen in den Augenwinkeln entstammten weniger dem beißenden Wind. Vielmehr rührten sie von der wachsenden Frustration und schwelenden Verzweiflung in seiner Seele. Wäre er ein Mensch, würde er den Emotionen bereitwillig nachgeben und die bitteren Tränen vergießen. Aber so war es nicht. Er war ein Dunkelelf. Und als solcher wollte er verdammt sein, wenn die Heulerei ihn überwältigte. Erst recht, da er Elfenkönig war und ein ganzes garstiges Volk unter sich einte. Dunkelelfen bewahrten sich ihre Würde, den Stolz. Sie gaben sich keine Blöße und zeigten keine Schwäche. Niemals.

    Kieran schnaubte.

    Hier war keine Elfenseele.

    Kein Mensch, kein Dunkelelf, kein Tod.

    Dennoch drängte er die Tränen zurück in sein Innerstes und stolperte weiter. Dabei starrte er unentwegt auf seine geschundenen Füße. Nur gelegentlich brachte er die Energie auf und hob den Kopf, um die Felsformation nicht aus den Augen zu verlieren. Sobald er die Felsen erreicht hätte, würde es neue Hoffnung geben, daran klammerte er sich.

    Eine Ewigkeit verging, in der ihn nur der nachlassende Wind begleitete. Da kreuzten Schatten sein Blickfeld. Sie färbten den Sand vor ihm dunkelbraun. Kieran hielt inne und hob benommen den Kopf. Ihm schwindelte. Der Horizont verschob sich kurz vor seinen Augen. Er runzelte die Stirn. Halluzinierte er?

    Vor ihm standen vier Gestalten: drei Männer und eine Frau. Menschen? Ihre Iriden funkelten wie schwarzer Onyx. Sie musterten ihn argwöhnisch. Ihre sandfarbenen Umhänge schleiften über den Boden und schienen eine Einheit mit dem Sand einzugehen. Im Gegensatz zur Prinzessin schimmerte die Haut ihrer Gesichter in einem sonnengebräunten Hautton. Er war ihnen mit seiner eigenen, gebräunten Hautfarbe nicht unähnlich.

    In ihren Mienen las er Überraschung heraus. Wer rechnete schon damit, auch nur einer Seele inmitten von Sand zu begegnen?

    Kieran kümmerte nicht, wie sie ihn ansahen, solange sie ihm etwas von ihrem Wasser gaben. Längst hatte er die ledernen Wasserflaschen an ihren Gürteln entdeckt. Jeder trug eine. Sie sahen prall gefüllt aus. Er leckte sich über die rissigen und schmerzenden Lippen. Den Schmerz, den die Berührung auf der Haut auslöste, bemerkte er kaum noch. Seine Zunge war geschwollen und schwerfällig.

    Einer der Männer versetzte der Frau einen Stoß mit dem Ellenbogen. Als diese keine Reaktion zeigte, nestelte der Mann murmelnd am eigenen Umhang. Dann trat er vor. In der Hand hielt er einen Wasserbeutel.

    Kieran entriss ihm den Beutel, setzte ihn gierig an die Lippen und schluckte. Glück strömte durch seine Adern. Die ersten Schlucke schmerzten in seiner rauen, ausgedörrten Kehle, ehe das Brennen nachließ.

    Er verdurstete nicht.

    Er würde leben.

    Nur das zählte.

    Das Wasser rann ihm mit wohltuender Frische an den Mundwinkeln vorbei und den Hals hinab, wo es zügig verdunstete.

    Die Frau sagte etwas, doch er hörte es nicht. Er wollte es gar nicht hören. Der Durst überwältigte ihn.

    Da entriss ihm der Fremde wütend rufend die Wasserflasche. Kieran ballte instinktiv die Hände. Er musste nicht erst darüber nachdenken. Die Kampfhaltung war ihm in all den Jahrhunderten in Fleisch und Blut übergegangen, ein Brandmal seiner Seele. Als er die Fäuste herausfordernd hob, schauten die Fremden verblüfft.

    Er könnte das Wasser stehlen, schoss es ihm durch die Gedanken. Es ihnen rauben wie ein jämmerlicher Dieb. Ein Minderer. Der Vergleich rührte etwas in ihm. Nur langsam löste er die Haltung wieder auf.

    »Wer seid ihr?«, fragte er. Jedes Wort schmerzte. Es kratzte heftig im Hals, sodass er hustete, was weitere Schmerzen zur Folge hatte.

    Die Leute murmelten einander seltsame Silben zu. Er verstand sie nicht. Da wandte sich einer ihm zu, bereit zu reden.

    »Wanderer.«

    Der einzelne Begriff glitt weich wie Samt über die Lippen des Nomaden.

    »Was soll das heißen?«, fragte Kieran. Der Kerl sprach erneut mit den anderen und übersetzte seine Worte. »Ich danke euch für das Wasser«, schob Kieran nach, als die Antwort ausblieb. Die Leute nickten.

    »Tot, wenn du bleibst«, meinte der Mann und taxierte ihn beiläufig von oben bis unten. »Wir können helfen. Wir haben Kleidung. Wasser. Essen. Du hast nichts. Du stirbst.«

    Skeptisch zögerte Kieran. »Ich kann euch aber nicht bezahlen«, wandte er ein.

    »Wir helfen. Komm.«

    Was hatte er zu verlieren? Warum sollte er es dem Knochenmann leicht machen, wenn ihm offensichtlich Retter gesandt wurden?

    Kieran begleitete die Wüstenwanderer bis zu einem Zeltlager am Fuß eines niedrigen Hügels, der kaum einen Schatten warf. Die Frau führte ihn in ein größeres Zelt. Dort versorgte sie ihn mit Wasser und einer kräftigen Brühe. Er bekam zusätzlich eine kühlende Salbe und ein paar Stoffbahnen, um seine Wunden zu verbinden. Danach überreichte sie ihm einen Umhang, dessen sandige Tönung deutlich besser in diese Gegend passte als sein eigener.

    Er saß auf einem weichen Kissen, die Frau rührte in einer breiten Pfanne. Draußen hörte er die Stimmen der Männer. Wieder verstand er kein Wort. Die Frau beachtete ihn nicht. Alles war ruhig, beinahe friedlich.

    Er zog den roten Faden aus seiner Manteltasche hervor, betrachtete das zarte, blutrot gefärbte Geflecht, das ein hauchdünner Goldschimmer umgab. Was geschah mit dem Elfenreich? Jetzt, da er dieses Artefakt mit sich trug? Breitete sich das Nichts, die unheilvolle Schwärze des Knochenmannes, weiter ungehindert aus? Wie ging es seinem Halbbruder Rohàn und dessen Tochter Lihana? Kieran zwirbelte den Faden zwischen den Fingern. Wie erging es Ariana? Ein Teil von ihm wünschte, er hätte mehr Zeit gehabt. Er hätte diese fremde Prinzessin besser kennenlernen und ihre Seele eingehender ergründen sollen. Ein Seufzen entfuhr ihm bei dem Gedanken an ihre weichen Lippen. Er schloss die Augen. Frustration kroch in ihm hoch. Bitter und schwer lag sie ihm im Magen. Resolut steckte er den Faden weg und hob den Blick.

    Ertappt blinzelte er die Nomadin an, die ihn streng musterte. Längst hatte sie aufgehört, in ihrer Pfanne zu rühren. Ihm war entgangen, wie sie ihn beobachtete. Sie starrte ihn an wie ein Insekt. Eines, das seinen Stachel offengelegt hatte und nun deswegen beseitigt werden musste.

    »Ich muss mit jemandem sprechen«, sagte er. Dabei erwiderte er ihren glotzenden Blick und wartete.

    Sie antwortete nicht, sondern sprang kurzerhand auf ihre nackten Füße und hastete durch den Zelteingang nach draußen.

    Stimmen wurden laut.

    Das Zelt war geräumig genug für mehr als zwei Personen. Zugleich war das Zeltdach ausreichend hoch, sodass er den Kopf nicht einzuziehen brauchte, wenn er aufstand. Die hellbraunen Stoffbahnen um ihn herum wiegten sich in einer unscheinbaren, aber trockenen und heißen Brise. Durch die Öffnung zu seiner Linken sah er einige Männer in einer Gruppe beisammenstehen. Einer gestikulierte lebhaft, deutete auf das Zelt und auf ihn. Kieran verstand nicht, was sie sagten. Doch die Körpersprache schien ihm eindeutig. Er zog die Brauen zusammen. Dieses Wüstenvolk wollte ihn nicht länger bei sich haben. Schluss mit der Gastfreundschaft. Offenbar nahmen sie ihn nun als Bedrohung wahr.

    Seine Hand glitt zur Brusttasche, in die er den Faden verborgen hielt. Er wollte nichts lieber, als dieses verdammte Ding wieder loswerden. Aber damit wäre jede Chance vertan, Ariana wiederzusehen, dem Tod zu entrinnen oder sein Volk vor dem Schattenreich zu schützen. Seine Zähne gaben ein leises Knirschen von sich. Er hatte den Kiefer angespannt, ohne es zu merken. Mühsam löste er die Spannung wieder, atmete tiefer und wandte dem Zelteingang den Rücken zu.

    Kurz darauf schlug einer der Wüstenmänner die Stoffbahn grob beiseite, die den Eingang halb verhüllt hatte. Er sah sich um, entdeckte Kieran, und kam auf ihn zu. Sein Gesicht offenbarte dieselbe Art von Anspannung, die Kieran von innen heraus zu zerfressen drohte.

    »Was ist los?«, fragte er und humpelte rückwärts, um Abstand zu gewinnen. Der Eindringling war zwar nicht offen bewaffnet, dennoch wollte er kein Risiko eingehen.

    Zwei weitere Männer blieben am Eingang stehen und verschränkten die Arme vor der Brust. Fürchteten sie, er würde fliehen? In die Hölle hinaus? Kieran schnaubte.

    »Du trägst es bei dir«, stellte der erste der Wanderer fest. Sein Kinn ruckte in seine Richtung.

    »Was meinst du?«

    »Den Zwirn.«

    Kieran zögerte. Was wusste dieses Volk?

    »Sie sagt, du hast es«, fuhr der Wanderer fort.

    »Und wenn es so ist?«

    »Nicht sicher für uns. Du musst gehen.«

    Der Typ schien nicht wie jemand, der über die Heiligtümer und Hüter Bescheid wüsste. Er konnte unmöglich im Bilde sein, wie die roten Fäden die Welten zusammenhielten.

    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«

    »Du glaubst, wir wissen nicht. Aber das ist gelogen. Wir kennen das Geheimnis. Erkläre, warum du ihn hast.« Er hob in aller Unschuld beide Hände. »Wir helfen, keine Feinde.«

    »Das entscheide ich besser selbst.«

    Bisher hatte er seine spitzen Elfenohren verbergen können. Aber wenn diese Wanderer Bescheid wussten, wie konnte er sicher sein, dass sie nicht auch das Elfenreich kannten? Über den Tod im Bilde waren? Den Schleier?

    »Warum ist der Faden eine Gefahr?«, fragte er.

    Der Nomade senkte seine Hände wieder. »Sie sind alt. Sie tragen viel Magie in sich. Wir kennen den Ort, an dem sie gesammelt werden.«

    »Eine heilige Stätte?«, fragte Kieran.

    Der Kerl nickte und zog eine Schulter hoch.

    »Heilig, ja. Ort der Sammlung. Dort bewachen sie die Zwirne. Fehlt einer ...«

    Er führte den Satz nicht zum Ende, doch Kieran verstand ihn auch so. Wenn es in dieser Welt Hüter und Fäden gab, existierten sie ebenso im Reich der Prinzessin, in Tarnàl. Und das wiederum gab ihm genügend Grund zum Hoffen. Dann wäre sie nicht länger unerreichbar. Jede Welt bestand für sich. Nicht weil winzige Fasern sie in den Abgrund rissen oder den fragilen Schleier hoben, der ihre Leben voneinander trennte.

    »Zeig mir diesen Ort, bring mich dahin!«, sagte er deshalb.

    02 – Sandmann

    »Du nennst sie Hüter«, erklärte Kierans Begleiter auf dem Weg durch die Wüste. »Wir sagen: Wächter von Zeit und Raum.«

    Sie hatten sich zügig auf den Weg gemacht, mit ein paar Wasserbeuteln und einer Tasche voll getrockneter Früchte.

    »Wer weiß über sie Bescheid?«, fragte Kieran. Ihm perlte trotz der luftigen Kleidung der Schweiß aus den Poren.

    »Das Wüstenvolk hütet Geheimnis. Wenige wissen von Existenz. Keiner sucht sie. Sie wollen Kontakt nicht.« Sein Blick streifte Kieran. »Sie mögen Fremde nicht.«

    »Dann sind sie sicher begeistert, mich zu sehen.«

    Der Wanderer klopfte ihm lachend auf die Schulter.

    Kein einziges Wölkchen zog über ihren Köpfen hinweg. Kieran schaute oft zum Horizont hin. Immerzu rechnete er damit, die finstere Schwärze aus seiner Welt heraufziehen zu sehen. Diese fremdartigen Wolken, die wie Pech alles bedeckten und verseuchten. Er schauderte.

    Sie errichteten ein kleines Lager für die Nacht, von dem sie sich früh wieder erhoben, um ihre Reise fortzusetzen. Das Gebirge, dass er bei seiner Ankunft in dieser Welt gesehen hatte, blieb währenddessen stets an ihrer Seite.

    »Wo müssen wir hin?«, fragte Kieran im Verlauf des Vormittags. Sie waren heute schweigsamer als gestern. Obwohl ihre Heimatwelten sich voneinander unterschieden, hatte keiner von ihnen ein Interesse daran, den anderen näher kennenzulernen.

    Kieran musste unbedingt zu diesen Wächtern, wenn er den Faden loswerden und Ariana finden wollte. Die Hüter dieser Welt waren seine Gelegenheit. Nur sie wussten, wohin er wirklich gehörte.

    Sein Begleiter deutete voraus.

    Das abflachende Gebirge zeichnete scharfe Kanten in den Himmel und mündete in einem kleineren Hügel. Eine pechschwarze Stelle offenbarte den Ort, wo der Felsen auf Sand traf. Schwarz wie die Nacht hob sie sich vom Rest des Gesteins ab.

    »Ist das eine Höhle?«

    Sein Führer nickte. »Eingang zum Archiv. Tunnel weisen den Weg zu den Antworten. Aber kaum einer wagt sich so tief hinein.«

    Er schaute ihn schräg von der Seite aus an. Fürchtete er etwa, er liefe eingeschüchtert davon? Kieran ignorierte die Blicke und fixierte den Tunneleingang.

    Die Höhle war größer als vermutet. Von innen drang kein Lichtschein hinaus. Nur ein kalter Luftstrom wehte ihnen entgegen. Sie trug den Atem kühlen Gesteins, abgestandener Feuchte und etwas anderes mit sich. Kieran konnte den Geruch nicht eindeutig zuordnen. Er legte sich jedoch schwer auf die Schleimhäute.

    »Bereit?«

    Kieran nickte.

    Schon nach wenigen Schritten verengte sich der Tunnel und zwang sie, hintereinander zu laufen. An dieser Stelle tauchten endlich ein paar Fackeln auf. Sie brannten schwach, warfen aber genügend Licht an die schwarzen Wände, um dem Weg zu kennzeichnen. Anders als im Elfenreich verströmten sie nicht den charakteristischen Geruch von Feuer und verbranntem Trolldung. Kieran sah sie genauer an und erkannte eine Art geruchlos leuchtenden Stein in den Aussparungen der Felsen. Stirnrunzelnd folgte er seinem Führer tiefer in den Berg hinein. Der Tunnel verengte sich weiter. Sie krümmten sich, um hindurch zu gelangen. Kieran schnaufte.

    »Wer hat sich diese Konstruktion erdacht?!«, brummte er. Sein Begleiter lachte.

    »Das wissen die Götter.«

    Der Luftstrom verstärkte sich und strich ihnen über ihre verschwitzten Hälse und Gesichter. Die bleierne Schwere löste sich und machte einer frischeren Kühle Platz.

    Der unterirdische Gang wurde breiter und höher. Schließlich mündete er in eine Art Halle. Sie ähnelte jener der Hüter in seiner Welt. Hier aber sah er kein dickes Bündel roter Fäden. Der Saal lag vollkommen verlassen vor ihnen. Sand bedeckte den Boden. Wandhalter enthielten vereinzelt leuchtende Steine. Ein spärlicher, orange wirkender Lichtschein erhellte die Umgebung. Trotz des Schimmers auf Wänden und Boden herrschte eine bedrückende Atmosphäre im Raum.

    »Wo sind die Wächter?«, fragte Kieran. Sein Begleiter antwortete nicht. Er trat bereits den Rückzug an und war drauf und dran, ihn in dieser sandigen Höhle allein zu lassen. Ihm blieb keine Zeit, um sich mit dem flüchtenden Wanderer zu befassen. Ein Geräusch drang an sein Gehör. Kieran neigte den Kopf und runzelte angestrengt die Stirn, um den Ursprung besser ausmachen zu können. Da sah er es schon.

    Ein dünnes Rinnsal feinsten Sandes rieselte von der in Schatten verborgenen Decke herab und in die Mitte der Halle. Dort oben herrschte absolute Finsternis. Das hatten dieser Ort und die heilige Stätte in seiner Welt gemeinsam.

    Korn für Korn türmte sich der Sand auf. Der Nomade hinter ihm war kaum noch im Tunnelgang auszumachen.

    Am liebsten wäre er ebenfalls geflüchtet. Bevor alles einstürzte und er unter Sand begraben wurde. Stattdessen verharrte er an Ort und Stelle, die Hand am Griff des einzigen Dolches, den ihm die Wüstenwanderer überlassen hatten.

    Das Rieseln veränderte sich, wurde lauter, summte und brummte, wie in einem Bienenstock. Eine kräftige Vibration durchzog die Halle und fuhr ihm durch sämtliche Glieder.

    Schließlich fiel das letzte Sandkorn herab. Es glitzerte, als würde es von einer eigenen Lichtquelle angestrahlt. Trotz der Ungewissheit wuchsen die Faszination und das Interesse in ihm und er trat einen Schritt vor. Kieran starrte auf den unförmigen Haufen vor sich. Er hatte so etwas noch niemals zuvor gesehen.

    Der Sand bewegte sich, bildete Wölbungen und Erhebungen, wo vorher keine waren. Plötzlich stürzte es in sich zusammen wie bei einem Ballon, aus dem die Luft entwich. Ein dumpfer Ton folgte der Bewegung. Er dröhnte grollend durch Kierans Adern. Hilflos sank er auf die Knie und presste sich die Hände auf die Ohren. Jedes einzelne Sandkorn strahlte lichterloh, sodass er kaum noch hinsehen konnte.

    Er hielt sich einen Arm vor das Gesicht, um den grellen Lichtschein zu mildern. Gleichzeitig versuchte er, den Sand im Blick zu behalten. Die Sandkörner rollten wie winzige Murmeln in seine Richtung. Das Grollen verstummte.

    Kieran stolperte zwei Schritte zurück. Dabei griff er hastig nach dem Dolch in seinem Hosenbund und stieß gegen eine der Sandmauern. Erschrocken blickte er um sich. Die Wände rückten näher. Eine andere Erklärung hatte er nicht. Überall schossen rote Fäden aus den sandigen Mauern. Aus jeder Ritze kamen sie hervor, wickelten sich blitzschnell um seine Gliedmaße. Sie umklammerten ihn, fixierten ihn an Ort und Stelle. Der Druck, den sie auf ihn ausübten, nahm zu. Sie umwickelten die Handgelenke wie bösartige Schlangen. Er zischte vor Schmerz. Die Fäden rissen seinen Arm zurück. Er prallte hart gegen die Mauer und die einzige Waffe entglitt seinen Fingern.

    »Was passiert hier?«, rief er.

    Sein Begleiter war längst auf und davon. Nur das leise Echo der eiligen Schritte war noch hörbar, ehe es einen Moment später verklang und Stille sich breitmachte.

    »Was soll das?«, ertönte eine Stimme, deren Lautstärke ihm in den Ohren schmerzte. »Was willst du?«

    Kieran zerrte an den Fesseln, aber sie gaben nicht nach.

    »Ich suche die Hüter«, keuchte er.

    Die Fäden drückten stärker gegen seine Gelenke.

    »Warum bist du hier?«, ertönte die Stimme um ihn herum.

    »Ich brauche Antworten!«

    Der Sand veränderte sich. Die Körner erhoben sich vom Erdboden wie Insekten, schwirrten durch die Luft und umkreisten einander wie ein aufgebrachter Bienenschwarm. Wind toste durch die Halle und erzeugte einen Sandsturm.

    Kieran kniff die Augenlider zusammen. Die Sandkörner fügten sich zu einer Gestalt. Ein funkelnder Wirbelsturm umhüllte sie für die Dauer eines Wimpernschlags. Dann wurde es erneut still in der Halle.

    Der Wächter unterschied sich von jenen Auserwählten, die im Reich der Elfen das Vermächtnis der Fäden hüteten. Dieser hier hatte nicht das Aussehen eines Mönchs oder geflügelten Dunkelelfen. Der Mann näherte sich ihm mit gemächlichen Schritten. Er trug einen Umhang, der über den Boden glitt und eine Spur im Sand hinterließ. Perlen zierten den Stoff und ließen ihn bei jedem auftreffenden Lichtstrahl funkeln wie die Sandkörner vorher. Der Saum war mit roten Fäden durchsetzt.

    Der Hüter betrachtete ihn mit sandig-gelben Augen.

    »Welche Fragen führen dich zu mir, Elfenkönig?«

    Das ohrenbetäubende Dröhnen blieb aus. Nun klang dieses Wesen nahezu menschlich. Einzig ein leises Knirschen, als hätte er Sand zwischen den Zähnen, begleitete die Silben.

    »Du weißt, wer ich bin?«

    Ein überhebliches Grinsen verzog die dünnen Lippen des Hüters. »Ich bin der Wächter in dieser Welt. Ich weiß, dass du nicht hierhin gehörst, Kieran Maktùr.«

    »Dann kannst du mir vielleicht-«

    »Zeit und Raum sind keine Spielzeuge. Wir schicken nicht wahllos Leute von einer Welt in die nächste.«

    »Der Tod schreckt nicht davor zurück.«

    Der Hüter lachte. Es klang wie das Schleifen von Metall. Kieran fröstelte.

    »Der Tod ist ein Narr, ein trotziges Kind, das sich weigert, der Natur zu folgen.«

    »Aber er bedroht meine Welt!«

    »Drohgebärden, lächerlich.« Der Wächter seufzte und die Fäden um Kierans Gelenke lösten sich etwas. »Nichts anderes ist von dem alten Knochenmann zu erwarten.«

    »Was meinst du damit?«

    Die Sandaugen musterten ihn. Er trat näher und streckte die Hand aus. Die Finger des Sandmanns waren lang und schmal mit spitz zulaufenden Nägeln. Eine Fingerspitze fuhr über Kierans Umhang. Auf Brusthöhe hielt er inne. Ein dunkles Grollen hallte bebend durch die Halle.

    »Woher hast du das?«, knirschte er. In seinen Augen glitzerte Sand wie Hunderte Dolchspitzen.

    »Weißt ausgerechnet du das nicht?«, spottete Kieran in Elfenmanier, ehe er sich hindern konnte.

    Prompt zogen sich die Fesseln wieder zu. Sie schnürten ihm die Gliedmaße ab, die ohnehin kribbelten oder völlig taub waren. Der Hüter brachte sein Gesicht so nahe an ihn heran, dass er die sandigen Poren deutlich sehen konnte. Jede Einzelne mutierte zu einer Spitze, scharfkantig wie der Dolch zu seinen Füßen.

    »Vorsicht, minderwertige Kreatur«, grollte der Wächter. In seinen Augen tobte ein Sandsturm. »Du darfst den Zwirn nicht besitzen.«

    »Aber der Tod schickte mich damit hierher.«

    »Die Fäden sind Teil der heiligen Besitztümer der Schöpfung. Sie sind fest mit der natürlichen Ordnung verbunden. Du kannst ihn nicht behalten. Gleichgültig, was der Grund sein mag.«

    »In meiner Welt gab es einen Verräter unter den Hütern. Der Tod raubte den Faden von ihm, um seine eigenen Ziele zu verfolgen und sein Schattenreich auszudehnen«, platzte es aus Kieran heraus. »Wenn ich diesen Faden verliere, verliere ich jede Verbindung zu meinem Reich!«

    Der Sandmann musterte ihn. Dann schüttelte er den Kopf. »Es gibt keine Ausnahmen.«

    Kierans Blick glitt an dem Wächter vorbei. Entlang der Wände tauchten weitere Hüter auf. Allein die Schlichtheit ihrer Umhänge unterschied sie vom Sandmann vor ihm.

    »Schön!«, knurrte Kieran. »Aber was ist mit dem Tod, hm? Er will nicht nur mich umbringen. Er will die Schleier heben und das Schattenreich über jede Welt bringen. Er hat kein Interesse daran, einzelne Leben zu nehmen. Er fordert mehr.«

    »Das ist unmöglich. Der Tod ist nicht in der Lage, sein Reich derart auszubreiten. Wir Hüter tragen die Verantwortung für die Schleier zwischen den Sphären. Wir wachen über die Fäden, die die Welten wie Adern durchziehen. WIR schützen die natürliche Ordnung im Universum, nicht der Knochenmann.«

    »Ihr seid Narren, wenn ihr das denkt.« Erneut zerrte er an den Fesseln, die rot wie Blut schimmerten. Er durfte nicht zulassen, dass der Hüter den magischen Zwirn und alle Macht bei sich behielt. Wie sonst sollte er je wieder zu Ariana durchdringen? Er brauchte den Faden. Es war seine einzige Chance.

    Der Sandmann packte Kierans Umhang und griff zielsicher in die Tasche und beförderte den Faden in einer fließenden Bewegung hinaus. Selbstgefällig hielt er ihn zwischen Daumen und Zeigefinger.

    »Dieser Faden gehört zurück in die heilige Ordnung. Geh und finde deine Bestimmung, Elfenkönig. Deine Fragen sind beantwortet.«

    Die Fäden lösten sich von ihm und krochen wie Schlangen in die Mauern zurück. Kieran stolperte von der Wand weg, auf den Hüter zu, und stürzte mit einem rauen Schmerzenslaut auf die Knie. Seine Füße waren taub. Er hatte kein Gefühl mehr in den Fingern, deren Kuppen sich bereits hellblau färbten. Sein Atem wirbelte Sand auf. Das intensive Kribbeln, das seine Glieder befiel, ließ ihn stöhnen. Es fühlte sich an, als steckte er Hände und Füße in einen Ameisenhaufen. Mehrmals schüttelte er sie aus und drückte sie gegen seine Brust.

    Dann zwang er sich auf die Knie und auf die Füße zurück. Er biss die Zähne zusammen und stolperte zum Hüter herum. Der stand bloß da und musterte ihn. Natürlich war der Versuch Wahnsinn. Schließlich war er ein Wächter, seit Jahrhunderten dazu auserkoren, in diesen heiligen Hallen zu wandeln.

    Aber er brauchte den Faden zurück.

    Kieran stolperte vorwärts. Er umklammerte das Handgelenk des Sandmanns und griff mit der anderen Hand nach der Faser. Sie schimmerte immer noch zwischen den Sandfingern. Fast konnte er sie zwischen seinen eigenen Fingern spüren.

    Da rieselte es und das Gelenk des Wächters zerfiel zu Sand. Fassungslos starrte er ihn an. Sein Blick glitt zum Gesicht des Sandmannes, der den Faden seelenruhig im Umhang verstaute.

    »Wenn ich ihn nicht bekomme, sind alle verloren«, sagte Kieran. »Mein Reich, mein Bruder ...«

    »Die Sklavin?«

    Er zuckte zusammen.

    »Wir Hüter wissen um den Lauf der Zeit. Uns ist wohlbekannt, dass du dich zu einer Menschenfrau aus einer anderen Welt – einer Minderen in deinem Reich – hingezogen fühlst. Dass du dich entgegen der Natur in sie verliebt hast.«

    Das Blut rauschte ihm in den Ohren. Alle Erfahrungen der letzten Jahrhunderte mahnten ihn zur Vorsicht. Doch der Herzschlag in seiner Brust, die qualvoll pochende Erinnerung an Ariana trieben ihn hitzköpfig vorwärts.

    Der Hüter wich rieselnd zur Seite hin aus.

    »Du willst zu dieser Menschenfrau. Um jeden Preis. Jede jämmerliche Zelle verlangt, dieser Minderen nahe zu sein. Du willst zu ihr, weil dein einfältiges Herz dir so gebietet. Weil du immer noch nicht erkannt hast, welche Rolle du in der Ordnung einnimmst. Du brennst für sie.«

    Er starrte den Wächter an, die Fäuste geballt und die Zähne angespannt zusammengebissen.

    Der Hüter fuhr fort: »Was ist mit deiner Heimatwelt, Kieran Maktùr? Was ist mit den Elfen dort? Mit all den Missständen? Der Sklaverei? Warst du nicht derjenige, dem dieser Zustand nicht behagte? Der nicht wagte, sich seinem eigenen Volk zu widersetzen, obwohl du ihr Gebieter warst? Willst du die Menschenfrau, an die du dein Herz so fest gehängt hast, wieder mitnehmen ins Elfenreich? Was soll aus dieser Prinzessin werden, die du liebst?«

    Kieran sah zu Boden. Widerstrebend gestand er sich ein, dass der Hüter in dem Punkt recht hatte. Er durfte den Emotionen nicht leichtfertig nachgeben, wenn so viel mehr auf dem Spiel stand. Er dachte an das schwarze Nichts, das seine Welt bedrohte. An all die Menschen, die für die Elfen arbeiteten. All die Brandmale, die Zeichen der Zugehörigkeit auf ihren Leibern ...

    »Ich muss sie wiedersehen.«

    »Das sollst du.«

    Sein Kopf fuhr hoch. »Wie?«

    Der Sandmann lächelte.

    Der Sand toste um Kieran herum und hüllte ihn ein.

    Er wollte schreien, dem Sandsturm trotzen und gleichzeitig entgehen. Der Sand wirbelte um ihn her, wirbelte ihn umher – und brachte den Wandel. Er bemerkte es tief in seinem Inneren. Sie entrissen ihm etwas Entscheidendes. Und er konnte nichts dagegen tun.

    Der Sturm legte sich. Die Hüter waren fort. Ebenso der Sand und die Halle. Es gab keine Fäden um ihn herum, keine Anzeichen für die Wüste. Stattdessen hockte er mitten auf einer belebten Straße mit groben Pflastersteinen, die vom Regen nass glänzten. Die Menschen um ihn herum starrten befremdet auf ihn herab. Einige flüsterten miteinander, andere schüttelten den Kopf. Wieder andere wandten hastig den Blick ab.

    Er setzte sich auf und bemerkte dabei seine bemitleidenswerte Erscheinung. Er trug einen fadenscheinigen groben Umhang in dreckigem Braun am Leib – mehr nicht. Entsetzen und Beschämung stellten sein Empfinden auf den Kopf. Hektisch raffte er den dünnen Stoff um sich. Er schwankte, ihm schwindelte kurz, und er taumelte zwei Schritte zur Seite. Dort prallte er mit einem

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