Skizzen aus der Kindheit
Von Milan Svanderlik
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Über dieses E-Book
Der in der Tschechoslowakei geborene Autor Milan Svanderlik ist in Jugoslawien aufgewachsen, hat kurz in der Schweiz gearbeitet und lebt seit fast 50 Jahren in London.
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Buchvorschau
Skizzen aus der Kindheit - Milan Svanderlik
Inhalt:
Titelblatt
Impressum
Prolog
DIE ANFÄNGE
EIN ZEITALTER DER UNSCHULD?
VON NONNEN, KANINCHEN UND EISENBAHNZÜGEN
DIE WELT BEGINNT SICH ZU VERÄNDERN
VOR DEM STURM
GETRÜBTE UNSCHULD
IN DER SCHULE
VORBEREITUNG AUF DIE VERBANNUNG
VERTREIBUNG
NEUE HEIMAT IN JUGOSLAWIEN
EPILOG UND HISTORISCHE HINWEISE
Über den Autor
SKIZZEN AUS DER KINDHEIT
Copyright © 2021 Milan Svanderlik, London, UK
Herausgegeben von: epubli GmbH, Berlin
www.epubli.de
Korrektur und Bearbeitung des englischen Originaltextes: Gerald Stuart Burnett.
Erstübersetzung aus dem Englischen ins Deutsche: Milan Svanderlik.
Korrektur und endgültige Bearbeitung des deutschen Textes: Gottfried Eggenhofer und Engelbert Pöcksteiner.
Die englische Version dieses Buches „SKETCHES FROM CHILDHOOD" wird als eBook veröffentlicht:
ISBN 9783754114162
Ohne die oben vorbehaltenen urheberrechtlichen Rechte einzuschränken, darf kein Teil dieser Veröffentlichung ohne die in irgendeiner Form oder auf irgendeine Weise (elektronisch, mechanisch, fotokopiert, aufzeichnend oder auf andere Weise) reproduziert, gespeichert oder in ein Abrufsystem eingeführt oder übertragen werden. Erforderlich ist eine vorherige schriftliche Genehmigung sowohl des Copyright-Inhabers als auch des oben genannten Herausgebers dieses Buches.
Der Glamour kindlicher Tage liegt auf mir,
Meine Männlichkeit ist in der Flut der Erinnerung niedergeschlagen,
Ich weine wie ein Kind um die Vergangenheit.
aus Piano
, von D H Lawrence
The glamour of childish days is upon me,
My manhood is cast down in the flood of remembrance,
I weep like a child for the past.
from Piano
, by D H Lawrence
Prolog
Skizzen aus der Kindheit ist im Wesentlichen die Erinnerung an eine frühe Kindheit, die zufällig mit Ereignissen von großer politischer Bedeutung zusammenfiel: Milan Svanderlik wurde an dem Tag geboren, an dem die Kommunistische Partei in der Tschechoslowakei, seinem Geburtsland, einen Staatsstreich durchführte, der eine aufstrebende, liberale Nachkriegsdemokratie in eine zerbrechliche, stalinistische Diktatur unter der Knute des Kremls verwandelte.
Obwohl die Erinnerung von einem Pathos durchzogen ist, das von einer Familie heraufbeschworen wird, in der aufkeimende Zwietracht den aufziehenden Sturm widerspiegelt, der bald die Staatspolitik erfassen wird, ist zu hoffen, dass die Leser in diesen Memoiren eine glückliche Mischung aus Kindheitserinnerung, jugendlichen Phantasien und einnehmender Laune vorfinden. Und diese Erinnerungen werden durch diese einfache Wahrheit überlagert: Niemand von uns entscheidet, wann oder wo wir geboren werden. Wir alle sind unweigerlich mehr oder weniger das Ergebnis von dem, wie die unaufhaltsame Flut der Geschichte auf die Umstände unseres Familienlebens, auf unserer Erziehung und auf unserer Bildung einwirkt. Tragischerweise sind wir, jeder von uns, Gefangene der Umstände.
Kapitel 1
DIE ANFÄNGE
Während meines langen Lebens (ich bin jetzt 73) war ich mir immer bestimmter Ereignisse in meiner fernen Vergangenheit bewusst, entschied mich jedoch aus verschiedensten Gründen, nie zu lange an diesen ersten Erinnerungen hängen zu bleiben. Um ehrlich zu sein, obwohl ich glaube, dass wir alle unser Leben auf den Grundlagen unserer frühesten Jahre aufbauen müssen, bin ich auch der festen Überzeugung, dass unsere Wünsche und unsere Vision wahrscheinlich die wichtigeren Determinanten für unseren Fortschritt im Leben sind. Natürlich gibt es auch die entscheidende Frage des Glücks. Das Glück ist nicht immer allen hold!
Obwohl ich jetzt im Ruhestand bin, bin ich immer noch aktiv, aber nachdem ich die von der Menschheit zugeteilte Spanne von 70 Jahren überschritten habe, begann ich zu fühlen, dass ich von „geliehener Zeit" lebe. Ich vermute, teilweise aufgrund dieser Wahrnehmung habe ich in letzter Zeit begonnen mehr nach hinten zu schauen, mich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und darüber nachzudenken, um diese ferne, prägende Zeit meiner frühen Kindheit besser zu verstehen. Ich habe jetzt das Bedürfnis, genauer zu untersuchen, wie die Erfahrungen dieser Jahre die Person beeinflusst haben, die ich heute bin und welche Auswirkungen sie auf mein Verständnis der heutigen Welt haben.
Zum ersten Mal werde ich mich bemühen einige der denkwürdigsten Ereignisse zu skizzieren, an die ich mich aus meiner Kindheit erinnere. Mit fast sieben Jahrzehnten, die verschiedene Eindrücke hinterlassen haben, werden diese eher wie Schnappschüsse vergangener Zeiten
sein und sie werden nicht immer in genauer Reihenfolge sein. Als Kinder erinnern wir uns lebhaft an bestimmte Dinge, während viele andere Ereignisse völlig vergessen werden. Dazu gibt es nicht immer eine offensichtliche Logik. Aber damit diese Skizzen Sinn machen, muss ich sie in einen historischen Kontext stellen, etwas von den Umständen erklären, die sie umgeben und zumindest die Schlüsselpersonen erwähnen, die in ihnen enthalten sind – sozusagen die dramatis personae (Personen der Handlung) meiner Geschichten.
Gestatten Sie mir zunächst, Ihnen etwas über meine Eltern zu erzählen. Meine Eltern (Bohumil Švandrlik & Růžena Sladeček) gehörten beide zur ersten Generation, die in Jugoslawien von emigrierten Tschechen geboren wurde. Nachfahren jener Tschechen, die sich während der Zeit des österreichisch-ungarischen Reiches in Veliki Zdenci in Kroatien niedergelassen hatten. Mein Vater diente als Offizier in der königlichen jugoslawischen Armee. Meine Eltern lebten nach ihrer Heirat in Bjelovar, wo meine Schwester Věra (Veronika) und mein Bruder Mirko (Miroslav) geboren wurden. Von Bjelovar zog die junge Familie nach Zagreb, wo sie einige Jahre vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs lebte, dann übersiedelten sie nach Petrinja. Von dort aus ging mein Vater zu den Partisanen. Er war nicht der einzige Tscheche, der sich Titos Widerstandsarmee anschloss. In der Tat nahm eine große Anzahl seiner Landsleute aus Daruvar und den umliegenden Städten und Dörfern an dem Kampf teil und leider kamen viele bei dem Konflikt ums Leben. Zum Glück überlebte mein Vater, um die Befreiung Jugoslawiens mitzuerleben und für seine Leistungen in dem Krieg wurde er mit der Spomenica-Medaille ausgezeichnet. Ich erwähne dieses Detail nur, weil seine glaubwürdige Beteiligung an den Partisanen nur wenige Jahre später dazu beigetragen hat das Schicksal unserer Familie zu bestimmen.
Wie ein Großteil des übrigen Europas blieb die Tschechoslowakei nicht von den katastrophalen Folgen des Krieges verschont: Die Großstädte wurden schwer beschädigt, viele Dörfer wurden zerstört, die Wirtschaft wurde ruiniert und einer groben Schätzung nach wurden von 14,5 Millionen Einwohnern über 350.000 Menschen getötet. Viele der Toten waren Zivilisten (277.000 waren Juden), viele weitere wurden verwundet oder handlungsunfähig. Zu diesem Elend kam hinzu, dass eine ethnische Säuberung
(Vertreibung der Deutschen aus dem Sudetenland, meist im Jahre 1945) erfolgte – ein sehr dunkles, abschließendes Kapitel der tschechischen Kriegsgeschichte. Über 1,6 Millionen Deutsche wurden in die amerikanische Zone (später Westdeutschland) und 800.000 in die Sowjetzone (später Ostdeutschland) ausgewiesen. Tragischerweise starben viele tausende Menschen deutscher Abstammung während dieser rücksichtslosen Vertreibung entweder unter gewaltsamen Umständen oder an Hunger, Krankheit oder Seuchen. Aus der Slowakei wurden fast 100.000 Magyaren unter Zwang nach Ungarn umgesiedelt im Gegenzug kehrten rund 70.000 Slowaken zurück. Insgesamt wurden die tschechischen Länder infolge dieser abscheulichen Schlacht- und Vertreibungsmaßnahmen national fast homogen, wobei der Anteil der Tschechen und Slowaken von 64 % auf 94 % der