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Sommersprossen und Kondensstreifen: Miniaturen, Gedichte, Kurzgeschichten
Sommersprossen und Kondensstreifen: Miniaturen, Gedichte, Kurzgeschichten
Sommersprossen und Kondensstreifen: Miniaturen, Gedichte, Kurzgeschichten
eBook147 Seiten1 Stunde

Sommersprossen und Kondensstreifen: Miniaturen, Gedichte, Kurzgeschichten

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Über dieses E-Book

Die vielen Umzüge, die seltsamen Schulen, die ich besucht habe, die Alkoholsucht meines Vaters, die Arbeitslosigkeit meiner Mutter, meine Konzentrationsprobleme, mein geschissener Beistand, den ich jetzt endlich los bin. Der bekam Geld dafür, dass er sich nicht für mich interessierte. Ja, ich versuche es mit dem Schreiben. Hoffentlich interessiert das jemanden.
Solche Sätze verfangen sich im Gedächtnis der Autorin, wenn sie den Menschen zuhört.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum20. Sept. 2021
ISBN9783752617580
Sommersprossen und Kondensstreifen: Miniaturen, Gedichte, Kurzgeschichten
Autor

Katharina Michel-Nüssli

Katharina Michel-Nüssli ist am 13. November 1964 geboren, im Tösstal aufgewachsen und lebt im Oberthurgau. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Die frühere Primarlehrerin engagiert sich im Jugendprogramm LIFT und ist freiberuflich als Lerntherapeutin und Jobcoach tätig. Ihre Aufmerksamkeit gehört den Menschen und ihren Geschichten. Sie setzt sich für eine intakte Natur und soziale Gerechtigkeit ein.

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    Buchvorschau

    Sommersprossen und Kondensstreifen - Katharina Michel-Nüssli

    Inhalt

    Vorwort

    Geschichten am Weg

    Menschliches

    Sommersprossen

    Blitzlicht

    Vom Lebensmut des Richi S

    Wanderer in Rot

    Pablo

    Auffahrtsbrücke

    Rorschach Hafen

    Gruppentherapie

    Nachwuchsspiesser

    Vater hat’s geschafft

    Der wahre Trennungsgrund

    Das Zeugnis

    Gastgeber

    Aufleuchten

    Nachtbus

    Logis

    Abendgespräch

    Lebens-Mittel

    Rössli

    Einkaufen

    Junger, aparter Herr

    Personalnotstand

    Beim Friseur

    Rastlose Wanderung

    Der Ingenieur

    Diskrete Verabschiedung

    Lebens-Inhalt

    Pandemisches

    Sommeri-Wurm

    Corona-Himmel

    Plexiglas

    Kontrolle vs. Desinteresse

    Ruhe vor dem Sturm

    Eine verlorene Geschichte

    Ländliches

    Bundesfeier

    Dialekt

    Quelle

    Töss

    Das Ende einer Flucht

    Der Drogist

    Heimat?

    Land-Spaziergang im November

    Magisches

    Gartenfest

    Die Voliere

    Die Wunderblume

    Begegnung im Mondwald

    Amandas seltsame Heimkehr

    Philosophisches

    Hierarchien

    Creme-Schnitt-en-Ge-Schicht-e

    Altersweisheit

    Nachruf

    Die Ente

    Organigramm

    Dazugehören

    Kräftige Wurzeln, schlank vernetzt

    Seelenverwandtschaft

    Die Farben der Wochentage

    Abbrüche

    Nachdenkliches

    Quasselstrippe

    Stille Begleitung

    Im Alter

    Der letzte Sonnenuntergang

    Innen und aussen

    Die weinende Frau

    Feierabend

    Schliessliches

    Zwei ungleiche Hälften

    Macht

    Die Midlife Crisis des Peter G

    Ehekrise

    Später vielleicht

    Nachwort

    VORWORT

    Geschichten am Weg

    Mit wachen Augen, offenem Herzen und empfindsamem Gespür ist Katharina unterwegs. Nimmt die Menschen ihrer Umgebung nicht oberflächlich wahr. Sie erkennt in jedem und jeder die einzigartige Persönlichkeit mit ihrer einzigartigen Geschichte. Oft sind es Männer, Frauen, Jugendliche und Kinder, die kaum ins Rampenlicht kommen.

    Die Geschichten von Richi S. und seinem Lebensmut, vom Drogisten mit verkürztem Bein, der plötzlich verstarb, oder vom Vierzehnjährigen, der nach schwierigen Zeiten den Rank doch noch findet, alle berühren. Sie berühren auch, weil wir alle Menschen mit solchen Geschichten kennen. Es gibt aber auch immer wieder Momente zum Schmunzeln! So die Philosophie der Ente: «Der Tag wird bringen, was er eben bringt.»

    Nicht nur in Geschichten gibt Katharina Menschen ein Gesicht, die sonst wohl kaum wahrgenommen würden, auch in ihrem Beruf unterstützt sie junge Menschen auf ihrem Weg zu ihrer ureigenen Geschichte. Selbstvertrauen sollen sie lernen und die Überzeugung, dass sie und ihre Geschichte einzigartig sind. Solche Erfahrungen der Berufsfrau übertragen sich auf die Autorin.

    Kostbare Miniaturen würde ich sie nennen, diese Geschichten, die das Leben in seiner ganzen Farbigkeit beschreiben.

    Ruth Rechsteiner

    MENSCHLICHES

    Sommersprossen

    Mit einem entschlossenen Ruck wurde der lange weisse Vorhang hinter der Balkontür zugezogen. Die Leichtigkeit der Bewegung liess auf eine Frau in den Dreissigern schliessen. Es war am frühen Samstagmorgen. Er war der einzige Besucher des Parks, der an den neuerbauten Wohnblock grenzte. Als er an der Fassade hochblickte, stellte er fest, dass etwa die Hälfte der Rollläden geschlossen war. Das beruhigte ihn ungemein, es gab ihm das Gefühl, einen Vorsprung zu haben gegenüber all den Langschläfern. Und er glaubte sich weniger beobachtet. Die unbedeckten Fenster waren wie Augen, die auf ihn herunterschauten. Er wollte für sich sein. Mit sich und seinen eigenen Gedanken.

    Unter dem Schatten der Blutbuche legte er sich auf eine Bank, atmete tief aus und schaute in die Krone, die ihn wie ein mächtiger Schirm beschützte. Er fühlte sich geborgen. Die Welt blieb draussen, die Angst vor dem Wochenende, dessen Ereignislosigkeit ihm bedrohlich vorkam, ermattete. Die Leere konnte nicht in sein Gemüt eindringen.

    Ob die Frau hinter dem Vorhang Sommersprossen hatte? Man müsste sehr nahe hingehen, um das festzustellen, unhöflich nahe. Rötlichblonde Haare hatte sie bestimmt. Sie musste hübsch sein, und selbstbewusst, das Tuch hatte sich so anmutig vor das Fenster geschwungen, bevor es sich sanft der Trägheit ergab. Er sieht sich mit einer Blume – im Park wachsen jede Menge davon – an der Eingangstür des Wohngebäudes warten, bis jemand herauskommt, und er dann schnell hineinschlüpfen kann. Hochparterre, mittlere Tür, es kann nicht anders sein. Er klingelt. Sie öffnet, lächelt mit ihrem Stupsnäschen. Weil er so nahe zu ihr hintritt, um sich zu vergewissern, ob sie wirklich Sommersprossen hat, spürt er ihren Hauch über sich hinweg wehen. Hinter ihr hebt sich der weisse Vorhang vor dem Balkon, schwebt davon und legt sich tröstlich auf den Träumenden.

    Blitzlicht

    Der Bleistift kritzelt über das Papier. Radiergummi und Spitzer liegen in Reichweite. Das Auge will nicht gelingen. Wie ungelenk ihre Hand geworden ist. Einst war sie die zweitbeste Zeichnerin der Klasse. Ihr glückte jedes Porträt. Die Modelle hatten sich ausnahmslos wiedererkannt. Einige Skizzen liegen in ihrer alten Zeichenmappe. Weder aufgehängt noch weggeworfen. Sie fristen ihr Dasein im Schatten, um in wenigen tageslichten Momenten die Genugtuung ihrer Schöpferin zu erneuern. Jung waren sie damals gewesen. Noch nicht einmal zwanzig. Wie sie sich wohl verändert haben? Die Haare, die Falten, die Körperformen? Nur die Augen altern nicht. Sie glänzen, sie leuchten. Besonders diese Augen. Keine Zeichnung, kein Foto besitzt sie, nur die Erinnerung. Ausgelöst durch diese banalen Akkorde heute Morgen beim Bügeln. Sie stellt das Radio lauter und dann ab, damit die Töne in ihr nachklingen können. Der Hit ihrer ersten Schülerparty. Immer wieder diese Melodie, Patschuli im Übermass, sie glaubt es wieder zu riechen. Im Blitzlicht des Stroboskops wirkten noch die unbeholfensten Tänzer attraktiv. Sie legt das Bügeleisen weg. Natürlich ist die Musik primitiv. Der Unerreichbare ein normaler Junge. Vielleicht ist er dick geworden. Egal. Sie legt sich bäuchlings aufs Bett und gibt sich den Erinnerungen hin. Ein süsses Kribbeln durchrinnt ihren Körper, verliert sich und lässt sie zurück einem leisen Gefühl des Bedauerns. Sie sieht ihre Finger, wie sie sich ans Kopfkissen klammern. Kein Wunder, dass ebendiese Finger keine Zeichnung mehr zustande bringen, die sie zufriedenstellt.

    Vom Lebensmut des Richi S

    Ein alter Mann. Wie unnatürlich schief er an den Krücken steht, draussen vor dem Physiotherapiezentrum. Sicher wartet er auf ein Taxi. Seine blauen Augen leuchten aus dem charmant unrasierten Gesicht, dessen Lächeln den freundlichen Ausdruck ein Leben lang geprägt zu haben scheint. Jetzt erkenne ich Richi.

    Es war mehr als eine Hüftoperation. «Mein halbes Becken ist weg.» Ich habe Hemmungen, mir das bildlich vorzustellen. Als wir noch zusammenarbeiteten, hatte er einen Tumor in den Nieren. Er kam nach der Operation gerne zurück an den Arbeitsplatz, mit der gleichen zugewandten Art wie zuvor, verlor kaum Worte über den Eingriff, war wieder da für die Jugendlichen in der Lernwerkstatt. Nach der Pensionierung widmete er sich seinen alten Fahrzeugen und rüstete sie auf für einen Trip nach Afrika. «Magst

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