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American Football: NFL – Die Liga der Superlative
American Football: NFL – Die Liga der Superlative
American Football: NFL – Die Liga der Superlative
eBook382 Seiten4 Stunden

American Football: NFL – Die Liga der Superlative

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Über dieses E-Book

American Football ist die Sportart Nummer eins in den USA – und die NFL die größte und reichste Liga der Welt. Ein nationales Heiligtum, das die Fans "an jedem verdammten Sonntag" in geselliger Runde genießen.
Alex von Kuczkowski, bekannt aus der "Footballerei", nimmt den Leser mit auf die Reise durch die Geschichte der spannenden und glamourösen Welt der NFL:

- alles zum Super Bowl
- das Milliardengeschäft
- Historie und Gegenwart aller 32 Teams
- die größten Stars und Legenden
- die besten Filme und Serien
- absurde Skandale
- faszinierende Stadien
- die Deutschen in der NFL

Ein kurzweiliges und amüsantes Lesevergnügen zum amerikanischen Sport schlechthin mit vielen Fotos.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Aug. 2019
ISBN9783730704899
American Football: NFL – Die Liga der Superlative
Autor

Alex von Kuczkowski

 Alex von Kuczkowski arbeitete 15 Jahre als Sport-Redakteur für große deutsche Tageszeitungen und berichtete über nahezu alle Sportarten. Seit 2014 ist er selbstständig, in unterschiedlichen digitalen Content-Projekten aktiv und unter anderem Gründer & Geschäftsführer der „Footballerei”.

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    Buchvorschau

    American Football - Alex von Kuczkowski

    Grundsatz.

    #1

    DIE AMERICAN

    PROFESSIONAL FOOTBALL

    ASSOCIATION

    Um zu verstehen, was die Gründer der heutigen NFL vor etwa 100 Jahren angestoßen und auf den Weg gebracht haben, beginnt dieses Buch in der Gegenwart. Denn die Männer, die sich damals auf Initiative eines Mannes namens Ralph Hay (*1891, †1944) erstmals im Sommer 1919 in Ohio zusammensetzten, um so etwas wie eine professionelle Football-Liga ins Leben zu rufen, hätten wohl nicht mal in ihren kühnsten Träumen daran geglaubt, wie sich ihr Vorhaben entwickelt. Alle an diesem Tisch wollten Geld verdienen, das ist klar. Dass »ihre« NFL ein Jahrhundert später aber nicht mehr nur eine Sportliga ist, sondern eine Marke, ein global agierendes Wirtschaftsunternehmen, das jedes Jahr Milliarden umsetzt, nein, das war so nicht vorhersehbar. Aber genau das belegen die aktuellen Zahlen, die die Datenagentur Bloomberg Anfang 2019 veröffentlicht hat.

    Der National Football League geht es heute so gut wie noch nie. Schon länger ist sie die mit Abstand reichste Sportliga der Welt. Aber die Einnahmen steigen seit Jahren kontinuierlich weiter. Und weiter. Und weiter. In der Saison 2018 lagen sie bei unglaublichen 15 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: Im Jahr 2001 betrug der Umsatz 4,28 Milliarden. Die Geldquellen sprudeln. Auf unterschiedlichen Ebenen. Am meisten verdient die NFL mit ihrem Fernseh-Deal. Die TV-Sender CBS, NBC, Fox und ESPN überweisen aktuell fünf Milliarden Dollar pro Saison. Dieser Vertrag läuft 2021/22 aus. Danach wird neu verhandelt. Die NFL wird hier noch mehr Geld rausschlagen. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche

    Acht von zehn US-Amerikanern interessieren sich für Football, sechs von zehn bezeichnen sich selbst als Fans. Seit Jahrzehnten hat die NFL in ihren Stadien den höchsten Zuschauerschnitt aller Sportligen dieser Welt (2018 betrug er 67.042 pro Partie). Zwar waren die TV-Zuschauerzahlen bei landesweiten Übertragungen in den Spielzeiten 2016 und 2017 in den USA jeweils rückläufig. In der Saison 2018 stiegen die Einschaltquoten aber wieder an, im Schnitt auf 15,8 Millionen pro Spiel in der regulären Saison (also ohne Playoffs). 46 NFL-Spiele lagen unter den 50 meistgeschauten TV-Sendungen. Das liegt sicher auch daran, dass die Liga ihre Spiele wieder spektakulärer gemacht hat. Zumindest in der Offensive. 2018 neu eingeführte Regeln besagen, dass Quarterbacks nun nicht mehr so hart angegangen werden dürfen wie früher, sie genießen mehr Freiraum und sind dadurch produktiver. In der regulären Saison gab es 2018 insgesamt 1.371 Touchdowns zu bestaunen. So viele wie noch nie. Die insgesamt 11.952 erzielten Punkte sind der zweitbeste Wert aller Zeiten (Stand Sommer 2019), 2013 gab es 11.985. Zudem wurden 73 Spiele mit nur drei oder weniger Punkten Unterschied entschieden. Das ist ebenfalls Rekord.

    Zulegen konnte die NFL erneut auch im Sponsoring. In der Saison 2018 wurden Einnahmen in Höhe von 1,32 Milliarden Dollar verzeichnet. Und selbst im Internet fließt das Geld. Das ist nicht selbstverständlich und liegt auch daran, dass digitale Trends bereits frühzeitig erkannt wurden. Im Vergleich zu anderen professionellen Sportligen war die NFL ein Vorreiter darin, ihre Spiele live auf ihren eigenen Kanälen im World Wide Web zu streamen. Schon 2008 wurde das Saisoneröffnungsspiel der New York Giants gegen die Washington Redskins (16:7) am 4. September live auf der Homepage (www.nfl.com) übertragen. Derzeit zahlt Amazon 50 Millionen Dollar im Jahr, um die Thursday-Night-Spiele im Netz zeigen zu dürfen. Die Abrufzahlen beziehungsweise Zugriffe entwickelten sich prächtig. In Zukunft wird die NFL auch hier deutlich mehr Geld pro Spielzeit verlangen können. Die Fans sind es gewohnt, für ihre Leidenschaft tief in die Tasche greifen zu müssen. Sei es beim Merchandising, bei den Eintrittskarten oder im Pay-TV.

    Die NFL ist ein knallharter Verhandlungspartner, der auf den maximalen Profit aus ist. In der Zentrale an der Park Avenue in New York arbeiten aktuell mehrere Hundert Menschen. Darunter sind Top-manager, die laufend neue Ideen entwickeln, wie man mit der eigenen Marke immer noch mehr Geld verdienen kann. Darunter sind Verhandlungsspezialisten, die die besten Deals schnüren. Im Sinn der Liga natürlich. Darunter sind auch Topanwälte, die wasserdichte Verträge aufsetzen. Denn auch und vor allem beim Thema Markenrechtsverletzung kennt die NFL überhaupt keinen Spaß. Die Abmahnabteilung im Haus hat das ganze Jahr einen Haufen Arbeit. Aber die NFL ist auch ein sehr treuer und loyaler Partner. Mit vielen Firmen wird schon lange zusammengearbeitet. Teilweise seit Jahrzehnten.

    Commissioner der NFL, also oberster Boss der Liga, ist derzeit Roger Goodell (*1959). Er ist seit 2006 im Amt und begann seine berufliche Laufbahn einst als Praktikant in dieser Liga. Im Jahr 2010 sprach Goodell das Ziel aus, bis 2027 rund 25 Milliarden Dollar einzunehmen. Bedeutet: In den kommenden Jahren müsste die NFL ein jährliches Wachstum von im Schnitt einer Milliarde Dollar hinbekommen. Das könnte klappen. Denn es winkt bereits eine neue Geldquelle. Der Supreme Court, das höchste US-Gericht, kippte im Mai 2018 das Verbot von Sportwetten. Seitdem ist in dieser Branche ein neuer Boom ausgebrochen. Waren Wetten bis dahin nur im Zockerparadies Nevada in vollem Maße zulässig, dürfen die US-Bundesstaaten nun eigene Gesetze zur Regelung von Sportwetten erlassen. Neben Nevada kann nun auch bereits in Delaware, Mississippi, New Jersey, New Mexico, Pennsylvania, Rhode Island und West Virginia Geld auf den Ausgang von Sportspielen gesetzt werden (Stand Frühjahr 2019). »Das Interesse an legalen, regulierten Sportwetten in den USA war noch nie so groß. Mehr Amerikaner als je zuvor werden in der Lage sein, Wetten mit legalen Anbietern zu tätigen«, freut sich Bill Miller, Präsident und Geschäftsführer der American Gaming Association. Die NFL jubelt mit ihm.

    Die Liga versteht es schon lange, sich für geldkräftige Partner von Jahr zu Jahr wirtschaftlich attraktiver zu machen. Sie erkennt Trends schnell und setzt regelmäßig auch selber welche. Das eigentlich Unglaubliche dabei: Die NFL war von 1942 bis 2015 eine gemeinnützige, also eine Non-Profit-Organisation und musste demnach keine Steuern zahlen! Dafür betreibt sie viele Charityprojekte, also Wohltätigkeitsarbeit. Bereits 1973 wurde eine eigene Stiftung gegründet, die NFL Foundation. Sie unterstützt sozial benachteiligte Kinder. Auch die Topstars der Liga spenden regelmäßig Geld. Das kommt gut an bei den Amis. Denn eines ist der NFL besonders wichtig: ihr guter Ruf. Alles ist darauf ausgerichtet, die Liga stets im besten Licht dastehen zu lassen. Das gelingt nicht immer. Zum Glück! Trotzdem hört sich die NFL den Ärger ihrer Fans immer an. Das Feedback der eigenen Anhänger genießt höchste Priorität. Der Kunde ist halt König. Goodell formuliert regelmäßig offene Briefe, in denen er sich durchaus auch selbstkritisch äußert. Vor kurzem gab er öffentlich zu, dass auch er die vielen Werbeunterbrechungen während eines Spiels nicht mag – und gelobte Besserung. Im Mai 2019 verkündete die Liga dann, dass es während des Super Bowls 2020 weniger Werbepausen als in den vergangenen Jahren geben wird.

    Was der NFL in die Karten spielt: Sie ist in ihrer Sportart ein Monopolist. Sie kann schalten und walten, wie sie will. Ernsthafte Konkurrenz gibt es aktuell nicht. Aber sie nutzt diese Freiheiten nicht, um noch mehr Kapital für sich rauszuschlagen. Natürlich könnte sie ihre Liga von derzeit 32 Teams auf zum Beispiel 36 erhöhen. Oder den Spielplan von 16 auf, sagen wir, 18 Partien in der regulären Saison aufblähen. Mehr Teams, mehr Spiele gleich mehr Gewinn. Aber so tickt die NFL nicht. Durch die kurze Saison ist die sportliche Bedeutung einzelner Spiele extrem hoch. Spannung immer vorhanden. Zum Vergleich: In den US-Konkurrenzligen NBA (Basketball) und NHL (Eishockey) gibt es erst mal 82 Spiele, bevor überhaupt die Meisterrunde startet. Und da gibt es nicht nur ein Finale, sondern bis zu sieben Endspiele.

    Die NFL hat Tradition. Für viele ist sie sogar eine Religion. Ein Lebensgefühl, das über viele Generationen weitergegeben wurde. 100 Jahre hat die Liga nun schon auf dem Buckel. Das ist viel Zeit, um zu wachsen und zu einer Dynastie zu werden. Aber was war ihr Ursprung? Welche Steine musste sie aus dem Weg räumen? Was hat sie letztlich so erfolgreich gemacht? Begeben wir uns auf Spurensuche.

    IN CANTON

    GING ALLES LOS

    Der Ort, an dem alles begann, ist die US-Kleinstadt Canton. Ein Fleckchen Erde rund 100 Kilometer südlich von Cleveland im Nordosten des Bundesstaates Ohio, das 1805 als Dorf gegründet wurde und heute knapp 70.000 Einwohner hat. Canton ist der Regierungssitz von Stark County. Einem Verwaltungsbezirk, in dem viele »Amish People« leben, eine stark religiöse Glaubensgemeinschaft mit christlichen Werten, von denen Anfang des 18. Jahrhunderts viele aus Deutschland und der Schweiz nach Amerika auswanderten. Seine beste Zeit hat die Stadt gefühlt hinter sich. Sie war im 20. Jahrhundert ein bedeutender Standort der Fertigungsindustrie von Eisenbahnschienen. Doch diesen Status hat sie längst verloren. Zu ihren berühmtesten Kindern zählt Gruselsänger Marilyn Manson, der hier im Jahr 1969 das Licht der Welt erblickte. Canton ist ein Ort, an den sich normalerweise nur wenige Touristen verirren würden … wäre da nicht die Möglichkeit, NFL-Luft einzuatmen. In Canton hat am 7. September 1963 die Pro Football Hall of Fame eröffnet, die Ruhmeshalle der Liga, in der verdiente Sportler, Trainer und Funktionäre nach ihrer Karriere geehrt und aufgenommen werden. Und in Canton stellte Ralph Hay im Sommer 1919 die Weichen für die NFL. Hay war bereits im jungen Alter ein umtriebiger Geschäftsmann. Nachdem er zunächst als Autoverkäufer arbeitete, beschloss er, selbst groß in den Autohandel einzusteigen, und eröffnete die Ralph E. Hay Motor Company. Im Jahr 1918, da war Hay gerade mal 27 Jahre alt, erwarb er die Canton Bulldogs, das damals beste American-Football-Team aus der Region. Die Bulldogs waren Seriensieger der inoffiziellen Ohio League.

    American Football wird in den USA seit Mitte des 19. Jahrhunderts gespielt. Damals hatte die Sportart aber nur wenig Ähnlichkeit mit dem Spiel, wie wir es heute kennen. Sie war eher ein Mix aus Rugby und Fußball. Jede Mannschaft bestand aus 25 Spielern. Die erste dokumentierte Begegnung fand am 6. November 1869 in New Jersey zwischen den Universitäten von Rutgers und Princeton statt. Vor allem an Hochschulen wurde der Sport dann auch schnell populär. Teils bis zu 100.000 Zuschauer strömten schon damals in die Stadien, um die Duelle der besten College-Talente aus ihrer Region zu bestaunen. Die spielten gratis, im College Football ist es verboten, Geld für die Ausübung des Sports zu verdienen, auch heute noch. Bulldogs-Boss Hay hingegen bezahlte seine Akteure dafür, dass sie ihre Knochen hinhielten. Für ihn war Football aber ein Minusgeschäft. Er konnte seine Kosten nur mit dem Verkauf von Eintrittskarten für die Spiele wieder reinbekommen. Die kosteten damals üblicherweise einen Dollar. Aber es kamen zu wenig Zuschauer, um die Gehälter der Spieler zu decken. Die bekamen im Schnitt zwischen 50 und 100 Dollar pro Einsatz, »Stars« auch schon mal 250 Dollar. Viel Geld für einen netten Nebenverdienst. Denn Football-Profis gab es damals kaum. Die Teams bestanden größtenteils aus einfachen Fabrikarbeitern. Zudem gab es auch keine bindenden Verträge. Die Spieler wechselten permanent die Mannschaften. Immer dorthin, wo gerade das meiste Geld winkte.

    Hay wusste, er musste was machen, um diese Zustände zu ändern. Also trommelte er im Sommer 1919 Vertreter der damals bekanntesten Football-Teams zusammen. Die kamen aber ausschließlich aus Ohio. Hier, im bevölkerungsreichen, präindustriellen Nordosten der USA, war die Sportart besonders beliebt. Genau wie in den benachbarten Bundesstaaten New York, Pennsylvania, Indiana und Illinois. Der restliche Teil Amerikas hatte mit Football noch wenig bis gar nichts am Hut. Das Treffen von Hay und seinen Mitstreitern aus Ohio verlief jedoch nahezu ergebnislos. Man einigte sich lediglich auf die einheitliche Bezahlung der Schiedsrichter. Trotzdem nimmt die NFL dieses »Zusammenstecken von Köpfen« als Anlass, um im Jahr 2019 ihren 100. Geburtstag feiern zu können.

    Man hätte auch noch ein Jahr warten können. Denn Hay gab nicht auf und lud im Sommer 1920 erneut Entscheidungsträger von Football-Teams, die sich künftig professioneller aufstellen wollten, zu einem Treffen ein. Und diese Zusammenkunft brachte den erhofften Durchbruch: Am 20. August 1920 begrüßte Hay in seinem Büro in Canton Manager der Akron Pros, Cleveland Tigers und Dayton Triangles. Sie legten das Fundament für die American Professional Football Association (APFA). Hay wurde zu ihrem Generalsekretär gewählt. Das nächste Meeting berief er bereits einen Monat später ein. Für den 17. September 1920 wurden diesmal auch Vertreter entfernter liegender Teams eingeladen. Darunter George Halas (*1895, †1983), den Spielertrainer der Decatur Staleys (das sind die heutigen Chicago Bears). Am Ende saßen zehn Männer in der Runde. Weil Hays Büro plötzlich zu klein war, zog man in seinen Auto-Showroom um. Hier wurde die APFA endgültig in Stein gemeißelt. Erst zwei Jahre später, also 1922, wurde sie in National Football League umgetauft. Erst ab diesem Zeitpunkt, die Anzahl der Teams war mittlerweile von 14 auf 18 angestiegen, benutzte sie auch offiziell erstmals den Begriff»Liga«.

    Zu den zehn Gründungsteams der APFA gehörten die Akron Pros (Meister in der Premieren-Saison 1920), die Canton Bulldogs, die Cleveland Tigers und die Dayton Triangles aus Ohio. Die Hammond Pros und die Muncie Flyers aus Indiana. Die Rochester Jeffersons aus New York. Sowie die Rock Island Independents, die Decatur Staleys und die Racine Cardinals (das sind die heutigen Arizona Cardinals) aus Illinois. Vier weitere, die Buffalo All-Americans, die Chicago Tigers, die Columbus Panhandles und die Detroit Heralds kamen im Verlauf des Jahres ebenfalls noch dazu. Hay wurde gebeten, Präsident der neuen Liga zu werden. Das lehnte er aber ab. Aus PR-Gründen machte er sich für Jim Thorpe (*1887, †1953) stark, dem zu dieser Zeit besten American-Football-Spieler des Landes. Mit ihm als Zugpferd sollte die Bekanntheit der APFA schnell gesteigert werden. Gutes Marketing spielte also auch schon damals eine große Rolle. Thorpe, ein Halbindianer, war ein Sportass. Bei den Olympischen Sommerspielen 1912 in Stockholm holte er Gold für die USA im Fünf- und Zehnkampf und machte auch im Baseball und Basketball eine gute Figur. Football spielte er ab 1915 bei den Canton Bulldogs. Er nahm das Angebot, Chef der American Professional Football Association zu werden, an. Blieb den Bulldogs aber als Spieler erhalten und übernahm gleichzeitig auch noch den Trainerjob des Teams.

    Ein Ausnahmeathlet: Jim Thorpe

    Zwar wurden seit 1920 erstmals Tabellen aufgelistet. Einen einheitlichen Spielplan gab es aber noch längst nicht. Es war nicht mal vorgeschrieben, wie viele Spiele die Teams mindestens beziehungsweise höchstens machen sollten. Die Meisterschaft wurde verwässert, weil viele APFA-Mannschaften auch weiter gegen Klubs antraten, die nicht in ihrer Liga organisiert waren. 1921 zog sich der bisherige Besitzer der Decatur Staleys aus wirtschaftlichen Gründen zurück. Spielertrainer George Halas und Dutch Sternaman (*1895, †1973), seines Zeichens Quarterback und Running Back des Teams, erwarben jeweils die Hälfte der Anteile an den Staleys und zogen mit der Mannschaft nach Chicago um. Dort wurden sie auf Anhieb Meister der APFA. Auch Thorpe wollte einen Tapetenwechsel. Er schmiss seine Jobs bei den Bulldogs und der Liga hin und schloss sich stattdessen als Spieler, Trainer und General Manager den neugegründeten Oorang Indians an. Eine ausschließlich aus Indianern bestehende Mannschaft aus dem Dörfchen La Rue in Ohio, die 1922 und 1923 in der NFL spielte. Sie wurde von Walter Lingo (*1890, †1966) ins Leben gerufen, einem Terrierzüchter, der seine Hundezwinger-Firma Oorang Dog Kennels bekannter machen wollte. Die Oorang Indians traten bis auf eine Ausnahme ausschließlich auswärts an. La Rue, das knapp 750 Einwohner hat, ist bis heute der kleinste Ort, der jemals ein NFL-Team beherbergte.

    Neuer Ligapräsident wurde im April 1921 Joseph F. Carr (*1879, †1939), der Besitzer der Columbus Panhandles. Er verlegte die Zentrale aus Canton nach Columbus und leitete die Geschicke der Liga bis zu seinem Tod 18 Jahre lang. Carr gilt heute als Vater des professionellen Footballs. Er verpasste der Liga eine Satzung und festere Strukturen. Er ordnete an, dass die Teams ab sofort verbindliche Spielerlisten erstellen mussten, um den bis dato üblichen, pausenlosen Klubwechseln der Spieler Herr zu werden. Ab 1925 durfte keine Mannschaft aus mehr als 16 Spielern bestehen. Für die Meisterschaft swertung galten nur noch die Duelle mit den Ligakonkurrenten in der Zeit von Oktober bis Dezember. Er hob auch Einschränkungen für das Passspiel auf (siehe Kapitel #3). Zudem war Carr der Meinung, dass die Liga noch zu provinziell aufgestellt war. Er trieb vehement die Expansion in die Großstädte ganz Amerikas voran. Auch deshalb wurde die APFA am 24. Juni 1922 zur National Football League.

    Im Jahr 1921 traten auch die Green Bay Packers der Liga bei. Sie wurden bereits 1919 von Curly Lambeau (*1898, †1965), der als Spielertrainer fungierte, gegründet. Lambeau arbeitete damals für die Indian Packing Corporation, die ihm 500 Dollar gab, um ein Football-Team auszustatten. Die Firma bestand im Gegenzug darauf, dass die Mannschaft nach ihr benannt wird. Nach anfänglichen Finanzproblemen schaffte es Lambeau mit Hilfe anderer Geschäft sleute, die Packers 1923 in eine gemeinnützige Organisation umzuwandeln. Die Mannschaft ist damit nicht Eigentum eines einzelnen Besitzers, sondern gehört mehr als 360.000 Aktionären (mehr dazu in Kapitel #11). Historisch sind die Packers nach den Arizona Cardinals und den Chicago Bears das drittälteste noch immer bestehende Mitglied der NFL. Da die Packers und Bears seit ihrem ersten Duell jedes Jahr aufeinandertreffen, besteht zwischen diesen beiden Teams die längste Rivalität in der Geschichte der Liga. Deshalb dürfen diese beiden Teams am 5. September 2019 zum Jubiläum auch die 100. NFL-Saison eröffnen. Green Bay ist mit 13 Meisterschaften (neun Titel vor und vier Titel in der Super-Bowl-Ära) der Seriensieger der Liga. Den letzten Triumph gab es in der Saison 2010. Doch dazu – und auch zu Lambeau – später mehr.

    Ralph Hay, dessen Tatkraft die NFL überhaupt erst ins Rollen brachte, verabschiedete sich unterdessen aus dem Football-Geschäft. Er verkaufte die Canton Bulldogs vor der Saison 1923, obwohl sie in der Spielzeit zuvor ungeschlagen Meister wurden. Es hatte aber nichts daran geändert, dass Hay für sein Team weiterhin mehr Geld ausgab als einnahm. Davon hatte er nun die Nase voll. 1927 stellten die Canton Bulldogs ihren Spielbetrieb endgültig ein.

    GRANGE UND NAGURSKI:

    DIE ERSTEN STARS

    Neues Aushängeschild der NFL wurde ab 1925 Harold Grange (*1903, †1991). Eine Naturgewalt. Und zwar in der Offensive und der Defensive. Es war nämlich lange üblich, dass Football-Spieler nicht nur eine, sondern gleich mehrere Positionen ausfüllten. Für viele Experten gilt er bis heute als der beste College-Spieler aller Zeiten. Genannt wurde er »Red« und »The Galloping Ghost« (»Der galoppierende Geist«). Halas holte Grange nach Chicago. Die Staleys hießen seit 1922 Bears. Das erste Spiel für sein neues Team, ein tristes 0:0 im »Derby« gegen die Chicago Cardinals, sahen 36.000 Zuschauer im Wrigley Field. Das war zur damaligen Zeit ein neuer Besucherrekord für die NFL. Grange war an den Zuschauereinnahmen beteiligt. Beim Auswärtsspiel der Bears im Dezember 1925 bei den New York Giants, die damals ihre Debütsaison feierten, kamen sogar doppelt so viele Menschen ins Stadion. Das rettete die Giants vor dem finanziellen Ruin. Sie waren eines von fünf Teams, die damals neu in die NFL kamen. Während die Detroit Panthers, die Providence Steam Roller, die Pottsville Maroons und die wiederbelebten Canton Bulldogs (sie waren 1924 die Cleveland Bulldogs) aber nicht lange überlebten, gibt es die Giants bis heute. Gegründet wurden sie von Tim Mara (*1887, †1959), der als selbstständiger Buchmacher für Wetten bereits in jungen Jahren vermögend wurde. Um ein NFL-Team in New York aufbauen zu dürfen, zahlte er 500 Dollar. Auch heute ist dieses Franchise noch in der Hand der Mara-Familie.

    George Halas, Gründer, Trainer und Besitzer der Chicago Bears im Jahr 1922

    Zurück zu Grange. Der Hype um ihn war riesig. Deshalb ging Halas mit seinen Bears nach Ende der Saison 1925 noch auf Tour, tingelte mit dem »Galloping Ghost« am Nasenring durch die Football-Manegen der USA. Diese Reisen mit acht Spielen in zwölf Tagen in St. Louis, Philadelphia, New York, Washington, Boston, Pittsburgh, Detroit und Chicago – kurz darauf folgte dann auch noch ein weiterer Neunspiele-Trip in den Westen und Süden der USA – war anstrengend und bot sportlich daher nicht das beste Niveau. Aber die Stadien waren voll und so war der Trip zumindest finanziell ein großer Erfolg. Für Halas, die Bears – und Grange. Dessen Manager, Charles Pyle (*1882, †1932), wurde in den Folgemonaten aber immer geldgieriger und bekam den Hals nicht voll. Was zur Folge hatte, dass Grange die Bears nach nur einer Saison wieder verließ. Er kehrte zwar 1929 zu ihnen zurück, konnte aber wegen einer mittlerweile erlittenen, schweren Knieverletzung nie wieder an seine besten Zeiten anknüpfen.

    Die NFL und die Bears hatten da schon längst eine neue Attraktion: Bronko Nagurski (*1908, †1990), Spitzname: »Monster of the Midway« (»Monster der Mitte«). Der Sohn ukrainischer Einwanderer war auf beiden Seiten des Football-Feldes gefürchtet, er ging sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung kompromisslos zur Sache und war kaum zu stoppen. Für die Bears rollte er ab 1930 wie eine Dampfwalze über den Rasen. Mit seinen über 100 Kilo purer Kraft bei 1,88 Meter Körpergröße war er der erste Prototyp der heutigen Running-Back-Generation. Nagurski war auch Zeitzeuge des ersten inoffiziellen »Playoff-Spiels« in der Geschichte der NFL. Am Ende der Saison 1932 lagen die Bears und die Portsmouth Spartans (die heutigen Detroit Lions) nämlich gleichauf an der Tabellenspitze. Um den Meister zu küren, wurde ein zusätzliches Spiel im Chicago Stadium, eine 1929 eröffnete Halle, in der sonst das Eishockey-Team Chicago Blackhawks aus der NHL spielte, vereinbart. Draußen war ein Kickoffunmöglich, weil ein Schneesturm über der Stadt herrschte. Chicago gewann mit 9:0. Nach einem Zwei-Yard-Pass von Bronko Nagurski in die Endzone sorgte Harold Grange für den entscheidenden Touchdown. Für die Bears war es der zweite Titel nach 1921.

    Weil den Ligafunktionären und den Zuschauern dieses erste »Alles oder nichts«-Spiel so gut gefiel, beschloss man, ab der Spielzeit 1933 die NFL in zwei Divisionen aufzuteilen, deren jeweilige Sieger am Saisonende in einem Endspiel gegeneinander antraten. Die Vorläuferidee des Super Bowl war geboren. Die NFL East bestand damals aus den New York Giants, Brooklyn Dodgers, Boston Redskins, Philadelphia Eagles und Pittsburgh Pirates. Die NFL West aus den Chicago Bears, Portsmouth Spartans, Green Bay Packers, Cincinnati Reds und Chicago Cardinals. Im ersten »richtigen« Finale triumphierten erneut die Bears, sie bezwangen die Giants vor eigener Kulisse mit 23:21.

    Finanziell lukrativ war Profifootball in den USA aber weiterhin nicht. Viele Teams nagten am Hungertuch und standen am Rande ihrer Existenz. Durch die Weltwirtschaft skrise im Laufe der 1920er Jahre, gepaart mit dem Börsencrash 1929 an der New Yorker Wall Street, magerte die NFL immer mehr ab. In nur sechs Jahren reduzierte sich die Anzahl ihrer Teams rasant, von 22 im Jahr 1926 bis runter auf acht im Jahr 1932. Ligaboss Carr hatte in der Zwischenzeit klar Schiff gemacht und die finanziell in Not geratenen Mannschaften rausbefördert. Ihm war Qualität wichtiger als Quantität. Und er wollte Spannung. Das Positive daran: Die verbliebenen Mannschaften standen wirtschaftlich auf festem Fundament. Und Carr hatte ein Auge darauf, dass nur noch Teams neu hinzukamen, die seriös haushalteten. Er konnte nun auch seinen Plan, die NFL vorwiegend in US-Großstädten zu etablieren, konkretisieren. Auf einem Ligameeting vor der Saison 1933 wurde beschlossen, drei neue Franchises aufzunehmen: die Pittsburgh Pirates, die Philadelphia Eagles und die Cincinnati Reds. Letztere wurden 1934 wieder rausgeworfen, weil sie ihre Mitgliedsbeiträge nicht bezahlen konnten. Aber die Pirates, die 1940 in Pittsburgh Steelers umbenannt wurden, und die Eagles gibt es bis heute.

    Bronko Nagurski war auch als Wrestler aktiv.

    In Pittsburgh war Art Rooney (*1901, †1988), auch »The Chief« (»Der Chef«) genannt, der starke Mann. Ein talentierter Boxer und Baseball-Spieler, der einen niedrigen vierstelligen Betrag auf den Tisch legte, um ein NFL-Team gründen zu dürfen. Während die Steelers lange erfolglos in der Liga vor sich hindümpelten, entwickelten sie sich ab

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