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Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier: Geschichten von Fans in der Midlife-Crisis
Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier: Geschichten von Fans in der Midlife-Crisis
Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier: Geschichten von Fans in der Midlife-Crisis
eBook219 Seiten2 Stunden

Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier: Geschichten von Fans in der Midlife-Crisis

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Über dieses E-Book

Sie sind Fußballfans in der Midlife-Crisis. Sätze wie "Fußball ist unser Leben" kommen ihnen nicht mehr über die Lippen, weil im Alter die Selbstachtung mit den grauen Haaren um die Wette wächst. Der heilige Ernst, mit dem sie noch vor 15 Jahren abendelang über die letzten Abwegigkeiten des Fußballlebens diskutierten, ist ihnen abhanden gekommen.
Und trotzdem zieht es sie immer noch in die Stadien, leben sie auch heute noch jeden Tag mit der überbewertetsten Nebensache der Welt. Und erzählen nun in ihrem Buch über dieses Spannungsfeld zwischen Faszination, Abhängigkeit und Ermüdung. Dabei entstanden Sach- und Lachgeschichten aus der Fußballwelt – subjektiv, launig, polemisch und ungerecht, aber niemals langweilig. Die passende Lektüre für alle, die ähnlich fühlen wie die Autoren. Und das sind ziemlich viele.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Apr. 2012
ISBN9783895338564
Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier: Geschichten von Fans in der Midlife-Crisis

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    Buchvorschau

    Ohne Fußball wär'n wir gar nicht hier - Volker Backes

    Volker Backes | Andreas Beune | Christoph Ruf

    Ohne Fußball

    wär’n wir

    gar nicht hier

    Geschichten von Fans in der Midlife-Crisis

    verlag die werkstatt

    Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Copyright © 2012 Verlag Die Werkstatt GmbH

    Lotzestraße 22a, D-37083 Göttingen

    www.werkstatt-verlag.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Coverfoto: Getty Images

    Satz und Gestaltung: Verlag Die Werkstatt, Göttingen

    ISBN 978-3-89533-856-4

    Inhalt

    [Vorwort]

    Ohne Fußball wär’n wir gar nicht hier

    [Christoph Ruf]

    Ritual de lo habitual

    [Andreas Beune]

    Wie ich ein bemitleidenswerter Fan einer noch bemitleidenswerteren Fußballmannschaft wurde

    [Volker Backes]

    Zu viel E in Frankfurt

    [Christoph Ruf]

    Poldi pour Poldi

    [Andreas Beune]

    Wellenbewegungen im Kuchenblock

    [Christoph Ruf]

    Fanmeilenmenschen und echter Fußball

    [Volker Backes]

    Einen Bastard sich schön reden

    [Christoph Ruf]

    Das dumme Volk

    [Andreas Beune]

    Was der Fußballer uns lehrt

    [Christoph Ruf]

    Ultras

    [Andreas Beune]

    Vier Tage im August

    [Volker Backes]

    Sportabzeichen

    [Andreas Beune]

    Stecken lassen

    [Christoph Ruf]

    Perish like a fading horse

    [Volker Backes]

    Gott schütze Rot-Weiss Essen

    [Andreas Beune]

    Demais futebol

    [Christoph Ruf]

    Ich und der Ostfußball   eine Abbitte

    [Andreas Beune]

    Absteigen in Altenbeken

    [Volker Backes]

    Wo bitte geht’s zum FC Agro?

    [Andreas Beune]

    Traumberuf Fußballmoderator

    [Volker Backes]

    Die Konstruktion von Wirklichkeit

    [Andreas Beune]

    Die Strafe ist vom Tierhalter gespeichert

    [Andreas Beune]

    Abschalten!

    [Christoph Ruf]

    Einstiegsdrogen ins Reich des Schwachsinns   eine Abrechnung mit den Fußballfans

    [Andreas Beune]

    Eine Liebeserklärung an den Fußball

    [Volker Backes]

    Ohne Fußball wär’n wir gar nicht hier

    [Vorwort]

    Ohne Fußball wär’n wir gar nicht hier

    Der Fußball hat uns geprägt. Geplante Weltrevolutionen und tatsächliche Familienfeiern mussten leider ohne uns auskommen, weil sie am Wochenende mit wichtigeren Dingen konkurrierten. In den zurückliegenden drei Jahrzehnten haben wir Tausende Spiele verfolgt, in großen und kleinen Stadien, auf übergroßen und viel zu winzigen Fernsehern, am Radio und im Videotext. Von viel zu vielen dieser Spiele sind uns noch viel zu viele Bilder präsent, wichtige Tore und vergebene Großchancen, wunderbare Fangesänge und debile Kommentare, ehrliche und inhaltlose Aussagen von Spielern und Trainern. Obwohl wir selbst vom fußballerischen Talent weitgehend verschont wurden, hat uns dieser Ballsport mit all seinen Randerscheinungen gefesselt.

    Jetzt, wo wir mittlerweile älter sind als alle Spieler auf dem Platz, zu denen man einst mit dem um Unterschriften bettelnden Sammelbildalbum in der vor Aufregung zitternden Hand hochblickte, sind wir mit einem Fußball konfrontiert, der in den vergangenen Jahren deutlich dynamischer, transparenter, präsenter und komfortabler geworden ist. Der Fußball ist mittlerweile nicht nur beim FC Barcelona schneller und taktisch variabler. Selbst von Zweitligaspielen gibt es ausführliche Statistiken über Laufwege und Zweikampfverhalten der Spieler. Fast täglich kann man eine Fußballpartie sehen, vor Ort oder im Fernsehen, im Internet sind die Ligen der Welt nur einen Mausklick entfernt. Man kann sich online über Taktiktrends in Südamerika informieren, aber auch über die Befindlichkeiten der Ultra-Szene eines handelsüblichen Drittligisten. Die High-Tech-Stadien präsentieren sich familienfreundlicher als die Stahlrohrkonstruktionen der achtziger Jahre.

    Doch trotz all dieser Veränderungen ist das Unbehagen darüber gewachsen, dass der Fußball in der jüngeren Vergangenheit einen Teil seiner Seele verloren hat. Oder weniger pathetisch formuliert: dass der Fußball mit seinen Begleiterscheinungen langweiliger und farbloser geworden ist. In Zeiten, in denen Retortenklubs sich zwar Erfolg, aber keinen Charme kaufen können. In denen in austauschbaren Wohlfühlarenen der inszenierte Stimmungsterror manchen Zuschauern schon vor dem Anpfiff den letzten Nerv raubt. In denen Spieler und Trainer ewig gleiche nichtssagende Antworten auf oft auch nicht unbedingt fantasievolle Fragen geben. In denen das öffentlich-rechtliche Fußballvermarktungsprogramm Berichte über die Schattenseiten des Spiels gepflegt ins nächtliche Niemandsland verlegt. In denen manche Vereine mehr Geld und Energie in Marketingkampagnen stecken als in die eigene Mannschaft.

    Wir bekennen: Wir sind Fußballfans in der Midlife-Crisis. Sätze wie „Fußball ist unser Leben" kommen uns einfach nicht mehr über die Lippen, weil im Alter die Selbstachtung mit den grauen Haaren um die Wette wächst. Der heilige Ernst, mit dem wir noch vor 15 Jahren abendelang über die Kleinkriege in unseren Fanszenen diskutierten, ist uns abhanden gekommen. Dennoch juckt es uns nach wie vor in den Füßen, wenn am abendlichen Horizont ein illuminierter Flutlichtmast zu sehen ist. Und weil so ein Kribbeln nur aufhört, wenn man dem Drang nachgibt, leben wir auch heute noch jeden Tag mit der überbewertetsten Nebensache der Welt.

    In diesem Spannungsfeld zwischen Faszination, Abhängigkeit und Ermüdung haben wir Sach- und Lachgeschichten aus der Fußballwelt zusammengetragen. Es sind Geschichten aus unterschiedlichen Zeiten und Perspektiven. Es geht um Erweckungs- und Erschreckenserlebnisse, um Auswärtstouren in den Osten und Stadiondialoge in Ostwestfalen, um den verzweifelten Umgang mit Devotionalien und fußballsüchtigen Kindern, den Einfluss von Fernsehsendern und Ultras. Aber auch um sportliche Selbstertüchtigung, demente Stadionordner und die wichtigste Sendung der Welt. Nicht die „Sportschau, sondern die „Simpsons. Dabei gehen wir der ganz und gar ernsthaften Frage nach, ob man vielleicht gerade dann Fußballfan ist, wenn einen die banalen Aussagen der Stars und die künstlichen Aufregungen der Medien nur noch zu Tode langweilen.

    Kurzum: Gründe genug, um ein Buch zu schreiben, das das Lebensgefühl derer widerspiegelt, die zu alt sind, um noch Ultra zu sein. Und zu jung, um nicht sofort zur Fernbedienung zu greifen, wenn uns Jessica Kastrop und Franz Beckenbauer eine Welt erklären, die wir besser kennen als sie.

    [Christoph Ruf]

    Ritual de lo habitual

    Ich leide wie der junge Werther, nur meine Leiden sind noch härter: Über Selbstmordgedanken im Stadion-Shuttle.

    Johann Wolfgang von Goethe muss für vieles herhalten, wogegen er sich aus rein biologischen Gründen nicht mehr wehren kann. Frackträger aus dem mittleren Management von Autoversicherern geben bei Weihnachtsfeiern Zitate aus seinen Werken zum besten, Studentenverbindungen besaufen sich in seinem Namen, und überhaupt gibt es hierzulande sicher weit mehr Goethe-straßen als Menschen, die den guten Mann mit „oe statt mit „ö schreiben. Kurzum: Der bedauernswerte Dichterfürst wird von den absonderlichsten Gestalten in Beschlag genommen.

    Sogar von Fußballfans in der Midlife-Crisis, die im Stadion immer öfter an den armen Werther und dessen Leiden denken müssen. Der junge Mann seufzte ja bekanntlich bereits in den Siebzigern des 18. Jahrhunderts, es sei „ein einförmig Ding um das Menschengeschlecht. Ritualisierte Vergnügungen („Eine Spazierfahrt, einen Tanz zur rechten Zeit), wohin das Auge reicht. Ein wenig Tanz, ein Humpen Bier. Zur Verwunderung Werthers waren seine Mitmenschen damit zufrieden.

    Sie sind es auch heute noch, 240 Jahre später. Kein Wunder, schließlich gibt es heutzutage weit mehr Fernsehsender als kluge Moderatoren und mehr Chipsvariationen als demokratische Parteien. Und es gibt den Fußball, diese riesige Projektionsfläche, über die sich immerhin an Positivem feststellen lässt, dass jeder Stadionbesuch sinnvoller ist, als seine Kinder zu verprügeln oder „Wetten, dass..? zu schauen. Aber sonst? Wer wie wir Sportjournalisten das Privileg hat, jedes Wochenende mindestens zwei Spiele live im Stadion zu sehen und dabei nicht mit Taubheit geschlagen ist, muss gar nicht einmal so bewundernswert feinfühlig wie Herr Werther sein, um zu verzweifeln. Es genügt die Prise Ungeduld, die die Lebenden von den Toten unterscheidet, um zu verzweifeln: Allüberall der gleiche monotone Singsang, die gleichen Melodien, die gleichen pathetischen Treueschwüre. Von den Gegnerbeschimpfungen mal ganz zu schweigen. Der wird wahlweise mit „Scheiß Bayern München oder „Münchner Arschlöcher" bedacht. Geht auch prima mit Kölnern, Hamburgern oder Dortmundern. Sprache, oh, du Quell steter Freuden.

    Nicht, dass ich etwas gegen Gegnerbeschimpfungen hätte. Aber ganz im Gegenteil! Die gehören zum Fußball unbedingt dazu und lassen sich mit Shakespeare- oder Werther-Zitaten eben nicht besonders glaubwürdig artikulieren. Aber eben auch nicht mit Drei-Wort-Tourette-Syndrom-Stakkatos, die jeder Profi in seinem Leben schon 4.837-mal gehört hat. Es ist eben nicht sehr wahrscheinlich, dass sich Bastian Schweinsteiger tief getroffen zeigt, nur weil ein paar Tausend Zuschauer der Meinung sind, sein Verein sei „Scheiße". Wer jemanden treffen will, muss gut zielen. Und verdammt noch mal, es gibt doch sicher in jeder Fankurve ein paar Sadisten oder Charakterschweine, die sich vor einem Spiel einige originellere Tiraden überlegen könnten, oder? Manchmal reicht doch schon ein Blick auf das Mannschaftsfoto des Gegners!

    Das gleiche Elend beim angeblichen „Support der eigenen Mannschaft. Die Seite www.fangesaenge.de listet bei manchen Vereinen (Spitzenreiter ist derzeit Schalke 04) weit über 150 verschiedene Songs und Slogans auf, die da angeblich aus dem Fanblock zu hören seien. Selbst wenn man weiß, dass der Shanty mit dem Titel „Lalalala Schalke, der mit dem Text „Lalalalala lalala Schalke, der namens „Lalalalala Gelsenkirchen Schalke, der namens „Lalalalala ich liebe S 04 sowie die beiden Preziosen „Lalalala Schalke 04 und „Lalalalala Hey schon sechs der 168 aufgezählten sind, spricht das doch für eine erstaunliche Kreativität bei der Variation der beiden Buchstaben „l und „A. Aber wir wollen nicht zu streng sein. Auch der Buchstabe „O und das Wort „super erfreuen sich einer gehörigen Beliebtheit. Deshalb gibt es in allen Fanszenen zu mindestens zehn verschiedenen Melodien die Lobpreisung des jeweiligen Vereinsnamens in Kombination mit den Worten „Super, „Olé oder „Schalala. Es gibt Krabbelgruppen, in denen die Einjährigen sich differenzierter ausdrücken.

    Blieben noch die Ultras, die Chefs in den Fankurven, deren Protagonisten noch nachts um drei Uhr unwiderlegbar begründen könnten, warum sie sich so grundsätzlich von der unfassbar dämlichen Szene in der Nachbarstadt unterscheiden. Das tun sie sicher auch   nur nicht in ihren Gesängen. Auch die Ultras finden „Lala, „Oléolé und Co. super, lassen ansonsten aber immerhin mit liebevollen Choreografien das Auge jubilieren. Zuweilen dichten sie auch eigene Lieder, teilweise extra auf einen bestimmten Spieltag abgestimmt und überhaupt. Aber nur allzu oft sind sie dennoch auf verlorenem Posten, weil wieder 90 Prozent der Leute den Text nicht kennen und es auf Dauer doch reichlich dämlich aussieht, wenn man wie einst die Wiener Sängerknaben mit einem Zettel vor der Nase den Bariton erklingen lässt, während unten die Mannschaft den dritten Platzverweis kassiert. Wahrscheinlich vertonen deswegen auch so viele Ultras aus lauter Frust 90 Minuten lang Reime von der Güteklasse „Auf geht’s, Name der Heimmannschaft, schieß ein Tor, schieß ein Tor für uns …".

    Es ist ein einförmig … aber das hatten wir ja schon.

    Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Im Gegensatz zu den meisten anderen Ligen geht es in Deutschlands Stadien wenigstens laut zu, Fußball ist allermeistens noch wirklich ein Live-Erlebnis, das der bedauernswerte Fernseh-Fußball-Fan (ein Widerspruch in sich) nie kennenlernen wird. Alles wäre bestens, wenn, ja wenn es nur hin und wieder mal ein klein bisschen überraschender zugehen würde.

    Am dringlichsten erscheint dieser Wunsch all denen, die das Pech haben, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Stadien ihrer Wahl ruckeln zu müssen. Jenen metallenen Seuchenvögeln, die sich mal Bus, mal Straßenbahn, mal U-, mal S-Bahn nennen. Im „Guinness"-Buch der Rekorde heißt es, dass bis zu 52 Menschen in einen Mittelklassewagen passen. Angeblich haben die 52 Menschen das sogar ausprobiert. Chapeau!

    Fußballfans können darüber nur lachen. Sie wissen, dass man längst nicht ersticken muss, wenn sich ein Dutzend Menschen 20 Minuten lang zwei, drei Kubikmeter Luft teilen müssen, der nach wenigen Sekunden nach einer perfiden Mixtur aus eingeschweißten Frikadellen, schalem Bier und frischem Furz riecht. Doch das ist nicht das Schlimmste, nicht einmal in Köln, wo das dauereuphorisierte Fanvolk die ewig lange Fahrt raus zum Stadion auch noch durchgehend mit Karnevalsliedern ausfüllt   eine Praxis, vor der selbst die hartgesottensten Folterknechte in Guantanamo bislang zurückschreckten.

    Nein, das Schlimmste ist, dass öffentliche Verkehrsmittel offenbar besonders gern von Fußballfreunden heimgesucht werden, die das komplette Fehlen von Humor durch Lautstärke und Wiederholung auszugleichen versuchen. Es sind genau jene Menschen, bei denen man erst dann merkt, dass sie soeben einen Witz gerissen haben, wenn sie am Schluss „Spaß muss sein" sagen und triumphierend um sich schauen. Bei der Fahrt zum Stadion   das ist das Murphy’sche Gesetz des Fußballfreundes   findet sich immer mindestens einer

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