Kriegsbuch
Von Klabund
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Klabund
Alfred Georg Hermann „Fredi“ Henschke, genannt Klabund (* 4. November 1890 in Crossen an der Oder; † 14. August 1928 in Davos) war ein deutscher Schriftsteller. Henschke wählte das Pseudonym Klabund – nach ersten Veröffentlichungen – im Jahr 1912. In Anlehnung an Peter Hille gab er vor, ein vagabundierender Poet zu sein. Der Name Klabund geht auf einen in Nord- und Nordostdeutschland geläufigen Familiennamen (Apothekersname) zurück und wird vom Autor unter anderem als Zusammensetzung aus den beiden Wörtern Klabautermann und Vagabund erklärt. Ab 1916 gab er dem Pseudonym eine weitere Bedeutung, nämlich „Wandlung“. Damit spielte er auf seinen Gesinnungswandel im Ersten Weltkrieg an. Nachdem er den Krieg anfänglich begrüßt hatte, wandelte sich seine Einstellung unter dem Einfluss seiner Lebensgefährtin (und späteren Ehefrau) Brunhilde Heberle.
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Buchvorschau
Kriegsbuch - Klabund
Bett Nr. 13
»Chinin«, sagte der junge Assistenzarzt und sah durch das Fenster der Baracke.
Auf dem Hofe hüpften vier Mann um ein Maschinengewehr. Ein Leichtverwundeter schwebte blaugestreift unter den Kastanien. Im Schützengraben, der zur Übung angelegt war, turnte eine Katze.
Schwester Crescenzia neigte die schmale weiße Stirne und ging zur Hausapotheke.
Der junge Assistenzarzt seufzte.
Er dachte an Manon.
Er sehnte sich nach ihr.
Pferde sind doch netter als Frauen. Und mindestens ebenso hysterisch.
Er fasste die Hand des Kranken, zählte den Puls, sah auf die Uhr und ging zerstreut und sporenknarrend hinaus.
Nr. 13 hob sich sanft aus dem Bett.
Seine grauen Augen schlichen hinter dem Arzt her, wie Ringelnattern. Sie versuchten sich zwischen den Türspalt zu schieben. Die Tür fiel klappernd und zitternd ins Schloss.
Die Augen kamen zurück. Nr. 13 dachte nach.
Chinin hat er gesagt. Was heißt das?
Nr. 13 sank in die kahlen Kissen zurück.
Man ist so einsam. So einsam, wie ... wie ... wie ein Mensch. Die Kissen sind so kalt. Man selber so heiß. Und die ganze Stube brennt vor Hitze.
Herrgott ist das eine Hitze.
Wie damals in Südwestafrika.
Die Zuckerfabrik von Souchez ... alle Wetter ... alle Himmel ... das war keine Kleinigkeit. Auf der Fabrik möcht ich keine Aktien stehen haben.
Chinin – Gott, wo hab' ich das nur schon gehört. Chi-nin. Chi-na. Nein, das ist es nicht.
Nr. 13 versuchte sich aufzurichten. Hinter ihm, am Bett, drohte eine schwarze Tafel. Da waren Zahlen drauf geschrieben und ein paar lateinische Namen. Fieberkurven kletterten in den Himmel.
Nr. 13 erschrak.
Ich erblinde.
Ich muss blind geworden sein. Ich kann nicht mehr lesen. Kann ich noch schreiben? Ich möchte was schreiben. Kleine Gedanken. Einen Vers. Ich bin doch nicht dumm. Ich hab' doch mal zwei Gedichte in der »Jugend« gehabt. Und eine Geschichte von mir ist ins Russische übersetzt worden. Von einer weichen Russin.
Die war meine Geliebte. Meine einzige.
Nein: Meine einzige nicht. In Südwest damals: da war noch eine. Ein Herero-Mädchen. 14 Jahre alt. Mit Brüsten wie Kupfer. Das wird jetzt beschlagnahmt. Mit Händen wie Wiese. Und stolzen Knabenfüßen. Und einem Oasenmund.
Ich bin dazu verdammt, meine Feinde zu lieben. Meine Feindinnen.
Ich bin ein Christ. Von Pastor Gluschke konfirmiert.
Wie hieß die süße Negerin. Ro – ri. Ro – ri. Das klingt eigentlich wie ein alkoholfreies Erfrischungsgetränk.
Sie war gar nicht schwarz, sondern kakaobraun. Und ein Kind hatte sie: drei Monate alt. Das schnupperte wie eine Maus, und schnappte spielend nach meiner Hand.
Wenn ich nur ein Kind von ihr hätte.
Nr. 13 bebte.
Ich will noch nicht sterben. Ich will ein Kind haben. Einen Sohn. Einen Afrikaner. Damit ich leben bleibe, wenn ich sterbe.
Schwester... Schwester, kommen Sie ... helfen Sie mir... ich will ein Kind ...
Die Schwester nahte mit kurzen hasenhaften Schritten.
»Was haben