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Schüsse im Spital: Ein Berner Krimi
Schüsse im Spital: Ein Berner Krimi
Schüsse im Spital: Ein Berner Krimi
eBook207 Seiten2 Stunden

Schüsse im Spital: Ein Berner Krimi

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Über dieses E-Book

Die Schlagzeile in einer Boulevard-Zeitung ist der Auftakt dramatischer Ereignisse: "Mord im Berner Insel-Spital." Das Opfer ist nicht irgendwer, sondern der fehlbare Chirurg, dem Heiris Frau Rita es "verdankt", für den Rest ihres Lebens an den Rollstuhl gefesselt zu sein.

Es sieht schlecht aus für Heiri Weber, den Ex-Kommissar der Berner Kripo, denn die Ermittlungen ergeben, dass die tödlichen Schüsse aus seiner Dienstwaffe abgefeuert worden sind, und das Video einer Überwachungskamera beweist, dass er zur Tatzeit im Insel-Spital gewesen ist.

Laura, seine Nachfolgerin bei der Berner Kripo, glaubt an Heiris Unschuld, obwohl die Indizien gegen ihn sprechen: Motiv, Tatwaffe und Videobeweis. Aber auch Heiris Alibi -- er war zur Tatzeit nachweislich nicht in Bern -- ist hieb- und stichfest, was den Fall sehr komplex macht.

Nach den erfolgreichen Aarberger Krimis nun Muhmenthalers erster Berner Krimi: ein Umzug mit viel Turbulenzen!
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. März 2021
ISBN9783907147191
Schüsse im Spital: Ein Berner Krimi
Autor

Andres Muhmenthaler

Andres Muhmenthaler, geboren 1958 in Bern, unterrichtet an den Musikschulen Aarberg und Zollikofen/Bremgarten als Instrumentallehrer am Cello. In den letzten Jahren hat er sich vom Musikgeschichtenerzähler zum Roman- und Krimiautor entwickelt. Seinem Roman Zart besaitet folgten die Aarberger Krimis Der Wolf ist tot, Koste es, wen es wolle und Der Schatten des Herodes, die ihn über seine Heimat hinaus als «Seeland-Autor» bekannt gemacht haben.

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    Buchvorschau

    Schüsse im Spital - Andres Muhmenthaler

    37

    1

    «Erstens kommt es anders, und zweitens als du denkst.» Vieles erinnert Heiri Weber, den ehemaligen Hauptkommissar der Kripo Bern, an diesen alten abgedroschenen Satz, den er so hasste, weil sein Großvater ihn oft zu zitieren pflegte. Erst jetzt, im reifen Alter, erkennt er die philosophische Deutung dieses Spruchs. Er will uns eine Gelassenheit gegenüber dem Geschehenen empfehlen, das wir hinnehmen sollten, ohne es ungeschehen machen oder ändern zu können.

    Ja, es ist ganz anders herausgekommen, als Heiri und Rita es sich gedacht hatten. Man lebt nicht, sondern wird gelebt, ist Heiris bittere Erkenntnis, und der Spruch seines Großvaters sollte jetzt helfen, das Geschehene zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen. Tut er aber nicht. Heiris Wut ist übermächtig.

    «Bullshit!», flucht Heiri und schreit sich mit übelsten Verwünschungen seinen Schmerz von der Seele. Seine Gedanken kreisen um immer die gleichen Fragen: Warum? Warum ich, warum meine Frau Rita?

    «Himmelherrgott, verdammte Scheiße!», flucht er innerlich und geht in die Küche, um sich einen Kaffee zu machen. Wenig später sitzt er im kühlen Wintergarten und schlürft den noch heißen Espresso. Doch auch der kann ihn nicht erwärmen. Im Gegenteil, er spürt seine Leere und Verzweiflung. Mit trübem Blick schaut er in den verwilderten Garten.

    Schneeflocken tanzen aus der nebelgrauen Wolkendecke. Letzte abgestorbene Blätter fallen von den Bäumen und Sträuchern. Natur und Leben verabschieden sich in den Winterschlaf.

    Schon immer hat er diese dunklen, nassen und nebligen Novembertage gehasst. Mit Arbeitseifer oder einer Ferienreise in den Süden hat er sie bisher irgendwie überbrücken können. Doch heute widerspiegeln sie ziemlich genau seinen Seelenzustand. Der Gedanke, dass es irgendwann wieder Frühling wird, vermag ihn nicht zu trösten.

    Wehmütig denkt er an die zwei, drei glücklichen letzten Jahre zurück. Schöne Bilder vom gemeinsamen Gärtnern, Schwimmen in der Aare, Segeln auf dem Bielersee und unbeschwerten Momenten auf gemeinsamen Reisen tauchen auf. Fast zu schön, um wahr zu sein! Auch wenn die Vergangenheit nicht nur rosarot gefärbt war, bleibt doch die erfreuliche Tatsache, dass sich ihre eheliche Beziehung spürbar verbessert hatte. Rita hatte die Natur entdeckt und daraus viel positive Energie gewonnen. Seit über drei Jahren kam sie ohne Psychiater und ohne die von ihm verschriebenen chemischen Aufheller aus. Bestimmt hätten wir noch mehrere glückliche Jahre zusammen verbracht. Doch jetzt? Aus und vorbei!

    «Pech gehabt!» So hat es ihnen der Assistenzarzt kurz nach Ritas zweiter Rückenoperation im Insel-Spital gesagt. Salopp, aber fadengrad ehrlich. Selbstverständlich nicht, ohne die Fakten vorher fachmännisch erläutert zu haben. Diese Tatsachen und die zwei Worte stellten nicht nur Ritas, sondern auch mein Leben auf den Kopf, sinniert er.

    Noch immer ärgert er sich über den Chirurgen, der sich nach seinem Fehleingriff nicht ein einziges Mal hat sehen lassen. Von wegen Routine und über neunzig Prozent Erfolgschancen…

    Ich werde ihn zur Rede stellen, diesen Feigling, nimmt sich Heiri vor. Sich einfach aus der Verantwortung schleichen geht gar nicht, auch wenn ein solcher Kunstfehler passieren kann.

    «Alles wegen dir, Doktor Rufer, du Arschloch!», schimpft er in Gedanken und ergänzt die angefangene To-do-Liste: Haus räumen und renovieren, rollstuhlgängige Wohnung beziehen, einrichten, Garten in Ordnung bringen, Haus verkaufen und, und, und…

    Ich werde nicht nur mein Geburtshaus vermissen, sondern werde hier richtiggehend entwurzelt. Aarberg wird mir fehlen! Die Anonymität in der Stadt wird mir zusetzen, mir den Rest geben, befürchtet er. Mit dieser Einstellung kannst du dir gleich die Kugel geben, sagt ihm sein Gewissen und weckt in ihm das erforderliche Umdenken. Ich bin es Rita und meiner Familie schuldig, zu kämpfen. Aufgeben kommt nicht in Frage. Ich muss jetzt stark sein.

    Ein Blick auf die Uhr zeigt ihm, dass es Zeit wird, sich aufzuraffen. Nochmals berechnet er die Fahrzeit nach Nottwil. Den üblichen Stau auf der Höhe von Aarwangen und Niederbipp eingerechnet. Nichts wie los, befindet er.

    Die Fahrt hilft ihm, die düsteren Gedanken an den bevorstehenden Umzug nach Bern etwas zu verdrängen. Wenigstens erfüllt sich Rita den Traum einer eigenen Stadtwohnung. Sie fühlte sich in all unseren Arbeitsjahren in Bargen zu Recht irgendwie im Abseits. Abgenabelt von der Kulturszene und der pulsierenden Welt.

    Hoffentlich drängt sie nicht allzu sehr darauf, möglichst rasch nach Hause zu kommen. Im Rollstuhl wird sie sich, anders als im barrierefreien Paraplegiker-Zentrum, hilflos vorkommen. Vorgängig muss alles behindertengerecht eingerichtet sein. Ein Glück, dass uns der Schwager diese Wohnung im Berner Mattequartier für den schlimmsten Fall in Aussicht gestellt hat. Rita wird große Augen machen, wenn ich ihr das heute erzähle.

    Ganze sechs Wochen hält sie sich nun schon in dieser genialen Reha-Stätte am Sempachersee auf. Heiri hat in dieser Zeit nach vielen Besuchen mit Übernachtungen im für Angehörige angebauten Gästehotel einen sehr positiven Eindruck vom ganzen Betrieb gewonnen. Unzählige Male hat er Rita zu den Therapien begleitet. Von der Wassertherapie über das Reiten bis hin zum Atelier, das der Ergotherapie angeschlossen ist und in welchem sich auch am Abend noch die Türen zum individuellen Gestalten öffnen, ist hier alles perfekt eingerichtet.

    Genial finden Webers auch das Konzept der Begegnung. Die große Eingangshalle mit einem sehr gut geführten Selbstbedienungsrestaurant ist ein veritables Begegnungszentrum für Rollstuhlfahrer und Fußgänger jeglichen Alters. Hier essen alle Angestellten und Besucher, vom Oberarzt oder dem Gärtner bis zum Dekubitus-Patienten, der im herangerollten Bett auf dem Bauch liegt, oder auch bekannte Rollstuhlsportler wie Heinz Frei, der mehrfache Sieger an den Paralympics. Sie trainieren nicht nur auf den hausinternen Sportanlagen, manche von ihnen haben auch zusätzlich einen Bürojob im Zentrum selbst.

    Die gute Atmosphäre wird auch durch das lichtdurchflutete riesige Glasdach begünstigt und lässt die Reha-Patienten wenigstens für eine kurze Zeit ihr Schicksal etwas in den Hintergrund rücken.

    Heiri hat ein zwiespältiges Gefühl, als er in Sursee die Autobahn verlässt. Einerseits freut er sich auf das Wiedersehen mit Rita, anderseits macht ihm das bevorstehende Gespräch zu schaffen. Es geht darum, Zwischenbilanz zu ziehen und Ritas nächste Schritte zu planen. Aufgrund seiner Beobachtungen fürchtet er, dass der Bericht inklusive fachkundiger Interpretation der neusten Bilder nichts Gutes verheißen wird. Was heißt schon Schritte planen? Rita wird höchstwahrscheinlich keine Schritte mehr machen können, glaubt Heiri mit bitterer Ironie.

    Sind wir stark genug, den Tatsachen ins Auge zu schauen? Woher soll Rita nach ihrem schmerzhaften Kampf neue Kraft holen, fragt er sich. Ihr unermüdlicher Wille, in den Therapien und Trainings Fortschritte zu erzielen, hat leider bisher nicht den erhofften Erfolg gebracht. Heiri hat es jedoch nie übers Herz gebracht, Rita die letzte Hoffnung auf Besserung oder gar eine Wunderheilung zu nehmen.

    Ein tiefer Seufzer entfährt ihm, als er in der Tiefgarage, für die er noch eine Wochenkarte hat, aus seinem R4 steigt. «Auch du hast bald ausgedient!», murmelt er, als er beim Weggehen das noch offene Schiebefenster auf der Fahrerseite bemerkt. Nervös schaut er auf die Armbanduhr und entschließt sich aufgrund der lediglich noch drei Minuten bis zum Gesprächstermin, nicht mehr zum Auto zurückzugehen. Er hofft, Rita noch auf ihrem Zimmer anzutreffen.

    Als er um fünf nach zwei nach kurzem Anklopfen das Zimmer 217 betritt, schauen ihm drei paar Frauenaugen leicht vorwurfsvoll entgegen. Er umarmt Rita und sieht sich wegen der fünfminütigen Verspätung zu keiner Ausrede von wegen Verkehr oder so gezwungen, weil eine der Pflegefachfrauen gleich das Zepter übernimmt: «Wenn Sie uns bitte folgen würden, es ist schon vierzehn Uhr vorbei, und unser Ärztekarussell wartet nicht gerne», bemerkt die ältere der beiden Schwestern schulmeisterlich.

    Heiri schließt sich ihnen wortlos an und fühlt sich einmal mehr dem Geschehen hilflos ausgeliefert. Wie wenn wir aufs Schafott geführt würden, kommt es ihm vor.

    Medizinische Direktion liest er am Türschild, und bald darauf wird der kleine Tross von zahlreichen Stimmen begrüßt.

    Nachdem die Pflegerinnen gegangen sind, sehen sich Webers einem Halbkreis von Weißmänteln gegenüber. Heiri hat man einen Stuhl bereitgestellt. Fast wie beim Heiraten, wäre ihm aus Verlegenheit über die Stille beinahe herausgerutscht.

    Der Klinikleiter, Professor Heiner Oberholzer, ein freundlich blickender weißhaariger Herr mit Hornbrille, schaut Rita an und eröffnet das Gespräch: «Wie fühlen Sie sich?»

    «Was wollen Sie von mir hören? Sagen Sie es mir!», antwortet Rita und bricht in Tränen aus.

    Betroffenheit macht sich breit. Alle wissen oder spüren es und stoßen trotz ihrer beruflichen Routine an emotionale Grenzen. Lukas Zürcher, der Oberarzt, der Rita während Wochen eng betreut hat, bricht das Schweigen: «Der Frust ist bestimmt groß. Sie geben sich alle Mühe der Welt, und wir tun unser Möglichstes, aber kommen trotzdem auf keinen grünen Zweig. Will heißen: Sie werden höchstwahrscheinlich nie mehr auf eigenen Beinen stehen und gehen können, Frau Weber. Aber das Leben geht weiter. Wie wir und Sie es hier im Hause tagtäglich erleben dürfen, gibt es auch unter den Paraplegikern und den Tetraplegikern Menschen mit einem erfüllten und sinnvollen Leben, und das wünschen wir uns auch für Sie. Sie schaffen das!»

    Die Betroffenheit ist groß. Doktor Kramer, Leiter der Paraplegie und für Ritas Aufbauprogramm zuständig, nutzt das Schweigen, um im Stil eines Managers sein Zentrum zu loben. «Unser Haus ist über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus bekannt dafür, gehbehinderten Menschen beim ersten Schritt – entschuldigen Sie den unpassenden Ausdruck – ins neue Leben zu helfen. Wir stellen niemanden einfach auf die Straße. Frau Emmenegger, die gute Fee unseres Hauses, wird Ihnen gleich anschließend…»

    Heiri ist nicht mehr in der Lage, den weiteren Erklärungen zu folgen. Längst hat er seine Frau in die Arme geschlossen, und beiden laufen die Tränen runter. Doktor Kramers salbungsvolle Rede geht an ihm vorbei.

    Es ist schließlich ein älterer Herr im Rollstuhl, der sich bemerkbar macht und seine Kolleginnen und Kollegen bittet, Webers etwas Zeit zu lassen. «Ich kenne die Ohnmacht gegenüber dem Schicksal, das Sie beide nun trifft, aus eigener bitterer Erfahrung! Man ist machtlos. Gerade ich als Geistlicher, der alles Bisherige mit Gottes Willen erklärte, geriet ins Zweifeln. Die Trauer über das Verlorene braucht Platz, viel Platz und Zeit. Aus meiner Erfahrung und unzähligen Gesprächen mit Tetra- und Paraplegikern weiß ich aber, dass es den allermeisten gelingt, sich mit dem Gelähmtsein abzufinden und ein hoffnungsvolles neues Leben aufzubauen. Ob mit oder ohne Gott, bleibe dahingestellt.»

    Nach dieser ruhig vorgetragenen Äußerung des Theologen herrscht kurze Stille. Zeit genug für Rita und Heiri, ihre Augen zu trocknen.

    «Gerne bin ich bereit, Sie, Frau Weber, aber auch Sie, Herr Weber, in meinen Sprechstunden zu besuchen. Ich wünsche ihnen beiden viel Kraft!», sagt der Geistliche zum Schluss.

    Diese Worte holen Heiri ins Hier und Jetzt zurück. «Danke und Entschuldigung! Es ist alles etwas viel.»

    Nachdem die Weißkittel im Halbkreis mit Nicken und Gesten ihr Verständnis zum Ausdruck gebracht haben, fasst Heiri Mut und verschafft seiner Verzweiflung Luft: «Das Ganze war also ein nicht korrigierbarer Kunstfehler des Chirurgen, dieses feinen Herrn Doktor Rufer, der sich nach der misslungenen Operation nicht mehr hat blicken lassen! – Verstehen Sie mich bitte richtig. Fehler geschehen in jeder Branche, und wir haben unterschrieben, dass wir das Risiko tragen werden. Doch sich persönlich so aus der Verantwortung zu ziehen und einen Assistenzarzt vorzuschieben, finde ich erbärmlich. Kein Wunder, spricht man im Volksmund von den Göttern in Weiß. Kennt jemand diesen Mann persönlich? Oder können wir eventuell über Sie zu einem Gespräch mit ihm kommen?»

    «Ach, lass es doch!», bittet Rita und legt ihm eine Hand auf den Unterarm. «Es bringt doch eh nichts mehr!»

    «Doch!», unterbricht sie Doktor Kramer. «Zur Bewältigung eines solchen Schicksalsschlags ist es wichtig, sich mit dem fehlbaren Chirurgen aussprechen zu können. Ich persönlich werde ein solches Gespräch einfädeln lassen. Theo Rufers Fähigkeiten sind, oder waren, bis anhin unbestritten. Er war ein Studienkollege von mir, und ich habe seinen erfolgreichen Werdegang am Rande mitbekommen. Seine überdurchschnittlichen Fähigkeiten entschuldigen sein Verhalten Ihnen gegenüber jedoch keineswegs. Ihnen als ehemaligem Hauptkommissar muss ich wohl nicht erklären, dass es auch fürs Insel-Spital eine Aufsichtsbehörde gibt, an die Sie sich wenden könnten.»

    Heiri bedankt sich und findet den Vorschlag richtig, es vorerst nochmals über den direkten Weg zu versuchen.

    Das Gespräch mit Frau Emmenegger wird vertagt. Zum Schluss meldet sich nochmals Ritas «Leibarzt» Doktor Zürcher: «Gerne gewähre ich Ihnen, Frau Weber, heute Abend Ausgang! Ihr Gesundheitszustand hat sich stabilisiert. Eine Luftveränderung mit einem Essen zu zweit täte nach all dem Gesagten bestimmt gut. In Sempach und Sursee gibt es ein paar gute Restaurants, und wenn Sie einverstanden sind, organisiere ich Ihnen den Fahrdienst unseres Hauses, den Sie auch für die Rückfahrt bestellen können.

    Rita und Heiri willigen nach kurzem Zögern dankend ein. «Den Ausgehpass mit meiner Unterschrift brauchen Sie nur wegen der Versicherung», erwähnt der nette Herr Zürcher. Es klingt fast wie «Entschuldigung». Er bittet einzig darum, die Tageskarte und den Ausgehpass bei der Rückkehr an der Rezeption wieder abzugeben.

    2

    «Scheiße, überall sind Bullen! Sie schneiden uns den Weg ab!», flucht Tinu.

    «Woher kommen die Provokateure diesmal?», fragt Philipp.

    «Zürcher Antifas, oder YB-Hooligans, ist doch egal, vielleicht waren es die Bullen selbst, welche die Eskalation verursacht haben. Kapitalistenschweine! Kommt mit! Wir lassen uns nicht einbunkern!», ruft Tinu, und etwa ein halbes Dutzend Demonstrierende rennen ihm nach.

    Zwischen dem Waisenhaus und der Einfahrt ins Parkhaus geht es den steilen Weg zur Aare runter und auf dem Uferweg dem Fluss entlang. Sie wagen kaum, sich nach Verfolgern umzudrehen, bis sie den Blutturm erreichen.

    «Unsere Flucht macht uns doch nur verdächtig. Wir haben ja nichts getan!», findet

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