SCHIFF AHOI!: oder Eine Kreuzfahrt, die ist lustig...
Von Volker Henning
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Buchvorschau
SCHIFF AHOI! - Volker Henning
VOLKER HENNING
SCHIFF AHOI!
oder
Eine Kreuzfahrt, die ist lustig …
ROMUH-Verlag
© ROMUH - Verlag (April 2015)
Volker Henning, Rückertstraße 2, 36448 Bad Liebenstein
Telefon 036961/72924
Fax 036961/31286
e-mail: volkerhenning@t-online.de
www.volker-henning.de
Cover und Innencartoon RABE
,
Ralf Böhme, Bad Liebenstein
Alle Rechte der Verbreitung, der Fotokopie und des
Nachdrucks vorbehalten
Gesamtherstellung:
sperberDRUCK & WERBUNG, Bad Salzungen
ISBN 978-3-943494-15-0
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
Gewidmet allen begeisterten
Kreuzfahrtreisenden
auf den Meeren
dieser Welt
Die Kleinen Antillen (Auszug)
Inhalt
Cover
Titel
Impressum
Widmung
Die Helden des Romans
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Die Blätter von unserem Walnussbaum hinter dem Haus begannen langsam zu welken und braun zu werden. Etliche waren schon herabgefallen und bedeckten das noch satte Grün des Rasens. Vor zwei Wochen hatte ich damit begonnen, lange Triebe aus der Krone herauszuschneiden, damit der Baum in unserem kleinen Garten nicht gar zu übermächtig wird. Es war unübersehbar Herbst geworden im bayrischen Schnabelwaid. Die Morgensonne warf ihre wärmenden Strahlen auf den nahen Craimoosweiher und ließ die Laubbäume an dessen Ufer in den buntesten Farben erstrahlen.
Wieder einmal war der Kaffee viel zu stark geraten. Er schmeckte fürchterlich bitter. Eigentlich wie immer, wenn meine Hilde das Frühstück zubereitete. Wenn die gute Frau schon jedesmal vier gehäufte Messbecher Kaffeepulver für unsere zwei Tassen Kaffee nehmen musste, warum kippte sie dann nicht endlich mal etwas mehr Wasser in die Maschine? Die Antwort auf diese Frage bleibt für mich auch noch heute ein Mysterium, obwohl ich sie mir schon seit Jahren jeden Morgen am Frühstückstisch stelle. »Weil dann doch immer zwei Tassen übrig bleiben würden, Alfred! Jeder von uns trinkt doch nur immer eine Tasse. Warum soll ich denn soviel Kaffee kochen, wenn wir ihn hinterher dann wegschütten?« Diese Logik war durch nichts und niemanden zu widerlegen. Also trank ich den Bretterknaller mit eiserner Disziplin. Auch heute noch. Jeden Morgen, den der liebe Gott werden lässt …
Der Wetterbericht versprach wieder einen wunderschönen Herbsttag. Also ließ ich mir durch einen Streit am frühen Morgen über den effizienten Einsatz von Aldi-Kaffee auch nicht die Stimmung verhageln. Im Großen und Ganzen ging es uns nämlich gut. Wir waren beide gesundheitlich fit, die Rentenkasse zahlte pünktlich und wir hatten ein Dach über dem Kopf, das zu einem bescheidenen Einfamilienhaus gehörte. Viel mehr braucht man nicht zum Glücklichsein, dachte ich, während ich mit dem Handrücken mir über den Mund wischte. Zufrieden mit der Welt schlug ich meinem Frühstücksei den Kopf ab. Nun, wenigstens das war, im Gegensatz zum Kaffee, gut geraten. Hilde hatte es genau auf den Punkt gekocht, nicht zu hart und nicht zu weich. Die goldgelbe Farbe des Dotters ließ an meinem geistigen Auge eine Schar glücklicher Hühner vorbeimarschieren, die mir alle freundlich zunickten, obwohl ich gerade im Begriff war, eines ihrer Möchtegern-Kinder zu verzehren. Hilde schien zumindest beim Eierkochen ein weitaus glücklicheres Händchen zu haben als beim Zubereiten des Kaffees.
»Alfred, sag mal, kriegst du nicht auch so langsam wieder Fernweh?«, fragte Hilde und biss dabei in ihr Marmeladenbrötchen. »Hast du dir denn schon mal Gedanken darüber gemacht, wo wir nächstes Jahr unseren Urlaub verbringen wollen?« Sie hatte die Tageszeitung aufgeschlagen, nahm genüsslich einen kräftigen Schluck von ihrem noch kräftigeren Kaffee und schaute mich erwartungsfroh an. Der Zeigefinger ihrer rechten Hand wies dabei auf eine Anzeige des lokalen Reiseunternehmens Semmel-Tours
, das in großen Lettern und bunten Bildern wieder einmal darum warb, den nächsten Urlaub doch bei den Semmels
zu buchen. Lassen Sie sich Ihren Urlaub nicht durch andere versemmeln - Kommen Sie zu uns!
, stand über der Werbeanzeige, die braungebrannte Urlauber am weißen Strand vor türkisfarbenem Ozean zeigte.
»Seit wann darf ich denn unser Urlaubsziel aussuchen, Hilde? Das hat es ja überhaupt noch nie gegeben. Bisher hast du doch immer festgelegt, wohin wir fahren«, wagte ich ihr entgegen zu halten, während ich an der Tasse nippte, worauf sich meine Mundwinkel leicht angewidert nach unten zogen.
»Ist dir der Kaffee schon wieder zu stark, Alfred? Ich hab aber jetzt mal einen halben Löffel Kaffeepulver weniger genommen.« Und ohne meine Antwort abzuwarten, flötete sie weiter: »Im nächsten Jahr, darfst du eben mal bestimmen, wo es hingeht. Da halte ich mich schön zurück. Nicht, dass du mir hinterher wieder vorwirfst: Hätte ich doch nur nicht auf dich gehört! Wären wir doch bloß woanders hingefahren …!«
Sofort fiel mir der Urlaub vor zwei Jahren auf Kreta ein. Ja, stimmt genau. Den hatte Hilde damals ausgesucht. Und ich hatte ihn dann bei den Semmels
gebucht. Dass die Griechen immer gerne mal ein Gläschen Wein trinken, das wussten wir spätestens seit dem Gassenhauer von Udo Jürgens. Dass aber so ein besoffener Traktorfahrer ausgerechnet mir am zweiten Urlaubstag schon ins Mietauto brummte, das hatten die Damen und Herren von Semmel-Tours
nicht vorhergesehen.
Das Resultat der ungewollten Karambolage war niederschmetternd: Wirtschaftlicher Totalschaden am Auto! Und das bei dreihundert Euro Selbstbeteiligung. Obwohl mich keinerlei Schuld am Unfall traf, hatte mir dieses Ereignis natürlich die Stimmung für den Rest des Urlaubs gründlich versemmelt.
Selbstverständlich kann ein deutscher Urlauber nichts dafür, wenn ein Grieche meint, einmal im Monat der Lustigste auf dem Traktor zu sein. Zum Beispiel, wenn er nach schwerer Arbeit aus seinen Weinbergen zurück nach Hause fährt, wo auf seinem Weg dann eine Taverne liegt, die zu einem Schlummertrunk einlädt. Da muss das Gefährt eben mal ein oder zwei Stunden warten, bevor es weiterfahren darf.
Wobei meine Hilde eine klitzekleine Schuld an dem Dilemma wohl doch traf, weil es ja ihre Idee war, den Urlaub in Griechenland zu verbringen.
Ich wollte da gleich nicht hin. Aber einen Vorwurf habe ich ihr deshalb noch nie gemacht, weil es sie bestimmt kränken würde.
Auch an dem Malheur im vergangenen Jahr hatte sie so gut wie keine Schuld. Jedenfalls wieder keine direkte. Aber sie hatte das Reiseziel ausgesucht. Ich wollte von Anfang an nicht nach Afrika. Wer fliegt schon im August freiwillig nach Namibia? Zugegeben, das Land war zu Kaiser Wilhelms Zeiten bis 1915 mal eine deutsche Kolonie, weshalb in weiten Teilen der Bevölkerung heute immer noch deutsch gesprochen wird. Das sogenannte Südwesterdeutsch
, in das sich zwischenzeitlich aber viele Wörter aus dem Afrikaans, dem Englischen und den Bantu-Sprachen eingeschlichen haben. So hatten wir zumindest keine Verständigungsschwierigkeiten. Aber bei Afrika
denkt doch jeder sofort an Schlangen, Skorpione, Löwen und anderes Grobzeug. Von der Affenhitze dort ganz zu schweigen.
Dabei hatte uns das Reisebüros Semmel-Tours
vor dem Urlaubsantritt noch gewarnt: Verzehren Sie in Afrika kein rohes Gemüse oder Salat, was der Koch unter fließendem Wasser abgewaschen hat. Das Wasser sieht zwar auf den ersten Blick sauber aus, tief im Inneren aber, da tummeln sich wahre Heerscharen und Armeen von Kleinstlebewesen, wie Bakterien und Bazillen, die den Touristen nur an den Kragen wollen!
Wieviel Wahrheit in dieser Warnung lag, sollten wir schon sehr bald erfahren.
Die dreistündige Safari-Bus-Tour durch die Wüste Namibias war interessant und sehenswert. Nur hätte ich vorher im Hotel keinen Salat essen dürfen. Mir fielen sofort Semmels
mahnende Worte ein. Doch da war es bereits zu spät. Eine ganze Kompanie der berüchtigten Bazillen-Armee hatte sich offensichtlich schon in meinem Magen festgesetzt, war zum Großangriff übergegangen und fest entschlossen, bis zum Ausgang durchzumarschieren. Infolgedessen nahm dann auch mein Gesicht sehr rasch eine gelbgrüne Farbe an, worauf sich Hilde nach vorne zum Busfahrer begab und darum bat, den Wagen am Wegesrand kurz anzuhalten.
»Bitte können Sie den Bus mal für einen kurzen Moment stoppen«, flüsterte Hilde dem Fahrer ins Ohr, während sie sich über seine rechte Schulter beugte. »Mein Mann, der Alfred, sitzt hinten auf der Rückbank und der muss mal ganz nötig …«
Der Busfahrer sah Hilde mit großen Augen an und sagte etwas unwirrsch: »Das ist hier zu gefährlich, gnädige Frau. Wegen der vielen Raubtiere, die ringsum auf Beute lauern. Ihr Mann muss warten, bis wir die Kambaku-Safari-Lodge
erreicht haben!«
»Das geht nicht!«, entgegnete Hilde forsch und baute sich drohend vor dem Fahrer auf. »Solange kann er es nicht mehr aufhalten! Wenn Sie also partout nicht anhalten wollen, dann müssen Sie eben morgen früh Ihren Bus gründlich reinigen.
Und das, mein lieber Herr Busfahrer, wird für Sie eine Scheißarbeit werden! Im wahrsten Sinne des Wortes.«
Der Fahrer drosselte die Geschwindigkeit, offenbar wog er ab, was für ihn wohl schlimmer wäre. Die Gefahr, einen Touristen an die Löwen zu verlieren, oder das Säubern des Busses, was ihn mit Sicherheit wohl mehr anstinken würde. Er entschied sich für das kleinere Übel und trat auf die Bremse.
»Gott sei dank!«, stöhnte ich schweißüberströmt und stürzte mit halb heruntergelassener Hose ins Freie. Ich sprang hinter den Bus und setzte mich mitten auf den Fahrweg.
Ob die afrikanischen Raubtiere nun alle schon um diese Uhrzeit gefrühstückt hatten oder ob es der extreme Geruch war, den der Bus an seinem Heck plötzlich verbreitete, es ließ sich jedenfalls weit und breit kein Löwe sehen. Alle Viecher, selbst Schlangen und Skorpione zogen es in diesem Moment vor, lieber in sicherer Deckung zu bleiben.
Als der Bus gegen Ende der Tour auf einer leichten Anhöhe nochmals anhielt, wo unsere Safari-Gruppe eine ganze Horde vieler kleiner putziger Erdmännchen bestaunen konnte, die sich zwischen dürrem Gras und rotem Felsgestein tummelten, nahm das Unheil dann doch noch seinen Lauf. Hilde, die ängstlich im Schatten des Busses an der Fahrertür stand, hatte ihre Hände zu einem Trichter geformt und rief mir mahnend hinterher: »Alfred, geh mit deiner Kamera nicht so dicht dran an die Tiere. Ich hab irgendwo mal gelesen, dass die Erdmännchen während der Paarung sehr wild und aggressiv sein sollen!«
Das war mal wieder typisch Hilde! Überängstlich war sie ja schon immer, dachte ich, während ich mich langsam in gebückter Haltung vorwärtsbewegte, um die kleinen, putzigen Kerlchen nicht zu verschrecken. Ganz langsam, ohne jede hektische Bewegung, nahm ich die Schutzkappe vom Objektiv und begann zu filmen. Was sollten die Tiere? Beißen? Das glaubte Hilde doch wohl selber nicht. So drollig, wie die aussahen. Und näher, immer näher ging ich mit der Kamera an die kleine Schar. Nein, wie niedlich, wie herzig die Tierchen doch waren. Die würden doch nun wirklich keiner Menschenseele was zu Lei …«
Und just in diesem Moment sprang mir doch ein Mitglied der Erdmännchenfamilie mit einem Satz genau vor die Gummi-Linse, um sich kurz darauf in meiner Nase festzubeißen. Mit lautem Aufschrei wälzte ich mich zur Belustigung der anderen Safari-Gäste hierauf im Staub Afrikas, wo ich zunächst mit beiden Händen versuchte, das bissige Tierchen von meinem Gesicht abzuschütteln. Niemals, in meinem ganze Leben nicht, hatte ich so viele Fotoapparate plötzlich auf einen Haufen gesehen. Jeder der mitreisenden Urlauber wollte den besten Schnappschuss und die gefährlichste Szene im Kasten haben. Wenn schon kein Löwe zu sehen war, der einem den Garaus machte, dann wenigstens ein wildgewordenes Erdmännchen. Da gibt sich der geübte Fotograf dann auch schon mal mit weniger zufrieden …
Zugegeben, die Spritze vom Notarzt gegen die Tollwut, die man mir hinterher in Windhoeck verabreichte, die war mehr als doppelt so teuer wie in Deutschland. Aber dafür konnte sie ja auch ihre Wirkung noch vor Ort entfalten. Und die sechs Stiche beim Nähen der Bisswunde, die taten auch nicht weh. Nur der blöde Verband an der Nase, den ich dann auch bei der Ausreise noch tragen musste, der hat die Beamten während der Passkontrolle am Fluhafen doch etwas irritiert.
Damals schwor ich mir: Nie wieder fahre ich nach Afrika. Nicht wegen der vielen Löwen, Schlangen und Skorpione. Nein, diese Tiere sind harmlos. Die nehmen sogar Reißaus, wenn man sich ihnen entgegenstellt. Oder hockt. Vor den Erdmännchen sollte man sich in Acht nehmen! Das sind die wahren Bestien, die Monster, die Killermaschinen. Die sind noch viel schlimmer als Krokodile. Ich lasse mich von den possierlichen Kerlchen nicht mehr blenden. Ich nicht …!
2
Ich durfte also unser Urlaubsziel für nächstes Jahr bestimmen. Was für eine Steigerung in unserem fünfundvierzigjährigen Eheleben! Ja, ich würde es Hilde zeigen. Ich würde ihr einen Urlaub bescheren, den sie nie vergessen würde. Einen, den sie noch nie erlebt hatte …
»Hilde, ich glaube, dass die Semmels
uns einfach kein Glück bringen,« sagte ich, während ich meine Blutdrucktablette mit dem letzten Schluck Kaffee hinunterspülte. Selten hatte diese so gallenbitter geschmeckt, wie an diesem Morgen. Unstrittig lag es wieder mal am Kaffee, der fast kalt geworden war, mit der Folge, dass sich bei mir alle Löcher zusammenzogen. »Lass uns nächstes Jahr mal was ganz anderes machen, Hilde, »stieß ich mühsam hervor. »Ich werde mich darum kümmern. Lass dich einfach mal überraschen …«
»Wenn du mit kein Glück
den Autocrash auf Kreta vor zwei Jahren und den Nasenbiss in Namibia vom letzten Jahr meinst, dann kannst du schon recht haben, Alfred. Dann überleg dir mal was Schönes. Wir müssen uns ja nicht jedes Jahr den Urlaub versemmeln lassen.« Hilde faltete die Zeitung fein säuberlich zusammen und wischte sich mit dem Taschentuch die Himbeermarmelade vom Mund. Dann stand sie auf, stellte das Frühstücksgeschirr in die Spülmaschine und sagte: »Na, da bin ich aber mal sehr gespannt, wohin mich Herr Alfred Koslowski aus Schnabelwaid im nächsten Jahr führen wird. Und vor allem, was für ein Missgeschick ihm dann wieder passiert. Ich werde den Eindruck nämlich nicht los, als würde dieser Mann das Unglück im Urlaub regelrecht anziehen.«
Zwei Wochen später hatte ich unser Traumziel gefunden. In einem Katalog über Kreuzfahrtreisen, und wieder bei Semmel-Tours
. Im Schaufenster des Reisebüros hing ein Angebot, dem ich mich einfach nicht entziehen konnte. Begeistert griff ich zu. Sechzehn lange Tage Seeurlaub auf einem Kreuzfahrtschiff durch die Karibik zu den Kleinen Antillen. Das ganze Paket, einschließlich Hinflug, für schlappe eintausenddreihundert Euro pro Person. Wow! Was für ein Superschnäppchen …
Der einzige Wermutstropfen war, dass es sich bei diesem Knaller um eine Innenkabine handelte, die im Unterdeck des Schiffes lag. Aber sind wir doch mal ehrlich: Wozu, bitte schön, hätten wir denn eine Außenkabine oder Balkonkabine gebraucht? Tagsüber würden wir auf den Kleinen Antillen herumspazieren und in der Nacht, da hat ein Mensch in unserem Alter die Augen zu und schläft. Deshalb, so meine Schlussfolgerung, sei eine Innenkabine genau richtig und alles andere nur rausgeschmissenes Geld!
Bei soviel Glück hinsichtlich der Auswahl unseres nächsten Urlaubsziels, wollte ich meine Frau natürlich nicht länger im Ungewissen lassen. Noch am gleichen Abend ließ ich deshalb die Katze aus dem Sack: »Hilde, ich habe unser Reiseziel für das nächste Jahr gefunden! Wir werden uns einschiffen,« verkündete ich stolz beim Abendessen.
Bei dem Wort einschiffen
blieb Hilde der Bissen im Halse stecken, so dass sie laut zu hüsteln begann. »Jetzt spinnst du aber wirklich, Alfred! Also ich meinerseits leide noch nicht an Inkontinenz. Wenn du deine Blase nicht im Griff hast, geh zum Doktor oder kauf dir das Arzneimittel mit den Kürbiskernen aus der Fernsehwerbung!«
»Was du schon wieder denkst, Hilde!«, entfuhr es mir ärgerlich. Ich nahm einen Schluck von meinem Kräutertee und zog, verwirrt über soviel Unkenntnis, die Augenbrauen hoch. Dann sprach ich im Ton eines Unterstufenlehrers, der dazu berufen ist, seinen Schützlingen das ABC beizubringen: »Hilde, ich meine damit, dass wir uns auf einem Kreuzfahrtschiff einschiffen werden. Mit diesem Schiff sind wir dann sechzehn Tage in der Karibik unterwegs.«
»Schön, Alfred. Aber warum soll ich mich denn auf einem Kreuzfahrtschiff einschiffen?« Hilde hatte sich wieder gefangen und ihren Hustenreiz überwunden. »Pinkelt man sich dort ein, weil man vielleicht befürchten muss, dass der Kahn untergehen könnte?« Hilde stand die Furcht ins Gesicht geschrieben. Sie griff nach ihrem Taschentuch, um sich den Angstschweiß von der Stirne zu tupfen.
»Also Hilde, jetzt hör mir mal gut zu. Wenn wir auf ein Kreuzfahrtschiff gehen und dort eine Kabine beziehen, dann haben wir uns nur symbolisch eingeschifft. Man nennt das Betreten eines Schiffes und das Beziehen einer Bordkabine in Seefahrtkreisen einschiffen
. Auch braucht heute niemand mehr Angst zu haben, dass so ein Schiff untergeht.«
»Wieso denn nicht? Und was war mit der Titanic? Haben sich die Passagiere damals nicht auch vor Angst in die Hose gemacht, als der Kahn plötzlich im Eismeer unterging?«
»Ja, schon, vielleicht. Das kann ja sein. Das Schiff war ja angeblich auch unsinkbar. So hatte man das jedenfalls vorher überall in der Presse und im Radio verkündet. Vielleicht hat sich da wirklich der