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Leibchen, Lutscher, Lebertran: Erinnerungen
Leibchen, Lutscher, Lebertran: Erinnerungen
Leibchen, Lutscher, Lebertran: Erinnerungen
eBook186 Seiten2 Stunden

Leibchen, Lutscher, Lebertran: Erinnerungen

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Über dieses E-Book

"Viele Menschen haben sich in der Gegenwart aus den Augen verloren, weil sie es in der Vergangenheit für sinnvoller fanden, ihren Blick in die Zukunft zu richten...". So schreibt VOLKER HENNING, Jahrgang 1949, im Nachwort zu seinen vorliegenden Kindheitserinnerungen. Die 1950`er und 60`er Jahre, in denen der Autor in der kleinen thüringischen Gemeinde Schweina lebte, werden dem Leser in zahlreichen lausbubenhaften Anekdoten nähergebracht. In seinen Erzählungen nimmt er mit Humor und Kennerblick alles aufs Korn, was ihm damals als kleiner Junge Freude oder Kummer bereitete. Dabei macht er selbst vor seiner Familie keinen Halt. Ohne den Blick für das Wesentliche zu verlieren, plaudert der Autor aus seiner Kindheit und setzt sich dabei mit politischen Ereignissen und ökonomischen Gegebenheiten auseinander, wobei er neben Kindermund auch Altersweisheit sowie Bezüge zur Neuzeit in sein Werk einfließen lässt. Die vorliegenden Erinnerungen zeigen die Spannweite auf, die zwischen sozialistischer Erziehung und realem Kindsein lag.
SpracheDeutsch
HerausgeberROMUH-Verlag
Erscheinungsdatum1. März 2020
ISBN9783943494174
Leibchen, Lutscher, Lebertran: Erinnerungen

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    Buchvorschau

    Leibchen, Lutscher, Lebertran - Volker Henning

    VOLKE R   HENNING

    LEIBCHEN, LUTSCHER,

    LEBERTRAN

    ERINNERUNGEN

    ROMUH-Verlag

    © ROMUH - Verlag

    (2011 / ​4. Auflage 2015)

    Volker Henning, Rückertstraße 2, 36448 Bad Liebenstein

    Telefon 036961 / ​72924

    Fax 036961 / ​31286

    e-mail: volkerhenning@t-online.de

    www.volker-henning.de

    Fotos: privat

    Alle Rechte der Verbreitung, der Fotokopie und des Nachdrucks vorbehalten

    Gesamtherstellung:

    SperberDruck und Werbung Bad Salzungen

    1. digitale Auflage:

    Zeilenwert GmbH 2016

    ISBN 978-3-943494-17-4

    (Paperback-Ausgabe)

    INHALT

    Cover

    Titel

    Impressum

    Vorwort

    Die Hennings

    Die Scheins

    Einzelkind

    Am seidenen Faden

    Mondaminbrei mit Citretten

    Gerhard

    Der alte Herr Thomas

    Jack

    Es ging auch ohne

    Friede, Freude, Eierkuchen

    Ursachenforschung

    Kinderspiele

    Mein erstes Fahrrad

    Steckenpferde

    Westfernsehen

    Schultage

    Der Umzug

    Jugendweihe

    Nachwort

    Schweina ( 1954 )

    Vorwort

    Jedes Buch sollte ein kleines Vorwort haben, damit der Leser ohne Umschweife erkennen kann, was ihn auf den restlichen Seiten des Werkes erwartet.

    Darüber hinaus wäre es auch erstrebenswert, wenn das Vorwort den Leser bereits in die Lage versetzt, kurzfristig eine Entscheidung darüber zu treffen, ob es sich für ihn lohnen würde, wenn er jetzt einen Teil seines kargen monatlichen Etats dem Buchhändler überlässt, um als Ersatz dafür den zur Materie gewordenen geistig-literarischen Erguss irgendeines unbekannten Autoren mit nach Hause nehmen zu dürfen. Damit gewinnt das Vorwort zunächst einmal für den Geldbeutel des Lesers an Bedeutung.

    Aber auch für das Buch selbst besitzt das unscheinbare Vorwort eine nicht zu unterschätzende Macht. Es entscheidet nämlich über dessen künftiges Sein oder Nichtsein. Wenn das Vorwort bereits ein echter Langweiler ist, dann wird das Werk weiterhin mit tausend anderen Büchern in den überfüllten Regalen der Buchhandlungen dahinschlummern, dann bleibt es auf unbestimmte Zeit nur eines unter vielen.

    Wenn es hingegen versteht, beim Leser Neugier und Interesse zu wecken, ist auch dem Gesamtwerk eine weitaus glücklichere Zukunft beschieden, weil dann meistens ein Umzug in die heimische Schrankwand erfolgt, wo es seinen Lebensabend unter Umständen sogar an der Seite einer echten chinesischen Sammeltasse verbringen darf.

    Erich Kästner verglich das Vorwort einmal mit dem Vorgarten eines Hauses. Bereits am Vorgarten könne man Schlüsse auf dessen Eigentümer ziehen.

    Ich finde diesen Vergleich allzu treffend, besonders wenn mich auf dem Weg durch den Vorgarten bereits der eine oder andere Gartenzwerg freundlich begrüßt. In diesem Falle wird sofort ersichtlich, dass der hier lebende Mensch ein Naturfreund von urigem Gemüt ist, von dem eine große menschliche Wärme ausgeht.

    Manchmal tritt einem im Vorgarten sogar eine geballte Macht aus schlag- und wetterfestem Kunststoff entgegen. Weißbärtige, knubbelnasige Wichtel mit und ohne Schubkarren, Leuchten, Schaufeln, Sonnenbrillen, Ziehharmonikas, in allen Größen und Variationen, das gesamte Register, einschließlich den Märchenfiguren Schneewittchen und Rotkäppchen, umgeben von lieblichen Rehen oder dem bösen, hinterlistigen Wolf. Es wird sogar vor fröhlich dreinschauenden Fliegenpilzen kein Halt gemacht, völlig unbeirrt und frei von jeglichem Zeitgeist.

    Die Herren über diese Zipfelmützenarmeen sind in ihrem bisherigen Leben vielleicht ein einziges Mal in den Urlaub gefahren. Möglicherweise waren sie gar nur fünf Tage von Zuhause fort. Fünf Tage, in denen sie sich jede Stunde danach sehnten, endlich nach Hause fahren zu dürfen, um in der Idylle ihres Vorgärtchens das Regiment über die knollennasigen Gesellen wieder zu übernehmen. Wenn mancher Zeitgenosse heute hieran seine Freude findet, die Freiheit, die ihm das Leben lebenswert macht, dann sei ihm dies von Herzen vergönnt, auch wenn seine Wichtel nicht gerade meinen Geschmack treffen.

    Als ich noch ein kleiner Junge war und in Niederschmalkalden wohnte, hatte unsere Familie keinen Vorgarten. Nicht die kleinste Blumenrabatte zierte unser Mietshaus im Hof Zwick Nr. 46. Weder Rasengrün noch Blumen, weder Bäume noch Sträucher, erst recht kein zipfelmütziger Gartenzwerg erfreute mein Kinderauge. Vor unsrem Hauseingang gab es nur einen festgefahrenen, harten Kiesboden, der für jeden Besucher wohl ziemlich trist ausgesehen haben mag. Dieser Bodenbelag erstreckte sich über den gesamten Hof und ging letztlich in den grauen Asphalt der Straßenkreuzung über, die sich nahtlos anschloss. Damit entlarvte sich unsere Familie als Vorgartenbesitzlose, welche in der Regel einen Menschenschlag darstellen, bei dem zu vermuten ist, dass sie allesamt Naturbanausen sind. Aber in unserem Falle irrte die Regelvermutung. Unser kleines Paradies befand sich nämlich jenseits des Kieshofes, genauer gesagt an der Rückseite des alten Häuserblockes. Dort durften wir einen winzigen, dafür aber äußerst üppigen Hintergarten unser Eigentum nennen.

    Hier blühten Astern, Tulpen und Nelken. Hier gediehen auf wenigen Quadratmetern die schmackhaftesten Gurken und Tomaten, die man sich Anfang der 50`er Jahre vorstellen konnte. In trauter Gesellschaft mit Kopfsalat, Erbsen, Bohnen und Kartoffeln sowie mit allerlei diversen Küchenkräutern wuchs dort alles, was man in den kargen Nachkriegsjahren zum Überleben am heimischen Herd benötigte. Ich glaube, dass damals meine Eltern ihren geliebten Hintergarten mit keinem Vorgarten der Welt freiwillig eingetauscht hätten.

    Etwas später, nachdem wir dann mehr oder weniger unfreiwillig nach Schweina umgezogen waren, hatte unser neues Zuhause schließlich auch einen Vorgarten. Und was für einen. Dieser verfügte in der Mitte sogar über einen Springbrunnen und er war aus dem Blickwinkel eines Kindes so gewaltig, dass er auf mich schon wie ein riesiger Vergnügungspark wirkte.

    Wir wohnten damals auf dem Gelände der ehemaligen Kammgarnspinnerei. Wenn ich die Treppe unseres neuen Wohnhauses, das eher einer herrschaftlichen Villa glich, hinabging, stand ich nach wenigen Schritten bereits auf einer großen Wiese, in deren Mitte der erwähnte Brunnen sprudelte. Hielt ich mich dagegen etwas nach links, erklomm ich unter stattlichen Buchen eine kleine Anhöhe, an deren Ende die Altensteiner Straße außerhalb des Parks vorbeiführte. Damit hatte unsere Familie plötzlich einen Vorgarten, der für mich größer und schöner nicht hätte sein können. Ich wuchs in einer wohlbehüteten, von Liebe und Geborgenheit geprägten Kindheit auf. Von meinen unbeschwerten Kinderjahren, die ich in der Kammgarnspinnerei verbringen durfte, schwärme ich heute noch.

    Ich war ganz bestimmt kein Musterknabe. Manchmal hatte ich den Eindruck, als wenn mich eine höhere Macht für meine Streiche auf der Stelle sogar sofort bestrafte. Insbesondere schien mich das Pech regelrecht zu verfolgen, gerade so, als hätte es an mir einen Narren gefressen.

    Ich zog das Unglück an, ganz egal, was ich tat, denn es hatte mich damals, offenbar aus einer Laune heraus, zu einem seiner engsten Verbündeten auserkoren. Als äußeres Zeichen hierfür galt der Umstand, dass mich die Schweinaer seinerzeit weniger an meinem Gesicht erkannten, als an den auffälligen Gipsbinden, die in unregelmäßigen Zeitabständen meinen rechten Arm zierten.

    Insgesamt konnte ich auf sieben Knochenbrüche verweisen, denen die Besonderheit zugrunde lag, dass sie immer nur meinen rechten Arm betrafen, was mir heute unstrittig einen Eintrag in das Guinessbuch der Rekorde eingebracht hätte. Leider war da aber die unselige Staatsgrenze, die uns ehemaligen

    DDR-Bürgern

    den Zugang zu diesem Werk der Superlative, das erstmals im Jahre 1955 im Westteil Deutschlands erschien, verwehrte.

    Meine fortwährenden Gipsverbände führten letztlich dazu, dass mich die Erwachsenen ob meiner Ungeschicklichkeit bedauerten. Die Kinder hingegen beneideten mich, weil ich als Invalide während diesen Zeiten von jeglichen Hausaufgaben nach der Schule befreit war. Vorsorglich hatte mein Vater auch immer einen Sack Gips im Keller stehen. Für alle Fälle, und Man weiß ja nie …, wie er sich hierzu erklärend auszudrücken pflegte.

    Oma Meta tat angesichts meiner Zerbrechlichkeit das Ihre. Seit meinem zweiten Armbruch betrieb sie eine bescheidene Hühnerzucht, in deren Folge sie hinter meinem Rücken fleißig Eierschalen zerrieb, um diese dann heimlich der Masse aus geriebenen Kartoffeln unterzumischen, aus der sie für mich schmackhafte Kartoffelpuffer, die sogenannten Deitscher, zauberte. Offensichtlich diagnostizierte die rührselige Frau bei mir einen chronischen Kalkmangel, den es galt, mit dieser einfachen Zutat wirksam und dauerhaft zu bekämpfen.

    Mein Vater, der irgendwie Wind von dem merkwürdigen Kochrezept seiner Schwiegermutter bekam, bemerkte hierzu einmal lakonisch, dass die Deitscher nicht auf den Teller seines Sohnes gehörten, sondern vor das Kreisgericht in Bad Salzungen und dass sich aus diesem Grunde einmal der Staatsanwalt etwas näher mit Oma Meta befassen sollte. Da in jenen Jahren der H5N

    1-Virus

    , der bekanntlich die Vogelgrippe hervorruft, noch unbekannt war, mithin eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung durch den Genuss von Eierschalen nicht als wahrscheinlich galt, befielen meine Oma somit auch weder Zweifel noch Skrupel, was die Ausübung ihrer legendären Kochkünste betraf.

    Wie konnte die gute Frau damals auch wissen, dass erst etliche Jahrzehnte später die Wissenschaftler aus diesem Thema ein düsteres Szenario machen würden, nach dem die halbe Menschheit dahingerafft würde, wenn diese die gestrengen Regeln der Weltgesundheitsorganisation hinsichtlich des Umgangs mit dem Federvieh weiterhin leichtfertig missachten sollte.

    Meiner Oma waren die Bestimmungen der Vereinten Nationen aber offensichtlich schnurz und piepe, obwohl deren weltweite Anordnungen auch für mich galten, da die WHO bereits im April 1948 gegründet wurde.

    Ich weiß heute nicht mehr, ob meine Großmutter damals die Eierschalen vor dem Zerkleinern überhaupt wusch oder ob sie mir diese sozusagen nestfrisch untergejubelt hatte. Nun, da ich noch lebe, kann das Ganze heute auch egal sein.

    Wenn sich der Leser nun fragt, ob die calciumbehafteten Kartoffelpuffer wenigstens geholfen haben, den Gipsverbrauch der jungen, aufstrebenden Volkswirtschaft zu senken, muss ich dies mit Blick auf meine insgesamt sieben Armbrüche leider verneinen. Und dass ich hinsichtlich meiner ständigen Gipsarmbehinderungen nicht zum Linkshänder geworden bin, war sowohl für meine Lehrer als auch für meine Eltern ein wahres Wunder.

    Aber lassen Sie mich doch einmal die Geschichte von Anfang an erzählen …

    Karl und Anna Henning

    Die Hennings

    Meine Geschichte beginnt vier Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges, genauer gesagt am 19. Mai 1949. An diesem Tag erblickte ich das Licht der Welt im Kreißsaal des Krankenhauses von Schmalkalden.

    Wenn jemand beabsichtigt, über sein Leben zu erzählen, dann sollte er auch über seine Herkunft berichten, sprich seine Eltern und Großeltern vorstellen, weil er ohne diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht auf der Welt wäre. Es sei denn, man hätte ihn geklont, was heutzutage bei Schafen schon erfolgreich praktiziert wird. Da meines Wissens bestimmte Zellen von mir aber in einem Reagenzglas niemals geschwommen sind, möchte ich folglich meine Erzählungen auch mit ein paar Erinnerungen an meine Ahnen beginnen:

    Mein Vater Emil Henning wurde am 24. September 1919 in dem kleinen hessischen Dorf Rodebach im heutigen Werra-Meißner-Kreis als Zwillingskind geboren. Er hatte insgesamt drei Brüder, von denen einer bereits im jugendlichen Alter von siebzehn Jahren durch einen Unfall im heimischen Landwirtschaftsbetrieb ums Leben kam.

    Meinen Großvater Karl Henning habe ich nicht kennengelernt. Er verstarb im Jahre 1948, also zu einem Zeitpunkt, an dem ich noch gar nicht geboren war. An meine Großmutter Anna Henning habe ich nur wenige Erinnerungen, weil das Heimatdorf meines Vaters im sogenannten amerikanischen Sektor Deutschlands lag, wir hingegen lebten in Thüringen, das bekanntlich zur russischen Zone gehörte.

    Verwandtenbesuche

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