Leibchen, Lutscher, Lebertran: Erinnerungen
Von Volker Henning
()
Über dieses E-Book
Mehr von Volker Henning lesen
Locker vom Hocker: Heitere Verse Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSo Isses: Heitere Verse Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSCHIFF AHOI!: oder Eine Kreuzfahrt, die ist lustig... Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Leibchen, Lutscher, Lebertran
Ähnliche E-Books
Pater Filucius Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAusgerechnet Mallorca Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnna und der Winter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAus meinem Jugendland Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGassenjunge: Meine Kindheit in Heidelberg — Handschuhsheim Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Witwe erinnert sich: Zufall oder Schicksal des Lebens Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKraut und Rübchen: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSaitenweise biografische Notizen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMühlenstraße 12: oder Meine "wilden Fünfziger Jahre" in Peine Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Mauerknacker: Autobiografie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKAMASUTRA IN UNTERFILZBACH: Krimikomödie aus Niederbayern Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Ringelnatz - Gesammelte Werke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer schräge Vogel fängt mehr als den Wurm: Von Menschen mit Mut zum Neuanfang Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMustermanns Woche Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAlles ganz simpel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGesammelte Werke (Über 800 Titel in einem Band) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIm Kokon: Erzählung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Lebensgepäck: Wie viel Leid verträgt ein glückliches Leben? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZwischen Gras und Wolken: Geschichten vom täglichen Glück Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Mädchen vom Bach Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFleisch ist mir nicht Wurst: Über die Wertschätzung unseres Essens und die Liebe meines Vaters zu seinem Beruf Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEine Wanderung durch mein Leben: Mit vielen Erkenntnissen und Hoffnungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenStiefmütterchen Ost und Königskerze West: Alltagsgeschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSo ein Hundeleben oder: Geschichten von Jenny und den anderen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHammer + Veilchen Nr. 4: Flugschriften für neue Kurzprosa Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDAS HAUS DER MONSTER: Gruselroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLady Trents Memoiren 1: Die Naturgeschichte der Drachen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBlauer Rauch: Geschichten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWie Abdrücke in feuchtem Sand: Erinnerungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Biografie & Memoiren für Sie
Akrons Crowley Tarot Führer: Eine magische Reise durch die Welt des MEGA THERION Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAlois Irlmaier: Ein Mann sagt, was er sieht Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Neustart: Visionen und Prophezeiungen über Europa und Deutschland nach Crash, Krieg und Finsternis Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDate Education: Love Bombing, Bindungsangst und Tinder-Frust: Durchschaue dein Date Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRefugium: Sichere Gebiete nach Alois Irlmaier und anderen Sehern Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5C.S. Lewis – Die Biografie: Prophetischer Denker. Exzentrisches Genie. Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Langzeitstillen in Deutschland: Erfahrungsberichte von Müttern für Mütter Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenThomas Mann: Glanz und Qual Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGamification - Spielend lernen (E-Book) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSigmund Freud - Revolutionär der Seele: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine Erfindungen (Übersetzt): Autobiographie von Nikola Tesla Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenC.S. Lewis - Ein Leben in Briefen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenZeichen am Weg: Das spirituelle Tagebuch des UN-Generalsekretärs Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Erebus: Ein Schiff, zwei Fahrten und das weltweit größte Rätsel auf See Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn Beteigeuze explodiert: Die letzten Vorzeichen für das, was keiner glaubt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Benecke-Universum: Mitstreiter, Oma und Opa erzählen ... Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Weber: Eine Musikerbiografie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnterricht kompetent planen (E-Book): Vom didaktischen Denken zum professionellen Handeln Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFlor Peeters (1903-1986): Leben und Werk Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHans Blumenberg: Ein philosophisches Portrait Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHypatia von Alexandria Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Weltbild Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMartin Luther King - Amerikas Träumer: Ein SPIEGEL E-Book Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBerliner Kindheit um Neunzehnhundert: Die 41 Miniaturen zeichnen sich als Schlüsseltexte der Moderne aus Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Keine Mutter ist perfekt: Der Umgang mit dem Lilith-Komplex Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Gnosis: Texte und Kommentar Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Ein neues Sehen der Welt: Gegen die Verschmutzung des Ich Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Streiten? Unbedingt!: Ein persönliches Plädoyer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenUnterm Rad Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5
Rezensionen für Leibchen, Lutscher, Lebertran
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Leibchen, Lutscher, Lebertran - Volker Henning
VOLKE R HENNING
LEIBCHEN, LUTSCHER,
LEBERTRAN
ERINNERUNGEN
ROMUH-Verlag
© ROMUH - Verlag
(2011 / 4. Auflage 2015)
Volker Henning, Rückertstraße 2, 36448 Bad Liebenstein
Telefon 036961 / 72924
Fax 036961 / 31286
e-mail: volkerhenning@t-online.de
www.volker-henning.de
Fotos: privat
Alle Rechte der Verbreitung, der Fotokopie und des Nachdrucks vorbehalten
Gesamtherstellung:
SperberDruck und Werbung Bad Salzungen
1. digitale Auflage:
Zeilenwert GmbH 2016
ISBN 978-3-943494-17-4
(Paperback-Ausgabe)
INHALT
Cover
Titel
Impressum
Vorwort
Die Hennings
Die Scheins
Einzelkind
Am seidenen Faden
Mondaminbrei mit Citretten
Gerhard
Der alte Herr Thomas
Jack
Es ging auch ohne
Friede, Freude, Eierkuchen
Ursachenforschung
Kinderspiele
Mein erstes Fahrrad
Steckenpferde
Westfernsehen
Schultage
Der Umzug
Jugendweihe
Nachwort
Schweina ( 1954 )
Vorwort
Jedes Buch sollte ein kleines Vorwort haben, damit der Leser ohne Umschweife erkennen kann, was ihn auf den restlichen Seiten des Werkes erwartet.
Darüber hinaus wäre es auch erstrebenswert, wenn das Vorwort den Leser bereits in die Lage versetzt, kurzfristig eine Entscheidung darüber zu treffen, ob es sich für ihn lohnen würde, wenn er jetzt einen Teil seines kargen monatlichen Etats dem Buchhändler überlässt, um als Ersatz dafür den zur Materie gewordenen geistig-literarischen Erguss irgendeines unbekannten Autoren mit nach Hause nehmen zu dürfen. Damit gewinnt das Vorwort zunächst einmal für den Geldbeutel des Lesers an Bedeutung.
Aber auch für das Buch selbst besitzt das unscheinbare Vorwort eine nicht zu unterschätzende Macht. Es entscheidet nämlich über dessen künftiges Sein oder Nichtsein
. Wenn das Vorwort bereits ein echter Langweiler
ist, dann wird das Werk weiterhin mit tausend anderen Büchern in den überfüllten Regalen der Buchhandlungen dahinschlummern, dann bleibt es auf unbestimmte Zeit nur eines unter vielen.
Wenn es hingegen versteht, beim Leser Neugier und Interesse zu wecken, ist auch dem Gesamtwerk eine weitaus glücklichere Zukunft beschieden, weil dann meistens ein Umzug in die heimische Schrankwand erfolgt, wo es seinen Lebensabend unter Umständen sogar an der Seite einer echten chinesischen Sammeltasse verbringen darf.
Erich Kästner verglich das Vorwort einmal mit dem Vorgarten eines Hauses. Bereits am Vorgarten könne man Schlüsse auf dessen Eigentümer ziehen.
Ich finde diesen Vergleich allzu treffend, besonders wenn mich auf dem Weg durch den Vorgarten bereits der eine oder andere Gartenzwerg freundlich begrüßt. In diesem Falle wird sofort ersichtlich, dass der hier lebende Mensch ein Naturfreund von urigem Gemüt ist, von dem eine große menschliche Wärme ausgeht.
Manchmal tritt einem im Vorgarten sogar eine geballte Macht aus schlag- und wetterfestem Kunststoff entgegen. Weißbärtige, knubbelnasige Wichtel mit und ohne Schubkarren, Leuchten, Schaufeln, Sonnenbrillen, Ziehharmonikas, in allen Größen und Variationen, das gesamte Register, einschließlich den Märchenfiguren Schneewittchen und Rotkäppchen, umgeben von lieblichen Rehen oder dem bösen, hinterlistigen Wolf. Es wird sogar vor fröhlich dreinschauenden Fliegenpilzen kein Halt gemacht, völlig unbeirrt und frei von jeglichem Zeitgeist.
Die Herren über diese Zipfelmützenarmeen sind in ihrem bisherigen Leben vielleicht ein einziges Mal in den Urlaub gefahren. Möglicherweise waren sie gar nur fünf Tage von Zuhause fort. Fünf Tage, in denen sie sich jede Stunde danach sehnten, endlich nach Hause fahren zu dürfen, um in der Idylle ihres Vorgärtchens das Regiment über die knollennasigen Gesellen wieder zu übernehmen. Wenn mancher Zeitgenosse heute hieran seine Freude findet, die Freiheit, die ihm das Leben lebenswert macht, dann sei ihm dies von Herzen vergönnt, auch wenn seine Wichtel nicht gerade meinen Geschmack treffen.
Als ich noch ein kleiner Junge war und in Niederschmalkalden wohnte, hatte unsere Familie keinen Vorgarten. Nicht die kleinste Blumenrabatte zierte unser Mietshaus im Hof Zwick Nr. 46
. Weder Rasengrün noch Blumen, weder Bäume noch Sträucher, erst recht kein zipfelmütziger Gartenzwerg erfreute mein Kinderauge. Vor unsrem Hauseingang gab es nur einen festgefahrenen, harten Kiesboden, der für jeden Besucher wohl ziemlich trist ausgesehen haben mag. Dieser Bodenbelag erstreckte sich über den gesamten Hof und ging letztlich in den grauen Asphalt der Straßenkreuzung über, die sich nahtlos anschloss. Damit entlarvte sich unsere Familie als Vorgartenbesitzlose
, welche in der Regel einen Menschenschlag darstellen, bei dem zu vermuten ist, dass sie allesamt Naturbanausen sind. Aber in unserem Falle irrte die Regelvermutung. Unser kleines Paradies befand sich nämlich jenseits des Kieshofes, genauer gesagt an der Rückseite des alten Häuserblockes. Dort durften wir einen winzigen, dafür aber äußerst üppigen Hintergarten
unser Eigentum nennen.
Hier blühten Astern, Tulpen und Nelken. Hier gediehen auf wenigen Quadratmetern die schmackhaftesten Gurken und Tomaten, die man sich Anfang der 50`er Jahre vorstellen konnte. In trauter Gesellschaft mit Kopfsalat, Erbsen, Bohnen und Kartoffeln sowie mit allerlei diversen Küchenkräutern wuchs dort alles, was man in den kargen Nachkriegsjahren zum Überleben am heimischen Herd benötigte. Ich glaube, dass damals meine Eltern ihren geliebten Hintergarten mit keinem Vorgarten der Welt freiwillig eingetauscht hätten.
Etwas später, nachdem wir dann mehr oder weniger unfreiwillig nach Schweina umgezogen waren, hatte unser neues Zuhause schließlich auch einen Vorgarten. Und was für einen. Dieser verfügte in der Mitte sogar über einen Springbrunnen und er war aus dem Blickwinkel eines Kindes so gewaltig, dass er auf mich schon wie ein riesiger Vergnügungspark wirkte.
Wir wohnten damals auf dem Gelände der ehemaligen Kammgarnspinnerei. Wenn ich die Treppe unseres neuen Wohnhauses, das eher einer herrschaftlichen Villa glich, hinabging, stand ich nach wenigen Schritten bereits auf einer großen Wiese, in deren Mitte der erwähnte Brunnen sprudelte. Hielt ich mich dagegen etwas nach links, erklomm ich unter stattlichen Buchen eine kleine Anhöhe, an deren Ende die Altensteiner Straße außerhalb des Parks vorbeiführte. Damit hatte unsere Familie plötzlich einen Vorgarten, der für mich größer und schöner nicht hätte sein können. Ich wuchs in einer wohlbehüteten, von Liebe und Geborgenheit geprägten Kindheit auf. Von meinen unbeschwerten Kinderjahren, die ich in der Kammgarnspinnerei verbringen durfte, schwärme ich heute noch.
Ich war ganz bestimmt kein Musterknabe. Manchmal hatte ich den Eindruck, als wenn mich eine höhere Macht für meine Streiche auf der Stelle sogar sofort bestrafte. Insbesondere schien mich das Pech regelrecht zu verfolgen, gerade so, als hätte es an mir einen Narren gefressen.
Ich zog das Unglück an, ganz egal, was ich tat, denn es hatte mich damals, offenbar aus einer Laune heraus, zu einem seiner engsten Verbündeten auserkoren. Als äußeres Zeichen hierfür galt der Umstand, dass mich die Schweinaer seinerzeit weniger an meinem Gesicht erkannten, als an den auffälligen Gipsbinden, die in unregelmäßigen Zeitabständen meinen rechten Arm zierten.
Insgesamt konnte ich auf sieben Knochenbrüche verweisen, denen die Besonderheit zugrunde lag, dass sie immer nur meinen rechten Arm betrafen, was mir heute unstrittig einen Eintrag in das Guinessbuch der Rekorde eingebracht hätte. Leider war da aber die unselige Staatsgrenze, die uns ehemaligen
DDR-Bürgern
den Zugang zu diesem Werk der Superlative, das erstmals im Jahre 1955 im Westteil Deutschlands erschien, verwehrte.
Meine fortwährenden Gipsverbände führten letztlich dazu, dass mich die Erwachsenen ob meiner Ungeschicklichkeit bedauerten. Die Kinder hingegen beneideten mich, weil ich als Invalide
während diesen Zeiten von jeglichen Hausaufgaben nach der Schule befreit war. Vorsorglich hatte mein Vater auch immer einen Sack Gips im Keller stehen. Für alle Fälle
, und Man weiß ja nie …
, wie er sich hierzu erklärend auszudrücken pflegte.
Oma Meta tat angesichts meiner Zerbrechlichkeit das Ihre. Seit meinem zweiten Armbruch betrieb sie eine bescheidene Hühnerzucht, in deren Folge sie hinter meinem Rücken fleißig Eierschalen zerrieb, um diese dann heimlich der Masse aus geriebenen Kartoffeln unterzumischen, aus der sie für mich schmackhafte Kartoffelpuffer, die sogenannten Deitscher
, zauberte. Offensichtlich diagnostizierte die rührselige Frau bei mir einen chronischen Kalkmangel, den es galt, mit dieser einfachen Zutat wirksam und dauerhaft zu bekämpfen.
Mein Vater, der irgendwie Wind von dem merkwürdigen Kochrezept seiner Schwiegermutter bekam, bemerkte hierzu einmal lakonisch, dass die Deitscher nicht auf den Teller seines Sohnes gehörten, sondern vor das Kreisgericht in Bad Salzungen und dass sich aus diesem Grunde einmal der Staatsanwalt etwas näher mit Oma Meta befassen sollte. Da in jenen Jahren der H5N
1-Virus
, der bekanntlich die Vogelgrippe hervorruft, noch unbekannt war, mithin eine ernsthafte Gesundheitsgefährdung durch den Genuss von Eierschalen nicht als wahrscheinlich galt, befielen meine Oma somit auch weder Zweifel noch Skrupel, was die Ausübung ihrer legendären Kochkünste betraf.
Wie konnte die gute Frau damals auch wissen, dass erst etliche Jahrzehnte später die Wissenschaftler aus diesem Thema ein düsteres Szenario machen würden, nach dem die halbe Menschheit dahingerafft würde, wenn diese die gestrengen Regeln der Weltgesundheitsorganisation hinsichtlich des Umgangs mit dem Federvieh weiterhin leichtfertig missachten sollte.
Meiner Oma waren die Bestimmungen der Vereinten Nationen aber offensichtlich schnurz und piepe, obwohl deren weltweite Anordnungen auch für mich galten, da die WHO bereits im April 1948 gegründet wurde.
Ich weiß heute nicht mehr, ob meine Großmutter damals die Eierschalen vor dem Zerkleinern überhaupt wusch oder ob sie mir diese sozusagen nestfrisch
untergejubelt hatte. Nun, da ich noch lebe, kann das Ganze heute auch egal sein.
Wenn sich der Leser nun fragt, ob die calciumbehafteten Kartoffelpuffer wenigstens geholfen haben, den Gipsverbrauch der jungen, aufstrebenden Volkswirtschaft zu senken, muss ich dies mit Blick auf meine insgesamt sieben Armbrüche leider verneinen. Und dass ich hinsichtlich meiner ständigen Gipsarmbehinderungen nicht zum Linkshänder geworden bin, war sowohl für meine Lehrer als auch für meine Eltern ein wahres Wunder.
Aber lassen Sie mich doch einmal die Geschichte von Anfang an erzählen …
Karl und Anna Henning
Die Hennings
Meine Geschichte beginnt vier Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges, genauer gesagt am 19. Mai 1949. An diesem Tag erblickte ich das Licht der Welt im Kreißsaal des Krankenhauses von Schmalkalden.
Wenn jemand beabsichtigt, über sein Leben zu erzählen, dann sollte er auch über seine Herkunft berichten, sprich seine Eltern und Großeltern vorstellen, weil er ohne diese mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gar nicht auf der Welt wäre. Es sei denn, man hätte ihn geklont, was heutzutage bei Schafen schon erfolgreich praktiziert wird. Da meines Wissens bestimmte Zellen von mir aber in einem Reagenzglas niemals geschwommen sind, möchte ich folglich meine Erzählungen auch mit ein paar Erinnerungen an meine Ahnen beginnen:
Mein Vater Emil Henning wurde am 24. September 1919 in dem kleinen hessischen Dorf Rodebach im heutigen Werra-Meißner-Kreis als Zwillingskind geboren. Er hatte insgesamt drei Brüder, von denen einer bereits im jugendlichen Alter von siebzehn Jahren durch einen Unfall im heimischen Landwirtschaftsbetrieb ums Leben kam.
Meinen Großvater Karl Henning habe ich nicht kennengelernt. Er verstarb im Jahre 1948, also zu einem Zeitpunkt, an dem ich noch gar nicht geboren war. An meine Großmutter Anna Henning habe ich nur wenige Erinnerungen, weil das Heimatdorf meines Vaters im sogenannten amerikanischen Sektor Deutschlands lag, wir hingegen lebten in Thüringen, das bekanntlich zur russischen Zone gehörte.
Verwandtenbesuche