Die Verdammten von Niederoog
Von Swen Großmann
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Über dieses E-Book
Eine unbekannte Macht fördert die dunkelsten menschlichen Triebe zutage. Freunde, Verwandte, Nachbarn – beinah jeder. den man kennt, verwandelt sich in eine blutrünstige Bestie. Ein Kampf ums nackte Überleben beginnt und nicht jeder wird es schaffen...
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Buchvorschau
Die Verdammten von Niederoog - Swen Großmann
Swen Großmann
Die Verdammten von Niederoog
Horror-Novelle
Für Corinna!
Impressum
Covergestaltung: Margo Wiessmann
Digitalisierung: Gunter Pirntke
Lektorat: Miriam Stephanie Reese
Originalausgabe: Schauermärchen Verlag Reese e. K.
ISBN: 978-3-943002-07-2
© 2014, www.schauermaerchen-verlag.de
Mail: schauermaerchen-verlag@gmx.de
E-Book Distribution: XinXii
www.xinxii.com
Hinweis
Das Buch ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere das Übersetzen in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlags ist es auch nicht gestattet, diese Bücher oder Teile daraus auf fotomechanischem Wege zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten oder zu verbreiten.
Inhalt
Impressum
1. Anreise
2. Niederoog
3. Home Sweet Home
4. Ska
5. Die Barriere
6. Strand
7. Willkommen
8. Der Stein
9. Träume
10. Veränderungen
11. Jonesy
12. Schreiben
13. Wahn
14. Notruf
15. Raserei
16. Luchata
17. Blut
18. Schule
19. Kirche
20. Flucht
21. Erkenntnis
22. Der Hügel
23. Die Höhle
24. Luchata
25. Kontrolle
26. Die Steilklippe
27. Der letzte Akt
28. It Ain´t Over till It´s Over
29. Abschied
Über den Autor
1. Anreise
Hätte ich im Vorfeld geahnt, welche unvorstellbaren Schrecken die Insel Niederoog für mich bereithielt, dann wäre ich Köln – trotz all seiner schmerzhaften Erinnerungen – treu geblieben! Nun war ich aber hier. Stand an Deck der schwankenden dreißig Jahre alten RoPax Fähre, während mir eine eiskalte Mischung aus salziger Gischt und körnigem Hagel ins Gesicht peitschte. Es war nicht die Seekrankheit, die mich über die Reling gebeugt mein Frühstück in die Nordsee erbrechen ließ, sondern der unverdaute Schmerz eines tiefsitzenden Verlustes, dem ich mit dieser Reise zu entkommen suchte. Der wolkenverhangene Himmel verhieß nichts Gutes. Gewittergrollen übertönte den Lärm der Dieselmaschinen im Rumpf des Schiffes. Von der Insel Niederoog, dem Ziel meiner Flucht vor mir selbst, war weit und breit noch nichts zu sehen. Laut Durchsage des Kapitäns hatten wir Norderney und Baltrum bereits passiert, sodass deren kleine Nachbarinsel in unmittelbarer Nähe liegen musste. Nachdem der Würgereiz abgeklungen war, schwankte ich vorsichtig zurück unter Deck. Hohe Wellen schlugen über die Reling und ich musste mich vorsehen, nicht auszurutschen. Was für ein miserabler Beginn für einen neuen Lebensabschnitt. Vor Nässe tropfend schlurfte ich missmutig zu meinem Tisch in der Mitte der Passagierkabine. Während ich mir mit einer geblümten Papierserviette das Gesicht abtrocknete, drückte ich die Wahlwiederholungstaste meines Handys. „Hier ist der Anschluss von Thea Verstappen. Leider bin ich zurzeit nicht zu erreichen. Nachrichten nach dem Piep!"
„So eine Unverschämtheit, dachte ich und beendete verärgert die Verbindung. Diese unverfrorene Maklerin ließ mich jetzt schon seit Tagen zappeln. Weder über den Büroanschluss noch über ihre Mobilnummer hatte ich es geschafft, sie zu erreichen, um ein Treffen für die Schlüsselübergabe zu vereinbaren. „Ach, Herr Sandner! Das machen wir alles, wenn Sie umziehen. Sobald Sie einen Termin haben, rufen Sie mich einfach an. Wir treffen uns dann bei ihrer Anreise direkt am Fährhafen.
Das war vor ziemlich genau drei Wochen, als wir beim Notar in Aurich für den Papierkram zusammensaßen. Absolut toll! Meine Stimmung strebte dem Tiefpunkt entgegen.
2. Niederoog
Am Hafen erwartete mich natürlich keine Dorothea Verstappen! Nachdem ich meinen klobigen Koffer von Bord gehievt und mich über den wackeligen Steg gewagt hatte, stand ich im strömenden Regen nun also mutterseelenallein am Kai von Niederoog. Wie sollte ich mein neues Haus finden, geschweige denn betreten? Die Hafenanlage war recht überschaubar und nur über eine schmale asphaltierte Straße mit dem Inselinneren verbunden. Neben dem Fähranleger gab es etwas abseits und nur über einen unbefestigten Schotterweg erreichbar, eine zweite Anlegestelle für Kutter und Segelboote. Der Wellengang ließ die Boote wie Spielzeuge schwanken und es schien mir ein Ding der Unmöglichkeit, dass die Taue dem auf Dauer standhalten konnten. Wie ein begossener Pudel stand ich im Regen und blickte mich um. Außer mir befanden sich nur einige Möwen auf dem Landungssteg, die in der überdachten Haltestelle für die Inselbahn Schutz vor dem Wetter suchten; auf der autofreien Insel der einzige Weg, motorisiert ins Inselinnere zu gelangen. Weil ich nicht wusste, was ich sonst machen sollte, leistete ich den Möwen in dem verwitterten Wartehäuschen Gesellschaft und wählte ein letztes Mal stinksauer die Telefonnummer meiner Maklerin. Ein Piepton signalisierte, dass momentan kein Mobilfunknetz verfügbar war. „Verdammter Mist!, fluchte ich so laut, dass die Möwen erschrocken zusammenzuckten und zurück ins Unwetter flüchteten. Gefrustet studierte ich den vergilbten Fahrplan und stellte erleichtert fest, dass die Bahn nicht nur ganzjährig fuhr, sondern auch an die Fährzeiten gekoppelt war. Völlig vertieft in den Fahrplan, schreckte ich zusammen, als hinter mir überraschend eine raue krächzige Stimme erklang. „Da koomt hüt keen Tog!
Ungläubig drehte ich mich um und blickte in das wettergegerbte Gesicht eines Mannes in gelbem Ölzeug. Sein lichtes Haar war klatschnass. Selbst aus dem zotteligen Bart tropfte Regenwasser. „Aber laut Plan müsste jetzt eine Bahn fahren, sagte ich mit einer Mischung aus Resignation und Wut. „Schiedwedder! Kuddel es krank
, sagte er lapidar und machte Anstalten zu gehen. „Moment mal! Wie komme ich denn jetzt von hier weg? „Tau faut
, entgegnete der Fremde mit dem Ansatz eines Grinsens, bevor er ohne ein weiteres Wort verschwand. Echt toll! Zu Fuß. Dieser Einheimische machte mir Spaß. Ich war bereits nass bis auf die Knochen und hatte keine Ahnung, wo genau sich mein neues Haus eigentlich befand. Ich hatte es quasi im Blindflug gekauft. Bilder im Internet, ein kurzes Video sowie das Exposé der Maklerin waren alle Infos, die ich kannte. Aus dem Koffer fingerte ich einen Zettel mit der Adresse: Frömd Strode 2. Wo auch immer das war. Mein kleiner Inselfaltplan wies leider nur die größeren Straßen mit Namen aus. Mir blieb also tatsächlich keine andere Wahl, als der endlos erscheinenden Straße neben den Schienen zu folgen und zu hoffen, irgendwann auf ein Anzeichen von Zivilisation zu stoßen.
3. Home Sweet Home
Bereits nach wenigen Schritten vermisste ich die Geborgenheit des Wartehäuschens. Dieser Fußmarsch versprach lang und ungemütlich zu werden. Am östlichen Ende des Hafens kam ich an einer schäbigen Bruchbude vorbei, aus deren Fenster mich der Mann im gelben Regenmantel beobachtete. Vor dem Haus verkündete ein verrostetes Schild: „Zentrum 5 km". Bei einem beschwingten Sonntagsspaziergang erscheinen fünf Kilometer wie eine Kleinigkeit, die man fröhlich vor sich hin pfeifend zurücklegt. Doch diese fünf Kilometer stellten sich als die längsten meines Lebens heraus. Dicke Regentropfen hämmerten auf meinen Kopf und schienen sich mit den Sturmböen zu verbünden, weil ihr Angriff stets kombiniert erfolgte. Nach zehn Minuten gelangte ich zu der Überzeugung, dass ich die nächsten Wochen mit einer Lungenentzündung im Bett verbringen müsste. Vorausgesetzt, ich würde bei dem tosenden Unwetter nicht vom Blitz erschlagen werden. Alle paar Meter blieb ich stehen, um mir den eiskalten Regen aus den Augen zu wischen. Hoffentlich hatte sich meine unzuverlässige Maklerin wenigstens um die Organisation des Umzugs gekümmert.
„Mein lieber Herr Sandner, das ist doch ein Klacks für uns, reine Routine!, hatte mir Frau Verstappen mit ihrer honigsüßen Verkäuferstimme mehrfach versichert. „Wir arbeiten seit Jahren mit einer auf Inselumzüge spezialisierten Spedition zusammen. Absolut zuverlässig!
Mein Hausrat war auch tatsächlich in Köln abgeholt worden. Ob er jedoch den Weg in mein neues Heim gefunden hatte, blieb abzuwarten.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichte ich endlich das beschauliche Zentrum. Für eine dreihundert Seelen Gemeinde wirkte das Rathaus, ein stattlicher in die Jahre gekommener Backsteinbau, seltsam überdimensioniert. Vor dem imposanten Gebäude erstreckte sich ein weitläufiger parkähnlicher Platz mit einem Springbrunnen in der Mitte. Um das Verwaltungsgebäude herum gruppierten sich etliche kleinere Häuser, die augenscheinlich die Einkaufs-und Erlebnismeile von Niederoog bildeten. Hinter dem Rathaus ragte in einiger Entfernung ein Kirchturm hervor. Weit und breit sah ich keine Menschenseele. „Wen wundert´s, dachte ich. „Bei diesem Wetter schickt man ja noch nicht mal seinen Hund vor Tür.
Das Gewitter übertönte immer wieder das tosende Meer, dessen Brandung der Sturm von der Küste herübertrug. Verloren blieb ich neben einer grünen Holzbank stehen. An der Fassade des Rathauses entdeckte ich eine Info-Vitrine. Vielleicht hatte ich Glück und fand dort einen Inselplan mit Straßenverzeichnis. Rasch huschte ich hinüber und suchte unter einer ausladenden Schwarzerle Schutz vor dem strömenden Regen. Bingo! Direkt neben der Einladung zur nächsten Gemeinderatssitzung lachte mich ein Faltplan von Niederoog an, an dessen rechter Seite ein alphabetisches Straßenverzeichnis abgedruckt war. Bei weniger als zwei Dutzend Straßen auf der Insel, wurde ich schnell fündig: Frömd Strode 2. Ein Gewaltmarsch von einer weiteren Stunde führte mich zu guter Letzt endlich zu meinem neuen Domizil. Home sweet home! Bereits der erste Anblick entschädigte mich für sämtliche widrigen Umstände. Ein bezauberndes kleines Häuschen mit Reetdach und Staketenzaun, ganz im Stile eines englischen Cottage. Wenn man die dunklen Wolken und das Wetter ausblendete, ein Postkartenmotiv par excellence. Wie erwartet lag es weit abseits jeglicher Nachbarschaft völlig isoliert am Rande eines Waldstücks. Genauso hatte ich mir mein Exil vorgestellt. Wo, wenn nicht hier, konnte ich Abstand zu meinem früheren Leben gewinnen? Was jedoch ganz und gar nicht meinen Erwartungen entsprach, war die Nachricht an der Haustür. Mit einer Heftzwecke befestigt hing dort ein durchnässter Zettel, dessen blaue Tinte bereits zu verlaufen begann.
Sehr geehrter Herr Sandner, leider