Kettenreaktion: Der Arzt vom Tegernsee 66 – Arztroman
Von Laura Martens
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Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen.
Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird.
Franzl sprang fröhlich am Ufer des Tegernsees entlang. Auch wenn er gern mit Katharina Wittenberg, den Winklers oder Dr. Hellwert unterwegs war, ein Spaziergang mit seinem Herrchen bedeutete für ihn einen absoluten Höhepunkt. Dr. Eric Baumann hatte an diesem Vormittag einen Ball mitgenommen. »Franzl!« rief er. Der Hund stoppte so abrupt, daß er sich dabei fast überschlagen hätte. Erwartungsvoll drehte er sich um. »Wuw«, machte er und sprang ausgelassen hoch, als er den Ball in Erics Händen sah. Der Arzt holte weit aus und warf den Ball einige Meter weit in Richtung Prinz-Karl-Kapelle. Wie ein Pfeil flog Franzl durch das Gras. Sein übermütiges Gebell schallte weit über das Wasser. Der Arzt schaute ihm lachend nach, doch bereits im nächsten Augenblick zuckte er vor Schmerz zusammen. Für Sekunden hielt er den Atem an und preßte eine Hand auf die linke Seite seiner Brust. Langsam verebbte der Schmerz. Vorsichtig atmete er durch. Franzl rannte auf ihn zu. Herausfordernd ließ er den Ball vor ihm ins Gras fallen.
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Kettenreaktion - Laura Martens
Der Arzt vom Tegernsee
– 66 –
Kettenreaktion
Laura Martens
Franzl sprang fröhlich am Ufer des Tegernsees entlang. Auch wenn er gern mit Katharina Wittenberg, den Winklers oder Dr. Hellwert unterwegs war, ein Spaziergang mit seinem Herrchen bedeutete für ihn einen absoluten Höhepunkt.
Dr. Eric Baumann hatte an diesem Vormittag einen Ball mitgenommen. »Franzl!« rief er.
Der Hund stoppte so abrupt, daß er sich dabei fast überschlagen hätte. Erwartungsvoll drehte er sich um. »Wuw«, machte er und sprang ausgelassen hoch, als er den Ball in Erics Händen sah.
Der Arzt holte weit aus und warf den Ball einige Meter weit in Richtung Prinz-Karl-Kapelle. Wie ein Pfeil flog Franzl durch das Gras. Sein übermütiges Gebell schallte weit über das Wasser.
Der Arzt schaute ihm lachend nach, doch bereits im nächsten Augenblick zuckte er vor Schmerz zusammen. Für Sekunden hielt er den Atem an und preßte eine Hand auf die linke Seite seiner Brust. Langsam verebbte der Schmerz. Vorsichtig atmete er durch.
Franzl rannte auf ihn zu. Herausfordernd ließ er den Ball vor ihm ins Gras fallen. Die Vorderpfoten in den Boden gestemmt, bellte er.
Eric schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Franzl, Ballspielen scheint heute nicht das richtige für mich zu sein. Sieht tatsächlich aus, als könnte ich mich nicht länger vor einer gründlichen Untersuchung drücken.« Er bückte sich nach dem Ball und steckte ihn in die Tasche seiner Cordhosen.
Franzl seufzte enttäuscht auf. Er stieß schwanzwedelnd mit dem Kopf gegen Erics Beine.
»Am besten, wir kehren um«, meinte sein Herrchen. »Wenn ich heute abend aus Bad Wiessee zurückkomme, machen wir noch einmal einen langen Spaziergang.« Er blickte zum Himmel hinauf. »So gegen sieben ist es auch nicht mehr so heiß.« Da hatte er sich seit Wochen auf den Sommer gefreut, und nun, wo er mit Riesenschritten nahte, sehnte er sich nach etwas Kühle. Dabei war der Frühling in diesem Jahr bisher ohnehin bedeutend kühler gewesen, als im letzten. Erneut strich er über den Kopf des Hundes. »Der Katharina werden wir nicht verraten, daß es mir nicht besonders gut geht.«
Langsam kehrten sie zum Doktorhaus zurück.
Dr. Baumann versuchte vergeblich, seine leichten Atembeschwerden zu ignorieren. Am Morgen hatte er sich noch wohl gefühlt und sich über den freien Tag gefreut, der vor ihm lag. Er mußte an seinen Freund Martin denken, der ihm erst vor kurzem gesagt hatte, daß auch ein Arzt nicht gegen Krankheit gefeit war.
Katharina Wittenberg stand in der Küche und kümmerte sich um die Zubereitung des Mittagessens. Nachdem Eric einen kurzen Gruß mit ihr gewechselt hatte, ging er auf die Terrasse und setzte sich in einen der Gartenstühle, um die Morgenzeitung zu lesen. Franzl legte sich ihm zu Füßen und döste vor sich hin. Ab und zu hob er den Kopf und schnupperte. Allzu lange konnte es nicht mehr bis zum Mittagessen dauern. Zufrieden schloß er die Augen.
Eric zog sich gleich nach dem Essen zurück, um sich umzuziehen. Er war an diesem Nachmittag zum Geburtstag einer Patientin nach Bad Wiessee eingeladen. Die alte Dame hatte erst vor kurzem eine Virusgrippe überstanden und fühlte sich noch ziemlich schwach, die Geburtstagsfeier hatte sie sich jedoch nicht nehmen lassen wollen.
»Hier sind die Blumen, Eric.« Katharina drückte ihm einen schönen Frühlingsstrauß in die Hand. Jede einzelne der Blumen hatte sie selbst gezogen. Trotz des schlechten Wetters war es ihr gelungen, den Garten um das Doktorhaus in allen Farben erblühen zu lassen.
»Danke, Katharina.« Eric legte die Blumen vorsichtig zu einem roten Päckchen in den Fond seines Wagens. »Ich werde so gegen sieben zurück sein.«
Franzl wollte in den Wagen springen. Katharina Wittenberg ergriff ihn am Halsband. »Hiergeblieben. Wir werden uns einen schönen Nachmittag machen.« Sie tätschelte seinen Kopf. »Laß dein Herrchen auch mal etwas allein unternehmen.«
Eric winkte ihnen zu und setzte sich hinter das Steuer. Als er auf die Straße hinausfuhr, sah er im Rückspiegel, daß Katharina und Franzl ihm nachschauten.
Von Tegernsee nach Bad Wiessee waren es nur ein paar Kilometer. Der Arzt genoß die Fahrt am See entlang. Er dachte an die vielen Fahrradtouren, die er als junger Bursche mit seinen Freunden rund um den See unternommen hatte, auch an die Bootsfahrten mit seinem Vater. An seine sehr früh verstorbene Mutter konnte er sich kaum erinnern und er wußte, daß ohne Katharina Wittenberg seine Kindheit alles andere als glücklich verlaufen wäre.
Dr. Baumann parkte vor dem Grundstück von Martha Seminas. Als er den Vorgarten betrat, rannte ihm ein pechschwarzer Kater entgegen. Miauend rieb er sein Köpfchen an Erics Bein.
»Hallo, Rasputin«, sagte der Arzt, als er sich zu ihm hinunterbeugte, um ihn zu streicheln. Erschrocken hielt er inne. Der Schmerz, den er empfand, war zwar nicht so stark wie am Vormittag, aber er beunruhigte ihn.
»Guten Tag, Doktor Baumann.« Corinna und Fabian Lindenmaier, die ebenfalls zum Geburtstag der alten Dame geladen worden waren, traten aus dem Haus.
Dr. Baumann ergriff die Hände der jungen Leute. Fabians Eltern gehörte das Hotel »Seelschlößchen«. Es lag ein paar hundert Meter entfernt direkt am See. Bereits sein Vater war lose mit den Lindenmaiers befreundet gewesen. Corinna und Fabian hatten Frau Seminas durch Rasputin kennengelernt. Der Kater trieb sich gern im Hotelgarten herum. Lange Zeit hatten sie ihn für herrenlos gehalten und Merlin genannt.
Gemeinsam gingen sie Martha Seminas entgegen, die jetzt ebenfalls aus dem Haus kam. Die alte Dame schenkte dem Arzt ein strahlendes Lächeln. »Heute fühle ich mich seit Wochen zum ersten Mal richtig wohl«, sagte sie, als sie ihn begrüßte. »Die diesjährige Grippe hat es wirklich in sich.« Sie wandte sich an das junge Ehepaar. »Zu Beginn der Krankheit hatte ich vierzig Fieber und konnte kaum meine Beine bewegen, so schwach bin ich gewesen.«
»Zum Glück sind wir davon verschont geblieben«, meinte Corinna. Sie wies zur Straße. »Da kommen auch Claire und Ihr Neffe, Frau Seminas.«
Auch Claire Michelfelder und Vincent Reinhardt gehörten zu Erics Patienten. Claire arbeitete als Empfangsdame im »Seeschlößchen«. Vincent hatte von seinem Vater in Tegernsee ein Antiquitätengeschäft übernommen. Die jungen Leute hatten sich vor einigen Wochen bei einem Seefest kennengelernt und ineinander verliebt.
Es wurde ein schöner Nachmittag, obwohl alle bedauerten, daß Tobias Reinhardt, Vincents Vater und Martha Seminas’ zehn Jahre jüngerer Bruder, nicht an der Geburtstagsfeier teilnehmen konnte, weil er zu krank dazu war. Er litt seit vier Jahren an einer schweren Herzinsuffizienz, die ihn von Zeit zu Zeit sogar ans Bett fesselte.
»Ich bin wirklich froh, daß wir uns auf unsere Haushälterin und deren Schwester verlassen können«, sagte Vincent. »Ohne die beiden Frauen könnte ich mich kaum aus dem Haus wagen. Heute zum Beispiel wäre es völlig unmöglich gewesen. Mein Vater fühlt sich so schlecht, daß er den ganzen Tag nur liegen möchte.«
»Nimmt Ihr Vater die neuen Tabletten regelmäßig ein, die ich ihm letzte Woche verschrieben habe, Herr Reinhardt?« erkundigte sich Eric besorgt.
»Mein