Parker und der König der Reeperbahn: Butler Parker 177 – Kriminalroman
Von Günter Dönges
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Über dieses E-Book
Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht!
Josuah Parker wirkte ein wenig gehemmt und schüchtern. Vielleicht lag es an der Umgebung, in der er sich befand. Die Kneipe in der Nähe der West India Docks sah bedrückend schmutzig und verkommen aus. Es roch nach saurem, verschüttetem Bier, nach schlechtem Tabak und nach scharfem Schweiß. Die Dockarbeiter an der Theke waren laut. Sie bewegten sich mit einer hemdsärmeligen Rauheit, die auf den Butler schon peinlich wirkte, achteten kaum auf den korrekt gekleideten Mann, der sich beeilte, in einer halbdunklen Nische zu verschwinden. Parker legte seinen Universal-Regenschirm ab, verstaute seine schwarze steife Melone und zog sich die schwarzen Zwirnhandschuhe aus. Seine Hände spielten nervös mit einer kleinen Ledertasche. Unnötig zu sagen, daß sie von schwarzer Farbe war. Es dauerte lange Minuten, bis sich der Barkeeper dazu herabließ, vor Parker zu erscheinen. Brummig erkundigte er sich nach seinen Wünschen. »Wenn es recht ist, hätte ich gern ein Glas Ale«, antwortete Josuah Parker höflich. »Kostet hier am Tisch aber Bedienung«, meinte der Barkeeper. Er trocknete sich seine nassen Hände an der schmuddeligen Schürze ab. »Natürlich, natürlich«, gab Parker höflich zurück. »Würden Sie mir übrigens über die Bedienung hinaus mit einem Rat zur Verfügung stehen? Selbstverständlich gegen Bezahlung.«
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– 177 –
Parker und der König der Reeperbahn
Günter Dönges
Josuah Parker wirkte ein wenig gehemmt und schüchtern.
Vielleicht lag es an der Umgebung, in der er sich befand. Die Kneipe in der Nähe der West India Docks sah bedrückend schmutzig und verkommen aus. Es roch nach saurem, verschüttetem Bier, nach schlechtem Tabak und nach scharfem Schweiß. Die Dockarbeiter an der Theke waren laut. Sie bewegten sich mit einer hemdsärmeligen Rauheit, die auf den Butler schon peinlich wirkte, achteten kaum auf den korrekt gekleideten Mann, der sich beeilte, in einer halbdunklen Nische zu verschwinden.
Parker legte seinen Universal-Regenschirm ab, verstaute seine schwarze steife Melone und zog sich die schwarzen Zwirnhandschuhe aus. Seine Hände spielten nervös mit einer kleinen Ledertasche. Unnötig zu sagen, daß sie von schwarzer Farbe war.
Es dauerte lange Minuten, bis sich der Barkeeper dazu herabließ, vor Parker zu erscheinen. Brummig erkundigte er sich nach seinen Wünschen.
»Wenn es recht ist, hätte ich gern ein Glas Ale«, antwortete Josuah Parker höflich.
»Kostet hier am Tisch aber Bedienung«, meinte der Barkeeper. Er trocknete sich seine nassen Hände an der schmuddeligen Schürze ab.
»Natürlich, natürlich«, gab Parker höflich zurück. »Würden Sie mir übrigens über die Bedienung hinaus mit einem Rat zur Verfügung stehen? Selbstverständlich gegen Bezahlung.«
»Sie wissen, worauf es ankommt.« Der Barkeeper grinste. »Was haben Sie denn auf dem Herzen?«
»Ich weiß nicht recht, wie ich beginnen soll.« Parker seufzte elegisch auf und sah verschämt zu Boden. Der Barkeeper glaubte verstanden zu haben. Sein Grinsen wurde anzüglich.
»Wollen Sie ’ne Dame kennenlernen?« fragte er rundheraus.
»Aber nein, ganz gewiß nicht.« Parker schüttelte fast entrüstet den Kopf. »Ich fürchte, ich bin gründlich mißverstanden worden. Nein, es handelt sich um gewisse Geschäftsbedingungen. Mit anderen Worten, ich besitze eine Ware, die ich allein wohl kaum zu Geld machen kann.«
»Ach so, Sie wollen was verscheuern.« Der Barkeeper hatte endlich richtig verstanden. Er sah den Butler abschätzend und interessiert an. Dann glitten seine Augen auf die schwarze Ledermappe. »Was wollen Sie denn an den Mann bringen?«
»Darf ich offen zu Ihnen reden?«
»Versuchen Sie’s doch.«
»Es geht um Dinge, die vom Gesetz nicht zugelassen sind.«
»Machen Sie’s nicht so spannend.« Der Barkeeper grinste amüsiert. »Hier bei uns brauchen Sie nichts zu befürchten. Wir können den Mund halten.«
»Gestatten Sie, daß ich etwas aushole«, begann Parker. »Ich bin Butler, was meinen Beruf angeht. Bis vor zwei Tagen arbeitete ich für einen Chemiker. Wegen einiger Mißverständnisse mußte ich meinen Dienst quittieren.«
»Hat man Sie beim Klauen erwischt?« Der Barkeeper war für klare Feststellungen. Von vornehmen Umschreibungen hielt er nichts.
»Ich bin natürlich zu Unrecht verdächtigt worden«, meinte der Butler entrüstet. »Eine Durchsuchung meines Gepäcks verlief ergebnislos.«
»Dann waren Sie eben gerissen. Rücken Sie endlich mit der Sprache heraus, Mann. Was wollen Sie loswerden?«
»Ich deutete schon an, daß ich bei einem Chemiker arbeitete«, erklärte Josuah Parker würdevoll. »Da man mir den mir zustehenden Jahreslohn vorenthielt, sah ich mich gezwungen, mich anderweitig schadlos zu halten.«
»Mann, Sie gehen mir auf die Nerven. Sagen Sie schon, was Sie verscheuern wollen.«
»Methylester des Benzoinekgonins.«
»Wie bitte? Was is’ denn das?«
»Sie würden Kokain dazu sagen.«
»Koks?«
»So lautet tatsächlich der Vulgärausdruck.« Parker nickte und zog die schwarze Ledertasche unwillkürlich an sich. »Kennen Sie eine Adresse, die sich für meine, sagen wir Ware, interessieren könnte?«
»Mein lieber Mann!« Der Barkeeper grinste nicht mehr. Ja, er sah sich sogar unwillkürlich zur Theke um, als befürchte er, belauscht zu werden. »Warum handeln Sie nicht gleich mit ’ner Wasserstoffbombe?«
»Die war leider nicht zu bekommen«, erwiderte Parker ernsthaft. »Zudem befaßte sich mein Dienstherr nicht damit. Ich deutete wohl schon an, daß er Chemiker ist.«
»Wieso kommen Sie mit dem Koks ausgerechnet hierher?« Der Barkeeper war und blieb mißtrauisch. Er hatte seine Stimme zu einem Flüstern gedämpft.
»Das hier ist das vierte Lokal seiner Art, das ich besuche. Und zum ersten Mal begegne ich endlich einem Menschen, der mit dem Begriff Kokain etwas anzufangen weiß.«
»Sie sind mit dem Zeug hausieren gegangen?«
»Ich möchte es, unkompliziert ausgedrückt, zu Geld machen. Ich befinde mich in einer gewissen momentanen Verlegenheit.«
»Sie glauben, ich könnte Ihnen helfen?«
»Ich hoffe es. Sollten Sie einen Verkauf der Ware ermöglichen, werde ich mich selbstverständlich erkenntlich zeigen.«
»Was Sie da anbieten, ist verdammt heiß.« Der Barkeeper blieb vorsichtig. »Sagen Sie mal, welche Kneipen haben Sie denn bisher besucht?«
»Oh, ich verstehe.« Parker gestattete sich ein diskretes Schmunzeln. »Sie wollen nachforschen, ob ich die von mir genannten Lokale auch tatsächlich aufgesucht habe, nicht wahr?«
»Klar, ich lasse mich nicht gern aufs Glatteis führen.«
Parker hatte vollstes Verständnis für diese Vorsicht. Er nannte die Namen der vier betreffenden Lokale. Der Barkeeper schien sie alle zu kennen. Und er wollte den Dingen auf den Grund gehen.
»Ich werd’ Ihnen jetzt erst mal das Ale bringen«, sagte er. »Kann sein, daß ich einen Kunden für Sie herbeischaffen kann. Kann sein, ist aber noch längst nich sicher.«
»Nehmen Sie sich nur Zeit«, meinte Parker freundlich. »Ich deutete ja schon an, daß ich zur Zeit beschäftigungslos bin. Daher kann ich über meine Freizeit verfügen.«
»Noch etwas.« Der Barkeeper schien sich für dieses Geschäft inzwischen erwärmt zu haben. »Bei welchem Mann waren Sie beschäftigt? Und wie heißen Sie eigentlich?«
»Mein Name ist Parker, Josuah Parker. Und mein Dienstherr ist ein gewisser Dr. Basil Snyder.«
»Schön, und wann kommt er dahinter, daß Sie ihm das Kokain weggenommen haben?«
»Meiner Schätzung nach erst in vierzehn Tagen. Dr. Snyder ist zur Zeit in Frankreich. Er besucht dort einen wichtigen Kongreß.«
»Na schön, warten wir’s ab.« Der Barkeeper verließ die Nische und ging zurück zur Theke. Er beeilte sich, einige Biergläser zu füllen, servierte Parkers Ale und verschwand dann hinter einer Schiebetür.
Parker richtete sich auf eine längere Wartezeit ein. Er wußte nur zu gut, wie vorsichtig Rauschgiftgangster waren. Bevor sie sich mit ihm in Verbindung setzen würden, prüften sie bestimmt alle Angaben.
Der Butler gratulierte sich nachträglich zu seinen intensiven Vorbereitungen. Seine Angaben stimmten bis aufs Haar. Sie hielten allen Nachprüfungen stand. Nun kam es darauf an, daß er interessant genug erschien …
*
»Anruf für Sie.«
Der Barkeeper winkte den Butler zur Theke und deutete auf den Wandapparat. Er schien das Geschäft also schon eingefädelt zu haben. Josuah Parker erhob sich. Würdevoll schritt er durch die Kneipe und langte nach dem Telefonhörer. Er meldete sich mit seinem Namen.
»Sie haben Ware?« fragte eine kalte, unpersönliche Stimme.
»Mit wem habe ich die Ehre zu sprechen?«
»Lassen Sie die Mätzchen, Parker. Haben Sie Ware oder nicht?«
»Ich bin ganz gewiß nicht zu meinem Vergnügen hier.«
»Hoffentlich versuchen Sie keine faulen Tricks, Parker.«
»Sie werden beleidigend.«
»Na gut, ich bin an dem Zeug interessiert. Haben Sie eine Probe bei sich?«
»Eine Probe? Ich nahm mir die Freiheit, die gesamte Ware gleich mitzubringen. Ich möchte nicht in Raten verhandeln und verkaufen.«
»Wieviel Gramm?«
»Genau 580,6 Gramm. Aber nun möchte ich wissen, mit wem ich spreche.«
»Sagten Sie gerade 580 Gramm?«
»Nein, 580,6 Gramm.«
»Spalten Sie keine Haare, Parker. Ich werde das Zeug aufkaufen. Über den Preis werden wir uns schon einigen.«
»Ich will es sehr hoffen. Ich brauche Geld, um den Staub dieser Insel von meinen Schuhen schütteln zu können. Ich brauche das Geld umgehend.«
»In Ordnung, wir werden uns treffen. Sagen wir, in einer Stunde.«
»Und wo, wenn ich fragen darf?«
»Lassen Sie sich vom Barkeeper erklären, wo Sie das Lokal ›The Coin‹ finden können. Erwarten Sie mich dort!«
»Wie werde ich Sie erkennen?«
»Ich werde mich zu Ihnen an den Tisch setzen, Parker.«
»Wissen Sie denn, wie ich aussehe?«
»Natürlich. Ein Mann wie Sie fällt auf! Machen Sie sich sofort auf den Weg! Wir wollen keine Zeit