Sportwissenschaftliche Betrachtungen. Im Spannungsfeld der Kommunikation im Sport und in der Arbeitswelt unter Berücksichtigung leistungsbestimmender Faktoren: Beiträge zur bildungspolitischen Entwicklung unter Berücksichtigung ethnologischer Aspekte
Von Eduard Hubl
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Über dieses E-Book
(Eduard Hubl: 2016).
Eduard Hubl
Eduard Hubl, geboren 1955, ist Diplom-Sportwissenschaftler, Ethnologe (Bachelor of Arts), Diplom-Ingenieur und unterrichtet als Lehrer an einem Gymnasium die Fächer Sport, Architektur, Anatomie und Physiologie des Menschen.
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Buchvorschau
Sportwissenschaftliche Betrachtungen. Im Spannungsfeld der Kommunikation im Sport und in der Arbeitswelt unter Berücksichtigung leistungsbestimmender Faktoren - Eduard Hubl
Quellenverzeichnis
1. Kapitel
Talentforschung
1 Einleitung
1.1 Allgemeines
Gegenwärtig wird in fast allen Staaten der olympischen Großfamilie eine sportartspezifische Talentsichtung mit unterschiedlichen Anforderungen auf der Erwartungsebene praktiziert, um die Talente so früh wie möglich entdecken zu können. Dann werden die gefundenen Talente mit den sportartspezifischen Förderprogrammen unterstützt, um dadurch eine sportartspezifische Talententwicklung langfristig planen zu können. Die Teilnehmer/-innen der Olympischen Spiele werden in einigen Individualsportarten immer jünger und die körperliche und psychische Gesamtbelastung der jüngeren Olympioniken wird dadurch in der persönlichen Entwicklung während der Kindheit und Jugendzeit immer größer. Auch im Erwachsenenalter können im sozialen Bereich Auffälligkeiten im Verhalten und Erleben für andere sichtbar werden.
Nach Ansicht des Autors sollten die Eltern, Trainer, Sportmediziner, aber auch alle anderen Betreuer und Experten – auch die Funktionäre in den Vereinen bzw. auf den unterschiedlichen Organisationsebenen des Sports – das Potenzial der Talente ganzheitlich fördern, damit eine altersgerechte Belastung im körperlichen, psychischen und sozialen Bereich optimiert werden kann. Nach dem Motto „Nicht so viel wie möglich, sondern so viel wie nötig kann ein innovativer Weg das „Ganzheitliche Konzept der sportartübergreifenden Talententwicklung
sein. Das neue ganzheitliche Konzept des Verfassers versucht, die körperlichen und psychischen Überbelastungen in der Kindheits- und Jugendphase der Talente zu minimieren, damit die Talente in ihrer altersgerechten Entwicklung positiv auf der Motivationsebene unterstützt werden.
1.2 Problemstellung
Die sportartspezifische Talentsichtung ist im frühen Kindesalter von 5 bis 8 Jahren nach Auffassung des Autors sehr ungünstig für die Entwicklung der Kinder, denn die Kinder wollen sich durch ihren Spieltrieb miteinander bewegen und nicht ziel- und wettkampforientiert trainieren. Durch dieses frühe Trainieren kann sich durchaus eine gute Leistungsfähigkeit im Kindes- und Jugendalter entwickeln, aber die Gefahr der körperlichen und psychischen Überforderung in den Individualsportarten ist besonders groß und kann im Alter von 12 bis 14 Jahren zur psychischen Katastrophe durch Frustration führen. In den Mannschaftssportarten ist diese psychologische Überforderung seltener zu beobachten.
Die Talententwicklung beschäftigt sich mit der Sichtung, also sucht nach Talenten, hat die Betreuung altersgerecht zu optimieren und kann durch eine zeitnahe Förderung den gemeinsamen Erfolg mit den Talenten langfristig planen und sie situativ unterstützen. In der Talententwicklung ist die psychologische und soziale Ebene in allen Sportarten von sehr großer Bedeutung.
Leider werden in der sportartspezifischen Talentbetreuung die messbaren Leistungen überbewertet und die Talentmerkmale zu wenig berücksichtigt. Ein Talent wird mit seinen genetischen Fähigkeiten und frühkindlichen Prägungen immer das Potenzial zur individuellen Leistungsentwicklung in sich haben, aber fast alle Talente brauchen altersgerechte Motivationsimpulse in mehreren unterschiedlichen Bereichen des Sports, um die Chance der eigenen Disposition mit anderen erkennen zu können. Der eigene Erkenntnisgewinn wirkt positiv auf die körperliche, seelische, psychische Entwicklung aller Menschen und schafft somit eine gute Basis für Leistungssteigerungen im Hochleistungssport.
Eine harmonische altersgerechte Entwicklung kann das „Ganzheitliche Konzept der sportartübergreifenden Talententwicklung" leisten, aber nur dann, wenn vom Zeitablauf der individuellen Leistungsplanung eine spätere Phase der Höchstleistungen gemeinsam angestrebt werden soll. Das beste Lernalter für Bewegungsabläufe ist vor der Pubertät und muss auch im sportartübergreifenden Talententwicklungskonzept berücksichtigt werden. Vor der Pubertät sollten die individuellen Fähigkeiten der Talente mit unterschiedlichen Bewegungsaufgaben konditioniert werden. Es ist sinnvoll, ein mittleres Leistungsniveau anzustreben, um dadurch dem/der Sportler/-in eine zu große Frustration nach der Pubertät zu ersparen. Erfolgsorientierte Menschen wollen viele mittelschwere Aufgaben lösen und erhöhen dadurch ihre eigene Grundmotivation.
2 Forschungsstand und Literaturaussagen
2.1 Der Spieltrieb als Motivationsebene in der Talententwicklung
Röthig et al. (1992: 406) schreiben:
„Der Begriff des Spielens bezeichnet eine besondere, freiwillige Form menschl. Tätigseins und Handelns, die in Wechselbeziehung steht zur jeweiligen Kultur, zum Spielumfeld und seinen ökonom. Bedingungen, im Prinzip unabhängig ist vom Alter, Geschlecht und Rasse und durch Erfahrung modifiziert wird. Spielen wird ausgelöst durch eine intrinsisch/extrinsisch bedingte Reizsituation und bedarf zu seiner Entfaltung einer sicheren und vertrauten Spielwelt."
Nach Stiehler, Konzag und Döbler (1988: 78) müssen immer neue verschiedenartige Spielsituationen in Kooperation mit anderen Spielern angeboten werden, denn die sportliche Spielfähigkeit ist die komplexe Fähigkeit, Wechselbeziehungen der Teilnehmer im sportlichen Wettkampf zu verstehen und die situative Anpassung durch Selbststeuerung im Sozialverhalten zu erleben.
Hecker (1996: 92) schreibt:
„In fast allen ernst zu nehmenden Arbeiten wird festgestellt, daß Sport spielhaft sein soll und daß Sportpädagoginnen und Sportpädagogen dafür zu sorgen haben, daß die bei Kindern feststellbare Freude am sportlichen Spiel in ihrer Weiterentwicklung erhalten bleibt und da, wo sie verloren gegangen ist, wiedergewonnen wird."
Sutton-Smith (1983: 74), der viele Untersuchungen über das Wesen des Spiels durchgeführt hat, hat den Verdacht, dass das Spiel immer mysteriös bleiben wird, weil es in unserer kulturellen Ideologie tief eingewurzelt und wissenschaftlich nur sehr schwer in Griff zu bekommen sei.
Nach Hecker (1996: 107) wird das Leistungsdenken nicht durch das spielhafte Verhalten gestört, sondern es nimmt den tierischen Ernst in der Leistungserbringung, die dann einen besonderen Erlebniswert hat, wenn sie mit spielerischer Leichtigkeit vollbracht wurde.
2.2 Gesundheitserziehung als Grundlage der altersgerechten ganzheitlichen Talentförderung
Nach Hecker (1996: 97) gibt es eine breite Übereinstimmung darin, dass der Schulsport nicht eindeutig auf Gesundheit, Prävention und Rehabilitation ausgerichtet sein kann, denn sonst wäre das Spielhafte in der sportlichen Bewegung im Verschwinden.
Was ist Gesundheit?
Brehm (in Bös/Brehm 1998: 35) schreibt:
„In Wohlbefindens-Modellen wird die psychische Gesundheit als ‚Wohlbefinden‘ interpretiert und im Anschluß an die Differenzierung der Weltgesundheitsorganisation in Faktoren des psychischen, des physischen sowie des sozialen Befindens unterteilt."
Eigene Definition des Autors:
Gesundheit ist eine intrapersonelle, subjektive und nicht eindeutig messbare Wahrnehmung im Spannungsfeld der individuellen Bedürfnisbefriedigung und einer vernünftigen Lebensweise zur Optimierung der körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Veränderungsentwicklung eines Menschen.
Nachfolgende Definitionen a.), b.) und c.) wurden von Prof. Dr. K. Jung in seiner Vorlesung „Stressmanagement als Prävention" im SS 2002 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Fachbereich Sport vorgestellt:
a. Nach Hippokrates: „[…] Gleichgewicht, das aufrechterhalten oder wiedergewonnen werden muß durch die Wechselwirkung der eigenen Kräfte, ein Zustand vollkommener Harmonie […]."
b. Nach der Weltgesundheitsorganisation: „[…] körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden, nicht nur frei sein von Krankheit und Schwäche […]."
c. Nach Affemann: „[…] Fähigkeit, trotz eines gewissen Maßes an Mängeln, Störungen und Schäden leben, arbeiten, genießen und zufrieden sein zu können."
Was ist Bewegungserziehung?
Hecker (1996: 24) schreibt: „Pädagogische Überlegungen führen zu der Feststellung, daß Sport immer so zu betreiben ist, daß er die Gesundheit nicht schädigt."
Nach Balz (in Bös/Brehm 1998: 336) sollen die Schüler durch einen ganzheitlichen Ansatz in der sportlichen Bewegung ihre Körperreaktionen und psychischen Befindlichkeiten, aber auch soziale Zusammenhänge des Bewegungshandelns und zusätzlich ihre Umwelt als gesundheitlich wichtige Bedingung erfahren und begreifen.
Nach Kurz und Tietjens (in Bös/Brehm 1998: 105) ist die Selbsteinschätzung von Kindern über ihre sportliche Leistungsfähigkeit und die Beurteilung einer Sportnote von bedeutender Wichtigkeit für ihren Gesundheitszustand, denn wer sich für weniger talentiert hält, mit einer schlechten Note beurteilt wird, der ist weniger mit sich zufrieden und treibt dadurch weniger Sport.
Nach Krüger (in Bös/Brehm 1998: 80) gibt es im Wettkampf-, Extrem-, Breiten- und Freizeitsport viele Übungen, Intensitäten und Bewegungen, die nicht zur Gesundheitserhaltung beitragen.
Furck (1961: 11) schreibt: „[…] Das pädagogische Ziel des Sports ist nicht der Rekord, […] sondern Entfaltung des Körpers Gesundheit und – als geistiger Gewinn daraus – innere Freiheit."
Berndt (in Bielefelder Sportpädagogen 1998: 190) schreibt:
„Kinder und Jugendliche möchten und müssen sich austoben. Sie suchen im Sport die körperliche Beanspruchung, sie möchten sich nicht nur langsam und kontrolliert bewegen, sondern schnell, explosiv, raumgreifend und mit voller Kraft. Wer Schülerinnen und Schüler gesehen hat, die nach langem Sitzen auf den Schulhof oder in die Sporthalle gerannt kommen, hat Verständnis für ihren Bewegungsdrang."
Was ist Talentsuche?
Röthig et al. (1992: 497) schreiben:
„Als T. werden im Sport alle Maßnahmen bezeichnet, die mit dem Ziel durchgeführt werden, eine hinreichend große Anzahl von Personen (in der Regel Kinder oder Jugendliche) zu finden, die zur Aufnahme eines speziellen Trainings einer Allgemeinen Grundausbildung […] Nachwuchstrainings bereit sind und dafür Talent besitzen."
Was ist Talentauswahl?
Röthig et al. (1992: 495) schreiben:
„Als T. werden im Spitzensport alle Maßnahmen bezeichnet, die dazu dienen, aus einer Gruppe von Trainierenden diejenigen herauszufinden, die zur Weiterführung eines spitzensportorientierten Trainings auf der nächsthöheren Trainingsstufe besonders geeignet sind."
Was versteht man unter Talentprognose?
Röthig et al. (1992: 496) schreiben: „Als T. wird im Spitzensport die begründete Vorhersage des individuellen erreichbaren höchstmöglichen Erfolgs in einer Sportart/Sportdisziplin bezeichnet."
3 Modellbildung zur Optimierung der Talententwicklung
3.1 Konzept der sportartübergreifenden Talententwicklung
Allgemeines
Nach der Talentsichtungsphase werden die gefundenen Talente in altersgerechte Talentfördergruppen eingeteilt. Die Einteilungskriterien werden situativ in Abhängigkeit von der altersgemäßen Entwicklung der Talente und deren Talentfähigkeit festgelegt. Eine optimale Gruppenstärke von 6 bis 10 Kindern sollte angestrebt werden.
Die Talentbetreuung wird sportartübergreifend zweimal pro Woche durchgeführt und die geplante Betreuungsphase soll 24 Monate nicht unterschreiten. Nach 20 Monaten in der Betreuungsphase werden die Veränderungen der Fähigkeiten und auch das Fertigkeitsniveau der Talente in unterschiedlichen Sportarten beurteilt und eine sportgruppenspezifische Empfehlung ausgesprochen. In berechtigten Ausnahmefällen wird eine verlängerte Betreuungsphase durchgeführt, um langfristig eine erfolgreiche Talententwicklung steuern zu können. Alle spielerischen Wettkampfformen sollten unbedingt auch in der Betreuungsphase in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden.
Eine Spezialisierung auf eine Sportart sollte erst ab dem 11./12. Lebensjahr geplant werden, um das Potenzial der Talente optimal und langfristig zu steuern. Ein wettkampforientiertes Leistungstraining in den Individualsportarten sollte erst ab dem 13./14. Lebensjahr erfolgen.
3.2 Zeitliche Planung in der Betreuungsphase
Einführungsphase:
Spielerisches Turnen: 12 Wochen; 24 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Leichtathletik: 6 Wochen; 12 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Spielsportarten: 6 Wochen; 12 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Rückschlagsport: 12 Wochen; 24 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant; mit Schlägern
Ausdauersport: 6 Wochen; 12 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant; mit Spielformen
Schwimmen: 6 Wochen; 12 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Vertiefungsphase:
Turnen: 6 Wochen; 12 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Leichtathletik: 6 Wochen; 12 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Schwimmen: 6 Wochen; 12 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Spielsportarten: 12 Wochen; 24 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Volleyball: 6 Wochen; 12 Betreuungseinheiten pro Gruppe geplant
Basketball: 8 Wochen; 16 Betreuungseinheiten pro Gruppe