Aikido - eine friedvolle Kampfkunst
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Über dieses E-Book
Die auf den Kriegskünsten der Samurai basierenden Verteidigungstechniken ermöglichen, einen Angriff in einer angemessenen Form entgegentreten zu können. Aufgrund der Erkenntnis, dass ein Konflikt nie mit Kampf dauerhaft beseitigt werden kann, und entsprechend der Geisteshaltung des Aikido, dienen die Verteidigungstechniken nicht zur Zerstörung des Angreifers. Vielmehr soll dem Angreifer mit belehrender Strenge die Nutzlosigkeit seines Tun vor Augen geführt werden, um seine ursprüngliche Aggression aufzugeben.
Aikido zeigt daher Wege zur Konfliktvermeidung aber - falls erforderlich - auch zur Konfliktbeseitigung auf.
Sie ist eine Kampfkunst mit besonderen geistigen und erzieherischen Inhalten. Die Prinzipien des Aikido und die friedvolle Geisteshaltung der Kampfkunst sind dazu geeignet, diese auch in die zwischenmenschliche Bereiche des Alltags positiv einfließen zu lassen.
Aikido wird auch erklärt „als ein Weg (Do) zur Harmonisierung (Ai) der kosmischen Kraft (Ki)“.
In diesem Buch wird Aikido in einer verständlichen Form und in einem überschaubaren Umfang vorgestellt. Es soll zum Erlernen dieser besonderen Kampfkunst anregen. Zugleich vermittelt das Buch den Trainerinnen und Trainern das notwendige Fachwissen, um ihren Schülern die zahlreichen Fragen über die technischen und geistigen Inhalte des Aikido zufriedenstellend beantworten zu können.
Der Autor Wolfgang Schwatke betreibt Aikido seit fast 40 Jahren (davon ca. 36 Jahre als Trainer für Kinder/Jugend und Erwachsene) und ist Inhaber des 6. Dan Aikido.
Wolfgang Schwatke
Der Autor lebt mit seiner Familie in München und praktiziert seit über 40 Jahren die Kampfkünste Aikido und Iaido.
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Buchvorschau
Aikido - eine friedvolle Kampfkunst - Wolfgang Schwatke
Inhaltsangabe
Vorwort
Historie
01 Der frühe Ursprung des Aikido
02 Wegfindung (DO) in Japan
DO in den japanischen Kampfkünsten
03 Entstehen der Kampfkunst Aikido
Grundsätzliches
04 Ueshiba Morihei – der Begründer des Aikido
05 Kampfkunst Aikido
06 Kampfkunst - Kampfsport
07 Die Entwicklung des Aikido nach Ueshiba Morihei
Lehren und Lernen der Kampfkunst
08 Training im Aikido
09 Waffenlose Techniken im Aikido
10 Elemente und Prinzipien im Aikido
11 Der Gebrauch von Waffen im Aikido
12 Aiki-no-kata
13 Hanmi-Hantachi
14 Kaeshi - Renzuko
15 Morote-waza
16 Jiyu-waza
Noch Wissenswertes
17 Gürtelprüfungen
18 Etikette in der Kampfkunst Aikido
19 Meister/Schüler-Beziehung
20 Friedvolle Verteidigung
Ethik der Verteidigung
21 Wie wirksam ist Aikido eigentlich?
22 Warum Aikido erlernen?
Form der Verteidigung
Sportliche Betätigung
Persönliche Ausstrahlung
Abbau von Berührungsängsten
Körperliches Empfinden
Beharrlichkeit, Verlässlichkeit, Disziplin
Nachwort
Quellennachweis
Biografie des Autors
Collage von Julian Fahrenholz / Serie: Aikido - Titel: Aikido-Wurf / 2014
(www.julianfahrenholz.de)
Vorwort
Über die Kampfkunst Aikido wurden schon zahlreiche Artikel und Bücher verfasst, so dass erfahrungsgemäß ein weiteres Buch keine neuen Erkenntnisse über die Historie des Aikido birgt.
Auch die Basisbewegungen, die traditionellen Angriffsformen und Technikfolgen haben sich seit der Entstehung der Kampfkunst nicht so wesentlich verändert, dass diesbezüglich neue schriftliche Betrachtungen zwangsläufig erforderlich wären.
Dieses Buch soll Grundkenntnisse über die Kampfkunst insbesondere den Aikidoka vermitteln, die in ihren Dojo eine Tätigkeit als Trainer beginnen, aber natürlich auch den fortgeschrittenen Aikidoka, die mehr über ihrer Kampfkunst erfahren wollen. Nachdem die Schüler von ihren Lehrern fundierte Antworten auf ihre unterschiedlichen Fragen zu den Techniken und der Lehre des Aikido erwarten, sollten ihre Lehrer über ein hinreichendes Grundwissen verfügen, um sich die notwendige Anerkennung und Akzeptanz zu sichern.
In diesem Buch werden zahlreiche Themen zur Entwicklung der Kampfkunst Aikido und ihren Platz in der Welt des Budo angesprochen, ebenso die geistigen und technischen Inhalte des Aikido. Bewusst habe ich mich bei den einzelnen Betrachtungen kurz gehalten, um den Charakter eines „Handbuches" zu bewahren, das für eine ausreichende Beantwortung auftretender Fragen ausreicht. So wurden auch Themen aufgenommen, die nicht regelmäßig im Training angesprochen werden aber dennoch interessant genug sind, um die Geisteshaltung des Aikido dadurch besser verstehen zu können.
Falls jedoch der Fragesteller noch tiefer in die Materie zu den einzelnen Themen eintauchen möchte, stehen hierzu zahlreiche weitere Quellen (z.B. Internet) zur Verfügung.
Ein weiterer Aspekt dieses kleine Buch zu schreiben war, Entwicklungen anzusprechen und zu bewerten, mit denen man sich - nach meiner Einschätzung - von den geistigen Inhalten der Kampfkunst Aikido bewusst oder unbewusst entfernt.
So habe ich hierzu teilweise meine Betrachtungen in Form von persönlichen Anmerkungen zu den jeweiligen Themen dargelegt, um fortgeschrittene Aikidoka zumindest zum Nachdenken anzuregen und zur eigenständigen Bewertung zu animieren.
Natürlich soll das Buch auch Außenstehende aufzeigen, was sich hinter Aikido verbirgt und wie umfangreich, reichhaltig und wertvoll sich ein Erlernen dieser Kampfkunst darstellt. Es ist zu wünschen, dass sich nach dem Studium des Buches nicht wenige Leser und Leserinnen dazu animiert fühlen, Aikido zu erlernen.
Ich habe mich bemüht, die Kapitel so zu verfassen, dass diese – dem Charakter eines Handbuches entsprechend - für sich alleine stehen und das Nachschlagen erleichtern.
Deshalb waren in Einzelfällen wiederholende Aussagen unvermeidlich.
In der Hoffnung, dass dieses Handbuch von den Lesern und Leserinnen so angenommen wird wie von mir gedacht, wünsche ich viel Erfolg beim Umsetzen der dargelegten Denkanstöße im Training.
München, September 2016
Wolfgang Schwatke
6. Dan Aikido
Anmerkung:
Entsprechend der japanischen Schreibweise werden nachfolgend bei der Nennung japanischer Namen der Familienname vor den Vornamen gestellt.
Die in diesem Buch verwendeten Bezeichnungen wie „Meister / Lehrer / Trainer / Schüler" sind selbstverständlich geschlechtsneutral zu verstehen.
01 Der frühe Ursprung des Aikido
Die Wurzeln des Aikido reichen bis zu den japanischen Kriegern des 9. Jahrhundert n. Chr. zurück, als diese sich an unterschiedlichen Waffen übten und diese körperlichen und technischen Fertigkeiten in ihren kriegerischen Auseinandersetzungen einsetzten. In den nachfolgenden Jahren und in der Blütezeit der Samurai entstanden in Japan zahlreiche Kampfschulen mit eigenen spezifischen Kampfstilen, die nur an die Krieger ihrer Kampfschulen vermittelt wurden. Diese geheim gehaltenen Techniken durften insbesondere nicht an Personen weitergegeben werden, die einer anderen in Konkurrenz stehenden Kampfschule angehörten.
Einige Kampfschulen und -stile erreichten teilweise legendären Ruhm und behaupteten sich über Jahrhunderte. Die damaligen Kampfstile beinhalteten verschiedene Formen des Waffenkampfs wie z.B. Schwertkampf, Lanzenkampf, Bogenschießen.
Diese Kampfstile beinhalteten aber auch Taijutsu, die waffenlose Form der Verteidigung.
Obwohl der Gebrauch der verschiedenen Waffen eine vorherrschende Rolle spielte, war das Üben des Taijutsu und die Fähigkeit sich auch ohne Waffen zur Wehr setzen zu können für die Krieger von großer Wichtigkeit. So wenn z.B. die Waffen während eines Kampfes stark beschädigt bzw. zerstört wurden oder bei engen räumlichen Verhältnissen, die einen Einsatz bestimmter Waffen verhinderten.
Ebenso, wenn Krieger vor den Betreten bestimmter Räumlichkeiten der Fürstenhöfe ihre Waffen ablegen mussten, was besonders problematisch war, wenn es sich hier um fremde oder mitunter um verfeindete Fürstenhöfe handelte.
Den höfischen Riten entsprechend durfte der erhöht sitzender Fürst von seinen Untergebenen und Gästen körperlich nicht überragt werden, so dass diese sich in den öffentlichen Empfangsräumen o.ä. nur kniend bewegen bzw. sitzen durften. Um sich auch in dieser Situation vor Überraschungsangriffen schützen zu können, war die unbewaffnete Verteidigung aus dem Kniestand von besonderer Bedeutung, um schnell in eine aufrechte Standposition zu gelangen.
Einer dieser Kampfstile wurde über Jahrhunderte unter der Bezeichnung Daito ryu Jujutsu weitergegeben; meist innerhalb der Familie Takeda und hier zuletzt von Takeda Sokaku (1860-1943). Anfang des 20. Jahrhunderts änderte sich die Bezeichnung in Daito ryu Aikijujutsu.
Der Begründer des Aikido, Ueshiba Morihei, studierte bereits in frühen Jahren Tenji Shinyo ryu Jujutsu sowie Goto Ha Yagyu ryu Jujutsu. In den späteren Jahren erlernte er Aikijujutsu und war zeitweise ein unmittelbarer und somit enger Schüler von Takeda Sokaku, bei dem er die Position Kyoyu Dairi erreichte, die ihm eine hohe Kenntnis im Aikijujutsu bescheinigte.
Auf der Grundlage der waffenlosen Verteidigungstechniken des Aikijujutsu und seiner sehr früh erlernten anderen Jujutsu-Formen entwickelte Ueshiba Morihei (1883-1969) seine Kampfkunst. Nach verschiedenen Änderungen der Bezeichnungen (Aikibujutsu, Aikibudo) nannte er letztlich seinen Stil Aikido.
Takeda *
* Japanisches Samurai-Familienwappen
02 Wegfindung (Do) in Japan
Um die Geisteshaltung des Aikido und den Grund für eine Entwicklung und Schaffung dieser Kampfkunst zu verstehen, ist es hilfreich, sich zuvor - zumindest kurz - mit den traditionellen Künsten in Japan zu befassen.
Seit dem 6. Jahrhundert gehört es zur japanischen Kultur bestimmte Tätigkeiten des Alltags durch rituelles Handeln zu einer Besonderheit aufzuwerten. Etwa ab dem 12. Jahrhundert beeinflusste außerdem der Zen-Buddhismus - neben dem Konfuzianismus und dem Schintoismus - dieses tägliche Handeln in Japan zunehmend.
Im Zen sollen sich die Übenden anhand von praktischen Übungen in kniender und ruhender Position (Zazen) in einen Zustand der „meditativen Versenkung selbstlos und absichtslos auf einen Weg (DO) begeben, um zur Erleuchtung (Satori) zu kommen und somit zur „universellen Einheit
zu gelangen.
Da diesen Zustand nur wenige Übende jemals erreichen können, ist nicht dieses Ziel (Erreichen des Satori) von wesentlicher Bedeutung sondern das tägliche Üben. Hierfür sinnbildlich ist das bekannte Zitat „ Der Weg ist das Ziel".
Das intensive Üben soll den Fortgeschrittenen ermöglichen, gewollt in einen Zustand der geistigen Leere zu gelangen. Erst der Zustand der geistigen Leere ermöglicht ihnen die geistige Klarheit, um einer „universellen Einheit" näher zu kommen.
Vor diesem Hintergrund wandelten sich die alltäglichen aber bereits ritualisierten Handlungen zu meditativen Kunstformen mit dem Ziel der Wegfindung (DO). Um diese Besonderheit auch nach außen sichtbar zu machen, erfolgte eine Aufnahme der Silbe DO in deren Bezeichnungen.
Diese Kunstformen können naturgemäß nicht in einer ruhenden Position erledigt werden, sondern die Ausführenden müssen dabei aktiv und „handwerklich tätig sein. Deshalb bezeichnet man diese Handlungen mitunter als eine „dynamische Form der Meditation
.
So entstanden schon frühzeitig Kunstformen, die bis in unsere heutige Zeit bekannt und nicht nur in Japan von Bedeutung sind, wie z.B.
Kado – Weg des Blumensteckens
Sado – Weg der Teezubereitung
Shodo – Weg des Schreibens
Auch bei diesen alten Kunstformen stand bzw. steht nicht das ausschließliche Herstellen eines makellosen Endprodukts (Ziel) sondern die unmittelbare, formale und sich immer wiederholende Tätigkeit der Ausübenden im Vordergrund. Unter ständigem Üben lernen sie Körper und Geist auf die augenblickliche Handlungen zu fokussieren. Mit dem Ziel, Körper und Geist in einen harmonischen Einklang zu bringen, um auf diesem Weg (DO) zur „universellen Einheit" zu gelangen.
Frühzeitig erkennen die Ausübenden, dass es nur