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Madame Lefevres verruchtes Verlangen
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eBook314 Seiten4 Stunden

Madame Lefevres verruchtes Verlangen

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Über dieses E-Book

Niemand wird mir je wieder meine Freiheit rauben! Das hat Elodie Lefevre sich geschworen, als sie dem Gesetz entkam. Seitdem lebt sie unentdeckt in Wien - bis Will Ransleigh sie aufspürt. Der attraktive Gentleman zwingt sie, mit ihm nach London zu gehen. Dort soll sie für seinen Cousin aussagen und sich damit der Gefahr aussetzen, verurteilt zu werden. Wenn Will nur nicht so faszinierend wäre … Elodie fasst einen sündigen Plan: In den Armen ihres verwegenen Entführers will sie noch einmal die Leidenschaft spüren, bevor sie im Morgengrauen erneut die Flucht ergreift!

SpracheDeutsch
HerausgeberCORA Verlag
Erscheinungsdatum18. Nov. 2014
ISBN9783733762292
Madame Lefevres verruchtes Verlangen
Autor

Julia Justiss

Julia Justiss wuchs in der Nähe der in der Kolonialzeit gegründeten Stadt Annapolis im US-Bundesstaat Maryland auf. Das geschichtliche Flair und die Nähe des Meeres waren verantwortlich für zwei ihrer lebenslangen Leidenschaften: Seeleute und Geschichte! Bereits im Alter von zwölf Jahren zeigte sie interessierten Touristen das historische Annapolis, das für kurze Zeit sogar die Hauptstadt der sich von der Kolonialmacht England abspaltenden Vereinigten Staaten war. Verheiratet ist sie mit einem Offizier zur See, den sie auf einer der anderen Attraktionen von Annapolis kennengelernt hat: der Marineakademie. Mit ihm verbrachte sie viel Zeit in Tunesien und Europa. Bevor sie Tunesien, wo sie für die amerikanische Botschaft gearbeitete hatte, verließ erfüllte sie sich einen Traum: einen Regency-Roman zu vollenden. Seitdem hat sie 14 weitere Romane 3 Erzählungen und eine online-Serie veröffentlicht. Mit Preisen für ihre Werke wie dem Golden Quill, National Readers Choice, Romantic Times und All About Romance’s Favorite Book of the Year, wird sie nur so überschüttet. Zur Entspannung sieht Julia sich gern Spielfilme an oder arbeitet im Garten ihres wunderschönen, im englischen Stil erbauten Hauses im östlichen Texas.

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    Buchvorschau

    Madame Lefevres verruchtes Verlangen - Julia Justiss

    IMPRESSUM

    HISTORICAL MYLADY erscheint in der Harlequin Enterprises GmbH

    © 2013 by Janet Justiss

    Originaltitel: „The Rake To Redeem Her"

    erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

    Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

    © Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL MYLADY

    Band 556 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg

    Übersetzung: Maria Fuks

    Abbildungen: Harlequin Books S.A., 1000 Words / Shutterstock, alle Rechte vorbehalten

    Veröffentlicht im ePub Format in 11/2014 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

    E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

    ISBN 9783733762292

    Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

    Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

    BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, MYSTERY, TIFFANY

    Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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    1. KAPITEL

    Barton Abbey, Frühling 1816

    Ich wette, ich finde diese Hexe." Will Ransleigh machte kein Hehl daraus, dass er vor Wut über die Frau kochte, die die Karriere seines Cousins Max zerstört hatte.

    „Zunächst einmal: willkommen daheim in England, gab Alastair Ransleigh zurück. Er reichte seinem Vetter ein Glas Brandy, wies einladend auf einen bequemen Lehnstuhl und prostete Will zu. „Ich denke gar nicht daran, mich auf eine Wette mit dir einzulassen. Schließlich ist bekannt, dass ‚Will, das Wettwunder‘ nur wettet, wenn er sicher ist, dass er gewinnt. Dennoch frage ich mich, warum du davon überzeugt bist, sie aufspüren zu können, obwohl Max das trotz all seiner offiziellen Kontakte nicht gelungen ist.

    „Ich habe nie besonders viel von den Offiziellen gehalten, gab Will verächtlich zurück. „Sie hätten mich nach Australien in die Strafkolonie deportiert, wenn sie mich erwischt hätten, als ich für mich und meine halbverhungerten Kumpane ein paar Brote stahl.

    „Hm … Seitdem hast du dich sehr verändert. Deshalb vergesse ich manchmal, dass du eigentlich für den Galgen bestimmt warst", meinte Alastair lachend. „Aber wo, um Himmels willen, willst du nach Madame Lefevre suchen, wenn du dich nicht an die Offiziellen wenden willst? Sie ist die Cousine von Thierry St Arnaud, der während des Wiener Kongresses zu Fürst Talleyrands Mitarbeitern gehörte, nun jedoch offenbar verschwunden ist. In Wien hat sie seinen Haushalt geführt und die Rolle der Gastgeberin übernommen. Die beiden entstammen einer alten und hoch angesehenen Familie, auch wenn er, wie sich herausgestellt hat, ein Anhänger Napoleons war."

    „Das mag ja alles richtig sein. Aber du weißt selbst, dass es die Bedientesten sind, die wirklich wissen, was vorgeht. Ich werde mich bei ihnen nach Madame Lefevre erkundigen, bei den Zimmermädchen und Zofen, den Kammerdienern, Köchen und Pferdeknechten, bei den Hotelangestellten ebenso wie bei all jenen, die in der Wiener Hofburg arbeiten oder in irgendwelchen Gasthäusern."

    „Hm … Lächelnd schüttelte Alastair den Kopf. „Als ich Max auf dem Gestüt seiner Gattin besucht habe, beteuerte er, dass er sehr zufrieden mit seinem Leben sei. Er behauptete sogar, Pferde zu trainieren, sei der Arbeit im diplomatischen Dienst sehr ähnlich. Man müsse eher überzeugen als befehlen. Besonders schön sei, dass Pferde im Gegensatz zu Menschen nicht lügen und dass sie niemals nachtragend sind, weil ihr Gedächtnis so kurz ist.

    „Typisch Max! Der geborene Diplomat, der nie wirklich offen seine Meinung sagt! Dabei wissen wir – du, Dom und ich – genau, dass er schon als junger Mann dazu ausersehen war, einer der besten Politiker Englands zu werden. Premierminister womöglich! Würde er es, wenn er die Wahl hätte, wirklich vorziehen, Pferde zu trainieren, statt eine politische Laufbahn einzuschlagen? Das glaube ich nicht."

    „Anfangs war ich ebenfalls misstrauisch, gab Alastair zu. „Max, der sich immer nur für Frauen interessiert hat, die sowohl umwerfend schön als auch weltgewandt waren, sollte glücklich verheiratet sein mit einer Landpomeranze, die London und das gesellschaftliche Leben dort verabscheut? Aber dann stellte ich fest, dass auch ich Caro sehr mag. Sie reitet besser als ich – was ich ganz und gar nicht gern eingestehe. Und sie züchtet auf ihrem Gestüt in Kent hervorragende Pferde. Sie hat mich wirklich beeindruckt, obwohl ich im Allgemeinen keine hohe Meinung vom sogenannten schöneren Geschlecht habe. Bei diesen Worten huschte ein düsterer Ausdruck über sein Gesicht.

    Er hat die Enttäuschung immer noch nicht überwunden, dachte Will und wünschte – wie schon so oft – die junge Dame zum Teufel, die ihr Heiratsversprechen und damit auch Alastairs Herz gebrochen hatte.

    Diese Erinnerung fachte aufs Neue seinen Zorn auf jene Französin an, die ebenfalls einen der Ransleigh Rogues unglücklich gemacht hatte.

    Ransleigh Rogues, die draufgängerischen Ransleighs, so nannten sich die vier Cousins schon, seit sie gemeinsam in Eton gewesen waren.

    „Die Vorstellung, Max könnte in eine Verschwörung gegen Wellington verwickelt sein, ist einfach absurd!, stellte Will fest. „Man sollte meinen, dass spätestens sein Einsatz bei Waterloo diesem dummen Gerücht ein Ende bereitet hätte.

    Alastair seufzte. „Die Wahrheit ist, dass jener Anschlag auf Wellington die Franzosen ebenso beschämt hat wie uns Engländer. Uns, weil wir das Komplott nicht rechtzeitig entdeckt haben. Und sie, weil sie als Verbündete mit uns verhandelten. Niemand möchte sich jetzt noch mit dieser Geschichte beschäftigen, da doch Napoleon endlich sicher auf St. Helena festgesetzt ist und Frieden herrscht."

    „Hätte Max’ Vater nicht irgendetwas unternehmen können? Er verfügt immerhin über beachtlichen Einfluss im House of Lords."

    „Der Earl of Swynford hat es vorgezogen, Max nicht zu unterstützen, weil das seine politische Stellung hätte schwächen können. Er selbst sprach von einem Fehltritt seines Sohnes."

    „Er hat ihn also im Stich gelassen! Dieser Schuft! Will fügte noch einen Fluch aus jener Zeit hinzu, die er als Straßenjunge in Seven Dials, einem der schlimmsten Viertel Londons, verbracht hatte. „Nun, das Verhalten passt zu unserem lieben Onkel. Hat er nicht immer seinen politischen Ehrgeiz über die Bedürfnisse der Familie gestellt? Manchmal bin ich froh, unehelich geboren zu sein.

    Alastair schüttelte den Kopf. „Unsinn! Dann fügte er bitter hinzu: „Diejenigen, die dieses Attentat in Wien geplant haben, waren nicht dumm. Sie müssen gewusst haben, dass Max einer Dame in Not unter allen Umständen zu Hilfe kommen würde.

    „Es lässt sich nicht leugnen, dass er immer ein Herz für die Armen und Unterdrückten hatte", stimmte Will ihm zu. „Das beste Beispiel dafür ist die Art, wie er mich behandelt hat. Ich bin es ihm schuldig, ihm zu helfen. Wir müssen Madame Lefevre irgendwie nach England bringen. Sie selbst soll den Mitarbeitern im Außenministerium erklären, wie sie Max dazu gebracht hat, zu spät zu dem Treffen mit Wellington zu kommen. Der Plan war ja wohl, dass Wellington sich dem Attentäter allein gegenübersehen sollte. Madame Lefevres Geschichte würde Max bestimmt von jedem Verdacht freisprechen. Schließlich würde jeder echte Gentleman sich verpflichtet fühlen, die dringende Bitte einer Dame zu erfüllen. Ich nehme an, Max hat, als er vor einiger Zeit noch einmal in Wien war, auch von St Arnaud keine Spur gefunden?"

    „Es heißt, St Arnaud sei nach Amerika ausgewandert. Möglicherweise hat Madame Lefevre ihn begleitet. Wenn du dich wirklich auf die Suche machen willst, musst du mit großen Schwierigkeiten rechnen – auch deshalb, weil das alles mehr als ein Jahr zurückliegt."

    Will zuckte die Schultern. „Ein Attentat auf den Mann, der ganz Europa erfolgreich in den Kampf gegen Napoleon geführt hat – das vergessen die Menschen nicht so schnell!"

    Alastair öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Und schloss ihn gleich wieder.

    „Was ist?", drängte Will.

    „Reg dich nicht auf, wenn ich dich das jetzt frage: Kannst du dir diese Nachforschungen überhaupt leisten? Die Summe, die du erhalten hast, als du aus der Armee ausgeschieden bist, wird nicht lange reichen. Vielleicht solltest du dich nach einer Stellung umschauen, statt aufs europäische Festland zurückzukehren. Oder hat der Earl etwa …"

    Mit einer Handbewegung brachte Will seinen Cousin zum Schweigen. „Nein, das hat der Earl nicht. Du glaubst doch nicht wirklich, er würde mich finanziell unterstützen, Alastair?"

    „Nun, nachdem es dir gelungen war, dir aus eigener Kraft ein Offizierspatent zu kaufen, hat er dir immerhin das Versprechen gegeben, dir einen angemessenen Lebensstil zu ermöglichen, sofern du dich im Krieg bewährst."

    „Ja, aber nur, weil er annahm, ich würde entweder fallen oder unehrenhaft entlassen werden. Ganz bestimmt werde ich ihn nicht aufsuchen, um ihn unterwürfig an sein Versprechen zu erinnern", versicherte Will.

    „Was also willst du tun?"

    „Du meinst, in Bezug auf meine Zukunft? Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Doch ehe ich mich entscheide, werde ich dafür sorgen, dass Max rehabilitiert wird. Ich habe genug Geld, um die Suche zu finanzieren und, wenn nötig, auch einige Bestechungsgelder zu zahlen."

    „Gut, ich begleite dich, Will. Du weißt doch: Die Ransleigh Rogues halten zusammen."

    „Ich habe es nicht vergessen, aber ich werde dich dennoch nicht mitnehmen. Nein, widersprich mir nicht! Wenn ich einen guten Kämpfer brauchte, der mich in der Schlacht unterstützt, dann könnte ich mir niemanden vorstellen, den ich lieber an meiner Seite hätte als dich. Für dieses Vorhaben hingegen … Amüsiert musterte er seinen Cousin von Kopf bis Fuß. „Deine Sprache, deine Haltung, dein ganzes Auftreten … Alles verrät, dass du reich, gebildet und der Neffe eines Earls bist. Du könntest gar nicht verhindern, dass man dich bemerkt. Ich muss jedoch möglichst unauffällig vorgehen, wenn ich Erfolg haben will, Alastair.

    „Du bist selbst der Neffe eines Earls."

    „Schon möglich. Doch da mein Vater meine Mutter im Stich ließ, als sie schwanger war, bin ich in Seven Dials aufgewachsen. In diesem Stadtteil lernt man das Überleben auf die harte Tour. Ich weiß, wie Räuber, Diebe und Mörder denken und handeln."

    „Du wirst es mit österreichischen Räubern, Dieben und Mördern zu tun haben. Und du sprichst kaum Deutsch", wandte Alastair ein.

    Will zuckte die Schultern. „Du würdest über meine Talente staunen. Nach Waterloo hatte unser Vaterland interessantere Aufgaben für mich, als nur über Dom zu wachen, der verwundet im Lazarett lag."

    „Wie geht es ihm? Alastair machte sich große Sorgen um den vierten der Ransleigh Rogues. „Hat er sich von allem … erholt?

    Leider erinnerte Will sich nur zu deutlich an den verzweifelten Ausdruck in Doms gesundem Auge. Dandy Dominick hatte man den jungen Mann genannt, ehe er in den Krieg zog. In seinem Regiment hatte er alle anderen beim Reiten, Schießen und auch beim Verführen der Frauen in den Schatten gestellt. Dann war er verwundet worden. Jetzt war sein Gesicht von Narben entstellt, und er hatte ein Auge und einen Arm verloren. Er würde lange brauchen, um sich damit abzufinden.

    „Ich habe ihn sicher nach England zurückgebracht, erklärte Will. „Mehr konnte ich nicht für ihn tun. Es geht ihm nicht gut. Aber er befahl mir zu verschwinden. Er brauche jetzt kein Kindermädchen mehr. Es spricht also alles dafür, dass ich nach Wien gehe.

    Alastair runzelte die Stirn. „Die Vorstellung, dass du dich allein auf die Suche nach Madame Lefevre machst, gefällt mir nicht. Max erwähnte, dass man ihm dringend geraten hat, die Angelegenheit ruhen zu lassen. Wie gesagt, keine der offiziellen Stellen wird dich unterstützen. Womöglich bringst du dich sogar in Gefahr."

    „In Gefahr? Will sprang auf und begann, im Raum auf und ab zu gehen. „Erinnerst du dich an den ersten Sommer, den wir gemeinsam in Swynford Court verbracht haben? Abrupt blieb er stehen und schaute seinen Cousin an. „Der Anwalt, der mich in Seven Dials aufgetrieben hatte, übergab mich dem Earl, der tatsächlich davon überzeugt war, in mir den Sohn seines Bruders gefunden zu haben. Also ließ er mich nach Swynford Court bringen und gab dir, Dom und Max den Auftrag, etwas aus mir zu machen. Ich war so unausstehlich, dass es schwer für euch gewesen sein muss, mich zu mögen."

    „Allerdings! Alastair lachte. „Du warst dreckig, aggressiv und mürrisch. Außerdem hast du alle, die sich um dich kümmern wollten, mit Flüchen überschüttet.

    „Nach zwei Wochen wolltest du – genau wie Dom – mich am liebsten im See ertränken. Max hingegen war entschlossen, nicht aufzugeben. Eines Nachts fand er mich in den Stallungen und stellte mich zur Rede. Ich habe wirklich jeden miesen Trick angewandt, den ich kannte. Aber es gelang ihm trotzdem, mich zu überwinden. Dann erklärte er mir in aller Ruhe, mein Verhalten müsse sich ändern. Er sagte mir, ich sei sein Cousin und er vertraue darauf, dass ich lernen würde, mich wie ein Ransleigh zu benehmen. Ich gab mir alle Mühe, ihn zu entmutigen. Doch er hielt durch. Manchmal zwang er mich, Dinge zu tun, die ich verabscheute. Manchmal überredete er mich einfach. Er war unglaublich hartnäckig."

    „Das ist er heute noch", stellte Alastair fest.

    „Allerdings … Jedenfalls gelang es ihm schließlich, mich davon zu überzeugen, dass es bessere Ziele im Leben gab, als ein geschickter und gefürchteter Bandenführer zu werden. Max wusste, dass der Earl mich hinauswerfen würde, wenn ich mich bis zum Ende des Sommers nicht geändert hätte."

    Will wandte sich zum Fenster und starrte hinaus. Doch was er sah, waren nicht die Felder und Weiden, die Alastairs Landsitz Barton Abbey umgaben, sondern die engen schmutzigen Gassen des Londoner Elendsviertels, in dem er aufgewachsen war. „Wenn ich zurück nach Seven Dials gemusst hätte, wäre ich jetzt wahrscheinlich tot. Ich verdanke Max mein Leben. Und ihm verdanke ich auch, dass ich in euch die besten Freunde gefunden habe, die ein Mann sich wünschen kann. Deshalb schwöre ich bei meiner Ehre, dass ich erst ruhen werde, wenn ich seinen guten Ruf wiederhergestellt habe. Ich will, dass er sein Leben so einrichten kann, wie er es wünscht. Jeder von uns weiß, dass es seine Bestimmung ist, ein großer Politiker oder Diplomat zu werden."

    Nachdem Alastair ihn eine Weile nachdenklich gemustert hatte, nickte er. „Ich verstehe dich. Deshalb will ich nicht länger mit dir streiten. Aber lass mich wissen, wenn ich irgendwas für dich tun kann. Wenn ihr – Max, Dom und du – euch mir nicht angeschlossen hättet, als ich in die Armee eintrat, dann wäre auch ich inzwischen wahrscheinlich tot. Nachdem Di … Er unterbrach sich, ehe er den verhassten Namen aussprechen konnte. Dann setzte er erneut an. „Damals lag mir nicht viel am Leben.

    Daran hat sich bis heute nicht viel geändert, dachte Will bekümmert. Und laut sagte er: „Wenn ich mit Madame Lefevre nach England komme, werde ich vielleicht Hilfe im Umgang mit den offiziellen Stellen brauchen."

    „Sie wird dich nicht freiwillig nach London begleiten. Da sie von dem geplanten Attentat wusste, wartet eine Gefängnisstrafe oder sogar der Galgen auf sie."

    „Ich kann, wenn nötig, sehr … überzeugend sein."

    „Schon möglich! Alastair lachte. „Wann willst du aufbrechen?

    „Morgen."

    „Das kommt gar nicht in Frage! Du bist doch gerade erst angekommen. Meine Mutter möchte bestimmt, dass du ein paar Tage bleibst. Und Max wird enttäuscht sein, wenn du ihn nicht besuchst."

    „Deine Mutter gibt sich immer große Mühe, mich nett zu behandeln. Aber eigentlich wird es ihr ganz recht sein, wenn ich rasch wieder abreise. Max wiederum würde nur versuchen, mich von meinem Plan abzubringen. Besser, ich gebe ihm gar keine Gelegenheit dazu. Wenn er nach mir fragt, sag einfach, das Kriegsministerium habe auf dem Festland noch genug Aufgaben für mich. Im Übrigen liegt dieser Vorfall in Wien wirklich schon ziemlich lange zurück. Ich sollte mit den Leuten reden, solange sie sich noch an das erinnern, was ich wissen will, Alastair."

    „Es wäre gut, wenn du mich schriftlich auf dem Laufenden halten könntest. Vielleicht muss ich dir ja doch irgendwann zu Hilfe kommen."

    „Heute Abend brauche ich nur jemanden, der seinen Brandy mit mir teilt. Du bist doch hoffentlich nicht geizig?"

    Sogleich griff Alastair nach der Flasche und füllte die Gläser. „Auf die Ransleigh Rogues!"

    „Darauf trinken wir!" Will hob sein Glas und stieß mit seinem Cousin an.

    2. KAPITEL

    Wien, sechs Wochen später

    Elodie Lefevre rückte ihren Stuhl in die Nachmittagssonne, deren Strahlen durch die geöffnete Fenstertür ihres Zimmers im ersten Stock fielen. Tief atmete sie den betörenden Duft des Flieders und der weißen Lilien ein, die sie im letzten Jahr unten in dem kleinen Garten gepflanzt hatte.

    Versonnen lächelnd griff sie wieder nach ihrer Stickarbeit, zögerte dann jedoch einen Moment. Sie wollte die Ruhe und die Schönheit dieses Moments in ihre Seele eindringen lassen, um sich gegen die Angst zu wappnen, die sie nicht loslassen wollte.

    Gegen Abend würde sie die Stickerei fertiggestellt haben, mit der man sie beauftragt hatte. Clara würde zum Abendessen kommen, ihr den Lohn für die beendete Arbeit übergeben und neue Aufträge mitbringen.

    Ich habe überlebt, dachte Elodie, überlebt, obwohl alles dagegen sprach. Nun galt es, vernünftig zu sein. Zwar wollte sie so rasch wie möglich nach Paris zurückkehren, konnte Wien jedoch noch nicht verlassen. Sie musste Geld verdienen und genug zusammensparen, um sich auf die Suche nach Philippe machen zu können. Gegen Ende des Jahres würde sie die dafür notwendige Summe wohl beisammen haben.

    Eine heftige Sehnsucht überkam sie, als sie sich das Bild ihres geliebten Philippe vor Augen rief. Die schwarzen Locken, die ihm in die Stirn fielen; die dunklen klugen Augen, die so voller Neugier in die Welt blickten; die Energie, die aus jeder seiner Bewegungen sprach. Ob er noch in Paris war? Ob er sich sehr verändert hatte in den vielen Monaten, die vergangen waren, seit sie sich von ihm hatte trennen müssen?

    Würde er sie überhaupt erkennen?

    Sie war dünner geworden in der langen Zeit, die ihre Genesung erfordert hatte. Aber von den Verletzungen, die man ihr zugefügt hatte, sah man kaum etwas. Ihre blauen Augen leuchteten nicht mehr so wie früher, und ihre Haarfarbe hatte sich ein wenig verändert. Ein paar silberne Fäden – vom Kummer verursacht –? ließen es heller wirken.

    Plötzlich zog ein leises Rascheln draußen auf dem Balkon ihre Aufmerksamkeit auf sich. Hatte ein Windstoß die Blätter des Efeus bewegt? Sie rührte sich nicht, richtete lediglich den Blick auf die Scheibe der Fenstertür. Dann sah sie es.

    Elodie hielt den Atem an und wandte den Kopf kaum merklich zur Seite. Jetzt konnte sie erkennen, dass jemand auf dem Balkon war. Ein Mann, der sich an die Wand drückte und sie beobachtete. Zwischen dem Efeu, der sich die Mauer hinauf rankte, sah sie nur sein dunkelblondes Haar und seine Augen. Wenn sie das Rascheln der Blätter nicht gehört hätte, hätte sie ihn nicht bemerkt.

    Er schien groß zu sein, und gewiss war er sehr geschickt. Sonst hätte er nicht beinahe lautlos auf den Balkon klettern können. Ob er kräftig gebaut oder schlank und drahtig war, konnte sie nicht erkennen. Auch entdeckte sie keinen Hinweis darauf, ob er bewaffnet war. Doch selbst wenn sie gewusst hätte, welche Waffen er bei sich trug, hätte ihr das nicht viel genützt. Denn sie selbst hatte nichts als die kleine Stickschere, um sich zu verteidigen. Zwar besaß sie eine Pistole, doch die lag im Schrank. Und das scharfe Messer befand sich in der Schublade des kleinen Nachttisches im Schlafzimmer.

    Sekunden vergingen, und nichts geschah. Elodie wagte es, wieder zu atmen. Im hellen Sonnenlicht konnte der Mann zweifellos deutlich erkennen, dass sie allein war. Hätte er sie umbringen wollen, hätte er das wohl längst getan.

    Was, um Himmels willen, wollte er von ihr? Er gehörte wohl nicht zu den Männern, die sie überwachten, seit sie die kleine Wohnung bezogen hatte. Die warteten immer an der Ecke, bis sie das Haus verließ, und folgten ihr dann in einigem Abstand. Angegriffen hatte sie niemand mehr, seit jenem weit zurückliegenden Tag. Gewiss war sie nicht wichtig genug, um für irgendwen von größerer Bedeutung zu sein – vor allem, seit Napoleons Verbannung nach St. Helena den Träumen der Bonapartisten ein Ende gesetzt hatte.

    Elodie hielt ihren Blick nach wie vor auf das spiegelnde Fensterglas gerichtet. Inzwischen war sie sich jetzt ziemlich sicher, dass der Fremde ihr nichts antun wollte. Dennoch waren ihre Nerven bis aufs Äußerste angespannt. Als ihr Zorn über den heimlichen Beobachter wuchs, beschloss sie, ihn anzusprechen.

    „Monsieur, da Sie mich offenbar nicht erschießen wollen, können Sie genauso gut hereinkommen und mir verraten, was Sie vorhaben."

    Seine Augen weiteten sich vor Überraschung. Dann trat er durch die geöffnete Balkontür ins Zimmer und verbeugte sich vor ihr. „Madame Lefevre?"

    Er strahlte so viel männliche Kraft aus, dass ihr der Atem stockte. Dann, als er sich aufrichtete, staunte sie über seine Größe. Wenn er sie doch angreifen wollte, standen ihre Chancen extrem schlecht.

    Ein Engländer, dachte sie. Denn nur die Engländer traten mit dieser unglaublichen Selbstsicherheit auf, die daher rührte, dass sie sich für die Herren der Welt hielten. Er überragte sie um mehr als einen Kopf. Dabei war er sehr schlank. Seine Schultern und Arme müssen allerdings viel kräftiger sein, als man auf den ersten Blick annehmen würde, überlegte Elodie. Sonst hätte er nicht auf den Balkon klettern können.

    Er war unauffällig gekleidet. Ein bequem geschnittener Gehrock, eine einfache Hose und feste Schuhe. Sein Gesicht allerdings musste die Aufmerksamkeit jeder Frau auf sich ziehen: ein kräftiges Kinn, eine leicht gebogene Nase, ein sinnlicher Mund und Augen, deren Farbe an das Meer im Sonnenlicht erinnerte.

    Sie war so fasziniert, dass sie einen Moment lang die Gefahr vergaß, in der sie schwebte.

    Er lächelte, als er bemerkte, wie eingehend sie ihn musterte.

    Vielleicht hätte sie sich geschämt, wenn da nicht dieses Gefühl eines Déjà-vu gewesen wäre. „Kennen wir uns?", fragte sie, ihr Gedächtnis anstrengend.

    Sein Lächeln erlosch, und in seine Augen trat ein kalter Ausdruck. „Nein, Madame. Wir sind uns noch nie begegnet. Allerdings kennen Sie einen meiner Verwandten."

    Max Ransleigh! Plötzlich sah sie ihn deutlich vor sich. Er war etwa genauso groß, hatte ein ähnlich geschnittenes Gesicht und trat ebenso selbstsicher auf. Seine Freundlichkeit und Güte hatten ihr Herz berührt. Und wenn sie daran dachte, was sie ihm angetan hatte, schämte sie sich noch heute.

    Ja, der Fremde war Max überaus ähnlich, auch wenn Haare und Augen eine andere Farbe hatten. „Sie sind Max Ransleighs Bruder?"

    „Sein Cousin. Will Ransleigh."

    „Ich hoffe, es geht ihm gut. Es tut mir wirklich leid, dass ich ihm einen so schlechten Dienst erwiesen habe. Ich würde es sehr bedauern, wenn er wegen dieses Vorfalls Probleme bekommen hätte."

    „Leider muss ich Ihnen mitteilen, Madame, dass dieser Vorfall seine Karriere vollkommen ruiniert hat. Als Verwandte eines Diplomaten sollten Sie eigentlich wissen, was es für einen Mann bedeutet, wenn derjenige, für dessen Sicherheit er verantwortlich ist, beinahe einem Attentat zum Opfer fällt. Max verlor nicht nur seine Stellung, sondern hätte sich wahrscheinlich auch vor Gericht verantworten müssen, wenn er nicht in der Schlacht bei Waterloo bewiesen hätte, wie sehr er sein Vaterland liebt."

    „Ich habe gehört, dass die verfeindeten Armeen bei Waterloo ein schreckliches Blutbad angerichtet haben."

    „Das stimmt. Doch selbst sein Einsatz dort

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