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Mancinis Mitternachtssonne: Kieler Kommissarin fährt auf Frauen ab
Mancinis Mitternachtssonne: Kieler Kommissarin fährt auf Frauen ab
Mancinis Mitternachtssonne: Kieler Kommissarin fährt auf Frauen ab
eBook273 Seiten3 Stunden

Mancinis Mitternachtssonne: Kieler Kommissarin fährt auf Frauen ab

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Über dieses E-Book

Bei einem nächtlichen Wildunfall gerät die junge Arzthelferin Daniela Klinger in den Strudel polizeilicher Ermittlungen. Zur gleichen Zeit ist die schottische Ermittlerin Mairead Scott in Kiel eingetroffen und unterstützt Cornelia Mancini bei einem mysteriösen Mordfall. Ein britischer Soldat soll seine Geliebte getötet haben.
Die Ermittlertruppe um Cornelia Mancini stößt bei ihrer Recherche auf schockierende Geheimnisse einer Kieler Ärztin. Nur allmählich lichten sich die Nebel. Dabei gerät die unbedarfte Klinger als Zeugin tiefer in den Sog der Ermittlung, denn ihr hängt ein längst vergessener Prozess nach.
Cornelia Mancini erliegt mehr und mehr dem Charme der heißen Detektivin von Scotland Yard und erträumt sich ein Abenteuer mit ihr. Erst spät erkennt sie, dass die entzückende Schottin mit den reizenden Knopfaugen nicht vor Manipulationen zurückschreckt, um dafür länger in Kiel ihren sinnlichen Vergnügungen nachzugehen.
In letzter Sekunde wird Cornelia bewusst, dass ihre junge Zeugin Klinger nicht nur in heftigen Schlamassel geraten ist, sondern in höchster Gefahr schwebt. Gelingt den Ermittlern doch noch im letzten Augenblick die Rettung oder ist für Klinger die Uhr abgelaufen?
Dies ist der zweite Fall der Kieler Kommissarin, der ihr Kopfzerbrechen und Herzrasen bereitet. Weitere werden folgen.
SpracheDeutsch
HerausgeberXinXii
Erscheinungsdatum12. Nov. 2019
ISBN9783966331975
Mancinis Mitternachtssonne: Kieler Kommissarin fährt auf Frauen ab

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    Buchvorschau

    Mancinis Mitternachtssonne - Julyanna B. Hagen

    Hagen

    Freitag, 28. Oktober 1994

    Conny folgte dem grauen Citroën, der mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Nacht eilte. Das Außenthermometer zeigte minus ein Grad an. Der Schnee bedeckte den schwarzen Asphalt.

    Durch die Umleitung hatte sie Zeit verloren und sie zweifelte, ob sie es überhaupt vor neun Uhr schaffte, bei Dotti vorzufahren.

    In einer knappen halben Stunde konnte sie bei ihr auf dem Sofa die Beine ausstrecken und sie würde bei einer heißen Tasse Tee zuhören, wie Dotti den Tag verbracht hatte. Conny seufzte bei der Aussicht auf Entspannung. Um sich abzulenken, wählte sie im Autoradio einen Sender mit Pop-Musik. Tina Turner rockte den Manta. Bei dem fetzigen Rhythmus wippte Conny selbstvergessen mit.

    Urplötzlich verschwanden die Rückleuchten des vorausfahrenden Citroëns. Bin ich zu langsam? Conny riss die Augen auf, bremste automatisch und folgte der Reifenspur des Vordermannes. War der Wagen von der Straße abgekommen? Nein! Abblendlicht, etwa fünfzig Meter aus dem Nichts kommend, durchschnitt die weiße Wand. Plötzlich schoss der Citroën auf der anderen Straßenseite an ihr vorbei. Die Bremslichter tauchten im Rückspiegel auf. Handbremse, Warnblinklicht und ein flüchtiger Blick zum Citroën. Das Wageninnenlicht schimmerte.

    Conny hielt an. Der Reifenabdruck zog sich schlingernd über die andere Fahrbahnseite.

    Ein Motorrad, das ihr zunächst lange gefolgt war, hatte aufgeholt und manövrierte um ihren Manta herum und brauste dann eilig davon.

    Aber was lag rechts im Scheinwerferkegel? „Bin ich über Blut gefahren?"

    Bevor sie zusammen hatte, was passiert war, überdeckte der Schnee die Spuren. Sie kurbelte hektisch die Scheibe runter. Auf der linken Straßenseite lief der andere Fahrer über die Straße. Conny zog aus dem Handschuhfach die Taschenlampe. Im letzten Augenblick sah sie, wie die Person hinter ihrem Manta in den Graben hinuntersprang. Conny rannte los. Lag da jemand verletzt im Straßengraben? Sie richtete den Lichtschein auf eine schreiende Frau, die neben einem Reh kniete.

    „Ich hab es kaputt gemacht! Schauen Sie mal!" Die junge Frau reckte ihren Arm in die Luft, um Conny zu sich zu winken.

    „Kann ich helfen?", rief Conny. Sie sprang mit zwei großen Schritten tiefer die Böschung runter. Der Lichtkegel erhellte das wimmernde Reh. Das linke Vorderbein war in Höhe des Knies abgesplittert und der Brustbereich sah scheußlich aus. Das Fell war vom Bauch bis zum Rippenbereich abgerissen. Die junge Frau schaute hilflos zu ihr hoch und streichelte dabei das weiche Fell am Hals des tödlich verletzten Rehs. Das Fiepen und die leisen Klagelaute des sterbenden Tieres drangen durch und durch.

    Conny unterdrückte ihren Würgereiz. „Da kann man nicht mehr helfen. Wir können es dem armen Tier nur leichter machen!" Sie schaute auf die zitternde Hand der Frau. Offenbar hatte sie beim Zusammenstoß einen Schock erlitten. Conny half ihr beim Aufstehen und führte sie über die verschneite Straße zum Citroën. Der Wagen hatte mächtig einen mitbekommen. Im Chrommantel des rechten Scheinwerfers klebte abgerissenes Tierfell.

    Die junge Fahrerin schaltete das Warnblinklicht an. Sie warteten und ließen die vorbeifahrenden Autos passieren.

    „Was für ein Scheißtag!"

    „Manchmal hat man echt Pech." Conny wollte keinesfalls die Frau allein weiterfahren lassen. Sie führte sie zu ihrem Manta und setzte sie auf den Beifahrersitz des Wagens ab.

    „Nach dem Jagdgesetz besteht eine Meldepflicht bei Zusammenstößen zwischen Kraftfahrzeugen und Wild." Conny warf die Tür zu und lief zum Graben. Der Schnee hatte mittlerweile das Reh bedeckt. Die wenige Atemluft des Tieres stieg hoch. Conny hatte gehofft, dass es schnell verstarb. Sie leuchtete über den zerschundenen Körper, während sich ihre Augen mit Tränen füllten.

    Sie legte die Taschenlampe ab und richtete den Lichtkegel auf den Kopf des Rehs. Sie schaute sich um, ob ihr bloß nicht die Unfallverursacherin in die Quere kam, dann zog sie ihre Pistole und drückte ab.

    „Wissen Sie eigentlich, wo wir hier sind?, fragte die junge Frau, als Conny sich hinter das Steuer setzte. „Sie haben es erschossen! Tragen sie eine Waffe?

    Conny lehnte sich in den Fahrersitz zurück und schaute die Fremde an. „Wie heißen Sie überhaupt?" Sie unterdrückte den Impuls, die Wageninnenbeleuchtung einzuschalten, um sie richtig anzuschauen.

    „Sind Sie Polizistin?"

    „Ja!"

    „Dann ist das jetzt gelaufen. Sie werden mich anzeigen?"

    „Ich habe eigentlich andere Pläne. Obwohl, fügte Conny mild lächelnd an, „Sie sind für diese Witterungsverhältnisse zu schnell gefahren. Dafür, dass Sie jung sind und vielleicht noch nicht die bestgeübteste Fahrerin. Wo kommen Sie überhaupt her?, wechselte sie das Thema.

    „Von Lübeck. Ich will nach Kiel, mein jetziges Zuhause!"

    „Dann haben wir ja etwas gemeinsam. Ich hab das ja vorhin schon erwähnt, dass man Jagdunfälle melden muss. Außerdem wollen Sie doch den Wagen wieder instand setzen. Ihre Versicherung übernimmt den Schaden, wenn Sie es anzeigen!"

    „Er gehört meiner Freundin … Wir haben uns gestritten!"

    Conny nickte verständnisvoll und rieb sich ihr Ohrläppchen. War diese hübsche Fahrerin vielleicht auch eine von der Sorte …?

    „Ich heiße Daniela Klinger! Ich sehe selber, dass ich zu schnell gefahren bin. Was passiert denn jetzt?"

    „Wir machen das mal so, Frau Klinger: Sie legen mir ihren Führerschein und die Fahrzeugpapiere vor und dann gebe ich die Sachen weiter. Dann sind Sie diese Arbeit schon mal los. Ihre Freundin wird eher nicht begeistert sein, wenn sie den Schaden am CX berappen muss. Citroën hat heftige Preise."

    „Ich weiß!", meinte die junge Fahrerin. Sie wühlte in ihrer Jackentasche, um ihre Dokumente hervorzuholen. Ein Passfoto einer anderen Person fiel zu Boden. Conny schaute auf die zittrigen Finger. Als Daniela Klinger sich vorbeugte, um es aufzuheben, war klar, das war ein Schnappschuss ihrer Geliebten. Allein schon, wie sie das Foto berührte und es dann sorgsam wegsteckte. Conny schaute die junge Dame von der Seite an. Zu den braunen Haaren stachen jetzt knallrote Ohren hervor.

    Allmählich kroch die winterliche Kälte durch Connys Jacke.

    Sie klappte interessiert den Führerschein auf und schaute auf das Geburtsdatum. Der braune 23-jährige Krauskopf hatte erst im Sommer die Führerscheinprüfung bestanden. Kein Mensch konnte in so kurzer Zeit wirkliche Fahrpraxis erwerben.

    „Wissen Sie, begann Conny ruhig, „Sie scheinen emotional wenig ausgeglichen. Sie sind unangemessen schnell über die Landstraße gefahren. Sie haben eine Vollbremsung mit getretener Kupplung durchgeführt … Haben Sie bemerkt, dass Ihr Wagen jetzt in der entgegengesetzten Richtung steht? Sie müssten hier erst wenden, wenn Sie nach Kiel, also zu sich nach Hause wollen. Wäre es nicht besser, wenn Sie nach Lübeck zu Ihrer Freundin zurückfahren? Was meinen Sie?

    „Vielleicht!"

    „Warum so mehrdeutig und unpräzise? Ich schaue auf ein langes Berufsleben zurück, so viele Jahre sind Sie noch nicht am Leben. Bei den wirklich horrormäßigsten Unfällen war Liebeskummer im Spiel. Mit einem Kleinwagen bei circa 95 km/h würde man Sie wahrscheinlich neben dem Reh liegend finden!"

    „Es war so ein Scheißtag. Ja, und das arme Reh ist tot. Wegen mir. Wegen Liebeskummer! Wissen Sie … ach, ich weiß auch nicht …!"

    „Was macht denn Ihre Freundin überhaupt, also beruflich?"

    „Sie ist Heizungsmonteur! Sie arbeitet im Betrieb ihres Vaters und ist oft auf Montage."

    „Das ist ja der Hammer. Wusste ich gar nicht, dass das auch Frauen können. Dann ist sie ja viel unterwegs. Und Sie, was machen Sie?"

    Daniela Klinger schniefte in ein Taschentuch. „Ich bin Arzthelferin, aber das macht mir keinen Spaß. Eigentlich wollte ich zur Feuerwehr, aber das dürfen Frauen nicht!" Das klang deprimiert.

    Conny betrachtete sie von der Seite. Die junge Frau war schlank und eher zart gebaut. Körperlich wäre sie kaum in der Lage, den Knochenjob zu machen.

    „Das stelle ich mir schwierig vor … bei den Arbeitsbelastungen. Das Atemgerät wiegt ja schon 30 Kilo, hinzu kommen die eigene, schwere Ausrüstung und der Atemschutz für die zu rettende Person. Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie das so locker wuchten können. Außerdem, wenn eine Frau später Kinder bekommen möchte, … dieses Thema halt."

    Blödeste Materie für eine Lesbe: Kinderkriegen, wie auch immer sie produziert wurden. Überhaupt keine Fragestellung in dieser verschneiten Nacht. Conny seufzte.

    „Sollen wir mal schauen, ob Sie mit dem Wagen noch fahren können? Technisch, ob noch alles ok ist? Am Montagmorgen kommen Sie einfach in mein Büro. Ich besorge das Formular von der Jagdbehörde. Die Beseitigung des Kadavers wird Ihnen dann nicht auch noch in Rechnung gestellt."

    Conny erklärte ihr, dass sie sich als Unfallverursacherin allerdings etwas tummeln müsste, da es sonst als Fahrerflucht eingestuft würde. Daniela Klinger nickte. Conny zückte ihre Visitenkarte und dann stiegen sie aus.

    Mit ihrer Taschenlampe leuchtete Conny über die Straße.

    „Ich wende nicht, meinte Daniela und setzte sich ans Steuer. „Ich fahre echt jetzt zu ihr und sehe, wie sie diesen Schnitzer aufnimmt.

    Conny winkte ihr nach. Na, meinte sie zu sich selbst, hoffentlich klappt das dann auch. Es war kurz vor Mitternacht. Sie würde morgens mit dem Ordnungsamt oder der Jagdbehörde telefonieren. Am Samstag? Sie seufzte.

    Als sie an Dottis Wohnhaus vorbeifuhr, war kein Lichtschein zu sehen. Sie würde sicher schon schlafen. Conny bog an der Ampelkreuzung ab, um in ihr eigenes Bett zu kommen.

    Sonntag, 30.10.1994, früher Abend

    Conny rekelte sich aus ihren Träumen und blinzelte gegen die milde Novembersonne. Der Kopf sank wieder tief in das Kissen und sie schloss die Augen. Ob ich schon bei meiner Dienststelle vorbeischaue? Sie betastete ihren warmen Bauch. Sie war nackt. Konfus schaute sie zur Zimmerdecke. Sie schlief nie ohne Schlafanzug. Vorsichtig hob sie die Bettdecke an und starrte auf das blonde Haar neben sich.

    Wo bin ich? Liege ich an Detective Chief Inspector Scotts Seite? Connys Blicke folgten den Konturen der schottischen Polizistin. Mairaed, die Ermittlerin beim Scotland Yard, war sie nach Kiel gekommen, um die deutschen Behörden zu unterstützen? Die Bettdecke war von Maireads Schultern gerutscht. Conny starrte abwechselnd auf die weiße Haut und dann wieder in das runde, freundliche Gesicht ihrer bezaubernden Eroberung.

    Sie beobachtete das Pulsieren der Halsschlagader. Die winzigen Beben unter der Haut waren gleichbleibend abgeflacht. Über den Schultern zog sich beidseitig ein fast weißer Streifen. Trägt sie beim Schwimmen einen Bikini, oder war es die Zeichnung der dünnen Trägerhemden? Conny zuckte es in der Hand, sie zu berühren.

    Mairead rekelte sich und blieb dann auf der Seite liegen. Sie hob die Bettdecke an und strich sich über ihr Gesicht. Für einen Moment öffnete sie die braunen Knopfaugen, bis die Lider herunterfielen.

    Was haben wir gemacht? Wie nahe sind wir uns gekommen? Hatten wir Sex?

    Connys harter Puls hämmerte unter dem Schädeldach. Sie blickte orientierungslos durch ihr Schlafzimmer, nur allmählich erwachte ihre Erinnerung.

    Gestern war die schottische Ermittlerin auf dem Flughafen in Hamburg gelandet. Sie arbeiteten gemeinsam an einen Fall. Conny hob noch mal den Kopf an. Sie lagen beide in ihrem Schlafzimmer. Sie versuchte, sich zu erinnern, tastete dabei mit geschlossenen Augen nach dem Wecker. Mit den Fingerspitzen berührte sie einen kalten, metallenen Gegenstand, der scheppernd zu Boden fiel. Sie stützte sich ab, um nachzuschauen, bekam aber den Kopf nicht hoch. „Ach egal!"

    Sie rieb sich die Augen. Müde sackte ihr Arm auf das Kissen und ihr fiel das Denken schwer. Der tote Falklandveteran und seine deutsche Lebensgefährtin hingen auf einer Rutsche im Freibad. Noch im Tod hielt er sie eng umschlungen fest. Dann war er weg. Ihre Methode war Alkohol und Schlaftabletten. Conny bekam die Bilder nicht übereinander.

    Wieso haben wir nur eine Leiche, wenn der Zeuge vorher zwei gesehen hat?

    Ach ja, rief eine Stimme. Bob Taylor ist abgehauen. „Das hatte ich schon wieder vergessen!"

    Mairead, die schottische Kriminalbeamtin rekelte sich. „Was meinst du? Oder hast du nur geträumt?" Sie blinzelte. Eine Haarsträhne fiel in ihr Gesicht. Für einen Moment schaute Conny in die braunen Augen, dann tauchte Mairead wieder ab.

    Conny seufzte und rieb sich die Stirn. Lag hinter ihr ein Abenteuer mit Mairead, oder hatten sie zu viel getrunken? Was war in der Nacht geschehen? Conny richtete sich auf und ließ ihren Blick durch das Zimmer schweifen. Maireads Höschen lag auf dem Boden, der BH hing an der Türklinke. Conny hielt den Atem an. Was haben wir angestellt?

    Auf ihrem Nachttisch standen zwei Whiskygläser, eine leere Karaffe Wasser und drei zerquetschte Dosen Red Bull. Die vierte hatte sie vorhin versehentlich zu Boden gestoßen.

    War ich das? Mensch, sie sollte verschwinden und ich muss klar in der Birne werden. Conny schluckte. Sie legte die Bettdecke über die Oberschenkel, stieg vorsichtig aus dem Bett und eierte zur Toilette. Ihr blieb fast das Herz stehen, als sie an der Küche vorbeikam. Sie rieb sich das Gesicht und die Augen. „Nein!", stöhnte sie verzagt.

    Teller stapelten sich in der Spüle und auf dem Küchentisch standen Gläser, Bierflaschen und zwei überquellende Aschenbecher und zerquetschte Zitronen. Dieses Gelage fand bei mir statt? Ich befinde mich in meiner Wohnung?! Conny wurde übel. Sie stolperte zur Balkontür und stellte sich draußen barfuß auf die kalten Steine. „Die müssen ja endlos gequarzt haben. Ich habe eine Räucherbude."

    Auf wackeligen Beinen gelangte sie ins Bad und taumelte anschließend ins Schlafzimmer. Sie kuschelte sich an ihre schottische Ermittlerin und plötzlich blitzten ihre Erinnerungen auf. Maireads Bruder und zwei seiner Kumpels kamen vormittags zu Besuch. Sie waren in Paderborn bei den Panzerpionieren stationiert und feierten mit der Schwester eine Willkommensparty.

    Ausgerechnet in meiner Wohnung. Sie hatten stundenlang nur gelacht. Jetzt schmerzte es. Es war eine feucht-fröhliche Stimmung. Während die Soldaten später wieder zurück in ihre Kaserne mussten, blieb Mairead bei Conny. Ich brauche drei Tage, um wieder klar Schiff zu bekommen!

    Für was um Himmels willen brauchten wir die Zitronen? Conny strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Augen kreisten in der Dunkelheit umher.

    Mairead schnarchte leise.

    „Conny, rief eine dumpfe Stimme, „mach die Augen zu und denk etwas Schönes! – „Ja, soll ich das machen?" nuschelte sie selbst die Worte in das Kissen. Sie tauchte in ihre Traumwelt ab.

    Etwas später in der Nacht rekelte sich Mairead. „Ich könnte mich glatt in dich verlieben", flüsterte sie.

    Conny erhob ihren Kopf und malte mit dem Zeigefinger ein Kreuz auf Maireads Brust. „Deine Maria Stuart, die romantische Königin, findet das sicher doof, wenn du mit einer Deutschen rummachst!"

    „Nein, absolut nicht. Sie war eine weltoffene Herrscherin, außerdem, Mairead zuckte die Achseln, „sie war katholisch, wie ich, da kannst du sündigen, später alles beichten und du kommst trotzdem in den Himmel!

    „Ach, staunte Conny, „so schön ist das bei euch! Dann wird es Zeit, dass ich konvertiere.

    Maireads Hand umschlang Connys Taille. „Wir können zunächst mal schauen, ob es auf Erden einen Himmel gibt!"

    „Und wie geht das?"

    Mairead strich über Connys Hüfte und massierte die weiche Haut. Conny ging es durch und durch.

    Mairead gefiel es, ihre neue Eroberung in den Armen zu halten. „Ob erwachsene Menschen ihr Dasein mit Zuwendung bereichern sollten, ist keine Streitfrage, sondern eine Notwendigkeit."

    Conny kniff die Augen zusammen und stutzte. Sie verstand den Satz erst, nachdem sie ihn gedanklich noch mal aufsagte. „Sag mal, Mairead, wo lernt die Schottin so gut Deutsch? Ich könnte mir ja echt etwas von dir aneignen. Jung, schön und schlau. Eine schottische Venus."

    „Na ja, 31 Jahre! Du, Conny, bist die Frau mit Erfahrung. Vielleicht kann ich von einer echten Perle etwas Glanz abbekommen."

    Sie kicherten.

    Mairead rollte sich aus dem Bett und schlurfte ins Bad, während Conny sich auf den Rücken legte. Sie hatte die Hände unter dem Kopf verschränkt und schaute in die Dämmerung. Das Licht im Fensterglas glänzte hell und verwandelte die Fläche in einen glitzernden Eispalast. Blaue, feenhafte Gestalten wirbelten umher und in schweren Gläsern schwappte der Whiskey bis an den Rand. Wie am Fließband zogen die runden Gefäße ihre Bahn über das Eis. Um das Karussell zu stoppen, schnappte Conny danach, aber ihre Hand klatschte auf die harte Bettkante. Erschrocken vom stechenden Schmerz zog sie beide Hände vor ihr Gesicht. Ist mir übel? Was habe ich denn nur angestellt?

    Mairead sprang ins Bett und zog sich die Decke bis unters Kinn. „Ist es bei dir immer kalt?"

    Conny drehte sich zu ihr auf die Seite und schüttelte den Kopf. „Nein, was meinst du denn?" Automatisch schloss sie die Augen und fragte sich, ob sie mit Alkohol vergiftet worden war, denn Mairead war keine Benommenheit anzumerken.

    „Du hast eine moderne Wohnung. Das ist echt schön. Es gefällt mir. Hast du keine Heizung?"

    „Doch!" Conny überlegte, ob Mairead es als Aufforderung sagte, um sich an sie zu schmiegen? Nein! Meine neue Eroberung ist präzise und bringt es auf den Nenner.

    Mit geschlossenen Augen riss Conny die Bettdecke beiseite und sprang auf, um nachzusehen. Sie zog sich ihr Sweatshirt vom Vortag über und im Flur spürte sie die Eiseskälte. Vorsichtig hielt sie sich mit einer Hand an er Türklinke fest. Mittags hatte sie die Balkontür zum Lüften geöffnet, aber nicht wieder verschlossen. Die gesamte Wohnung war in den paar Stunden durchgekühlt.

    „Ich dachte, echte Schottinnen frieren nicht!" Conny legte sich wieder zu ihr. Sie spürte, wie sich Maireads warme Haut sträubte, als sie mit einer Hand über den Rücken strich.

    „Das liebe ich ja! Ich bin britische Staatsbürgerin und deswegen leider verweichlicht. Mairead fasste Connys Hand und führte sie an ihre Seite. „Ich könnte dir auch etwas Kaltes auf deinen Bauch legen. Mairead drehte sich zu Conny und schmiegte sich an sie.

    „Du bist attraktiv, flüsterte sie. „Ich fange an, mich in dich zu verlieben!

    „Ähm, stotterte Conny rum, „sollten wir nicht vorsichtig sein! Steht meine Beziehung auf dem Spiel? Sie lächelte und biss sich auf die Lippe. Dann kniff sie die Augen zusammen. Energielos sackten ihre Schultern herunter. Mit Dotti wäre es doch aus, wenn sie sie mit dieser entzückenden schottischen Polizistin im Bett erwischte.

    Conny schaute Mairead fragend an und wunderte sich, wieso sie ihr den Alkoholkonsum nicht anmerkte.

    „Du bist nachdenklich, flüsterte Mairead. Sie ruckelte Conny an den Schultern. „Ich bin in einer Schafsfarmerfamilie aufgewachsen. Nachts hörst du nur den Wind, wenn er über die Gräser streicht, oder wenn die Schafe lammen. In der Nähe von Stirling, nördlich von Edinburgh bin ich aufgewachsen. Ich war oft am Meer! Als Kind merkst du ja nicht, in welcher Einöde du lebst.

    „Jetzt denkst du, Kiel ist die große Welt? Oder was meinst du?"

    Mairead sprang auf und hantierte plötzlich am Radio herum. Sie wählte einen Sender mit Popmusik.

    „Aha, deine Coolness! Willst du tanzen?", meinte Conny spöttisch.

    „Ich war mal mit meiner Schulklasse auf Island", begann Mairead. „Nachts kannst du die Sonne sehen! Sie geht nicht unter.

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