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Fräulein Söderbaum und die vertauschte Russin: Historischer Roman
Fräulein Söderbaum und die vertauschte Russin: Historischer Roman
Fräulein Söderbaum und die vertauschte Russin: Historischer Roman
eBook221 Seiten2 Stunden

Fräulein Söderbaum und die vertauschte Russin: Historischer Roman

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Über dieses E-Book

Bad Ems 1863.
Klara arbeitet weiterhin als Gouvernante für die Bankiersfamilie Rotherbruch, aber die Bedingungen werden immer schwieriger. Ihre Herrin ist launisch und der neue Hauslehrer schikaniert sie. Ein mysteriöser Zettel bringt sie auf die Spur der Intrige um eine russische Fürstin, die in Bad Ems weilt.
Eine Täuschung, die ursprünglich erdacht wurde, damit alle Beteiligten ihr Gesicht wahren können, wird von einem
falschen Haushofmeister für ein groß angelegtes Verbrechen ausgenutzt. Klara entdeckt, dass auch der Betrüger, der einst den Tod ihres Vaters und den Ruin ihrer Familie verschuldete, in den Fall verwickelt ist. Als es an ihr liegt, das Vermögen einer Freundin zu retten, zögert sie nicht lange und riskiert dabei Anstellung und Leben.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum3. Apr. 2019
ISBN9783749458318
Fräulein Söderbaum und die vertauschte Russin: Historischer Roman
Autor

Kristina Ruprecht

Kristina Ruprecht studierte Germanistik und Politikwissenschaft in Stuttgart und arbeitete als PR-Texterin und freie Journalistin in den Bereichen Wirtschaft und IT. Seit ihrem Umzug in die Nähe von Bad Ems widmet sie sich verstärkt dem Schreiben von historischen Romanen. Fräulein Söderbaum und die unzuverlässigen Geister ist der abschließende Teil einer Trilogie um eine Gouvernante im Bad Ems des 19. Jahrhunderts. Bereits erschienen: Fräulein Söderbaum und der allzu liebenswürdige Bräutigam Fräulein Söderbaum und die vertauschte Russin Weitere historische Romane: Sauerwasser und Jungfernpalme Franziska, der Schatz des Doktors und die preußische Marine

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    Buchvorschau

    Fräulein Söderbaum und die vertauschte Russin - Kristina Ruprecht

    Nachwort

    Wie ungeschickt von mir! Entschuldigen Sie bitte!" Klara Söderbaum sah dem Zettel hinterher.

    Sie hatte ihn hinuntergefegt, als sie nach einem der Modemagazine griff, die auf dem Ladentisch auslagen.

    Pas du tout!" Die Schneiderin gab ihrem Lehrmädchen einen kurzen Wink und das magere Ding kroch auf dem Fußboden herum, um das Stück Papier aufzuheben.

    „Dieses Feuille fliegt schon seit Tagen in meinem Atelier herum und macht nichts als Durcheinander." Hoheitsvoll streckte sie die Hand aus. Das Lehrmädchen rappelte sich auf und reichte ihr den Zettel. Klara konnte sehen, dass er mit einer kurzen Notiz in kyrillischer Schrift bekritzelt war.

    Die Schneiderin hatte ihren neugierigen Blick bemerkt. „Ich möchte das Papier der Fürstin Dobrinskaja gerne unter vier Augen zurückgeben. Sie lächelte geziert. „Wer weiß schon, was darauf steht?

    „Wie ist es denn hierhergekommen?" Die Frage war Klara einfach herausgerutscht, obwohl sie sich geschworen hatte, ihre Unterhaltungen mit der Schneiderin auf das Allernotwendigste zu beschränken. Zu oft hatte sie sich in der Vergangenheit über diese Frau mit ihrem schlechten Geschmack und dem französischen Akzent – der einfach nicht echt sein konnte – geärgert.

    „Nun, wie schon gesagt", die Nähkünstlerin strich zärtlich den Zettel mit den unverständlichen Schriftzeichen glatt. „Unsere Fürstin Dobrinskaja lässt gerade bei mir ein Morgenkleid anfertigen, tout simple, gestreifte Seide in Elfenbein, Rosenfarben und Tannengrün. Zu ihrem blassen Teint und den honigbraunen Augen sieht das allerliebst aus …"

    Klara bereute bereits ihre Frage. Es war vorauszusehen gewesen, dass diese Frau jede Gelegenheit ergreifen würde, mit ihrer glanzvollen Kundschaft zu prahlen. Die junge Fürstin war schon seit Tagen eines der Hauptgesprächsthemen unter den Kurgästen in Bad Ems.

    Mit einem sehnsüchtigen Blick streifte Klara das zierliche Sofa, das an einer Seitenwand des Raumes stand – unter den eingerahmten Dankesschreiben von begeisterten Kundinnen. Bei näherer Betrachtung stellte man fest, dass sich die Handschrift und die verwendete Tinte dieser Episteln erstaunlich glichen und dass die Unterschrift in allen Fällen überraschend unleserlich war. Dennoch hätte sich Klara jetzt gerne auf das Sitzmöbel zurückgezogen, in der neuesten Ausgabe des Moniteur de la Mode aus Paris geblättert und in aller Ruhe auf Frau Rotherbruch und Theodora gewartet.

    Die Schneiderin sah die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörerin schwinden und räusperte sich. „Als mein Lehrmädchen das Kleid der Fürstin nach der letzten Anprobe zusammenlegte, fiel dieser Zettel heraus. Leider war die Dame zu diesem Zeitpunkt schon gegangen. Deshalb hebe ich ihn auf, bis sie wiederkommt. Sie strich sich ein nicht vorhandenes Fädchen von der aufwendig gearbeiteten Manschette ihres Kleiderärmels. „Ich weiß schließlich, welche Diskretion ich meinen Kundinnen schuldig bin. Nachdrücklich platzierte sie ein Maßband auf dem Briefchen, das sie wieder auf die Ladentheke gelegt hatte.

    Klara begnügte sich damit, die Augenbrauen hochzuziehen. Die Schneiderin war jedoch in bester Plauderlaune und ließ sich von der sparsamen Reaktion ihrer Zuhörerin nicht entmutigen. Sie zwinkerte ihr vertraulich zu. „Möglicherweise ist es ein Lettre d’amour, der nicht für die Augen von Außenstehenden bestimmt ist."

    „Wie kommen Sie denn darauf? Ich habe gehört, die Fürstin sei so gut wie verheiratet." Klara beschimpfte sich im Stillen dafür, dass sie schon wieder auf diese Klatschgeschichten reagiert hatte. Warum konnte sich die Bankiersgattin nicht beeilen? Ihre Herrin hatte sie vorausgeschickt, weil sie auf der Promenade noch eine Freundin getroffen hatte, mit der sie sich unbedingt unterhalten musste. Die Gouvernante ihrer Tochter störte dabei nur. Also hatte sie Klara angewiesen, im Schneideratelier auf sie zu warten.

    Die Schneiderin wiegte den Kopf. „Das sagt man. Aber ich habe noch nichts davon gehört, dass sie irgendwo ein Hochzeitskleid bestellt hätte – und glauben Sie mir, das hätte sich herumgesprochen!"

    „Wahrscheinlich ist es schon längst fertig. Klara konnte sich einfach nicht zurückhalten. „Ich denke mir, dass solch eine vornehme Dame ein Kleid für diesen Anlass in Paris anfertigen lässt. Vielleicht bei Worth.

    Non, oh non, die kleine Frau schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Warum sollte sie reisen? Pariser Chic kann sie auch bei mir bekommen! Warum sollte sie zu Worth gehen? Der Name des berühmten Modeschöpfers schien sie bis aufs Blut zu reizen. „Das ist nicht einmal ein Franzose. Was versteht ein englischer Stoffverkäufer schon von schönen Kleidern? C’est impossible!"

    „Immerhin kaufen sogar die französische und die österreichische Kaiserin …"

    Ah, ba!" Die Schneiderin gestikulierte heftig. „Die Damen waren wahrscheinlich neugierig, curieuses, deshalb sind sie einmal in seinen Laden gegangen. Aber das wird nicht von Dauer sein. Das ist eine pfft – Luftblase!" Sie wedelte vor dem Gesicht ihrer Besucherin herum.

    „Wenn Sie meinen." Klara wollte endlich das Gespräch beenden. Wo blieb nur Frau Rotherbruch so lange?

    „Allerdings, das meine ich. Außerdem bezweifle ich, dass die Fürstin jemals in Paris war."

    „Warum nicht?, fragte Klara betont gleichgültig und schlug entschlossen ihre Zeitschrift auf. „Nach allem, was ich gehört habe, sind die Zugverbindungen dorthin hervorragend. Wenn man sich den Fahrpreis leisten kann, fügte sie im Stillen hinzu.

    Einen Moment lang schien die Schneiderin zu überlegen, welche Details sie über ihre Kundin preisgeben durfte, doch die Lust am Klatsch wischte ihre Bedenken weg.

    „Die Fürstin scheint leidend zu sein. Sie sieht sehr blass und schwach aus. Auch hier oben ist wohl nicht alles so, wie es sein sollte." Sie tippte sich mit dem Finger an die Stirn.

    Klara staunte nun doch. „Wie kommen Sie denn darauf?"

    „Haben Sie schon einmal eine russische Dame getroffen, die so unkultivée ist, dass sie kein Französisch spricht?" Die Schneiderin lächelte geziert.

    Das war in der Tat ein Argument. Hier in Bad Ems redete buchstäblich jeder französisch. Sogar die Dienstboten beherrschten die Sprache, zumindest bruchstückhaft.

    „Entweder sie ist nicht imstande, es zu lernen, meinte die Schneiderin, „oder sie kommt aus einer vollkommen entlegenen Gegend. Tageweit von der nächsten Stadt entfernt und umgeben von Bären und Wölfen und meterhohem Schnee – brrr! Sie schauderte demonstrativ. Wie die meisten Leute konnte sie sich Russland nicht ohne Schnee vorstellen.

    „Oder ihre Erziehung wurde vollkommen vernachlässigt, fügte Klara hinzu. „Wenn sie weder Lehrer noch Gouvernanten hatte …

    „Das will ich mir gar nicht vorstellen, die dunkelhaarige Frau schüttelte affektiert mit dem Kopf. „Aber Sie könnten recht haben. Ich bin jedenfalls sicher, dass sie noch nie bei einer Schneiderin war. Die Fürstin hat stets eine Gesellschafterin dabei, die das Reden übernimmt und sie, so wie es bei einer Anprobe erforderlich ist, hin und her schiebt. Sie seufzte theatralisch. „Dabei ist die Dame so schön und kommt aus einer wirklich vornehmen Familie."

    „Das ist wohl nicht immer eine Gewähr", Klara raschelte mit der Modezeitschrift.

    „Ich werde schon einmal alles für Frau Rotherbruchs Anprobe vorbereiten", meinte die Schneiderin und trug ihrem Lehrmädchen auf, das magentafarbene Gesellschaftskleid, das sie für die Bankiersgattin anfertigte, bereitzulegen. Sie selbst blieb hartnäckig neben Klara stehen. „Ich hoffe, das Fräulein Theodora ist mit seiner neuen Ballrobe d’accord?"

    „Sicher." Klara wäre am liebsten hinausgegangen und hätte vor der Tür auf Frau Rotherbruch gewartet. Jetzt auch noch über dieses unglückselige Kleid zu plaudern, wegen dem sie sich mit ihrer Arbeitgeberin angelegt und mit der Schneiderin gestritten hatte, ging fast über ihre Kräfte.

    Aber die Frau schien das alles vergessen zu haben. „Es ist immer mein Bestreben, dass meine Klientinnen mit ihren Kleidern restlos heureuses sind!"

    „Ich habe nichts Gegenteiliges von Theodora gehört", sagte Klara.

    C’est bien. Nicht jedes junge Mädchen hat das Glück, von einer Gouvernante mit Geschmack beraten zu werden."

    Klara schaute erstaunt auf. Was bezweckte die Schneiderin mit dieser Schmeichelei?

    Die Frau lächelte ihr verstohlen zu. „Für die gnädige Dame habe ich noch etwas besonders Schönes …"

    Gefolgt von ihrer Tochter Theodora betrat nun endlich die Bankiersgattin Lucille Ottilie Rotherbruch, geborene von Birkenbach, den Laden.

    „Wie gut Sie heute aussehen … und das Fräulein Tochter, eine wahre Augenweide. Gerade berichtete mir das Fräulein Söderbaum, wie zufrieden Sie mit dem neuen Ballkleid sind."

    Unter zahllosen Komplimenten und Schmeicheleien lotste die Schneiderin die beiden Damen in den hinteren Raum des Ladens, in dem das Podest für die Anproben stand.

    Klara folgte ihnen. Theodora, die sich ebenfalls eine Modezeitung vom Ladentisch gegriffen hatte, verzog sich auf einen der Stühle, die hier standen, damit die Begleitung der Kleiderkäuferinnen bequem bei der Anprobe zusehen konnte.

    Nachdem Frau Rotherbruch ihr Alltagskleid ausgezogen hatte, stieg sie in Korsett und Unterrock auf das kniehohe Podest. Die Schneiderin drapierte das neue Kleid um ihren Körper und steckte es dort, wo es noch angepasst werden musste, mit Nadeln zusammen. Als sie damit fertig war, trat sie einige Schritte zurück und betrachtete ihr Werk mit schief gelegtem Kopf. Klara hatte nichts für solche Theateraufführungen übrig, aber Frau Rotherbruch verfolgte das Gehabe der Schneiderin voller Spannung.

    „Ist es nicht gut?, sie sah an sich herunter. „Nun bringen Sie mir endlich einen Spiegel.

    Das Lehrmädchen wandte sich schon um und wollte den großen Spiegel heranschleppen, aber die Schneiderin hob gebieterisch die Hand. „Es ist so, wie ich mir dachte." Sie legte den Kopf auf die andere Seite. „Es ist gut. Aber es fehlt noch der letzte Chic. Das Tüpfelchen auf dem i sozusagen."

    Jetzt blickte auch Theodora neugierig von ihrem Modemagazin auf.

    Et voilá! Ich habe mir da etwas ausgedacht. Sie nahm ein bereits vorbereitetes Teil vom Arbeitstisch. „Falls Sie es nicht mögen, dann kann ich die Spitze ganz leicht wieder entfernen.

    Die kleine Frau kletterte behände auf das Anprobepodest und legte der Bankiersgattin ein Seidenband, auf dem sie eine breite Spitze angeheftet hatte, so an das Oberteil, dass die zarten Rüschen den Ausschnitt umrahmten. Frau Rotherbruch stieß einen Ruf der Begeisterung aus. Theodora blickte auf und klatschte in die Hände. Auch Klara musste anerkennend nicken. Bisher war ihr die magentafarbene Seide des Kleides immer viel zu grell vorgekommen – besonders in Kombination mit dem blassen Teint und dem blonden Haar der Bankiersgattin. Aber die dünnen cremefarbenen Spitzen, die nun über den Stoff fielen, milderten die kräftige Farbe.

    Die Schneiderin winkte dem Lehrmädchen. Jetzt war der Spiegel erwünscht.

    „Das ist wunderbar, hervorragend. Lucille Ottilie Rotherbruch drehte sich vorsichtig, um die Wirkung aus allen Richtungen zu betrachten. Dann richtete sie den Blick auf Klara. „Was sagen Sie?

    Die Gouvernante wusste, dass die Bankiersgattin hinter ihrer zur Schau getragenen Arroganz höchst unsicher war, was Auftreten und Stil betraf.

    „Das sieht sehr schön aus."

    „Meine Idee findet die Zustimmung der gestrengen Gouvernante, die Schneiderin lächelte katzenhaft, „dann ist sie wohl wirklich gelungen!

    Klara wusste nicht genau warum, aber sie fühlte sich veralbert. Sie trat an das Podest heran, um die Spitzen aus der Nähe zu betrachten.

    „Das sind echte Brüsseler Spitzen! Sie werden weit und breit keine feineren finden – auch nicht bei Worth." Die Schneiderin betonte den Namen, als handele es sich um einen unanständigen Ausdruck.

    „Diese Spitzen will ich unbedingt haben!" Frau Rotherbruch war restlos begeistert.

    „Echte Brüsseler Ware hat natürlich ihren Preis, meinte die Schneiderin, „aber sie ist es absolut wert. Ich arbeite mit nichts anderem.

    Klara wusste, wie schwierig es war, echte handgearbeitete Spitzen von Fälschungen oder gar von Maschinenware zu unterscheiden. Früher hatte sie selbst das eine oder andere Kleid mit Spitzenverzierungen besessen und auch da hatte sie sich auf das Wort ihrer Schneiderin verlassen müssen. Aber von einem solchen Vertrauen konnte hier keine Rede sein.

    „Wenn Sie sich etwas näher zum Fenster begeben würden, sagte sie zu Frau Rotherbruch, „dann könnte ich …

    „Wirklich, Fräulein Söderbaum! Wie stellen Sie sich das vor? Ich kann doch nicht so durch das Zimmer laufen – mit Nadeln gespickt wie ein Rollbraten!"

    Die Schneiderin konnte sich ein Lächeln nicht verbeißen, während sie weiterarbeitete, raffte, umschlug und absteckte.

    Als sie damit fertig war, breitete sie die Arme aus. „Parfaitement! Sie wartete auf den Beifall ihres Publikums, und den bekam sie auch von der Bankiersgattin und ihrer Tochter. Nach dem dritten „Süperb! von Frau Rotherbruch erlaubte sie ihr, sich wieder umzuziehen.

    Das Lehrmädchen nahm das fragile Stoffgebilde, das einmal ein elegantes Gesellschaftskleid werden sollte, vorsichtig auf den Arm und wollte es aus dem Zimmer tragen. Da trat ihm Klara in den Weg und bat es zum Fenster, durch das ein breiter Streifen Sonnenlicht hereinfiel.

    „Sie besitzen doch sicher eine Lupe", sagte sie zur Schneiderin.

    „Naturellement", die Frau griff in ihre Kleidertasche und zog das Gewünschte hervor. Sie sah sich schnell um. Die Bankiersgattin befand sich immer noch hinter dem Wandschirm, wo sie ihre Straßenkleidung anlegte, und Theodora half ihr dabei.

    „Es wird Ihr Schaden nicht sein", flüsterte sie, während sie Klara die Lupe reichte, dann wieselte sie hinüber zu Frau Rotherbruch und machte ihr Komplimente über ihren Hut.

    Die Gouvernante war so entgeistert über das Ansinnen der Schneiderin, dass sie es am liebsten laut von sich gewiesen hätte. Das Lehrmädchen stand immer noch in unterwürfiger Haltung vor ihr und präsentierte eine magentafarbene Stoffmasse, auf der zuoberst die Spitzen lagen.

    Klara beugte sich darüber und betrachtete die cremefarbenen Gebilde. Dass es sich um Seidengarn handelte, dessen war sie sich sicher, aber es fehlte das leicht Unregelmäßige und Lebendige, das eine handgeklöppelte Spitze ausmacht. Das feine Gewebe war etwas zu perfekt und zu flach, aber dennoch … fast hätte sie laut

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