Janina will leben!: Kurfürstenklinik 82 – Arztroman
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Die "Kurfürstenklinik" ist eine Arztromanserie, die das gewisse Etwas hat und medizinisch in jeder Hinsicht seriös recherchiert ist.
Nina Kayser-Darius ist eine besonders erfolgreiche Schriftstellerin für das Genre Arztroman, das in der Klinik angesiedelt ist. 100 populäre Titel über die Kurfürstenklinik sprechen für sich.
Frau Gansen, die Sportlehrerin der Klasse Drei B, eilte mit langen Schritten durch die Turnhalle auf das zarte Mädchen mit den langen braunen Haaren zu, das mit blassem Gesicht auf dem Boden saß, während ihm Blut aus der Nase lief.»Du hast schon wieder Nasenbluten, Janina!« stellte sie mit einer Mischung aus Bestürzung und Ratlosigkeit fest. »Aber du bist doch mit deiner Mutter beim Arzt gewesen? Meiner Ansicht nach ist das nicht normal!Sie drückte dem Mädchen ein feuchtes Tuch in den Nacken und wies die anderen, die leise tuschelnd um ihre Klassenkameradin herumstanden, mit energischer Stimme an, mit den Übungen fortzufahren, die sie ihnen soeben erklärt hatte. Zögernd und sichtlich unwillig entfernten sich die Kinder. Es war interessanter, bei Janina zu bleiben, fanden sie, doch Frau Gansen war als strenge Lehrerin bekannt, die in ihrem Unterricht keine Faxen duldete, und so gehorchten sie.Janina sagte gar nichts. Sie hielt ihren Kopf nach hinten und hoffte, daß es bald aufhören würde zu bluten. Sie haßte es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen – jedenfalls, wenn es ihr nicht gutging. Dann hätte sie sich am liebsten unsichtbar gemacht. Ihr T-Shirt war blutverschmiert, das wußte sie. Und sie wußte auch, was ihre Mutter sagen würde, wenn sie es sah: »Meine Güte, Janina, kannst du dir kein Taschentuch unter die Nase halten, wenn du merkst, daß es wieder anfängt? Du weißt genau, wie schwer diese Blutflecken auszuwaschen sind.Ja, das wußte Janina mittlerweile, sie litt nun schon seit einiger Zeit an Nasenbluten. Aber der Kinderarzt, zu dem ihre Mutter sie geschleppt hatte, war der Ansicht gewesen, daß das genauso schnell wieder aufhören würde, wie es begonnen hatte. »Kein Grund zur Sorge, viele Kinder leiden unter gelegentlichem Nasenbluten.Wobei ›gelegentlich‹ in Janinas Fall eindeutig eine Untertreibung darstellte. In der letzten Zeit hatte ihre Nase mindestens zweimal pro Woche geblutet.
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Buchvorschau
Janina will leben! - Nina Kayser-Darius
Kurfürstenklinik
– 82–
Janina will leben!
Das zarte Mädchen kämpft gegen die Leukämie wie eine Löwin
Nina Kayser-Darius
Frau Gansen, die Sportlehrerin der Klasse Drei B, eilte mit langen Schritten durch die Turnhalle auf das zarte Mädchen mit den langen braunen Haaren zu, das mit blassem Gesicht auf dem Boden saß, während ihm Blut aus der Nase lief.
»Du hast schon wieder Nasenbluten, Janina!« stellte sie mit einer Mischung aus Bestürzung und Ratlosigkeit fest. »Aber du bist doch mit deiner Mutter beim Arzt gewesen? Meiner Ansicht nach ist das nicht normal!«
Sie drückte dem Mädchen ein feuchtes Tuch in den Nacken und wies die anderen, die leise tuschelnd um ihre Klassenkameradin herumstanden, mit energischer Stimme an, mit den Übungen fortzufahren, die sie ihnen soeben erklärt hatte. Zögernd und sichtlich unwillig entfernten sich die Kinder. Es war interessanter, bei Janina zu bleiben, fanden sie, doch Frau Gansen war als strenge Lehrerin bekannt, die in ihrem Unterricht keine Faxen duldete, und so gehorchten sie.
Janina sagte gar nichts. Sie hielt ihren Kopf nach hinten und hoffte, daß es bald aufhören würde zu bluten. Sie haßte es, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen – jedenfalls, wenn es ihr nicht gutging. Dann hätte sie sich am liebsten unsichtbar gemacht. Ihr T-Shirt war blutverschmiert, das wußte sie. Und sie wußte auch, was ihre Mutter sagen würde, wenn sie es sah: »Meine Güte, Janina, kannst du dir kein Taschentuch unter die Nase halten, wenn du merkst, daß es wieder anfängt? Du weißt genau, wie schwer diese Blutflecken auszuwaschen sind.«
Ja, das wußte Janina mittlerweile, sie litt nun schon seit einiger Zeit an Nasenbluten. Aber der Kinderarzt, zu dem ihre Mutter sie geschleppt hatte, war der Ansicht gewesen, daß das genauso schnell wieder aufhören würde, wie es begonnen hatte. »Kein Grund zur Sorge, viele Kinder leiden unter gelegentlichem Nasenbluten.«
Wobei ›gelegentlich‹ in Janinas Fall eindeutig eine Untertreibung darstellte. In der letzten Zeit hatte ihre Nase mindestens zweimal pro Woche geblutet. Sie spürte, daß es aufhörte und atmete erleichtert auf. Endlich! Aber mit dem Sport war es natürlich trotzdem vorbei. Frau Gansen würde sie jetzt nicht mehr mitturnen lassen, dabei waren heute die Ringe an der Reihe, die Janina ganz besonders liebte. Sie beschloß, trotz allem einen vorsichtigen Vorstoß zu machen. Mehr als ›nein‹ konnte Frau Gansen schließlich nicht sagen.
»Es ist schon wieder okay«, sagte sie. »Und mir geht’s gut, Frau Gansen, es ist bestimmt nicht nötig, daß ich mich jetzt noch auf die Bank setze und…«
Doch ihre Lehrerin ließ sie gar nicht ausreden. »Rede keinen Unsinn, Janina«, sagte sie streng. »Glaubst du im Ernst, ich würde dich in diesem Zustand an die Ringe lassen?«
Sie half Janina auf die Beine und führte sie eigenhändig zur Bank – gerade so, als fürchte sie, das Mädchen werde auf dem kurzen Weg womöglich noch ohnmächtig. Das war nämlich auch schon einmal passiert, wenngleich Janina steif und fest behauptete, sie habe, ›höchstens für eine einzige Sekunde‹ das Bewußtsein verloren – die anderen wußten es besser: Geschlagene zwei Minuten hatte sie ohnmächtig auf dem Boden der Turnhalle gelegen, bevor sie wieder zu sich gekommen war.
Doch Janina war eigensinnig. Blaß zwar und nicht sehr kräftig, aber was ihr an körperlicher Kraft fehlte, das machte sie durch ihren ausgeprägten Willen wieder wett. Sie hielt an ihrer Version von der Sekunden-Ohnmacht fest, und niemandem war es bisher gelungen, sie davon abzubringen.
Sie probierte es noch einmal. »Es geht mir aber wieder gut, Frau Gansen – wirklich!«
»Das mag wohl sein, aber ich werde es nicht verantworten, daß du in ein paar Minuten zum zweiten Mal blutüberströmt abbrechen mußt!«
Heftig riß Janina ihren Arm los. Sie ärgerte sich und wollte ihrer Lehrerin das zeigen. Wütend blitzten ihre Augen, als sie sich zu ihr umdrehte, um ihr ihren Zorn entgegenzuschleudern – doch dann tat sie nichts dergleichen. Eine merkwürdige Kraft zog sie nach unten. Sie merkte, wie ihr Kopf schwer und leicht zugleich wurde, dann hörte sie noch: »Kind, um Himmels Willen!« – und dann lag sie auf einer Wolke und wurde sanft durch die Luft getragen.
*
»Adrian? Adrian!« Die Internistin Dr. Julia Martensen rannte durch die Notaufnahme der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg und stoppte abrupt vor einem der Behandlungsräume. Hier gab der Leiter der Station, Dr. Adrian Winter, gerade einem Mann eine Beruhigungsspritze, der Zeuge eines schweren Verkehrsunfalls geworden war. »Ach, da bist du ja! Ein achtjähriges Mädchen hat zum wiederholten Mal in der Schule heftiges Nasenbluten bekommen – und dieses Mal ist die Kleine auch noch ohnmächtig geworden. Die Lehrerin hat einen Rettungswagen gerufen, sie bringen sie hierher.«
»In Ordnung, bereite doch hier nebenan schon einmal alles vor, ich bin dann auch gleich soweit, Julia!«
Sie nickte und verschwand.
Adrian zog die Nadel aus dem Arm des Mannes, sprach noch einige Sätze mit ihm und verließ dann, als er sah, daß die Spritze zu wirken begann, die Kabine.
Julia war mit den Vorbereitungen bereits fertig. Sie sah auf, als er hereinkam. »Die Lehrerin hat offenbar den Verdacht geäußert, daß dem Kind etwas Ernsthaftes fehlt.«
»Aber wenn die Kleine öfter Nasenbluten hat, werden die Eltern doch mit ihr beim Arzt gewesen sein«, erwiderte Adrian stirnrunzelnd. »Und so selten ist Nasenbluten bei Kindern ja nun nicht, daß man gleich eine ernsthafte Krankheit dahinter vermuten muß. Oder gibt es noch andere Anzeichen, die dafür sprechen könnten?«
»Ich kann es dir nicht sagen. Vielleicht wissen die Sanitäter mehr, die sie gleich bringen werden.«
Sie hatte den Satz kaum ausgesprochen, als die Männer mit dem Mädchen bereits hereinkamen. »Janina Bergen, acht Jahre alt, Ohnmacht nach Nasenbluten – die zweite Ohnmacht innerhalb der letzten vier Wochen. Nasenbluten hat sie offenbar seit einiger Zeit mehrmals die Woche. Mehr Informationen haben wir leider nicht, die Tante ist aber verständigt und bereits auf dem Weg hierher. Sie wird Ihnen mehr sagen können.«
»Die Tante?« fragte Julia. »Was ist mit der Mutter?«
»Sie arbeitet und konnte bisher nicht erreicht werden.«
»Danke«, sagte Adrian, und die Männer verabschiedeten sich eilig wieder.
Janina Bergen betrachtete die beiden über sie gebeugten Erwachsenen und mit erstaunlich wenig Scheu.
»Das ist Frau Dr. Martensen, Janina«, sagte Adrian. »Und ich bin Dr. Winter. Du bist hier in der Kurfürsten-Klinik – in der Notaufnahme.«