Kurfürstenklinik 28 – Arztroman: Was nun, Walli?
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"Mein letzter Tag bei Ihnen, Herr Dr. Winter!" sagte Miriam Fechner und sah den jungen Notaufnahmechef der Kurfürsten-Klinik in Berlin-Charlottenburg betrübt an. "Ich wäre gern noch länger geblieben, das wissen Sie ja – aber als nächstes werde ich in Ihrer Neurochirurgie eingesetzt. Ich soll das ganze Haus kennenlernen."
"Sie waren uns eine große Hilfe, Schwester Miriam", erwiderte Dr. Adrian Winter lächelnd. "Wir sind froh, daß Sie wenigstens eine Zeitlang unser Team verstärkt haben."
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Kurfürstenklinik
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Buchvorschau
Kurfürstenklinik 28 – Arztroman - Nina Kayser-Darius
Die Kurfürstenklinik –28–
Was nun, Walli?
Roman von Nina Kayser-Darius
»Ich glaub’ wirklich, daß es für heute genug ist«, meinte Dr. Adrian Winter und streckte den schmerzenden Rücken. »Seit mehr als zwölf Stunden stehen wir jetzt schon hier, ohne Pause.«
»Soll ich Ihnen einen Kaffee holen, Herr Doktor?« Schwester Bea, die auch schon reichlich erschöpft wirkte, sah ihn fragend an.
»Lieb von Ihnen.« Adrian lächelte seiner jungen Mitarbeiterin dankbar zu. »Das belebt wenigstens für ein paar Minuten.«
»Und ist ja auch so gesund«, spöttelte Dr. Werner Roloff. Genau wie die Kollegen hatte man auch den Anästhesisten vor mehr als zwölf Stunden aus dem Bett geklingelt, weil es auf dem Autobahnzubringer zu einer Massenkarambolage gekommen war. Ein Tanklaster war umgestürzt – eine Tatsache, die an sich schon schlimm genug war. Doch es waren noch mehr als zehn Wagen in die Unfallstelle hineingefahren.
Zwei Tote galt es zu beklagen, drei Schwerstverletzte waren von Dr. Adrian Winter und seinem Team bereits versorgt worden, und nun wollte der Chef der Unfallambulanz noch nach den leichter Verletzten schauen, die seine Kollegen versorgt hatten.
Schwester Walli, die Oberschwester, hatte ihn vor allem auf ein kleines Mädchen aufmerksam gemacht, das zwar außer ein paar Hautabschürfungen keinerlei Verletzungen davongetragen hatte, aber sichtlich unter Schock stand. »Die Eltern haben sich bislang noch nicht gemeldet«, hatte Walli gesagt. »Papiere haben wir keine gefunden. Das Mädchen sagt, daß es Katrin Burgstaller heißt und aus der Nähe von München kommt. Weiter ist leider nichts aus ihr herauszubekommen.«
»Na, wenigstens etwas«, hatte Adrian gesagt. »Gönnt mir eine kleine Pause, dann komme ich hoch auf die Station.«
Als Schwester Bea ihm jetzt den Kaffee brachte, schaute er sie dankbar an und hob gleich die Tasse an die Lippen. Und obwohl er schon mindestens fünf Tassen im Laufe des Tages getrunken hatte, belebte ihn das schwarze Gebräu auch jetzt wieder.
»Ich hab’ ein paar Kekse organisiert«, meinte Bea. »Essen Sie die wenigstens dazu, das ist bekömmlicher.«
»Sie sind ein Engel. Und eine sehr gute Krankenschwester«, lobte Adrian.
Dr. Roloff grinste. »Er ist bestechlich, Bea, merken Sie das?«
Bea, gerade sechzehn, blond und sehr hübsch, lächelte ebenfalls. Sie war an sich recht vorlaut, doch angesichts der vielen Patienten, die sie heute hatten versorgen müssen, hatte sie keine Veranlassung für freche Sprüche gesehen, sondern geholfen, soweit sie es schon konnte.
Nachdem er den Kaffee getrunken und ein paar Schokokekse gegessen hatte, erhob sich Adrian Winter. »Ich fahre kurz hoch zur Intensivstation, dann bin ich auf der Chirurgie. Werner, kommt du mit?«
»Sicher doch.« Der Anästhesist erhob sich, und auch er legte sich für einen Moment die Hand in den Rücken. Das stundenlange Stehen oder gebeugte Sitzen im OP hinterließ Spuren, die merkte er mit seinen 57 Jahren besonders.
Ich sollte mehr Ausgleichssport betreiben, sagte er sich, während er Adrian zum Lift folgte. Aber wann, bitteschön, hätte ich dafür wohl Zeit?
Auf der Intensivstation herrschte Hochbetrieb, alle Kabinen waren belegt, und vor einigen Stunden war Alarm ausgelöst worden. Ein alter Mann, der vor drei Tagen mit Herzinfarkt eingeliefert worden war, hatte einen weiteren Infarkt erlitten. Und diesmal, so stand zu befürchten, würde jede Hilfe zu spät kommen. Die beiden Ärzte sahen kurz zu ihren Kollegen, die mit aller Macht versuchten, den Patienten zu retten. Doch schon ertönte der Signalton, der anzeigte, daß das Herz jegliche Arbeit aufgegeben hatte.
Noch einmal wurde der Defibrillator eingeschaltet – der Körper des Mannes bäumte sich steil auf, doch sein altes, verbrauchtes Herz reagierte nicht mehr.
Adrian Winter und Werner Roloff wandten sich den neuen Patienten zu. Vor allem eine dreißigjährige Frau machte den Ärzten Sorgen. Sie hatte einen Milzriß erlitten und drohte nun zu kollabieren.
Dr. Winter untersuchte die dunkelhaarige Frau gründlich, besprach sich mit Dr. Roloff und änderte die Dosierung der Medikamente. So hoffte er, weitere Komplikationen abwenden zu können.
Der zweite Unfallpatient, ein Mann um die Vierzig, war besser dran. Er hatte einen Trümmerbruch des linken Beins erlitten und eine schwere Gehirnerschütterung, die jedoch in einigen Tagen nicht mehr gravierende Beschwerden verursachen würde. Auch die Brüche hatte Adrian Winter gerichtet und war sicher, daß der Mann in einigen Wochen wieder perfekt und ohne Schwierigkeiten würde laufen können.
Seine Herz- und Kreislaufwerte waren ausgezeichnet, und so gingen die beiden Ärzte beruhigt auf die Unfallstation zurück. »So, ich fahre jetzt heim und versuche ein bißchen Schlaf zu finden«, meinte Dr. Roloff. »Morgen früh muß ich fit sein, da steht eine große Herzoperation an.«
»Zum Glück bin ich da nicht beteiligt«, meinte Adrian. »Aber du hast recht, wir sollten heimfahren und uns Ruhe gönnen.« Er hatte es noch nicht ganz ausgesprochen, als draußen die Polizeisirene ertönte. Etwas indigniert sahen die Ärzte sich an. »Was soll das denn?« fragte Dr. Winter. »Seit wann kommen die Polizeibeamten mit Blaulicht und Sirene hier vorgefahren?«
Dr. Roloff zuckte die Schultern. »Keine Ahnung. Und, ehrlich gesagt, ich will es auch gar nicht wissen. Ich bin total geschlaucht und will nur noch ins Bett. Bis dann, Adrian.«
»Tschüss, Werner, bis morgen.« Dr. Winter sah dem Freund nach, als er über den kargen Flur der Ambulanz ging. Im nächsten Moment öffneten sich die hohen Flügeltüren, und zwei uniformierte Beamte stürmten herein.
»Schnell, Doktor, wir brauchen Hilfe!« rief der ältere der Beamten.
Adrian nickte und griff schon nach einer Trage, die zufällig an der Wand stand. »Schwester Walli! Ein Notfall!« rief er.
Doch der Polizist schüttelte den Kopf. »Nicht nötig«, erklärte er. »Mein Kollege hier ist der Patient.« Adrian Winter stellte etwas irritiert fest, daß der Mann sich kaum ein Grinsen verkneifen konnte. Was sollte das? Wollten die beiden ihn auf die Schippe nehmen? Nun, dann hatten sie sich einen denkbar ungünstigen Zeitpunkt ausgesucht!
»Bitte, ich hab’ keine Zeit für Rätselspiele«, sagte er. »Was ist passiert?«
Schwester Walli war aus einer Kabine gekommen und sah fragend von einem zum anderen »Kann ich helfen?«
»Ja…« Der jüngere Polizist streckte den rechten Arm vor. »Ich bin verletzt.«
»Kommen Sie mit«, bestimmte Walli und dirigierte den jungen Mann in einen leerstehenden Raum. Adrian Winter folgte gemeinsam mit dem älteren Polizeibeamten.
»Nichts für ungut«, meinte dieser, »aber… ich muß lachen, obwohl die Situation alles andere als angenehm für meinen Kollegen ist. Er ist gebissen worden – von einer Dame.«
Adrian Winter runzelte die Stirn. »Was sagen Sie da?«
»Glauben Sie’s ruhig. Jürgen ist gebissen worden. In den Unterarm.«
»Na, wenn das stimmt, dann kann’s keine Dame gewesen sein«, kommentierte Walli, und auch sie mußte leicht lächeln, als sie zuschaute, wie der junge Beamte sich Jacke und Hemd auszog.
Im nächsten Moment wurde ihre Miene ernst, denn es war deutlich zu sehen, daß die »Dame« dem jungen Polizisten ein