Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Mein Leben als Mime: Der Taube, der sich ins Rampenlicht wagte
Mein Leben als Mime: Der Taube, der sich ins Rampenlicht wagte
Mein Leben als Mime: Der Taube, der sich ins Rampenlicht wagte
eBook288 Seiten2 Stunden

Mein Leben als Mime: Der Taube, der sich ins Rampenlicht wagte

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Christoph Staerkles Bühnenkunst zählt zu den eindrucksvollsten Darbietungen der heutigen Pantomime. "Staerkle spricht auch ohne Worte Bände", schrieb eine Zeitung. Und in der Tat: In seinem "mimischen Kabarett" charakterisiert er mit präziser Stilisierung, feinsinniger Karikatur und bissiger Parodie Figuren des Alltags, ihre Mimik und Gestik.

Die Lebenserinnerungen des großen Schweizer Pantomimen Christoph Staerkle, seines künstlerischen Wegs von der Straßenkunst zum internationalen Theater und die Bedeutung seiner Gehörlosigkeit für die Entwicklung seiner Kunst – eine ungewöhnliche, episodenreiche, von feinem Humor und genauer Beobachtung geprägte Künstlerbiografie, die uns mit einem Menschen vertraut macht, den das Leben vor vielerlei Herausforderungen stellt und dessen Wahrnehmung und Ausdrucksformen etwas anderer Art sind als die der Allgemeinheit.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum26. Okt. 2018
ISBN9783280090381
Mein Leben als Mime: Der Taube, der sich ins Rampenlicht wagte

Ähnlich wie Mein Leben als Mime

Ähnliche E-Books

Biografie & Memoiren für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Mein Leben als Mime

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Mein Leben als Mime - Christoph Staerkle

    abrufbar.

    Vorwort

    Lange schon bewegt mich der Gedanke, ein Buch zu schreiben. Über die Jahre stauten sich in meinem Inneren die Erfahrungen, Erlebnisse und Beobachtungen, und es fühlte sich an, wie wenn der Wasserspiegel ständig steige – und mit ihm auch das Bedürfnis, Wasser abzulassen. Aber das Schreiben ist nun mal nicht meine Stärke. Im Sommer 2016 bot sich mir nun die Gelegenheit, aus meinem Leben zu erzählen. Es sprudelte aus mir heraus wie ein Wasserfall, und endlich ist der Spiegel wieder gesunken. Das Vergegenwärtigen meines Lebenswegs hat mir große Freude gemacht, denn ich liebe meine Mimen- und Improvisationskunst, und das Erzählen für das Buch »Mein Leben als Mime« hat mich beflügelt.

    Meine Geschichte ist die eines Einzelgängers. Es gibt keine Wegweiser, die einem jungen Menschen den Weg weisen in eine berufliche Zukunft als Pantomime. Zudem wusste ich ja selber lange nicht, dass ich Pantomime werden wollte, und ich konnte mit niemandem über meine Bedürfnisse reden. Ich spürte zwar bereits als Kind, dass es mich faszinierte, Menschen und ihre Körpersprache zu beobachten, aber ich analysierte diese Faszination nicht. Zwar blühte ich auf, als mich mein Vater einmal ins Theater mitnahm, aber ich verlor keinen Gedanken daran, dass ich selber einmal auf der Bühne stehen und Theater ohne Worte spielen könnte. Und als es um meine Berufswahl ging, da war nie die Rede von einer Künstlerlaufbahn. Schließlich machte ich, wie man mir vorgeschlagen hatte, eine Lehre als Tiefbauzeichner. Immerhin durfte ich daneben einmal die Woche einen Theaterkurs besuchen, den mein Vater ausfindig gemacht hatte. Und damit war ein erster Kontakt zu Pantomimenkreisen geknüpft, ein erster Stein gelegt. Von da an pflasterte ich beharrlich meinen ganz persönlichen Weg weiter, Stein für Stein, bis er mich zu den großen Künstlern führte. Ich machte mir keine Gedanken darüber, dass ich taub bin, ich diskutierte nicht mit meinen Eltern über meine Zukunft als Pantomime, und ich hatte auch keinerlei Vorbilder. Außerdem war meine schulische Ausbildung viel weniger fundiert, viel weniger breit angelegt als die der gleichaltrigen Hörenden. Ein Studium stand nie zur Diskussion – wie hätte ich denn als Nicht-Hörender eine Matura ablegen sollen? Und da ich nicht angemessen gefördert wurde, entwickelte sich mein natürlicher Wissensdrang zu einem quälenden Durst.

    Andererseits führte meine Taubheit dazu, dass sich meine angeborene Beobachtungsgabe erst richtig entfaltete und meine Freude am körpersprachlichen Ausdruck zur Leidenschaft wurde. Ja, das Nicht-Hören-Können gehört zu mir wie mein Charakter, mein Aussehen und meine Herkunft. Dank der Taubheit wurden mein Körpergefühl und meine anderen Sinne – das Sehen, das Fühlen, das Schmecken und das Riechen – geschärft. So ersetze ich das Hören der Lautsprache durch die Wahrnehmung von Körpersprache, und ich verwandle Musik, beziehungsweise Rhythmus, in Körperbewegung. Überhaupt ist es meine Art, aus jeder Situation das Beste zu machen. Meine Devise lautet:

    Machen, reden

    Handeln, nicht plappern

    Reagieren, nicht verschieben

    Anpacken, nicht nicht verzögern

    Ich bin meinen schon vor Jahren verstorbenen Eltern, ganz besonders meinem Vater, zu großem Dank verpflichtet. Er, der stille und zurückhaltende Beobachter, setzte sich auf seine Weise immer für mich ein. Er verlor nie viele Worte, aber er spürte genau, was mir guttat, und verhielt sich entsprechend.

    Eine fast ebenso wichtige Rolle auf meiner Suche nach mir selbst spielten meine vielen Freunde: Ich bin nicht sicher, ob ich ohne ihre Freundschaft und treue Begleitung meinen Lebensweg gefunden hätte. Ich bin ihnen sehr dankbar.

    Christoph Staerkle

    Thun, Juni 2017

    Familiengeschichte

    Meine Herkunftsfamilie

    Ich wurde am 15. Juni 1952 als viertes von fünf Kindern geboren. Meine Familie lebte damals in einer Mietwohnung in Luzern. Dass ich taub war, wurde sehr früh entdeckt, denn schon meine fünf Jahre ältere Schwester Brigitte war gehörlos geboren worden. Meine Eltern hatten sich also bereits intensiv mit dem Thema Hörbehinderung auseinandersetzen müssen. Meine Mutter schrieb dazu in ihren biografischen Notizen über meinen Vater: »Ein großer Kummer war die Entdeckung von Brigittes Gehörlosigkeit. (…) Mit drei Jahren mussten wir sie schon ins Internat in den Kindergarten der Schwerhörigenschule Landenhof in Unterentfelden geben. Das war bitter. (Prof. Graf sagte mir später einmal, seine Nachforschungen hätten ergeben, dass wir beide [Vater und Mutter] ein Gen haben.) Vorher vermutete man das Röntgen.« [1]

    Ich war erst zwei Jahre alt, als ich meinem ersten Sprach- und Hörtraining unterzogen wurde. Zwei- bis dreimal wöchentlich fuhr meine Mutter mit mir zum Direktor der damaligen Taubstummenanstalt Hohenrain im Kanton Luzern.

    Unterdessen war meine Familie in ein eigenes Heim umgezogen. Alle meine Erinnerungen an mein Zuhause sind mit diesem Haus über dem Vierwaldstättersee verknüpft, wo ich nach meiner Einschulung allerdings nur noch an den Wochenenden und während eines Teils der Ferien wohnte, da ich meine ganze Schulzeit im Internat verbrachte. Deshalb hatte ich auch kaum Freunde in der Nachbarschaft.

    Meine Eltern, meine vier Schwestern und ich bildeten ein aus sieben Individualisten bestehendes Familiengefüge. Selten kam es vor, dass wir alle zusammen etwas unternahmen; meist verbrachten wir nicht einmal die Ferien gemeinsam. Grund dafür war das Schweizer Schulwesen mit seinen von Kanton zu Kanton unterschiedlichen Ferienplänen, denn meine gehörlose Schwester und ich besuchten die in Unterentfelden im Kanton Aargau gelegene Schweizerische Schwerhörigenschule Landenhof, während die anderen Geschwister in die öffentliche Schule im Kanton Luzern gingen. Vermutlich waren meine Eltern jedoch nicht unglücklich über diese gestaffelten Ferienzeiten. Vor allem der Vater hätte sich in den Ferien nicht erholen können, wenn alle fünf Kinder mit in den Urlaub gefahren wären. Kinderrummel überforderte ihn. Und da meine gehörlose Schwester und ich unter der Woche auswärts wohnten, war auch bei den Mahlzeiten selten die ganze Familie anwesend. Sogar am Samstagabend aßen wir Kinder nicht mit den Eltern, doch das war gut: Wir hatten unseren Spaß und die Eltern ihre Ruhe. Einzig der Sonntag war Familienzeit.

    Ja, wir waren sieben Einzelgänger und Einzelgängerinnen: mein stiller Vater, meine gesellige, aber ungeduldige Mutter, wir zwei nicht-hörenden Kinder – Mädchen und Bub –, meine Schwester mit Autismus und die beiden hörenden, ansonsten aber grundverschiedenen Schwestern.

    Hing diese Familienkonstellation vielleicht auch damit zusammen, dass die Elternhäuser meiner Eltern kaum unterschiedlicher hätten sein können? Mein Vater stammte aus einfachen Verhältnissen: Sein Vater hatte als Steinmetz, Glasmaler und Gewerbelehrer in St. Gallen gearbeitet, er war katholisch und sehr bescheiden. Meine Mutter kam aus einer vornehmen und reichen reformierten Familie. Ihr Vater, ein großzügiger und vielseitig beschäftigter Mann, war Militäroffizier, Chemiker und Erfinder eines Gelatine-Sprengstoffs gewesen, und die Familie ihrer Mutter, einer verwöhnten, selbstsicheren, forsch-frechen Frau, hatte eine Seidenbandweberei in Liestal besessen. Auch meine Mutter war wohl verwöhnt worden, auch sie legte zuweilen dieses forsche Auftreten an den Tag. Gott bewahre, wenn sie am Steuer eines Autos saß! Gleichzeitig kam sie mir aber oft unsicher und unfrei vor – ganz anders als mein Vater, der ruhig und bestimmt durchs Leben ging. Der Spruch »Gegensätze ziehen sich an« traf also recht gut auf meine Eltern zu. Nun, ich habe davon profitiert, indem ich sowohl das Draufgängerische meiner Mutter als auch die ruhige Art meines Vaters in meinem Wesen vereine.

    Kennengelernt hatten sich meine Eltern in einer Klinik für Lungenkranke in Arosa, wo mein Vater als Assistenzarzt und meine Mutter als Laborantin arbeitete. Ob sie glücklich waren miteinander? Ich kann es nicht sagen, aber ich bin mir sicher, dass mein Vater meine Mutter liebte. Oft beobachtete ich, wie er sie zärtlich streichelte, wie er ihr eine Freude machte, wie liebevoll er sich ihr gegenüber verhielt. Und sie blieben zeitlebens beieinander. Keine Selbstverständlichkeit. Auch wir Geschwister, die wir ganz und gar getrennte Wege gehen, akzeptieren einander und raufen uns immer wieder zusammen, wenn es zum Beispiel darum geht, über Familienangelegenheiten zu diskutieren. Auch das ist nicht selbstverständlich.

    Leben und leben lassen – kein Motto beschreibt unser Familienklima besser. Nie gaben mir meine Eltern zu verstehen, dass ich ihre Erwartungen erfüllen müsse, dass ich nicht genüge, dass ich anders sein solle. Auch mein Nicht-Hören war kein Thema. Sogar als ich mit dem Pfeifenrauchen anfing – ich war etwa fünfzehn Jahre alt –, ließen mich meine Eltern gewähren. Ich hatte es meinem Deutsch-Privatlehrer abgeschaut und qualmte nun ständig, wenn ich zu Hause war, und zwar nicht nur im Garten. Trotzdem wurde ich nie darauf hingewiesen, dass das Rauchen störe oder schädlich für meine Gesundheit sei, obwohl niemand das besser wusste als mein Vater, der Lungenspezialist. Ich kann mir sein Verhalten nur so erklären, dass er sich ganz allgemein nicht so schnell aus der Ruhe bringen ließ und dass er Konfliktsituationen gern aus dem Weg ging. Er war ein friedliebender Mensch. Streiten mochte er nicht, und mit mir schon gar nicht, denn ich war ein impulsiver Junge und wusste mich zu wehren. Und meine Mutter hielt sich wohl aus Gesundheitsfragen heraus.

    Wir Geschwister verstehen einander gut, was gar nicht selbstverständlich ist, denn wir sind sehr verschieden: meine älteste Schwester, die ein Medizinstudium absolvierte, und die gehörlose Schwester – sie ist Dekorateurin –, die im Gegensatz zu mir nicht gebärden mag, weil es ihr nicht angenehm ist. Außerdem bin ich sehr aktiv, während sie eher passiv ist. Aber auch sie hat ihren Weg gefunden, ist verheiratet und schon Großmutter. Gut verstehe ich mich mit der dritten Schwester. Sie ist Physiotherapeutin und hat eine eigene Pedicure-Praxis. Und was meine autistische Schwester angeht, so bin ich froh, dass es ihr heute so gut geht.

    Meine Eltern setzten sich immer für sie ein. Überhaupt waren sie für uns da und kämpften wenn nötig für uns. Anders als es in vielen heutigen Familien der Fall ist, nahmen sie sich viel Zeit für uns und ließen uns auch genügend Raum für das freie Spiel.

    Leben und leben lassen.

    Mein Vater

    Wenn mein Vater aus seiner Praxis nach Hause kam, brauchte er vor allem eines: seine Ruhe. Überhaupt teilte er sich mehr durch sein Tun mit als durch Worte. Für meine Mutter mag das nicht immer ganz einfach gewesen sein, denn sie hätte wohl gern jemanden an ihrer Seite gehabt, der mit ihr plauderte und ihr zuhörte. Ich aber war es gewohnt, in einer stillen Welt zu leben. Wenn mich die Mutter zum Vater schickte, weil sie meine Fragen nicht beantworten wollte oder, was sehr häufig der Fall war, gerade telefonierte, erwartete ich nicht, dass er sich mit mir unterhielt, weder mit den Händen – er vermied jegliche Gestik – noch mit Worten. Ich war einfach gern in seiner Nähe. Und ich wusste genau, wo ich ihn als Erstes suchen musste: am Flügel. Kaum je war ich ihm so nahe wie in jenen Momenten, in denen er musizierte, obwohl er meine Fragen meist nicht beachtete. Er schien sie nicht zu hören und spielte einfach weiter. Eine Ewigkeit lang. Trotzdem fühlte ich, wie mich mein Vater wahrnahm und in Beziehung zu mir trat. Ich spürte den Rhythmus und die Dynamik seiner Musik, wenn ich meine Hände auf das Klavier legte, und ich sah ihre Intensität und Tiefe in seinen über die Tasten fliegenden Fingern, in den harmonischen Bewegungen seines Körpers, im innigen Ausdruck seines Gesichts. In der Körpersprache meines Vaters las ich seine Liebe zur Musik und seine Liebe zu mir. Musik und Liebe ergriffen mich wie die Wellen des Meeres, sie veränderten mich und beeinflussten mein ganzes künftiges Leben.

    Einmal nur, da unterbrach mein Vater sein Spiel, schaute mich an und fragte mich nach meinem Befinden. Ich kann mich nicht mehr so genau erinnern, was ich ihm antwortete, aber ich muss wohl ganz ehrlich und unbefangen von meiner Langeweile, einer inneren Leere, vielleicht sogar von einer tiefen Unzufriedenheit gesprochen haben. Da sagte er zu mir: »Du darfst machen, was du willst. Du musst nicht, aber du darfst.« Diese ermunternden Sätze haben mich befreit für ein Leben in Selbstverantwortung und Selbstständigkeit. Dafür bin ich ihm unendlich dankbar.

    Meist sprach er wenig mit mir, und wenn, dann oft nur in Stichworten. »Heute erstens rasieren. Zweitens Stadt. Drittens einkaufen.« Mich ärgerten und verletzten diese Satzscherben, ich wollte durch eine intakte Scheibe sehen. »Du sollst nicht in Einzelwörtern reden«, verlangte ich dann von ihm, »sprich in Sätzen mit mir!« Fragte er: »Café?«, dann erwiderte ich: »Was ist mit dem Café? Café – was meinst du damit?« Diese aufs Notwendigste reduzierte Kommunikation hatte aber sicher nicht mit fehlendem Respekt mir gegenüber zu tun, sondern war eher ein Ausdruck seines Wesens. Er war ein stiller, introvertierter Mensch, weise und mit einem feinen Sinn für Humor ausgestattet.

    Er nahm mich ernst und ließ mich an seinen kulturellen Interessen und vielfältigen Tätigkeiten teilhaben. Wenn er zum Beispiel am Sonntag zu einem Patienten gerufen wurde, durfte ich ihn begleiten, falls ich das wünschte. Zwar musste ich im Auto warten, bis er von seinem Hausbesuch zurückkam, aber das machte mir nichts aus. Ich war ein neugieriges Kind und nutzte die Zeit, indem ich die Umgebung studierte, die großen und kleinen, weißen oder farbigen Häuser, die Bäume, Hecken, Büsche entlang der Straße, den Verkehr, die Katzen und Hunde. Zu gern beobachtete ich auch die vorbeischlendernden Menschen, ihre Ausstrahlung, ihren Gesichtsausdruck. Glänzten ihre Augen? Hatten sie Kummerfalten oder sahen sie zufrieden aus? Auch mein Vater war ein beobachtender Mensch. Ging ich mit ihm einkaufen – am liebsten am Morgen, wenn noch nicht viele Leute unterwegs waren –, dann nahm ich wahr, wie seine Augen umherschweiften. Sah er eine Frau, dann ließ er seinen Blick auf ihr ruhen, auf ihrer Figur, Frisur, Kleidung, auf ihrem Schmuck. Mit Wohlgefallen, das war nicht zu übersehen. Und er studierte die Schaufenster – ausgestellte Frauenwäsche, Strümpfe –, während ich ihn studierte. So beeinflusste er mich, ohne sich dessen bewusst zu sein. Genau wie er bewundere ich die Frauen und fühle mich wohl in ihrer Nähe. Von ihm habe ich auch das Interesse an handwerklichen Tätigkeiten geerbt. So begleitete ich ihn besonders gern in einen Eisenwarenladen. Ich liebte es, mit ihm nach einer bestimmten Schraube oder Zange zu suchen. Was es da doch alles zu bewundern gab: Werkzeug für drinnen und draußen, Utensilien, um Wein abzufüllen, Netze, was auch immer.

    Ja, mein Vater und ich standen uns sehr nahe. Ich ertappe mich heute noch häufig dabei, wie ich etliche seiner Verhaltensweisen, die ich unbewusst verinnerlicht haben muss, an den Tag lege. Von ihm habe ich auch die Liebe zum Kochen – mein Vater bereitete jeweils das Sonntagsmahl zu –, und wie er umgebe ich mich gern mit schönen Bildern. Er liebte die bildende

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1