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Last Chance: (Chance-Reihe)
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eBook243 Seiten4 Stunden

Last Chance: (Chance-Reihe)

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Über dieses E-Book

Ellys Leben scheint zerstört. Alle Träume, Wünsche Hoffnungen – verloren, zerbrochen. Außer Stande, überhaupt noch Freude zu empfinden, zieht sie sich immer weiter zurück. Und wird langsam aber stetig wieder zu der Frau, die sie nie wieder sein wollte.
Devon ist seit dem Anschlag ein völlig anderer. Ohne zu wissen, was er ihr damit antut, stößt er Elly von sich. Doch damit riskiert er, sie für immer zu verlieren. Denn Ryan ist noch nicht fertig mit den beiden und wartet schon seit langem darauf, ihnen endlich den finalen Schlag zu versetzen.
Wie groß kann eine Liebe sein, wenn sie aufgehört hat zu wachsen?
SpracheDeutsch
HerausgeberEisermann Verlag
Erscheinungsdatum1. Juni 2017
ISBN9783946172987
Last Chance: (Chance-Reihe)
Autor

Emma Smith

Emma Smith was born Elspeth Hallsmith in 1923 in Newquay, Cornwall, where until the age of twelve, she lived with her mother and father, an elder brother and sister, and a younger brother. Her first book, Maidens' Trip, was published in 1948 and won the John Llewellyn Rhys Memorial Prize. Her second, The Far Cry, was published the following year and was awarded the James Tait Black Memorial Prize. In 1951 Emma Smith married Richard Stewart-Jones. After her husband's death in 1957 she went to live with her two young children in Wales, where she proceeded to write and have published four successful children's books, one of which, No Way of Telling, was runner-up for the Carnegie Gold Medal. She also published a number of short stories and, in 1978, her novel The Opportunity of a Lifetime. In 2008 The Great Western Beach, her memoir of her Cornish childhood, was published to widespread critical acclaim. Since 1980 Emma Smith has lived in the London district of Putney.

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    Buchvorschau

    Last Chance - Emma Smith

    978-3-946172-98-7

    Kapitel 1

    Elly

    Sie warfen weiße Rosen und Erde ins Grab. Der Sarg war schon halb damit bedeckt. Der Pfarrer sprach irgendwas von Himmel, Barmherzigkeit und Ruhe … Wäre ich nicht so in meine Gedanken vertieft, hätte ich wohl laut aufgelacht.

    Wer konnte bei dieser Sache noch von Ruhe sprechen? Oder Barmherzigkeit? Die kannte Ryan doch auch nicht. Oder warum standen wir jetzt hier? Vor seinem Grab?

    »Elly? Geht es dir gut?«

    Max’ besorgter Blick ließ mich aufschauen. Er lächelte mitfühlend.

    »Sicher«, hauchte ich, weil ich meine Stimme einfach nicht mehr fand. Wieso auch? Ich hatte nicht mehr viel zu sagen. Es brachte nichts, wenn ich etwas sagte. Diese Lektion musste ich in den letzten Wochen immer wieder lernen.

    »Dann lass uns gehen.«

    »Wieso? Ich wollte bis zum Ende hier …«

    Max berührte mich am Rücken. Wieder hatte er diesen Blick.

    »Die Beerdigung ist längst zu Ende.«

    Was?

    Ich sah mich hektisch um und tatsächlich. Die meisten Leute waren schon gegangen.

    Während Max mich langsam zum Auto brachte, strich ich über meinen Bauch. Mittlerweile konnte ich die Babytritte mehr als gut spüren. Es war unbeschreiblich. Einerseits war es eine Absicherung, dass es dem Baby gut ging, andererseits war es etwas, das ich gerne mit ihm geteilt hätte.

    »Ich hole gleich Henry vom Kindergarten ab. Wie wäre es, wenn du dich zu Hause hinlegen würdest?«

    Er hielt mir die Tür auf. Ich holte einmal tief Luft, als ich wieder in dieses Monstrum einstieg und ließ Max weiter davon faseln, was er alles noch erledigen wollte.

    »Ich kann ihn genauso gut abholen. Dann kannst du machen, was auch immer du tun willst.«

    Mir war sein musternder Blick nicht entgangen, aber wie immer in den letzten Tagen ignorierte ich ihn.

    »Okay, hast du vielleicht noch Hunger?«

    Und wieder sprach er mit dieser mitfühlenden Stimme. Normalerweise hätte jeder das toll, verständnisvoll, was auch immer gefunden. Aber mich nervte es. Ich wollte nicht wie ein rohes Ei behandelt werden.

    Seufzend strich ich über meinen schwarzen, knielangen Rock, um mich abzulenken. »Nein, ich will einfach …«

    Was wollte ich? Dass alles nur ein Traum war? Dass ich einfach wieder aufwachen könnte, als wäre nichts passiert? Als hätten die letzten Tage nie stattgefunden?

    Für diejenigen, die sich fragten, was aus der alten lächelnden Elly geworden war … Da gab es eine Autobombe. Sie explodierte direkt vor unserer Haustür. Eigentlich begann dieser Tag wunderbar. Besser hätte ich es mir nicht vorstellen können. Devon und ich, wir hatten endlich die Beziehung, die wir uns beide wünschten. Selbst die Bedrohung durch Ryan war für einige Zeit keine Bedrohung mehr, weil wir uns hatten. Henry und das Baby waren der wunderbare Zusatz zu unserem Leben.

    Ich wollte an diesem Tag nur nach den Quartalszahlen schauen. Jimmy und ich hatten einen guten Ersatz für mich gefunden. Aber alles änderte sich, als ich diese Explosion hörte. So laut, so nah. Sofort war mir damals klar, dass sich alles ändern würde.

    Alaric, mein Leibwächter, bat mich an Ort und Stelle zu bleiben, was für mich nicht in Frage kam. »Denk an das Baby«, hatte er mir noch gesagt und ließ mich dann zurück, um direkt in der riesigen Rauchwolke zu verschwinden. Davor zog er noch die Waffe, die er immer bei sich trug.

    Ich fröstelte am ganzen Körper, während Jimmy neben mir auftauchte, den Hörer schon am Ohr, um Rettungswagen und die Polizei zu verständigen.

    Plötzlich, als hätte jemand einen Schalter umgestellt, hörte ich Henry weinen. Es war herzergreifend.

    Ohne noch weiter zu zögern lief ich los.

    »Elly, nicht!«, rief Jimmy mir noch hinterher, aber nein … ich würde und konnte ihn nicht im Stich lassen.

    Als ich die Rauchwolke erreicht hatte, spürte ich sofort, dass hier kaum noch Sauerstoff vorhanden war. Blind tastete ich mich langsam vor, während Henrys laute Schreie immer schlimmer wurden.

    »Henry!«, keuchte ich gegen den Rauch an und hustete mehrmals wie verrückt.

    »Elly? Bist du völlig verrückt? Verschwinde von hier!« Max. Max war also am Leben. Gott sei Dank. Und nach dem, was ich hörte, trug er Henry auf dem Arm.

    »Geht es … geht es euch gut?« Die Luft wurde immer knapper, meine Augen tränten. Ich konnte nur einen dunklen Umriss erkennen, dort wo Max vermutlich stand.

    »Ja, es geht uns gut. Wir müssen aber hier raus. Sofort!«

    Max packte mich am Handgelenk und zog mich mit sich, als es neben uns noch einmal laut explodierte. Die Luft wirbelte an uns vorbei, eine Druckwelle drückte uns zur Seite. Aber ich landete auf etwas Weichem, statt auf dem harten Asphalt.

    »Alles okay?« Max war es, der mit mir sprach. Ich musste auf ihm gelandet sein. Meine Hand tastete einen kleineren, zierlicheren Körper ab. Henry.

    »Alles ist gut, Henry. Wir sind ja da«, versicherte ich ihm. Langsam gewöhnten sich auch meine Augen an den Rauch. Henry lag eingesunken in Max’ einem Arm, während ich Zuflucht in seinem anderen fand.

    Ich blickte hoch zu Max. Sein Gesicht war mit Ruß überzogen, seine Augen suchten die Gegend ab. »Zwei Bomben. Scheiße«, fluchte er vor sich hin.

    »Max?«, flüsterte ich und sog wie eine Ertrinkende den wenigen Sauerstoff ein. »Wo ist Devon?«

    Er lag an der Hauswand, als Max Henry und mich wieder zurück zur Konditorei brachte. Ich hörte einen Nachbarn rufen, dass hier eine Leiche liegen würde.

    Wäre Henry nicht gewesen, der sich die ganze Zeit an mich gekuschelt hatte, wäre ich sofort zu den Männern hin.

    Aber es war nicht Devon. Der Tote war Alaric. Er stand direkt neben Max’ Wagen, als die zweite Bombe hochging. Hätte Max Henry nicht vorher aus dem Wagen geholt, wären die beiden jetzt auch …

    Das alles war vier Wochen her … und erst jetzt wurde Alaric beerdigt. Man wollte sich Zeit mit allem lassen. Klar, wieso sagte die Polizei nicht gleich, dass sie Alarics Leichnam genauer unter die Lupe nehmen wollten? Sie waren unfähig, den Hauptverdächtigen zu finden. Natürlich war es Ryan. Das war Max, mir und all den anderen klar. Aber wenn man Ryan nicht fand, wie sollte man ihn dann auch zur Rechenschaft ziehen?

    Zu unserem Haus fuhren wir keine zehn Minuten. Richtig. Wir wohnten nicht mehr in unseren Apartments. Mittlerweile lebten wir in Julias altem Haus. Das war Devons Wunsch gewesen, und so wie Max mir verriet, war es auch als Überraschung gedacht. Wir, Henry und das Baby sollten hier sicher leben. Wie makaber. Wer war denn noch sicher? Es war längst zu spät dafür.

    Doch Devon hatte sich das vor dem Anschlag gewünscht. Er wollte hier mit uns leben und da Max mir nicht versichern konnte, in einer anderen Stadt sicher zu sein, wohnten wir jetzt hier. Das Haus war riesig, wir sprachen von über 200 Quadratmetern reiner Wohnfläche. Der Garten war mindestens zwei Fußballfelder groß. Es war wunderschön, wenn man die Überwachungskameras außerhalb vergaß, die hohen Mauern und den Maschendraht darüber. Das hier sollte wirken wie ein Zuhause, war im Grunde aber nichts anderes als ein übergroßer Bunker.

    Aber Henry fühlte sich wohl. Er lebte hier schon seit Jahren mit seiner Mutter. Wie sollte er sich also nicht wohl fühlen? Die letzten Erinnerungen hatte er sich hier mit Julia geschaffen.

    Max fuhr den Wagen auf den Vorplatz unseres Hauses. Ich ignorierte die Wachen vor den Toren, die niemanden ohne Erlaubnis ins Haus ließen. Max erklärte mir mal, dass das alles Leute von Devon und Cliff waren. Vertrauensvolle Männer, die genauso die Schnauze voll von Ryan und seinen Methoden hatten.

    Wie immer half er mir, aus dem Auto zu steigen. Schwanger war es nicht mehr so einfach, aus einem tiefergelegten Wagen zu kriechen. Ja, kriechen!

    »Danke«, seufzte ich und lief zur Tür.

    »Kein Problem. Lizzy ist drin. Geh heute bitte nicht mehr vor die Tür.«

    Ich fragte nicht, warum. Die letzten Wochen hatte ich gelernt, nicht mehr alles zu hinterfragen. Die zwei Bomben unter Max’ und Devons Wagen sagten bereits alles aus.

    Als ich nichts darauf erwiderte, hörte ich Max laut aufseufzen.

    »Okay, ich hole Henry jetzt ab.«

    Natürlich. Dass ich ihn gerne abgeholt hätte, wusste er. Das wussten alle. Ich hasste es, hier eingesperrt darauf zu warten, dass sich irgendwas ändern würde.

    Während ich Max’ Auto wegfahren hörte, schloss ich die Tür auf. Ich zog meine Schuhe aus, um sie an die Tür zustellen. Henrys kleine Schuhe standen direkt daneben. Ich hätte sie gleich in die Abstellkammer nebenan stellen sollen, aber so sah es wenigstens etwas häuslich aus. Versucht mal, 200 Quadratmeter wohnlich wirken zu lassen, wenn ihr vorher eine 65 Quadratmeter-Wohnung eingerichtet habt. Jepp, jeder würde dieses Problem haben.

    Das Haus lag abseits der Stadt, also war es meist ziemlich ruhig. Aber nicht, wenn Lizzy hier war. Und das war sie mittlerweile fast täglich. Das Klappern von Töpfen übertönte selbst meine eigenen Gedanken.

    Ich lief durch den langen Flur direkt in die Küche. Lizzy, die rothaarige Schönheit, stand vor dem Herd und rührte in einem Topf irgendwas Dampfendes um.

    Sie blickte auf, als sie meine Bewegung bemerkte. Ihr strahlendes und offenes Lächeln hätte mich früher vielleicht mal angesteckt. Ach, wem machte ich was vor? Es gab in den letzten vier Jahren nur wenige Augenblicke, in denen ich wirklich glücklich war.

    »Hey, wie war die Beerdigung? Ach, vergiss es. Blöde Frage. Beerdigungen sind nie schön.«

    Stimmt.

    Ich setzte mich auf einen Hocker und lehnte mich an die Kücheninsel. Von so einer Küche hatte ich immer geträumt. Der neuste Herd, ganze acht Kochplatten … Damals fand ich Devons Küche in seinem Apartment schon klasse, aber die hier war mit nichts zu vergleichen. Nur verlor ich nach dem Anschlag jegliches Verlangen danach zu backen oder zu kochen.

    »Ich mache eine Hühnersuppe für den Invaliden und für euch dachte ich an einen schönen Braten, Süßkartoffeln und …«

    Ich verzog das Gesicht, während sie die wohl für sie leckeren Lebensmittel aufzählte.

    »Alles okay, Elly?«

    Ich schüttelte den Kopf, während ich wie immer über meinen Bauch strich. Lizzys Schultern sanken in sich zusammen.

    »Nein, heute wirst du vernünftig essen. Sieh dich mal an. Schwangere Frauen sollen in die Breite gehen, nicht schmaler werden. Zumindest nicht die, die bereits im sechsten Monat sind.« Ihr warnender Blick entging mir nicht, aber wie immer erwiderte ich ihn nicht. Lieber spielte ich mit dem Obst in der Schale vor mir herum.

    »Ich hab halt keinen Hunger.«

    Sie schnaubte und kümmerte sich weiter um das Essen auf dem Herd.

    Ich lernte sie nach dem Anschlag kennen. Sie war die Ehefrau von Cliff. Dem Cliff, der mich dank Devon und Max aus den Fängen meiner Schwester befreite. Andie …

    »Du weißt schon, dass ich dir den Mist nicht abkaufe?« Lizzy stand mir direkt gegenüber und musterte mich wieder skeptisch. Dank ihr verfiel ich nicht immer wieder in diese dunklen Gedanken. Dafür dankte ich ihr stumm.

    »Henry wird sich freuen, er liebt Süßkartoffeln.« Ich erhob mich, als Lizzy plötzlich mit einem Tablett und der Suppe bewaffnet vor mir stand. Mir war sofort bewusst, wer die Suppe bekommen und wer sie ihm bringen sollte.

    »Er wird sie nicht essen, wenn ich sie ihm bringe«, war meine klägliche aber auch ehrliche Antwort.

    »Mach dir nichts vor, Kleines. Er wird sie eh nicht essen. Egal, wer sie ihm bringt. Aber willst du es drauf ankommen lassen, dass er verhungert?«

    Lizzys mitfühlender Blick entging mir nicht. Wie bei Max …

    Sie war mehr als zehn Jahre älter als ich und dennoch wirkte sie lebendiger und fröhlicher, als ich es wohl je sein könnte. Seufzend nahm ich ihr das Tablett ab und lief nach oben, in die Höhle des Löwen.

    Mein Herz pumpte wie so oft – wenn ich seinem Zimmer näher kam – viel zu schnell und viel zu viel Blut durch meinen Körper.

    Damals, als Devon dieses Haus für Julia gekauft hatte, achtete er darauf, dass alles modern und sicher eingerichtet wurde. Überall, wo man hinsah, fand man helle Farben und kühle Möbel. Aber da ich Henry einfach Kind sein ließ, flog überall Spielzeug herum.

    Sein Zimmer war direkt neben meinem. Vermutlich wusste er das nicht mal. Er verließ seins ja nie. Seine Tür bestand aus dunklem Nussholz. Ich prägte mir die Farbe zu oft ein, weil ich mich selten wirklich traute zu klopfen. Aber was muss, das muss.

    Ich holte einmal tief Luft und öffnete dann die Zimmertür. Als Erstes fiel mir die Dunkelheit hier auf und der Gestank. Das Bett stand direkt am Fenster, das jedoch mit Vorhängen verdunkelt war. »Ich habe dir …«

    Er lag in seinem Bett und starrte zur Decke, als ich ein paar Schritte auf ihn zuging. Wie immer reagierte er nicht mal auf meine Stimme. Der Bart wurde von Tag zu Tag länger, die Haare ebenfalls. Von dem Mann, den ich damals kennenlernte, war nicht mehr viel übrig geblieben. Und es war … vermutlich auch meine Schuld.

    Als Devon im Krankenhaus angekommen war, operierten sie ihn sofort. Zwei Wirbel waren gebrochen. Diese mussten mit Schrauben fixiert werden und es war nicht gewiss, ob er jemals wieder laufen könnte. Dazu benötigte er allerdings Physiotherapie, täglich. Die verweigerte er. Wie alles andere, seitdem er entlassen wurde. Devon Riley vegetierte nur noch vor sich hin und ich hatte absolut keine Ahnung, wie ich das ändern konnte.

    Wie ich das alles durchhielt? Indem ich wieder die alte Elly wurde. Ja, die Elly, die niemand wirklich verstehen konnte. Die Elly, die vor Devon noch da war. Sie lachte oder lebte nicht. Sie überlebte. Mit einem Baby unter dem Herzen. Seinem Baby.

    »Dein Essen«, erklärte ich ihm mit leiser und unsicherer Stimme. Lächerlich, wenn man bedachte, wer sich hier vor mir befand.

    Natürlich antwortete er nicht. Die Decke war wie immer interessanter. Ohne zu überlegen strich ich mir über die Babykugel. Das beruhigte mich in letzter Zeit immens. Auch wenn es mir eigentlich Angst machen sollte, immerhin lag dort der zukünftige Daddy. Und er sprach kein Wort. Wie immer.

    »Bitte geh duschen.« Wieder eine tägliche Bitte, die schon wie eine Floskel klang. Ich drehte mich um und ging hinaus. Als ich die Tür ins Schloss fallen ließ, hörte ich auch weiterhin nichts aus seinem Zimmer. Ich biss mir auf die Lippe, um nicht frustriert laut aufzuschreien.

    Zu Anfang dachten wir alle noch, dass sich das nach ein paar Tagen ändern würde. Devon wäre einfach nur mürrisch, er würde sprechen, wenn er so weit war. Aber als er entlassen wurde und dann ganz aufhörte zu reden, bekam ich es mit der Angst zu tun. Von Tag zu Tag besserte sich nichts. Devon lag auf dem Bett und starrte die Decke an. Die Schrauben in seinem Rücken retteten sein Leben, aber zu welchem Preis? Mein Devon existierte nicht mehr. Ich war schwanger, liebte ihn und er war nicht da … einfach nicht da.

    »Hey Baby, was riecht denn hier so gut?«

    Von unten hörte ich Cliffs tiefe Stimme. Ich lächelte und lief eilig die Treppe hinab.

    »Finger weg, das ist noch nicht fertig und nicht für dich«, meckerte seine Frau ihn an. In der Küche fand ich das übliche Geplänkel. Cliff kam zu Besuch, seine Frau scheuchte ihn davon. Damals war ich überrascht, weil er einfach wie ein großer Papabär wirkte. Langer grauer Bart, breite Statur, intensive Augen. Er wirkte fast … wie mein Dad, als er vor zehn Jahren starb. Altersmäßig waren sie nicht weit auseinander.

    Er leckte sich gerade den Daumen ab, während Lizzy ihm einen Schlag auf die Schulter gab.

    »Hey. Ich hab nur probiert.«

    »Und ich hab dich nur gewarnt.«

    Es tat wirklich gut, die beiden so miteinander zu sehen. Das Haus war nicht nur ruhig, es kam Leben hinein. Vor allem, wenn Henry noch dabei war.

    Cliff sah auf, als ich in die Küche zurückkam. Das sanfte aber offene Lächeln berührte mich sofort. Ja, Cliff erinnerte mich immer an meinen eigenen Dad und es fühlte sich toll an.

    »Na, wie geht’s dir?« Natürlich wusste er von der Beerdigung, aber er konnte nicht dabei sein … irgendwas wegen Sicherheitsmaßnahm. Bla, bla, bla. Ich hatte schon längst aufgehört, mir alles anzuhören. Irgendwann schaltete ich einfach auf Autopilot.

    »Wie sieht es aus? Gibt’s was Neues?«, fragte ich ihn und setzte mich wieder an die Kücheninsel.

    Frustriert schüttelte er den Kopf und klaute sich etwas Gemüse. »Wie geht es ihm da oben?«

    Lizzy schnaubte und ich schüttelte einfach nur den Kopf. »Ich hoffe, er verlässt

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