Roland: Zeitschrift der genealogisch-heraldischen Arbeitsgemeinschaft Roland zu Dortmund e. V. Band 23/24
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Roland - Books on Demand
Roland zu Dortmund e.V.
Postfach 10 33 41, 44033 Dortmund
E-Mail: info@roland-zu-dortmund.de
Homepage: www.roland-zu-dortmund.de
Vorsitzende: Angela Sigges, Krinkelweg 203, 44267 Dortmund – Stellv. Vorsitzender: Walter Nabrotzky, Gabelstr. 10, 44287 Dortmund – Schriftführer: Fred Murawski, Luegstraße 9 44267 Dortmund – Stellv. Schriftführerin: Nancy Myers, Flözweg 9, 59174 Kamen – Schatzmeisterin: Elke Mehlmann, Schwarzdrosselweg 6, 44225 Dortmund – Stellv. Schatzmeisterin: Charlotte Albers, Dresdner Str. 15, 44139 Dortmund – Beisitzer: Christian Loefke, Dorothea-Petersmann-Weg 10, 48147 Münster – Rainer Minnerop, Kornharpener Straße 128, 44791 Bochum – Georg Palmüller, Flözweg 9 59174 Kamen
Schriftleitung: Christian Loefke
Jahresbeitrag für Einzelpersonen € 30,- (Ehepaare € 35,-)
Konto: Sparkasse Schwerte, BLZ 441 524 90, Kto.-Nr. 68 569
fällig im 1. Quartal des Jahres. Der Verein ist vom Finanzamt Dortmund-West als gemeinnützig anerkannt.
Der Bezugspreis der Zeitschrift (Roland) ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. – Arbeitssitzungen: Am zweiten Dienstag im Monat um 19.00 Uhr im Hotel Drees, Hohe Straße 107, 44139 Dortmund.
Bibliothek: 01 76 – 51 25 10 29 oder unter bibliothek@roland-zu-dortmund.de
Inhalt
Udo Westermann
Die Familien-Chronik Westermann. Unsere Heimat, unsere Familie
Die historische Entwicklung von Groß-Holthausen
Der Hof Westermann in Groß-Holthausen
Westermann in Dortmund – ab 1696
Westermann in Lütgendortmund
Quellen- und Literaturliste (Auswahl)
ROLAND-Wappenrolle (Wappen Westermann)
Bericht von der Jahreshauptversammlung am 11. Februar 2014
Bericht von der Jahreshauptversammlung am 10. Februar 2015
Orts- und Namenregister
Mitarbeiter des Bandes
Christian Loefke
Dorothea-Petersmann-Weg 1, 48145 Münster – schriftleiter.rzd@gmx.de
Udo Westermann
Volksgartenstr. 94, 44388 Dortmund – ufkj.westermann@gmail.com
Udo Westermann
Die Westermann-Chronik
Unsere Heimat, unsere Familie
Vorwort
Meine Mutter hat auf meine Frage:
„Wer sind eigentlich unsere Vorfahren?" gesagt:
„Unsere Familie ist eine ganz alte Dortmunder Familie."
Womit sie nach meinen bisherigen Untersuchungen mehr als Recht hatte. Zum damaligen Zeitpunkt gab es aber leider nur Informationen, die sich auf zwei Generationen bezogen, welche mein Vater für seine militärische Laufbahn gebrauchte.
Die vorhandenen Unterlagen haben mich allerdings neugierig gemacht. Nachdem ich in den Kirchenbüchern der St. Marien- und Reinoldi-Kirche gesucht hatte, wurde ich fündig.
Bis 1729 konnte ich die Westermann-Linie direkt zurückverfolgen. Vor Hermann Westermann hatte ich leider keine weiteren Ahnen in Dortmund finden können. Jedoch hinterließ dieser Hermann Westermann eine Notiz:
„aus Große-Holthausen stammend".
Um ältere Ahnen zu finden, machte ich mir zur Aufgabe, die Kirchenbücher der umliegenden Vororte Dortmunds zu durchsuchen. Das waren in der Hauptsache die Kirchenbücher in Kirchlinde, Barop und Eichlinghofen.
Hermann Westermann habe ich dabei nicht gefunden. Wohl aber, und das ist ein riesen Glücksfall, die eingetragene Taufe eines unehelichen Kindes im Kirchenbuch der evang. Kirchengemeinde Eichlinghofen.
Dieses Kind, dessen Vater Heinrich Westermann hieß, wurde 1696 geboren und ist der Hermann Westermann, der mir in der Ahnenreihe fehlte. In den Unterlagen, die mir 100-prozentige Gewissheit verschafften, steht immer der Vermerk „aus Großen Holthausen stammend".
Die Eintragung in die Bürgerliste der Freien- und Reichsstadt Dortmund am 12. Februar 1729.¹
Die Hochzeit in der evang. Marien-Kirche am 27.2.1729 mit Elisabeth Westhoff.
Die Patenschaften seines Vaters (Hofbesitzers aus Groß-Holthausen) bei 4 seiner Kinder (Kopien St. Marien-Kirche).
Durch diesen Glücksfall konnte ich den Stammbaum um weitere Jahrhunderte zurückverfolgen. Begleitend habe ich von der Westermann-Linie einen Stammbaum angelegt.
Es gibt mit Sicherheit, noch vieles in den Unterlagen nachzutragen, eventuell auch zu korrigieren. Einige Dinge werde ich vielleicht zu ausführlich dargestellt haben, aber die vielen schönen Texte und Bilder kann man einfach nicht ignorieren.²
Während der Niederschrift ist mir aufgefallen, dass es in dem Auszug aus dem „Schatzbuch der Grafschaft Mark von 1486"³ noch viele Höfe – vom Namen her „Westermann abgeleitet – gab, die sich „ter West
oder „ter Westen" nannten. Hier könnte man noch weitere Nachforschungen anstellen, denn es könnten sich doch noch andere verwandtschaftliche Verzweigungen ergeben.
Eine Urkunde vom 19.1.1397 (aus dem Staatsarchiv Düsseldorf)⁴ muss noch transkribiert werden. Die Urkunde wurde von einem Diedrich Schulte, dem damaligen Hofesrichter verfasst, in der ein Westermann als Zeuge auftrat.
Bei meinen heimatgeschichtlichen Recherchen und auf der Suche nach meinen Ahnen bin ich auf viel Verständnis und große Hilfsbereitschaft gestoßen, für die ich sehr dankbar bin. Insbesondere gilt mein Dank für die Einsicht und Kopien aus folgenden Kirchenbüchern: Evang. Kirchengemeinde Dortmund-Eichlinghofen, Evang. St. Marien-Gemeinde Dortmund, Evang. St.Reinoldi-Gemeinde Dortmund, Evang. Pfarramt zu Beneficii Langensalza, Röm. Kath Pfarrgemeinde v.d. Hl. Schutzengeln in Waldenburg und Kath. Kirche St. Magdalena Dortmund-Lütgendortmund. Ebenso danke ich den Mitarbeitern des Landeskirchliche Archivs der Ev. Kirche Westfalen in Bielefeld, des Staatsarchivs Münster⁵ und des Stadtarchivs Dortmund. Schließlich gilt mein besonderer Dank folgenden Damen und Herren, die mich mit Unterlagen und Bildmaterial tatkräftig unterstützt haben: Die Herren Rudolf Grobosch, Friedhelm Oehmchen, Friedrich Wilhelm Ostermann, Frau Marianne Epke und Frau Rechtanwältin Ulrike Kulp. Die Arbeit des Schriftsetzens⁶ leistete Frau Birgit Bujok. Hierfür möchte ich ihr nochmals meinen herzlichsten Dank aussprechen.
Dortmund, Dezember 2007 / 2016
Udo Westermann
1 RÜBEL, Karl: Die Bürgerlisten der Frei- und Reichsstadt Dortmund 1411-1511 und 1557-1803, in: Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark 12 (1903), S. 33-212, hier: S. 172.
2 Im Folgenden wird häufig – fast wörtlich – aus dem Buch von Wilhelm HÜCKER (Die Entwicklung der ländlichen Siedlung zwischen Hellweg und Ardey. Münster 1939 [Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, XXII: Geschichtliche Arbeiten zur westfälischen Landesforschung, 2]) zitiert. Dank an die Historische Kommission für die Abdruckgenehmigung.
3 TIMM, Willy (Bearb): Schatzbuch der Grafschaft Mark 1486. Unna 1986 (Quellen zur Geschichte Unnas und der Grafschaft Mark, 1).
4 Jetzt LA NRW Abt. Rheinland.
5 Jetzt LA NRW Abt. Westfalen.
6 Schriftsatz der dieser Veröffentlichung zugrunde liegenden Chronik in 3 Bänden.
Die historische Entwicklung von Groß-Holthausen
1. Frühgeschichte
⁷
Die ältesten Spuren menschlichen Wirkens im Bereich unserer engeren Heimat könnten vielleicht schon zwölf Jahrtausende alt sein. Doch wenn wir uns mit den steinernen Fundstücken befassen, deren zeitliche Einordnung sicher ist, erkennen wir ein Alter von vier bis sechs Jahrtausenden.
Mit der Jungsteinzeit begann eine Zeit sesshafter Lebensweise und einer landwirtschaftlichen Entwicklung. Menschen, die den meisten heutigen Europäern bereits recht ähnlich waren, blieben in ihren Siedlungen bereits so lange, wie der Boden sie ernähren konnte. Sie hielten als Haustiere Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine. Sie kannten den vierrädrigen Wagen und den Pflug, Zugtiere sowie kleine Herden. Es entstand durch Arbeitsteilung auch schon Gewerbe.
Als Jungsteinzeit (Neolithikum) werden vorrangig die letzten Jahrtausende der auf rund 600 000 Jahre bemessenen Steinzeit bezeichnet (ca. 6 500 bis 3 800 vor Chr.). Sie war die „Zeit der Keramik und der Stein- Holz- und Knochenwerkzeuge". Menschen verschiedener Kulturgemeinschaften besiedelten große Teile Europas. Die Bandkeramiker des donauländischen Kulturkreises stießen in ihren nördlichsten Ausläufern bis zur Lippe vor. Die bandförmigen Verzierungen an ihren Töpferarbeiten begründen diesen Namen. An der Wende zur späteren Bronzezeit breitete sich in Mitteldeutschland die Kultur der Schnurkeramiker gleichzeitig mit der von Norden kommenden Kultur der Streitaxtleute aus.
Abb. 1: Schnurkeramik aus einem Grab in Kötzschen,
Sachsen-Anhalt; Museum für Vor und Frühgeschichte Berlin
(Foto: Einsamer Schütze - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16318127)
Im Bereich unserer weiteren Heimat, nördlich und südlich der Ruhr, konnten Funde von bearbeiteten Steinen gemacht werden, die in jener Zeit als Werkzeuge, Waffen und in einigen Fällen als Schmuck verwendet worden waren. Einige Fundstücke werden dem westlichen Kulturkreis, andere dem norddeutschen Kulturkreis zugeordnet, besonders häufig ist jedoch die Rössener Kultur vertreten, die den Bandkeramikern des Südostens nahe stand. Hier gibt der Ort des ältesten Fundes den Namen für Stücke, welche auch in Westhofens Umkreis ausgegraben wurden. Die Zuordnung ist nicht immer leicht.
2. Die Zeit der Kelten, Germanen und Römer
Die Ausbreitung der „Indoeuropäer" als Begründer der meisten europäischen Sprachen von Island bis Indien kann im Zusammenhang mit dem Vordringen der Schnurkeramiker und der Streitaxtleute vor fast vier Jahrtausenden gesehen werden. Denn an der Wende von der Jungsteinzeit zur Bronzezeit (letztere ca. 1750-700 vor Chr.) überströmten Indoeuropäer auf schnellen Pferden und mit schnellen Streitwagen das Gebiet der alten steinzeitlichen Kulturen Europas. Sie wandelten sich durch deren Unterwerfung zu neuen Völkern wie den Kelten, Germanen, Italikern und anderen.
Den Kelten werden in unserer weiteren Heimat zahlreiche Namen von Flüssen und Bächen zugeschrieben, auch der Name der Ruhr und der Lippe. Am Ende der Bronzezeit drängen von Norden kommende Germanen in die keltischen Randgebiete ein. Mehrere Bronzeschwerter sind am Karlsberg (südlich des Harkortsees) gefunden worden, ein Lappenbeil im Jahre 1935 in Ergste und ein Beil mit Öse in Hagen-Helfe.
In der Eisenzeit (seit ca. 700 vor Chr.) überschichteten die Germanen die Bevölkerung Nordwestdeutschlands und beherrschten im 3. Jahrhundert auch das heutige Westfalen. Die Stämme der Sigambrer und der Chattuarier durchzogen oder besiedelten das Ruhrgebiet. Eine Rauhtopfschüssel aus jener Zeit konnte aus den Scherben ergänzt werden, die 1935 in einem Lehmhang beim Bodellenbach etwas westlich der Wannebachstraße sichtbar wurden. Auch die Herkunft einer Grube liegt über 2000 Jahre zurück, die genau an dem Hohlweg erkennbar war. Ebenfalls in die Zeit vom 4. bis 1. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung gehört die dünnwandige zweite Rauhtopfschüssel der vorrömischen Eisenzeit. Sie hat einen einziehenden geglätteten Rand und wurde 1959 an der Einmündung Schlossstraße/Hohlweg vor den Autobahnarbeiten gerettet.
An die Zeit der Römerkriege vor fast zwei Jahrtausenden erinnert die 1934 in Ergste gefundene bedeutende kleine Goldfigur der römischen Siegesgöttin. Im Kampf gegen die Römer schlossen sich nach Südwesten vorstoßende Sigambrer mit einigen germanischen Stämmen zum „Bund der Franken (d. h. Freie) zusammen, um die Unabhängigkeit zu bewahren. Die Franken überschwemmten in den späteren Jahrhunderten (bis etwa 300 nach Chr.) vom Rheinland ausgehend das gallische Land („Frankreich
).
Einen anderen Stammesverband bildeten später die Sachsen, die in der Völkerwanderungszeit von ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet in Holstein ausgehend sich mit anderen germanischen Stämmen wie den Chauken an der Wesermündung und den Angrivariern an der unteren Weser vereinigten, nach Süden vorstießen und im 6. und 7. Jahrhundert zum Rhein hin drängten. Um 700 n. Chr. haben sie auch die zwischen Ruhr und Lippe wohnenden Germanen vom Stamme der Boruktuarier (Brukterer) ihrer Herrschaft untergeordnet. Jetzt standen sie an allen erreichbaren Toren des großen fränkischen Machtbereiches.
3. Die Brukterer
⁸
Abb. 2: Germanische Siedlungsgebiete
(nach: http://www.clades-variana.com/die_geschichtliche_ausgangslage.htm)
Die Brukterer waren ein bedeutender germanischer Volksstamm und siedelten anfangs zwischen mittlerer Ems und oberer Lippe. Zur damaligen Zeit war das Land dünn besiedelt, entsprechend in weiten Gebieten mit dichten Wäldern bewachsen. Die Brukterer lebten teils von der Jagd, vor