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Bennos Weg: Beendorf Saga Teil II
Bennos Weg: Beendorf Saga Teil II
Bennos Weg: Beendorf Saga Teil II
eBook307 Seiten3 Stunden

Bennos Weg: Beendorf Saga Teil II

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Über dieses E-Book

Beendorf und Ostfalen im 12. Jahrhundert. Wie geht es nach dem 1. Band der Beendorf Saga "Bennos Dorf" weiter? Wie sieht "Bennos Weg" aus? Wie entwickelt sich Banenthorpe, das heutige Beendorf? Was geschieht zwischen 1099 und 1107 in Ostfalen, im Herzogtum Sachsen und im Römisch-Deutschen Reich? Wie sind die Verknüpfungen zu den Slawen? Diese Fragen stellten sich nach dem Erscheinen von "Bennos Dorf". Die Antwort zu den Geschehnissen gibt diese Geschichte. Viele Details und Personen wurden recherchiert und, so wie sie überliefert sind, übernommen. Die konkreten Handlungen im Roman und die meisten der handelnden Personen sind frei erfunden. Aber es könnte so oder so ähnlich gewesen sein. Wer geschichtsinteressiert ist, Heimatverbundenheit zur Lappwald-Aller-Region empfindet und eine spannende Handlung um Adelsintrigen, Rittertum, slawische Kultur sowie Liebe und Verrat mag, ist mit diesem Buch gut bedient.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum22. Nov. 2019
ISBN9783750445765
Bennos Weg: Beendorf Saga Teil II
Autor

Hartmut Schulze

Hartmut Schulze, Jahrgang 1951, wohnt seit 27 Jahren in Beendorf. Ursprünglich stammt er aus Sachsen-Anhals Süden, dem heutigen Burgenlandkreis. Der Name des Kreises deutet auf eine bedeutende Mittelalter-Historie hin. Aber die ist ja überall in Mitteldeutschland in faszinierender Weise vorhanden. Und so entwickelte der Autor eine Beisterung dafür, diese Historie mit Geschichten zu vermischen und aufzuschreiben. Hartmut Schulze ist von Beruf Physiker und hat sich beruflich vor allem mit Strahlenschutz befasst, einem völlig anderen Gebiet. Vielleicht resultiert aus seinem sachlichen, wissenschaftlichen Beruf eine gewisse Abneigung zu den Phantasy-Mittelalter-Geschichten, die uns mit Drachen, Zauberern und fliegenden Gestalten fast überschwemmen. Diese Dinge kommen im vorliegenden Roman nicht vor. Andererseits ist eine Neigung zu Witz, verstecktem Humor und lustigen Anekdoten unübersehbar. Immerhin hat Hartmut Schulze über 30 Jahre lang Faschingsprogramme gestaltet. Phantasievolles Einbetten von Sachlichem in einen ausgedachten und vielleicht auch überspitzten Zusammenhang ist also nicht neu für den Autor.

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    Buchvorschau

    Bennos Weg - Hartmut Schulze

    Inhalt

    Vorwort und Danksagung

    Einleitung

    Der Reiter auf dem Rennweg

    Die Herzogin Gertrud

    Der Bauer Veyt in Sorge

    Die Jungfrau Richenza

    Die Siedlung Retmarshusen

    Die Burg Suaneveld

    Das Verlies von Retmarshusen

    Das Massaker auf Retmars Hof

    Die Burg Rethra

    Die Grafenhochzeit

    Das Komplott der Grafen

    Der Ritter in Friedeslar

    Der Weißbart Sigomir

    Der Graf in Banenthorpe

    Der neue König

    Die Heilige Messe

    Die Tempelhure

    Der Herzog der Sachsen

    Die Slawenfürsten

    Der „Ritter vom Allertal"

    Das Opfer des Radegast

    Der Priester von Banenthorpe

    Der Tunnel

    Der Klosterkerker

    Der blutige Tempel

    Das Tribunal

    Der schwere Weg

    Das Heer der Sachsen

    Der Weg zur Elbe

    Der Pfeil des Ritters

    Nachwort

    Erläuterungen

    Personen

    Vorwort und Danksagung

    Im März 2017 erschien mein erstes Buch „Bennos Dorf" und im Mai desselben Jahres eine leicht überarbeitete Fassung davon. Es war ein Versuch, mit dem ich vor allem mir selbst die Frage beantworten wollte, wie es zur Namensgebung meines Heimatdorfes Beendorf gekommen sein könnte. Darüber hinaus ergab es sich fast automatisch, dass ich noch eine Reihe weiterer Geschehnisse aus der Zeit zwischen 1074 und 1097 in den Roman hineingeflochten hatte. Das Buch bestand aus einerseits überlieferten oder auch eindeutig belegten Fakten und aus andererseits erdachten Personen und Handlungen. Die Mischung kam allerdings nicht nur meinem eigenen Bedürfnis entgegen, sondern schien auch bei vielen anderen Menschen anzukommen. In Beendorf und Umgebung gibt es – das hat sich eindeutig gezeigt – eine große Zahl an Lesern, die an der Historie unserer Region interessiert sind. Ich freue mich sehr, dass ich meine Begeisterung an der Geschichte Ostfalens im allgemeinen und Beendorfs im Besonderen mit vielen Menschen teilen kann.

    Am Ende von „Bennos Dorf" hat sich Banno, der Held des Buches, der allerdings von den Einheimischen Benno genannt wird, in dem nach ihm benannten Ort Banenthorpe niedergelassen und geheiratet. Ein Abschluss seines bisher rastlosen Lebens und seiner Hin- und Hergerissenheit scheint also gekommen zu sein. Eine Fortsetzung der Geschichte würde demnach die Beschreibung des Lebens eines – in heutiger Sprechweise – Spießbürgers sein.

    Doch meistens kommt es anders als gedacht. Die unruhigen Zeiten um 1100 und Bennos freundschaftliche Beziehung zum Süpplingenburger Adelshaus sorgen dafür, dass „Bennos Weg" noch lange nicht zu Ende ist und dass es auch in diesem Buch eine spannende Handlung gibt. Darüber hinaus sorgen das Machtbestreben der Fürstenhäuser und die ethnischen Konflikte der verschiedenen Volksgruppen zu massiven politischen Entwicklungen auch und vor allem in Ostfalen, im Gebiet zwischen Braunschweig und Magdeburg, die uns verdeutlichen, welch große Weltgeschichte damals hier geschrieben wurde.

    Eigentlich wollte ich die Romanhandlung von 1099 bis etwa ins Jahr 1130 fortführen, weil mir für die Zeit danach eine weitere faszinierende Idee vorliegt, die dann in einem dritten Band übergangslos hätte verwendet werden können. Leider waren die Gedanken, die aufgeschrieben werden wollten, so viele, dass ich es dieses Mal nur bis ins Jahr 1107 geschafft habe. Nun gibt es zwei Varianten, entweder ich überspringe im nächsten Band einfach zwanzig Jahre in Bennos Leben und mache um das Jahr 1128 weiter, oder ich füge noch ein Buch dazwischen hinein. Allerdings fehlt mir im Augenblick dafür der Stoff. Aber ich denke, der kommt beim Recherchieren und Schreiben. Wir werden sehen.

    Aber zurück zum jetzt vorliegenden Buch. Die Romanhandlung ist zweisträngig aufgebaut, d.h. es laufen zwei Geschichten nebeneinander, zwischen denen meist im Wechsel hin und her gesprungen wird und die am Ende ein gemeinsames Finale haben.

    Ich habe die Ortsnamen wieder so verwendet, wie sie nach mir zugänglichen Informationen im Mittelalter geschrieben oder gesprochen wurden.

    Bei der Sprache, in der sich Personen im Buch unterhalten, ist es mir nicht gelungen, möglichst authentische mittelalterliche Sprechweisen anzuwenden. Ich gebe allerdings zu, dass ich es auch gar nicht erst umfassend versucht habe. Erstens ist die Sprechweise der einfachen Leute nur bruchstückhaft überliefert, und zweitens würde es die flüssige Lesbarkeit des Romans erschweren.

    Allerdings habe ich – anders als in „Bennos Dorf – die historischen Zusammenhänge und die Situation im Allertal und im Lappwald viel tiefgründiger recherchiert und in die Romanhandlung eingeflochten. Am Ende des Buches sind Erläuterungen zu den historischen Ereignissen gegeben und die handelnden Personen zusammengefasst dargestellt. In beiden Fällen wird zwischen „fiktiv und „real" unterschieden.

    Ich danke Claus Hansper, dem Ortschronisten von Beendorf, für die Bereitstellung von historischen Dokumenten und für viele fruchtbare Gespräche. Dank geht auch an Karl Jürgen Blanke für wertvolle mündliche und schriftliche Informationen zum mittelalterlichen Geschehen in unserer Gegend, vor allem bezüglich Schwanefelds. Hans-Gerd Meyer danke ich für das Beschaffen von Unterlagen zu Wüstungen in Ostfalen. Und besonderer Dank geht an meine liebe Frau Karla, die mich tapfer zu vielen Burgen und historischen Stätten begleitet, nie die Geduld mit mir verloren und mir beim Recherchieren und Schreiben den Rücken freigehalten hat.

    Hartmut Schulze, Dezember 2019

    Einleitung

    Über viele Jahrhunderte hin siedelten Menschen an dem kleinen Bach, der aus dem Lappwald gesprudelt kam, sich durch die Wiesen und Schilfflächen des Allertales schlängelte und auf kurzem Wege in den kleinen Fluss mündete. Weil dieser Bach im Lappwald aus drei Quellbächlein entstand, hatten ihn die Siedler Triole genannt.

    Die Gegend war immer schon Grenzregion zwischen verschiedenen Völkerstämmen, und so stellten die Bewohner eine Mischung von Menschen sehr unterschiedlicher Herkunft dar. In der Spätantike gehörte das Land zwischen Elbe und Weser in seinem nordöstlichen Teil zum Siedlungsgebiet der Langobarden und im südwestlichen Teil zu dem der Cherusker. Die germanische Völkerwanderung zwischen dem 4. und dem 6. Jahrhundert führte zu weitreichenden Verschiebungen und Vermischungen der Bewohner, so auch der Menschen, die sich zwischen Lappwald und Aller niedergelassen hatten. Die Langobarden wanderten bis nach Norditalien, und das Volk der Cherusker ging in anderen Stämmen auf, so unter anderem den Sachsen. Diese breiteten sich von Westen bis zur Elbe aus. Von Osten drängten slawische Stämme nach, teilweise bis über den Lappwald hinweg. Diese beiden Volksgruppen waren lange Zeit bestimmend für die Geschehnisse und die Menschen in dieser Gegend. Sachsen und Slawen lebten teilweise nebeneinander, vermischten sich miteinander oder standen sich kriegerisch gegenüber, wobei zwischen Aller und Lappwald bis zum 8. Jahrhundert eindeutig die Sachsen dominierten. Die hier zu der Zeit ansässigen und zu diesen Volksgruppen gehörenden Menschen waren Heiden mit all ihren vielfältigen Göttern und religiösen Traditionen.

    An herausragenden Stellen in der Landschaft, vornehmlich auf Bergkuppen gab es heilige Stätten, an denen den religiösen Ritualen nachgegangen wurde und an denen Rechtsprechungen und Hinrichtungen sowie Opferzeremonien stattfanden. Die Sachsen lebten in guter germanischer Tradition in losen Hofgemeinschaften. Sie opferten ihrem Gott Wotan und dankten seiner Frau Freya zur Geburt ihres Nachwuchses. Sie glaubten, dass ihre Verstorbenen in Walhalla eingehen und gaben ihnen Gegenstände aus ihrem Alltag mit ins Grab.

    Im späten 8. Jahrhundert führte der Frankenkaiser Karl der Große mehrere Sachsenkriege, unter anderem mit dem Ziel, dieses heidnische Volk zu christianisieren. Dabei kam es in Scheninghe¹ zu einem Treffen zwischen Karl dem Großen und dem Sachsenführer Widukind. Nach der endgültigen Niederschlagung des sächsischen Widerstandes wurde das Herzogtum Sachsen durch den Kaiser in drei Gebiete geteilt. Der östliche Teil Sachsens erhielt den Namen Ostfalen.

    Eine große Rolle bei der Missionierung spielte in Karls Auftrag Bischof Luidger von Mimigernaford². Luidger gründete das nach ihm benannte Kloster in Helmonstede³ und ließ eine Reihe christlicher Kapellen entlang der Grenzlinie errichten, die den Teil Ostfalens, der schon missioniert war, von den heidnischen Gebieten im Osten trennte. Von diesen Kapellen aus zogen die Missionare mit kurzen, manchmal auch längeren Reisen in östlicher Richtung, versuchten vor allem die jeweiligen Stammesführer anzusprechen, traten aber auch an den Versammlungsplätzen der Menschen mit ihren christlichen Botschaften und Heilsversprechen auf.

    Liudger ging recht behutsam, aber doch konsequent vor und vermied es, den christlichen Glauben mit Gewalt durchzusetzen. Im Jahre 875 wurde Liudger heiliggesprochen.

    Die Wirkung der Missionierung war umso größer, je mehr nicht einfach nur christliche Kapellen errichtet wurden, sondern dies an Stellen geschah, an denen sich zuvor heidnische Kultstätten befanden. Die Überbauung der den Heiden heiligen Plätze mit christlichen Gebäuden verdeutlichte auch äußerlich den Sieg der monotheistischen Christenreligion über den Vielgötterglauben der heidnischen Naturreligionen. Der Bau der Kapelle auf dem Kapellenberg oberhalb von Suaneveld ⁴ und auch der Kapelle auf dem heiligen Berg bei Banenthorpe⁵ wird mit solch einer Vorgehensweise Liudgers verknüpft.

    Kapelle von Banenthorpe, aus der durch Mauererhöhungen die

    heutige Dorfkirche entstanden ist (Phantasie-Bild)

    Die Kapelle von Banenthorpe war in der näheren Umgebung an der Lappwald-Ostflanke der einzige Bau aus Steinen. Somit bot das Christenhaus den Leuten auch Schutz vor feindlichen Zugriffen und diente als Wehrkirche. Die Triole floss nur einen Steinwurf entfernt vorbei, und auch die hiesigen Bewohner hatten nur kurze Wege von ihren Holz- und Stroh-Hütten bis zu ihrer Wehrkirche. Diese räumliche Situation führte dazu, dass immer mehr Bauern ihre Höfe in die Nähe der Kapelle verlegten und sich die Siedlung zum Ende des 11. Jahrhunderts zu einem richtigen Dorf entwickelte.

    Das Wirken Liudgers auf der Ostseite des Lappwaldes führte dazu, dass große Teile der Banenthorper Flur in den Besitz des Klosters in Helmonstede kamen. Neben dem kirchlichen Zugriff waren im 10. Jahrhundert vor allem die Grafschaften Waldbeke⁶, Haldeslevo⁷, Summersenburg⁸ und Supplinburg⁹ in der Lappwald- und Allerregion mit Allodialbesitz vertreten. Zwischen allen vier Adelsfamilien bestanden verwandtschaftliche Verknüpfungen und Abhängigkeiten. Das Grafengeschlecht von Waldbeke hatte seine Blütezeit schon zum Ende des 10. Jahrhunderts hinter sich. Dadurch wuchs der Einfluss von Graf Lothar von Supplinburg, der Lehnsherr in Banenthorpe und Umgebung war.


    ¹ Schöningen

    ² Münster

    ³ Helmstedt

    ⁴ Schwanefeld, wörtlich übersetzt Sumpffeld

    ⁵ später Bennenthorpe, heute Beendorf

    ⁶ Walbeck, wörtlich übersetzt Waldbach

    ⁷ Haldensleben

    ⁸ Sommerschenburg

    ⁹ Süpplingenburg

    Der Reiter auf dem Rennweg

    Bemesthorp, März 1099

    Graf Lothar von Supplinburg hatte einen festen Hof auf dem Hagen¹⁰ bei Bemesthorp¹¹ errichten lassen, der zur Verwaltung der Obliegenheiten diente, die sein Vasall und Freund Benno sowie ein paar weitere Bedienstete hier zu erledigen hatten. Sowohl die nach Benno benannte Siedlung Banenthorpe östlich des Lappwaldes als auch die Slawensiedlung Bemesthorp oben auf dem Hagen hatte Lothar an Benno als Lehen gegeben.

    Wirtschaftshof zu Bemesthorp (Phantasie-Bild nach vorhandenen

    Grundmauern und archäologischen Deutungen)

    Der Hof bestand aus einem massiven Wirtschaftsgebäude sowie mehreren Holzhütten. Er war von einem Wassergraben umgeben und durch einen Wall mit Palisadenzaun geschützt. Des Weiteren waren um die zehn bis zwanzig Landsknechte im Bemesthorper Hof untergebracht. Immer und immer wieder gab es Schwierigkeiten, die Abgaben an die Grafschaft sowie an das Kloster Sankt Liudgeri¹² von den Slawen, die aus Böhmen gekommen waren und in Bemesthorp siedelten, einzutreiben. Zwar hatte die Schlacht, die Lothar mit seinen Truppen vor vier Jahren gegen die aufständischen Bemesthorper Slawen geführt hatte, deren Abgabenbereitschaft etwas verbessert, aber es gab immer und immer wieder etwas Widerstand gegen die sächsische Obrigkeit.

    Und so beließ es Lothar nicht damit, seinem Vasallen Benno ab und zu mit bewaffneten Soldaten beizustehen, sondern hatte die Krieger als dauerhafte Bekräftigung seiner gräflichen Zuständigkeit hier stationiert. Im Gegenzug war Benno zu den verschiedensten Diensten gegenüber seinem Lehnsherrn und Freund verpflichtet. So hätte Benno im Kriegsfall mit Männern aus Banenthorpe und aus Bemesthorp Graf Lothar unterstützen müssen. Gottseidank war es seitdem noch nicht wieder zu einem Krieg gekommen, sodass sich Benno ausschließlich um seine Aufgaben in der Heimat kümmern konnte.

    Benno selbst wohnte nicht im Bemesthorper Hof, sondern in Banenthorpe. Letzteres wurde von den meisten Bewohnern inzwischen Bennenthorpe, das Dorf Bennos, genannt. Aber als Graf Lothar im Jahre 1097 das Anwesen seinem Freund als Lehen gegeben hatte, wurde dieser noch Banno genannt, und so war der Name Banenthorpe in die Urkunden des Klosters St. Liudgeri und der gräflichen Verwaltung von Supplinburg gelangt.

    Das Haus von Benno und seiner Frau Milena stand direkt neben dem Anwesen, das Bennos Stiefvater Veyt mit Milenas Mutter Kalina und deren mittlerweile achtzehnjährigem Sohn Lentz bewohnte. Insgesamt betrachtet war eine ziemlich durcheinander gewürfelte Familie. Benno betrachtete Lentz wie einen jüngeren Bruder, obwohl zwischen ihnen keinerlei Blutsverwandtschaft bestand. Die einzige Blutsverwandte Bennos in Banenthorpe war seine Mutter Elen, die mit dem Priester der kleinen Dorfkapelle verbandelt war und die Benno erst vor Kurzem wiedergefunden hatte. Und natürlich gab es noch Bennos Sohn Marquard, den ihm seine schöne Slawenfrau Milena vor einem halben Jahr geboren hatte.

    Die meisten der um die fünfzig Bewohner Banenthorpes hatten ihre Hütten um den kleinen Teich herum angeordnet. Auch entlang der Triole, dem Zu- und Abfluss dieses Teiches standen Hütten und Bauernhöfe. Bennos und Veyts Hof lag am östlichen Dorfrand. Zu vorchristlicher Zeit befand sich an der Stelle, an der nunmehr die Kapelle steht, der Thingplatz der sächsischen Siedler. Nach dem Bau der Kapelle wurde der Platz, an dem die wichtigsten Handlungen des Dorfes stattfanden, etwas weiter östlich von der Kapelle verlegt. Hier kamen die Bauern zusammen, um die wichtigsten Entscheidungen mit Benno zu besprechen, und hier wurden auch die Abgaben an den Grafen und der Zehnte an das Kloster Sankt Liudgeri zusammengetragen.

    Im Wirtschaftshof Bemesthorp hatte Benno seinen Vertrauten Conradus eingesetzt, damit dieser dort für Recht und Ordnung im Sinne ihres Grafen Lothar sorgte. Conradus war der Sohn des alten Burgverwalters Conrat aus der Supplinburg, der mit seiner Familie den Grafen von Supplinburg seit Jahrzehnten treu gedient hatte. Somit genoss auch Conradus Lothars vollstes Vertrauen. Die eingetriebenen Abgaben überführte üblicherweise Conradus zur Supplinburg und an das Kloster, wobei er stets von einem Teil der Soldaten begleitet wurde, um die Abgaben in Form von Naturalien oder auch von Geld vor unbefugtem Zugriff im Lappwald zu schützen.

    Lothar bezog Benno immer mehr in politische, diplomatische und wirtschaftliche Fragen seiner Grafschaft ein. So hatte Lothar darum gebeten, dass Benno ihn zu einer Reise nach Northeim begleitete, bei der wichtige strategische Entscheidungen für Lothars Zukunft anstanden.

    Benno hatte vor seiner Abreise seinen alten Stiefvater Veyt und seinen Stiefbruder Lentz beauftragt, sich während seiner Abwesenheit um die Banenthorper Obliegenheiten zu kümmern, die sich im Hinblick auf den Wirtschaftshof in Bemesthorp und die Supplinburg ergaben. Benno selbst führte keine bäuerlichen Arbeiten mehr aus. Als Lothars Vasall und Herr über die Bauern der beiden Siedlungen musste er sich vor allem um die Verwaltung der Abgaben kümmern und selbst die von Lothar erbetenen Dienste erledigen.

    Veyt hingegen hatte noch ein gehöriges Landstück zu bearbeiten. An einem freundlichen Vorfrühlingstag waren Veyt, Lentz und Milena mit der Feldarbeit beschäftigt. Kalina war mit dem kleinen Marquard zu Hause geblieben und kümmerte sich um den Haushalt und um ein wenig zum Essen. Die Bauern hatten in der Allerniederung Wölbäcker¹³ angelegt, um in feuchten Jahren bei dem recht morastigen Untergrund zumindest im jeweils oberen Teil der Ackerwölbungen etwas zu ernten.

    Veyt drückte mit seinem massigen Körper hinten auf den Pflug, während die beiden Geschwister die Zugtiere führten. Milena hatte das Pferd am Zaumzeug gefasst und ging auf der linken Seite. Rechts war ein Ochse eingespannt, den Lentz mit viel Mühe zum Laufen brachte, sodass eine einigermaßen gerade Furche entstand. Der Pflug hatte ein schmiedeeisernes Schar. Ein Eisenschar war eine Rarität, ermöglichte viel tiefere Furchen und damit bessere Erträge als die herkömmlichen Holzschare und wurde im Dorf von Bauer zu Bauer ausgeliehen. Dementsprechend stark war der Eisenpflug in Mitleidenschaft gezogen worden. Und so kam es, wie es kommen musste. Es war noch nicht einmal die Hälfte des Ackers fertig bearbeitet, da riss ein Bolzen, mit dem das Schar am Rahmen des Pfluges befestigt war.

    „Gottverdammich, fluchte Veyt, „muss das ausgerechnet jetzt passieren?

    Erschrocken gab Milena ein vorwurfsvolles „Hör auf! von sich. „Veyt, lass Gott aus dem Spiel!

    „Kannst du den Ochsen nicht etwas ruhiger führen? raunzte Veyt seinen Sohn an. „Bei der Ruckelei muss ja hier alles kaputt gehen.

    Lentz war sich keiner richtigen Schuld bewusst, zog aber lieber schweigend den Kopf ein. In letzter Zeit war Veyt oft mürrisch und ungerecht, und es war meist vergebens, sich mit ihm zu streiten. Er litt unter starken Schmerzen in seinen Kniegelenken, konnte es sich aber nicht leisten, still zu Hause rumzusitzen. Die Feldarbeit musste erledigt werden, wenn die Familie ihren kleinen Wohlstand erhalten wollte.

    „Und was nun?" fragte Milena.

    „Ich geh zum Bemesthorper Hof, versuchte Lentz etwas Optimismus in die Situation zu bringen. „Die haben bestimmt irgendein Stück Eisen, das man hierfür nehmen kann. Gib mir das Pferd, Veyt, jetzt wird es eh nicht mehr zu Pflügen gebraucht. Heute Abend bin ich mit einem neuen Bolzen zurück.

    So verlockend es für Veyt auch war, sich auf die faule Haut zu legen, so unwohl wurde ihm bei dem Gedanken, dass es womöglich nicht gelingen würde, den Pflug wieder in angemessener Zeit zu reparieren. So fiel Veyt auch nichts anderes ein, als Lentz‘ Vorschlag zu folgen. Er spannte seinen Jütländer Wallach aus. Lentz führte ihn vom Feld zum Stallgebäude, legte dem Pferd den Sattel auf und ritt ohne weitere Verzögerung los in Richtung Bemesthorper Hof.

    Lentz führte seinen Bogen und ein Kurzschwert mit sich, folgte dem kleinen Bach Triole und erreichte nach einer halben Stunde den Wirtschaftshof.

    „Tut mir leid, mein junger Freund, musste Conradus Lentz enttäuschen. Sie hatten gemeinsam den einzigen Pflug mit Eisenschar begutachtet, den die Bemesthorper benutzten. „Das Schar ist völlig anders gearbeitet als bei unserem Pflug und auch ohne solch einen Bolzen befestigt, stellte Lentz resignierend fest.

    „Ich könnte mir denken, dass der Schmied in der Suanevelder¹⁴ Burg so ein Eisenteil hat oder zumindest eins zurechtschmieden kann", grübelte Conradus.

    „Tja, dann werde ich eben noch nach Suaneveld reiten", Lentz war nicht im Geringsten traurig über seine wichtige Aufgabe. Mit dem Jütländer im Lappwald unterwegs zu sein, bereitete ihm deutlich mehr Vergnügen als die Feldarbeit.

    Lentz ritt in Richtung Lappwaldkamm und erreichte nach wenigen Minuten mit seinem Pferd den „alten Rennweg", eine Verbindung der beiden Klöster St. Liudger und Waldbeke. Er überlegte, ob er den geraden Rennweg nehmen und dann erst in östliche Richtung nach Suaneveld abbiegen sollte. Die andere Möglichkeit wäre, zurück nach Banenthorpe und von dort über Swalendorp¹⁵ nach Suaneveld zu ziehen. Er entschloss sich für die erste Variante, konnte er doch so vielleicht den einen oder anderen Bauern, Händler oder anderen Reisenden auf dem Rennweg treffen und ein paar Neuigkeiten über das Geschehen außerhalb Banenthorpes und Bemesthorps erfahren.

    Und tatsächlich gewahrte Lentz nach der nächsten Biegung vor sich ein paar Personen mit einem zweirädrigen Karren.

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