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Begraben unter Gänseblümchen
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eBook150 Seiten2 Stunden

Begraben unter Gänseblümchen

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Über dieses E-Book

Schöngeredet wurde die Liebe schon oft genug. Doch damit ist jetzt Schluss. In ihrem zweiten Roman räumt Mirjam Dreer mit allem auf, was an Rosa-Plüsch-Zuckerwatte erinnert. Egal, ob man mit jemandem schläft, der es sowieso niemals ernst mit einem meinen wird, ob Herzen - im wahrsten Sinne des Wortes - brechen oder ob man erst erkennt, wie wichtig jemand ist, wenn er nicht mehr da ist, hier darf nach Herzenslust gelitten werden. Denn manchmal ist love eben doch nicht alles what we need, sondern alles, what we begraben können. Wenn's sein muss auch unter Gänseblümchen.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum1. Aug. 2011
ISBN9783942920513
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    Buchvorschau

    Begraben unter Gänseblümchen - Mirjam Dreer

    weh.

    Track 1

    The Prodigy – Breathe

    Ausatmen.

    Ich sehe dieses Häufchen Elend neben mir, sehe, wie es keucht, völlig außer Atem. Kleine Schweißperlen auf seiner Stirn.

    Ich gehe ins Badezimmer, schaue mich im Spiegel an, frage mich, warum?

    Warum schon wieder?

    Das Übliche, stehe so rum, auf einer Party, Musik ist gut, aber keine Lust zu tanzen, lässig an der Bar gelehnt, an meinem Cocktail nippend, eindeutige Signale aussendend, zur Paarung bereit.

    Leichte Beute.

    Und da sehe ich ihn und innerhalb weniger Sekunden wird klar, er schläft heute nicht alleine. Und ich auch nicht.

    Nach dem obligatorischem »Bist du öfter hier?« und »Ja, Mucke is ziemlich laut« kamen wir auf seine Freundin, jetzt Ex. Sie hatte schon seit längerem ein Verhältnis mit einem anderen, und das hatte er vor einer Woche herausgefunden. Durch einen dummen SMS-Zufall. Ja, ja, Handys können Leben retten. Die elende Schlampe hat ihm dann auch gleich alles unter Tränen gestanden. Mit leugnen war ja nicht mehr viel. Er hatte einen eindeutigen Beweis mit nur 160 Zeichen. Und er kriegt die Bilder nicht mehr aus dem Kopf. Wie ein verschwommener Typ, ohne Gesicht, (er kennt ihn ja schließlich nicht) seine Perle fickt. Wie sie schreit. Ob sie sich bei ihm auch so in den Rücken krallt? Ob sie auch in seinen Armen einschläft?

    »Und das Schlimmste ist, hätte ich diese dämliche SMS nicht gelesen, hätte ich wahrscheinlich immer noch keine Ahnung von allem.«

    So beendet er seine Geschichte. Zum Schluss hat sein Ton schon fast etwas Qualvolles. Die untreue Fotze hat mit ihrem Fremdgeficke fast den ganzen Abend ausgefüllt, während ich nebenbei mich und den Typen abgefüllt habe. Und nachdem ich mir diese ganze Scheiße angehört habe, finde ich es nur fair, wenn der Kerl jetzt genauso fremdfickt.

    Blöde Idee.

    Ganz, ganz blöde Idee.

    Meine Augen sind geschlossen, aber vorsichtshalber lege ich noch meinen Handrücken davor. Ich will das nicht sehen.

    Gekeuche über mir. Stechende Schmerzen zwischen meinen Beinen.

    Gottverdammt! Verfickte Schmerzen! Es tut so weh! Hör auf! Hör auf! Geh aus mir raus und von mir runter, und dann verpiss dich, und lass dich hier nie wieder blicken! Nie wieder, hörst du!

    Schreit es in mir, in meinen Eingeweiden, in meinem Magen, schreit es aus jedem einzelnen Organ. Nur mein Mund, der bleibt verschlossen. In dem Moment hasse ich alle Männer. Und wofür? Sie können ja nicht mal was dafür. Ein Mann kann noch so lieb, noch so zärtlich sein, kann dir noch so viel Zeit geben, in dem Moment, in dem er in dich rein stößt, nimmt er automatisch die Rolle eines Vergewaltigers an. Wahrscheinlich haben deswegen so viele Frauen so selten Bock auf Sex. Sie wollen nicht so oft vergewaltigt werden. Und die, denen es Spaß macht, die steh’n drauf, vergewaltigt zu werden.

    Aber dann muss ich mir dieses Trauerspiel doch kurz geben. Ich öffne die Augen.

    Von meiner Warte aus projiziert dieser Hahnrei über mir gerade seinen gesamten Hass, seine Wut und seine Trauer, die sich in der letzten Woche angesammelt hat, auf seinen Schwanz und versucht, alles so weit wie möglich von sich wegzustoßen. Und wohin? In mich natürlich.

    Leichtes Opfer.

    In dem Moment öffnet auch er die Augen. Kurzer Schock. Ich bin nicht die, die die letzten zwei Jahre neben ihm eingeschlafen und aufgewacht ist. Ich bin nicht die, mit der er letzten Sommer Urlaub in Italien gemacht hat. Ich bin nicht die, die sonntags mit seinen Eltern Kaffee trinkt und Kuchen isst. Ich bin nicht die, mit der er die letzten zwei Jahre geschlafen hat. Und vor allem bin ich nicht die, die mit einem Anderen rumgevögelt hat.

    Das trifft ihn wie ein Faustschlag ins Gesicht, die reine, eiskalte und grausame Wahrheit dringt in sein Bewusstsein. Und was macht ein Mann, während er fickt, während er in einer Frau steckt und merkt, dass es nicht seine eigene ist?

    Klar, er dreht sie um.

    Von hinten, die Schmerzen werden noch gewaltiger.

    Er packt meine Hüften, wird schneller und schneller und lässt sich mit einem letzten energischen Seufzer auf mich und dann neben mich fallen.

    Er keucht, völlig außer Atem.

    Ich gehe ins Badezimmer, setze mich aufs Klo, spüre die Nässe, die an der Innenseite meiner Oberschenkel langsam eine Spur zieht. Ich fasse mir zwischen die Beine, halte meine Finger an die Nase. Es riecht nach Hass, Wut und Trauer eines betrogenen Mannes. Angeekelt wasche ich mir die Hände und versuche mich so gut es geht von der Spur zu reinigen, die er in mir hinterlassen hat. Wenn ich wieder ins Schlafzimmer gehe, werde ich ihm sagen, dass er jetzt gehen soll. Jetzt, sofort, auf der Stelle.

    Ich gehe zurück.

    Er ist eingeschlafen.

    Am nächsten Morgen, nervöses Schweigen.

    Der Höflichkeit halber frage ich ihn, ob er noch einen Kaffee möchte. Gott sei Dank lehnt er ab. »Hab wohl zu viel getrunken gestern.«

    Ha, ha, Scherzkeks, ich lach mich kaputt, das ist keine Ausrede dafür, dass du deinen Seelenmüll in mich gespritzt hast.

    »Ja, ich wohl auch.«

    Kein, »Ich meld mich mal«, kein »Wir sehn uns«, kein Bussi auf die Backe.

    »Tschüss«

    »Ciao, mach’s gut.«

    Ich schaue ihm aus dem Fenster nach, während er die Straße entlang geht.

    Da geht er hin, der betrogene Mann.

    Wenn er heimkommt, wird sie seinen Anrufbeantworter schon voll gequatscht haben mit lauter Entschuldigungen und sich wundern, warum er nicht ans Telefon geht.

    Irgendwann wird er ihr verzeihen, und dann wird er wieder nur sie ficken.

    »Was für eine Welt«, seufze ich in meinen Kaffee.

    Die Schmerzen sind weg. Seinen Hass, seine Wut, seine Trauer habe ich in Gutes und Positives umgewandelt.

    In mir.

    Track 2

    Wir sind Helden – Kaputt

    Kaputt.

    Das Aufstehen fällt immer am schwersten. Vor allem, wenn man die Nacht davor nur ein paar Stunden geschlafen und sich die meiste Zeit nur rumgewälzt hat. Die Gedanken haben einen so fest im Griff, dass man sich fühlt, als hätte man zehn Tassen Kaffee getrunken. Man möchte ja schlafen! Aber dieses ständige Nachdenken macht den Schlaf zunichte, gibt ihm noch mal kräftig einen Tritt, wenn er schon längst winselnd am Boden liegt. Und so habe ich mal wieder eine Nacht im Wachzustand verbracht. Bis gestern war ich noch krankgeschrieben, heute sollte ich eigentlich wieder zur Arbeit gehen. Eigentlich sollte ich schon seit einer Stunde auf meinem Platz sitzen. Aber ich bringe es nicht fertig. Ich schaffe es nicht mal, in der Arbeit anzurufen, um mich noch länger krank zu melden, starre nur auf mein Telefon, das schon von einer dicken Staubschicht bedeckt ist. Und bin zu schwach, um den Hörer zu nehmen und die Nummer einzutippen. Mir doch egal, was meine Chefin sagt, wenn sie stinksauer ist. Manchmal gibt es eben Wichtigeres im Leben als die Drecks-Arbeit.

    Mein Blick fällt auf den Küchentisch, wo seit geraumer Zeit die Tasse steht, die ich nicht fertig bringe, abzuspülen. Mittlerweile haben sich auf dem Tassenboden braune Ränder vom Kaffee gebildet, der sich vor langer Zeit mal in dieser Tasse befand. Ich starre ein paar Sekunden zu lange auf die Tasse, und schon geht es los. Mein Magen rumort. Ich halte mir den Bauch, dann die Hand vor den Mund, haste zum Bad, schaffe es gerade noch rechtzeitig, den Klodeckel anzuheben, da bricht auch schon die Guten-Morgen-Begrüßungskotze aus mir heraus. Ich weiß überhaupt nicht, was da jetzt noch kommen soll. Galle? Immerhin ist die letzte feste Nahrung, die ich zu mir genommen habe, schon so lange her, dass ich mich nicht mehr daran erinnern kann, was es war. Aber dieses morgendliche Kotzen hört einfach nicht auf. Seit … ja, seit wann?

    Ein Rest Flüssigkeit rinnt meine Mundwinkel hinab, vermischt sich mit Tränen, die sich den Weg aus meinen Augen Richtung Kinn bahnen. Schon wieder so etwas, ich hab einfach keine Kontrolle mehr über gar nichts. Über meinen Schlafrhythmus, meine Körperflüssigkeiten, alles schießt nur so aus mir heraus, und ich kann nichts dagegen tun. Steh nur da, kotzend und heulend.

    Ich betrachte mich im Spiegel, ein Zombie starrt zurück. Leere Augen, dunkle Ringe darunter, leichenblass, Haare strähnig und fettig, Mundwinkel nach unten hängend, damit könnte ich jeden Angela-Merkel-look-alike-Contest für mich entscheiden. Und das mit Leichtigkeit. Wenn ich mich nicht so verdammt schwach fühlen würde, dann würde ich jetzt am liebsten den Spiegel einschlagen, mit der bloßen Faust so lange dagegen hämmern, bis er in viele, kleine Einzelteile zerspringt und ich mein Spiegelbild nicht mehr sehen muss. Doch stattdessen drehe ich den Wasserhahn auf und spüle meinen Mund aus, um den Kotzegeschmack wegzubringen.

    Dann schleife ich mich zurück in die Küche. Die Tasse steht immer noch auf dem Tisch. Mit zitternden Händen greife ich danach, führe sie zum Mund, tu so, als würde ich daraus trinken, nur um mich ihm wieder näher zu fühlen.

    Denn er war der letzte, der aus dieser Tasse getrunken hat. Eine Woche ist das jetzt her. Aber mir kommt es so vor, als wäre es Monate her. Als er mir gesagt hat, dass es nicht mehr funktionieren würde zwischen uns. Als er mir gesagt hat, dass er jetzt erst mal Zeit für sich braucht, zum nachdenken, dass ich ihn nicht anrufen soll. Als er den letzten Schluck Kaffee trank, die Tasse auf den Tisch stellte, den Wohnungsschlüssel daneben legte und ging.

    Seitdem steht die Tasse da. Seitdem kann ich nicht mehr schlafen, aber dafür kotzen wie ein Jugendlicher nach 15 Tequila.

    Natürlich habe ich ihn angerufen. Hab in den Hörer geflennt, hab gefleht, gedroht, geschrien, er solle es sich verdammt noch mal überlegen, er kann doch unsere gemeinsamen Jahre nicht einfach so wegschmeißen, ich liebe ihn doch!

    Irgendwann war sein Handy dann permanent aus, ich hinterließ ihm mindestens 30 Nachrichten auf der Mailbox, und wenn ich es auf Festnetz probiere, dann ertönt seit gestern auch nur noch das Besetztzeichen.

    Und immer wieder die Frage nach dem Warum? Warum hat er das getan? Warum hat er mich verlassen? Wir waren doch mal so glücklich gewesen. Und ich hab mich doch auch geändert. Ich hab versucht, nicht mehr ständig sein Handy zu kontrollieren und aufgehört, seine E-Mails zu lesen, schließlich konnte ich seine fünfte Passwortänderung nicht mehr entschlüsseln. Und bei seiner besten Freundin hab ich mich auch entschuldigt, nachdem ich ihr eine fast volle Bierflasche nachgeworfen hatte, als sie ihm auf der letzten Party einfach so ein Begrüßungsbussi direkt auf den Mund gegeben hat. Außerdem ist die Platzwunde wieder vollends verheilt, und die Reinigung ihrer Pradajacke hab ich ja auch bezahlt. Trotzdem bin ich nach wie vor der Meinung, dass dieses Bussi einen Tick zu lange gedauert hat, und insgeheim glaube ich ja sowieso, dass sie was von ihm will.

    Und dass ich eine Treuetesterin engagiert habe, die zusätzlich von einem Pro7 Filmteam begleitet wurde, um ihn auf frischer Tat zu ertappen, fand ich meines Erachtens nach völlig legitim, schließlich hat doch jeder ein Recht darauf, zu erfahren, was sein Partner so – und vor allem mit wem – treibt, oder?

    Und dann hat er ja mit dem Lockvogel auch auf Teufel komm raus geflirtet.

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