Sommerekzem: Erkennen - Vorbeugen - Behandeln
Von Anke Rüsbüldt
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Buchvorschau
Sommerekzem - Anke Rüsbüldt
2007
Was ist das Sommerekzem?
Definition
Seit einigen Jahren sind sich die Tiermediziner einig über die Ursache der Erkrankung. Dennoch halten sich hartnäckig Gerüchte um verschiedenste auslösende Faktoren.
Das Sommerekzem ist eine Allergie gegen den Speichel bestimmter Mücken. Das Verhältnis zwischen Allergieneigung und Stärke der Symptome ist aber bei verschiedenen Pferden duruchaus unterschiedlich, außerdem können viele Umstände das sichtbare Krankheitsbild beeinflussen. Zusätzlich begünstigende Faktoren erscheinen manchmal als Auslöser, weil die Erfahrung zeigt, dass bei ihrem Ausbleiben die Symptome nicht oder nur vermindert auftreten.
Inzwischen ist eindeutig nachgewiesen, dass es sich beim Sommerekzem um eine Allergie vom Typ 1 handelt, eine Überempfindlichkeitsreaktion gegen Inhaltsstoffe des Speichels von Mücken.
Je nach Region werden verschiedene Mücken verantwortlich gemacht. Im Sprachgebrauch heißen sie Gnitzen, Kriebelmücken, Stechmücken oder Sandmücken, zoologisch in unseren Breiten meist Culicuides Spezies. Vermutungen in dieser Richtung gab es schon sehr lange – so gibt es Literaturhinweise, dass bereits 1964 der Pferdetierarzt Ernst Elsholz die Ansicht vertrat, dass vor allem winzigste Mücken als Verursacher des Sommerekzems angesehen werden müssen.
Die Mücke ist schuld daran, dass es juckt … und juckt … und juckt … (Foto: Hoppe)
Die Veranlagung für eine Allergie gegen Inhaltsstoffe des Mückenspeichels ist erblich. Die Heritabilität, also die Wahrscheinlichkeit, dass die Veranlagung tatsächlich vererbt wird, ist allerdings relativ gering. Stuten vererben die Veranlagung häufiger als Hengste.
Wichtig: Die häufig synonym gebrauchten Begriffe Sommerekzem und Sommerräude sind sehr unterschiedliche Erkrankungen! Die Sommerräude ist eine Erkrankung durch Endoparasiten, die einen Teil ihres Lebenszyklus in der Haut von Pferden verbringen und ihre Eier dort ablegen.
Auslöser
Je mehr wir über „unseren" Erreger und seine Lebensgewohnheiten wissen, desto besser können wir ihn überlisten. Trotz all der Plage, die diese Mücke unseren Pferden und uns verschafft, ist sie ein Teil unserer belebten Natur. Ansätze, die auf die totale Vernichtung der Mücken hinzielen und unsere unmittelbare Umgebung so sehr mit Insektiziden verseuchen, dass schließlich auch die Singvögel und Schwalben nicht mehr auf lebenswerten Wohnraum treffen, versprechen zwar Erfolg beim Kampf gegen das Sommerekzem, sind aber nicht vertretbar.
Diese Stechmücken sind außer auf Island weltweit verbreitet. Auf Island gibt es durchaus auch einige unangenehme Insekten, wie jeder weiß, der mal zur „falschen" Zeit dort Urlaub gemacht hat – aber eben nicht die den Ekzemern gefährlichen Stechmücken.
Die Mücken, um die es uns hier geht, brauchen Gegenden mit geeigneten Brutplätzen, um sich vermehren zu können. Dafür bieten sich vor allem stehende oder langsam fließende Gewässer an. Ob es sich dabei um natürliche oder künstliche Gewässer mit oder ohne Lichteinstrahlung handelt, ist nahezu egal. Auch die Wasserqualität ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, auch wenn sich die verschiedenen Mücken in ihren Ansprüchen ein bisschen unterscheiden.
Wichtig für die Mücken ist ein gewisser Windschutz, sodass größere Gewässer im Allgemeinen gemieden werden. Wichtig ist dies für uns, weil in Gegenden, in denen nicht gebrütet werden kann, in der Regel auch kein Bedarf an Blut besteht. Nur die tragenden Weibchen saugen Blut. Ein ekzemkrankes Pferd bleibt in einem tanzenden Mückenschwarm gelassen stehen – hier tanzen die Männchen und die ernähren sich von Blütensäften.
Die Stechmücken sind nur fünf bis zehn Millimeter groß und haben einen schlanken, mit Schuppen oder Haaren bedeckten Körper. Ihre Mundwerkzeuge sind zum Stechrüssel umgebildet, der etwa halb so lang ist wie ihr Körper. Einzelne Arten unterscheiden sich in der Stellung des Stechrüssels zur Körperachse, in dem Aufbau der beiderseits des Stechrüssels angebrachten Taster, im Aufbau des Schildchens auf dem Rücken und in vielen weiteren kleinen Besonderheiten. Sie wiegen nur 1/1700 Gramm – erstaunlich, dass die erkrankten Pferde die Berührung spüren, noch bevor die Mücke sticht.
Vom Ei über Larvenstadien und Puppe entwickelt sich die Stechmücke je nach Wassertemperatur innerhalb von zwei bis fünf Wochen. Das weibliche Tier kann bereits kurze Zeit nach dem Schlüpfen aus der Puppe begattet werden. Nach dem Blutsaugen legt eine einzelne Mücke bis zu 400 Eier. Es gibt zwei Vermehrungshöhepunkte: im April bis Mai und dann noch einmal im September bis Oktober, wenn die Brutplätze wieder feucht werden, während wir uns über den milden Herbst freuen. Die Entwicklung der Mücken ist sehr stark witterungsabhängig, in trockenen und heißen Jahren gibt es einfach weniger Mücken.
Insektenschwärme sehen gefährlicher aus, als sie sind: Nur die weiblichen Mücken saugen Blut und werden dem Ekzemer gefährlich. (Foto: Stuewer)
Nur fünf bis zehn Millimeter klein, aber Verursacher großer Probleme: die Kriebelmücke.
So fängt es an: Stiche in der Bauchnaht verraten, dass die Mücke es sich hier gütlich getan hat. (Foto: Diehn)
Zum Vermehren benötigt die Mücke Blut – und wählt dafür unser Pferd. Sie sticht vor allem an weichen Hautstellen und bevorzugt in Bereichen, in denen die Haare senkrecht stehen: vor allem Mähnenkamm, Schweifrübe, Kruppe und Bauchnaht – jener schmale Streifen in der Mitte des Bauches, an dem beide Körperhälften sich treffen.
Bevor die Mücke mit pumpenden Bewegungen Blut saugen kann, gibt sie zur Verhinderung der Blutgerinnung etwas Speichel ab. Genau dieser Speichel ist es, auf den der Sommerekzemer überempfindlich reagiert.
Der Zeitpunkt, zu dem die Mücke am liebsten sticht, ist stark von meteorologischen Gegebenheiten abhängig. Trocken, kühl und windig mögen Mücken es überhaupt nicht, ebenso wenig Dauerregen und starke Sonneneinstrahlung. Richtig stechlustig werden sie in feuchter Wärme und in der Dämmerung. Lieblingszeiten sind deshalb schwüle Abende, beginnende Gewitter und die Zeit kurz nach Sonnenuntergang. Außerdem ist die Mücke auch nachts aktiv. Das Aufstallen der Pferde tagsüber und der nächtliche Weidegang – als Tipp zum Teil immer noch veröffentlicht – läuft nicht nur dem Tagesrhythmus der Pferde zuwider, sondern ist auch völlig sinnlos.
Stechmücken entfernen sich ungern von dem Ort ihrer Geburt. Normalerweise legt eine Mücke nachts zwei bis maximal acht Kilometer zurück, und sie fliegt nicht höher