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Gimsteinn: Die Thrym
Gimsteinn: Die Thrym
Gimsteinn: Die Thrym
eBook289 Seiten3 Stunden

Gimsteinn: Die Thrym

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Über dieses E-Book

Largas wurde als Findelkind in einer glücklichen Familie groß. Doch mit dem heranwachsen wird im klar, dass er anders ist als die anderen Bewohner seiner kleinen Stadt. Als er schlussendlich sein Schicksal suchen geht, bekommt er als letztes Geschenk seines Vaters, einen Kompass mit auf seine Reise. Was er Anfangs jedoch nicht weiß ist, dass sein Schicksal und der vermeidlich unscheinbare Kompass enger miteinander verbunden sind, als er es sich je vorstellen vermag. Im Laufe seiner Reise trifft Largas allerlei Gefährten, schließt neue Freundschaften und macht viele Erfahrungen. Doch das Abenteuer in dem er und seine baldigen Freunde stecken birgt auch Gefahren. Manchmal begleitet von einer unberechenbaren Stimme in unseres Helden Kopf und ungeahnten Kräften die in ihm und vor allem in seinem rechten Arm stecken.

Eine Geschichte voller Freundschaft, Liebe, Abenteuer und Tot.
SpracheDeutsch
HerausgeberTWENTYSIX
Erscheinungsdatum25. Nov. 2016
ISBN9783740724894
Gimsteinn: Die Thrym
Autor

Christian Rach

Christian Rach ist ein junger Autor und Student, geboren in Baden-Württemberg. Sein Abitur machte er im Kreis Tübingen und 2012 begann er ein Studium in Villingen-Schwenningen im Studiengang Maschinenbau. Christian Rach ist passionierter Künstler und Autor.

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    Buchvorschau

    Gimsteinn - Christian Rach

    Inhalt

    Das Findelkind

    Auf der Reise

    Die Kreatur

    Die Flucht aus Gloria

    Gang der 8 Könige

    Leiknir

    Bedeutender Stahl

    Hafli's Werkstatt

    Gefangene

    Impressum

    Das Findelkind

    Tinus ging im Wald spazieren. Das hatte er sich so angewöhnt.

    Immer zur Mittagszeit, nachdem er wieder diverse Seiten ab

    und niedergeschrieben hatte, brauchte er einfach ein bisschen

    Zeit für sich.

    Die Sonnenstrahlen fielen wie leichte Fäden aus Licht auf seine

    Haut nieder. Zusammen formten sie mit den Blättern durch

    die sie fielen ein eigenartiges, aber schönes Schattenspiel

    auf dem Gesicht von Tinus. Es fühlte sich an wie eine Brise

    von Energie, die ihn irgendwie zu durchströmen schien. Er hielt

    an. Saugte die Luft in seine fette, knollige Nase, nebenbei

    bemerkt die größte Nase seines Volkes, und stieß diese mit

    einem kräftigen Pusten wieder aus. Hier fühlt er sich wohl.

    Tief im Wald. Keine Menschenseele die ihn beeinflusst, von der

    Seite anquatscht oder etwas will. Grinsend blickte er zu den

    Baumkronen nach oben. Die Sonne brannte auf seine Haut.

    Er musste seine Augenlider zu Schlitzen zusammenpressen,

    um nicht zu stark von der Sonne geblendet zu werden.

    Nun fehlte nur noch der richtige Platz. Er hatte sich extra sein

    Tantarbrot mitgenommen um es genüsslich, an einem ruhigen

    Platz, zu verspeisen.

    Unter der Tantarfrucht kann man sich eine knollenförmige,

    rote Frucht vorstellen. Diese ist auf ihrer Außenhaut mit

    giftigen Stacheln bedeckt, die vor der Weiterverarbeitung

    sorgfältig entfernt werden müssen. Das Gift ist zwar nicht

    tödlich, beschert aber jedem, der es zu sich nimmt, äußerst

    starke Verdauungsschwierigkeiten. Es sind auch schon Fälle

    vorgekommen bei denen sich manche Muskeln zu den

    unpassendsten Zeitpunkten entspannt haben. Tinus hatte ihn

    gefunden, seinen Platz. Er war äußerst bequem, dennoch hatte

    er auch weitere Eigenschaften die Tinus sehr zusagten. Sein

    Platz lag im Schatten, jedoch nicht zu sehr. Es wurde immer

    etwas Sonne durch die Baumkrone gelassen. Im Sommer gab

    es stets eine angenehme und frische Brise. Im Winter jedoch

    trug der Wind immer warme Luft von der angrenzenden

    Heißwasserquelle mit.

    Er setzte sich hin und gab sich einen Moment der Entspannung.

    Wieder atmete er tief ein und stieß die Luft nach einiger Zeit

    kraftvoll aus. Die Luft hier war einfach herrlich. So ein

    unberührter Duft. Nun wurde er konzentriert. Sein Fokus war

    ganz auf sein Tantarbrot gerichtet. Er wickelte es aus den

    Blättern in die es eingewickelt war und sofort fingen seine

    Augen an zu glänzen. Seine Frau hatte ihm Grissschmalz mit

    auf sein Tantarbrot geschmiert. Er hatte schon eine tolle Frau,

    sie war immer für ihn da, hatte ihn immer bestärkt. Er seufzte

    kurz und biss genüsslich in sein Brot. Er genoss jeden einzelnen

    bissen. Dazu gab es natürlich die übliche Portion Sirupwasser.

    Sirupwasser war schwer zu beschreiben. Wasser mit Geschmack,

    aber nicht nur mit einzelnen Geschmäckern sondern einer

    ganzen Bandbreite. So schmeckte ein jeder Schluck der selben

    Sorte Sirupwasser immer ein bisschen anders. Aber natürlich

    nicht grundverschieden, eher einzelne Nuancen die  

    unterschiedlich stark in den Vordergrund traten. Und es war

    unheimlich erfrischend, ähnlich einem Gebirgsbach, der von

    einem Gletscher gespeist wurde. Als er sich sein Mahl

    einverleibt hatte, zeichnete sich ein seichtes Grinsen ab. Er

    schaute zur gleichen Zeit zu den Baumkronen hinauf,

    in dessen hin- und herwankenden Blättern sich ein wunderbares 

    grünes Lichtspiel abzeichnete. Er wurde langsam schläfrig.

    Seine Zufriedenheit tat einiges dazu, dass er sich alsbald auf

    den Waldboden legte und unter dem Schutz des dichten Waldes

    in einen tiefen Schlaf versank. Tinus wurde ganz plötzlich aus

    dem Schlaf gerissen. Er schaute in den Himmel. Der Sonne nach

    zu urteilen war nicht viel Zeit vergangen seit er sich hingelegt

    hatte. Das kam ihm komisch vor, was hatte ihn so brutal aus

    dem Reich der Träume zu seinem Lieblingsplatz zurückgeholt? 

    Er konnte es sich nicht erklären, aber etwas stimmte nicht.

    Er hatte eine seiner komischen Vorahnungen, die er immer

    hatte, kurz bevor etwas passierte. Tinus hatte nur noch keine

    Ahnung ob sich diese als gut oder schlecht herausstellen sollte.

    Und auch das war sehr ungewöhnlich. Sonst konnte er, präzise

    wie ein Uhrwerk, voraussagen ob etwas gutes oder schlechtes

    im Begriff war zu geschehen. Nur nicht dieses Mal.

    Er richtete sich auf, runzelte seine Stirn und schaute sich um,

    es war windstill und auch kein einziger Vogel war zu hören.

    »Das kann nichts Gutes bedeuten.«,hörte er sich selbst in

    seinem Kopf skandieren. Und der kleine Mann in seinem Kopf,

    der ihn sonst zu beruhigen vermochte, war bereit. Bereit um zu

    tun, was getan werden musste, wenn es denn von Nöten sein

    würde. Tinus fing an sich zu konzentrieren, abzuschätzen aus 

    welcher Richtung denn diese vermeintliche Bedrohung zu

    kommen schien. Etwas zog sein kleines inneres Männchen an,

    er fixierte die Richtung, griff seinen Beutel und rannte los.

    Er wusste nicht wohin, aber er wusste, dass er am Ende an

    einem Scheideweg stehen würde. Es würde eine Entscheidung

    geben.

    Die eine oder die Andere.

    Er rannte schneller, sprang über umgestürzte Baumstümpfe

    und Wurzeln. Hätte ihm jetzt jemand aus seinem Volk

    zugesehen, so hätte dieser jemand denken müssen der

    Leibhaftige selbst wäre in ihn gefahren. Es schien als würde er

    durch den Wald schweben. Auf dem Weg schaute er links und

    rechts, seine Augen wurden schärfer. 

    Keine Tiere.

    Auf dem Weg den er lief gab es keine Tiere. Was nicht mehr nur

    unwahrscheinlich, sondern vielmehr unmöglich war. Dieser

    Wald lebte unter normalen Umständen. Überall kreucht und

    fleucht es, aber hier: Nichts!

    Dann veränderte sich etwas in der Landschaft. Er kam auf eine

    Lichtung zu. Er verlangsamte innerhalb von einigen Metern

    seinen Sprint zu einem Schleichen. Er war einige hundert

    Meter von der Lichtung entfernt, sie zog sich wie ein

    ausgefranster Schnitt durch den Wald. Er spitzte seine Ohren.

    Ein leises plätschern,  mehr war da nicht. Kein gewohntes

    Flattern der Vögel, kein rascheln und auch kein bestimmender

    Wind, der einem durch das Haar bläst. Er fühlte sich langsam

    aber sicher sehr unbehaglich. Und das war noch baumhoch

    untertrieben. Nur für dieses Gefühl das er hatte, kannte er

    keinen Namen.

    Er ging weiter. Verwelkte Blätter raschelten unter seinen Füßen.

    Ein Stock knackte laut und er hielt inne, seine Sinne aufs

    äußerste geschärft. »Mach dich nicht verrückt.« sprach er leise

    zu sich und schüttelte kaum wahrnehmbar seinen Kopf um die

    schlechten Gedanken los zu werden. Jedenfalls hat er das

    versucht. Er hob seinen Kopf, versuchte etwas zu riechen,

    was ihm sonst mit seiner Rekordhalter-Nase nicht schwer viel.

    Es lag nur ein salziger Geruch in der Luft, wie am großen

    Wasser im Osten. Er schlich weiter in die Richtung, in die es

    Tinus nun fast zu ziehen schien.Die Ungewissheit riss an ihm.

    Zerriss seinen Geist. Zerrte an seiner Kondition und

    Konstitution.

    Bevor er auf die Lichtung hinaustrat taxierte er mit seinen

    Blicken die Umgebung. Nichts war zu sehen. Es schien niemand

    sonst hier zu sein, als er plötzlich einen sehr leisen Schrei hörte.

    Nun ja, weniger ein Schrei, als mehr ein Quengeln. Jetzt wurde

    er zielstrebiger. Fast wie auf Schienen setzte er sich zum

    Quengeln in Bewegung. Der Ursprung des Geräusches war im

     angrenzenden, etwa kniehohen Gras eines schmalen Bachlaufs.

    Er sah ein leichtes Schimmern einer Farbe die da nicht

     hingehörte, da war er sich ganz sicher. Er beugte sich vor und

    schob das Gras leicht zur Seite, ganz darauf besonnen keinen

    Schaden an den Gräsern anzurichten. Denn die eigenen

    Handlungen, ob klein oder groß würden immer auf einen

    selbst wieder zurückfallen. An diesen Kreislauf glaubte er.

    Manche nannten es Karma, es gab aber viele Worte dafür, wie  

    etwa K'hal Nahh oder Perthro. Nun konnte er es fast erkennen,

    er ging noch einige Schritte näher an dieses fremdartige Ding

    heran.

    Was er sah erstaunte ihn, damit hatte er nicht gerechnet. Seine

    Eingeweide fingen an sich zu entspannen. Ein leichtes

    verschmitztes Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab,

    was aber nur die engsten seiner Freunde erkannt hätten.

    Da sich seine Mimik nur minimal verändert hatte, zudem

    behielten seine Augen ihre Schärfe. Schon so manche seiner

    geschätzten Mitarbeiter bekamen durch diesen Blick weiche

    Knie. Jetzt ging er die letzten Meter zu seinem Ziel.

    Er erblickte beigen Stoff, sogar einen ganzen Haufen davon.

    Das war aber nichts großartig komisches. Die leichten,

    zurückhaltenden Bewegungen die von dem Bündel ausgingen

    waren wesentlich ungewöhnlicher.

    Aber, so viel soll an dieser Stelle zu Tinus Person gesagt sein,

    er war unglaublich neugierig. Und es gab genug von den

    Yahgan die genau diese Eigenschaft überhaupt zu schätzen

    wussten. Und die Meisten ließen ihn das auch merken.

    Jetzt hörte er es noch einmal wesentlich deutlicher. Ein leises

    Quengeln. Es war ein unzufriedenes Quengeln, eines, welches

    man sich in einer Situation vorstellen könnte in der man sich

    überhaupt nicht wohl fühlt. Tinus sondierte das Bündel,

    schaute sich um, konnte aber niemanden entdecken.

    Vorsichtig streckte er seine rechte Hand aus und zog an einer

    Ecke des beigen Stoffes. Langsam kam ein Gesicht zum

     Vorschein. Es war das eines Kindes,

    eines menschlichen Kindes.

    Das Quengeln verstummte und das Kind blickte Tinus nun

    direkt in die Augen, er hatte sogar das Gefühl es würde ihm

    direkt in seine Seele schauen. Das Kind hatte eisblaue Augen

    und vereinzelte Haare auf seinem Kopf. Es brabbelte oder

    raunte, Tinus konnte es nicht genau einschätzen, und vergrub

    seine winzigen Ärmchen unter dem Stoff. Nun schloss das Kind

    seine Augen. Wie alt mochte es wohl sein? Mehrere Monde,

    vielleicht aber noch keinen gesamten Zyklus. Bei diesem

    Gedanken wurde er misstrauisch. Beobachtete ihn etwa

    jemand? Wurde er getestet? Oder spielte ihm das Schicksal

    einen Streich?

    Er sah sich noch einmal um, diesmal wesentlich länger und

    genauer. Er blieb bestimmt fünf Minuten in dieser

    angespannten Haltung stehen und lauschte in die Ferne.

    Er konnte absolut nichts erkennen. Aber das war für ihn noch

    nicht genug. Er schaute auf das kleine Wesen, welches sich

    eingerollt im Stoffbündel befand und seelenruhig vor sich hin

    schlief. Er bückte sich und hob es ganz vorsichtig hoch.

    Er blickte sich kurz um und fand sofort ein lauschiges

    Plätzchen, wo er das Bündel sogleich hin brachte und ablegte.

    Es war eine kleine moosige Kuhle die er gefunden hatte.

    Sie war wie eingezäunt von zwei Wurzeln die ihren Ursprung

    an dem Baum hatten, der etwa einen halben Meter weiter

    stand. Als er das kleine Wesen sorgfältig hinlegte, blickte er

    es an, wie ein Vater sein Neugeborenes ansieht. Voller

    Schutzgedanken. Sich sorgend. Nachdem er seinen Blick von

    dem Kind losgerissen hatte, machte er sich auf den Weg die

    Umgebung zu erkunden. Jedoch ohne den Sichtkontakt zu dem

    kleinen, unschuldigen Etwas zu verlieren, dass er so sorgsam

    im Moos gebettet hatte. Nach gut 20 Minuten hatte er einen

    Radius von ungefähr tausend bis eineinhalbtausend Metern  

    um das Kind abgesucht, und nichts gefunden. Keine Spuren

    und auch keine Anzeichen, dass hier, vor geraumer Zeit,

    irgendjemand anderes als er selbst gewesen war. Er ging

    wieder zurück zu dem, immer noch friedlich, schlafenden Kind.

    Er dachte darüber nach was er denn mit ihm tun sollte,

    so klein und verletzlich.

    Er schüttelte seinen Kopf. »Wie kannst du überhaupt darüber

    nachdenken? Es ist doch ganz klar was zu tun ist!«, skandierte

    das kleine Männchen in seinem Kopf mit rechthaberisch  

    erhobenem Zeigefinger, wobei es die linke Hand in die Hüfte

    gestemmt hatte.

    »Stimmt auch wieder.«, murmelte er in sich hinein und hob das

    Bündel vom Boden auf. Während er das tat regte sich das Kind

    kurz und machte Anstalten seine verschlafenen Augen zu

    öffnen, aber es blieb bei dem Versuch und kurze Zeit später

    war es wieder eingeschlafen. Tinus Grinsen kehrte, angesichts

    dieses urkomischen Versuchs des Kindes, wieder auf sein

    Gesicht zurück. Er wickelte das Bündel auseinander. Danach

    hielt er das Kind sanft in der Rechten und ein ungefähr fünf

    Meter langes Stück Stoff in seiner Linken. Nun wickelte er das

    kleine Kind an seinen Körper. Es lag leicht schräg da die

    Stoffbahn von seiner rechten Hüfte zu seiner linken Schulter

    reichte. Schließlich nahm er noch einen Schluck Sirupwasser

    und packte seine sieben Sachen, um sich dann auf den

    Weg zurück zur Stadt zu machen.

    Er konnte die Stadt in der Ferne schon erkennen. Der hohe

    Hauptturm ragte in den Himmel wie ein mächtiger Monolith.

    Er sah nicht so aus als könne er dem Zahn der Zeit widerstehen.

    Und doch tat er es. Er tat es schon so lang, dass noch nicht

    einmal die weisesten der Yahgan etwas darüber wussten wann 

    sein Zentrum gebaut wurde. Der Turm selbst wird seit

     Ewigkeiten ausgebaut. Immer weiter nach außen und gen  

    Himmel. Stets bringen kleine Bautrupps Holz heran um ihn zu

     erweitern. Der Kern des Turms, dessen Ursprung schon sehr

    weit in der Vergangenheit liegt, ist aus einem steinernen Baum

    gefertigt worden. Man sagt dieser Baum sei aus dem Spross des

    Urbaums gewachsen. Über den Urbaum selbst wissen sie nur

    aus ihren Büchern. Aber sie glauben fest daran, dass er alle

    Lebewesen der Erde beschützt, ja sogar die ganze Welt.

    Er betrat Kar' Hun. Es war um diese Zeit immer sehr wenig auf

    den Straßen los. Die meisten waren auf der Arbeit und machten

    gerade ihre Mittagspause, machten ein kleines Nickerchen

    oder redeten angeregt in einer der unzähligen Bibliotheken

    die Kar' Hun beherbergte. Es war eine schöne Stadt.  Sehr groß,

    sehr alt und voller Geschichte der ganzen Welt. Es war Tinus

    manchmal als könne er spüren wie die Erkenntnis wie Wellen

    an den Turm schwappte. Sämtliche Gebäude hatten die Form

    von Türmen, aber sie waren immer unterschiedlich hoch oder

    breit. Es war jedem Yahganer selbst überlassen wie er seinen

    Turm baute. Sämtliche Türme hatten kleine, angrenzende

    Gärten in denen ein jeder Früchte anbaute. Oftmals viele

    verschiedene, aber man musste zum Glück keine allzu große

    Vielfalt in seinem  Garten haben, da man untereinander stets

    tauschen konnte. Die Yahgan waren nämlich ein sehr

    freundliches Volk das immer im Einklang mit dem Wald lebte.

    Sie respektierten den Wald, behandelten ihn wie einen von

    den Ihren. Der Wald beschützte sie.

    Tinus war zu Hause angekommen. Er hörte klappern und

    klirren von drinnen. Er lächelte leicht, seine Frau muss mal

    wieder am auf- oder umräumen sein. Egal welches Wort,

    sobald es »räumen« in sich hatte, machte sie es gerne.

    Genau solche Dinge liebte er an ihr. Zwar konnte er manchmal

    einige von seinen Sachen nicht wiederfinden, da sie Lana mal

    wieder irgendwo hin geräumt hatte, aber das störte ihn nicht.

    Er drehte den Türknauf, trat ein und rief:

    »Na, Schatz schon wieder etwas zum Aufräumen gefunden?

    Ich hab eine interessante Überraschung für dich.«

    »Du brauchst gar nicht so scheinheilig  daher kommen,

    immer lässt du deine Sachen überall liegen, ich musste wieder

    deine komische Pfeife  wegräumen.« Sie kam langsam aus dem

    Wohnzimmer herbei, wie immer, auch jetzt mit einem Lächeln

    auf den Lippen. Als sie den Stoff um Tinus Körper sah, blieb sie

    stehen und ihr Blick wurde streng. »Was zum Teufel hast du

    schon wieder mitgebracht? Einen Vogel, 'ne Maus oder wieder

    irgendeinen verloren gegangenen Igel?«, nun stemmte sie ihre

    beiden Hände in ihre Hüfte. Aber neugierig war sie schon und

    so kam sie langsam näher. »Nein«, sagte Tinus. »Etwas ganz

    anderes. Wir wurden beschenkt, sieh nur.«, er lüftete den

    Stoff während er das Kind sanft in den Armen hielt. Lana

    schaute auf das Kind und bekam große Augen. Sie wechselte

    immer wieder den Blick von dem Kind zu Tinus und zurück.

    Das konnte doch nicht wahr sein. Wo hatte er dieses Kind her?

    Sie wurde ernst. »Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen,

    dass du ein Kind im Wald gefunden hast. Binde mir doch

    keinen Koldoren auf.«

    »Nein, ganz im ernst, es war ein paar Kilometer von meinem

    Lieblingspunkt entfernt. An einem Bachlauf.«

    »Wie kommst du überhaupt an einen Bachlauf, der ein paar

    Kilometer von deinem Lieblingspunkt entfernt ist? Zu wenig

    zu tun? Langeweile? Ich hätte da eine einfachere Lösung für

    gehabt als auf Wanderschaft zu gehen. Du treibst mich noch in

    den Wahnsinn.«, jetzt war sie schon fast genervt, diese  

    ominösen Aktionen die ihr Mann immer so trieb.

    »Das darfst du mir jetzt mal ganz genau erklären!«,

    befahl sie ihm. »Oh, oh«, dachte er sich. »Jetzt ist sie sauer.«,

    und so fing er an und erzählte ihr die ganze Geschichte.

    Von seinem Nickerchen, aus dem er heraus gerissen wurde,

    dem beklemmendem Gefühl, seiner Vorahnung die er, im

    Gegensatz zu denen die er früher gehabt hatte, nicht zuordnen

    konnte. Seinem Sprint durch den Wald, der wie leer gefegt

    schien. Und wie er das Kind dann fand, ohne in der Umgebung

    Spuren zu finden, welche auf den Ursprung des kleinen

    Findlings hätten hinweisen können. Um auch nichts

    auszulassen schilderte er seiner Frau, die inzwischen nicht

    mehr ganz so streng wie vorher guckte, noch seinen Heimweg.

    Inzwischen waren die beiden in den Wohnbereich gegangen

    und hatten sich auf die Stühle am großen Tisch gesetzt, welcher

    direkt am Eingang zum Wohnbereich stand. Tinus hatte den

    Findling immer noch an seine Brust gedrückt. Nachdem er

    alles berichtet hatte war Stille im Haus eingekehrt. Stille,

     so dick und kräftig, hätte man ein Messer gehabt, hätte man

    sie in Scheiben schneiden können. Nach einiger Zeit sagte

    Tinus nur noch eins: »Perthro.«

    Seine Frau machte große Augen. Sie wusste was es bedeutete.

    Perthro war ein sehr altes Wort. Man könnte sagen, es war ein

    Überbleibsel einer alten Sprache, die jeder kannte, aber bis auf

    einzelne Worte niemand mehr sprach. In der neuen Sprache

    hieß es so etwas wie Karma. Aber nicht direkt Karma. Eher

    etwas, was viel nachhaltiger war, viel mehr Folgen hat.

    Man ging Früher davon aus, dass jede Tat, egal wie klein oder

    groß, eine Folge für die Person hat, die sie tut. Ob gut oder

    schlecht. Manchmal eine direkte Folge, wie ein stolpern oder

    ein besonders gut schmeckendes Blatt Tee, aber manchmal

    summierte es sich auch auf. Bis dann ein grundlegendes

    Ereignis kam.

    Sie dachte genauer darüber nach. Es würde sogar Sinn ergeben,

    sie kannte keinen Yahgan der auch nur annähernd so voller

    reiner Gedanken war wie ihr Mann. Regelmäßig schleppte er

    ihr Tiere ins Haus, die er aufpäppelte und wieder in den Wald

    entließ.Sie nickte. »Perthro.«

    Und damit war es beschlossene Sache. Sie nahmen sich dem

    Kind an. Sie würden es groß ziehen und lehren, bis es alt genug

    war um für sich selbst Entscheidungen zu treffen. Und sie war

    sehr froh. Sie selbst konnten keine Kinder bekommen. Warum,

    war allen Heilern ein Rätsel gewesen. Nun, so hatte es den

    Anschein, haben sie eines bekommen. »Wir brauchen noch

    einen Namen. Und ist es ein Junge oder ein Mädchen?«,

    fragte sie. Tinus sah das Kind an und wickelte es aus dem Tuch.

    »Ein Junge. Überleg du dir doch einen Namen.« Und so fing sie

    an nachzudenken.

    Sie lächelte sanft und streckte ihre Hand aus. »Er soll Largas

    heißen.«, und streichelte ihm sanft seine Wange. Sie guckte

    ihren Mann an, »Wir werden dem Kleinen ein gutes Heim

    geben«.

    Gesagt, getan. Sie fingen an, dem kleinen Largas, eine

    provisorische Schlafstätte aus Tüchern herzustellen. In welche

    sie ihn auch sofort legten. Ungewöhnlich für ein Kind hatte er

    die ganze Zeit über geschlafen. Zwischendurch öffnete er

    mehrmals die Augen, doch das hielt nie lange an. Mit einem 

    Blick auf Largas werfend war Lana dabei ihm etwas Essen aus

    Tantar und Wassersirup zuzubereiten. Tinus hatte sich

    inzwischen in seine kleine Werkstatt begeben um ihm ein

    vernünftiges Kinderbett zu bauen. Er hatte bereits das

    Grundgerüst fertig, da fiel ihm auf, dass er nicht mehr genug

    Holz für den Boden des Bettes hatte. Er fing an nachzudenken

    wer ihm denn, für den Anfang, helfen konnte. Tinus wollte

    nicht schon so früh, den Anderen, sein Findelkind präsentieren.

    »Wer kann seine Klappe halten?«

    Seine Wahl fiel auf Darion, er war mit Abstand der

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