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Ein Sieg zu viel: BsB_Roman Ein Ehedrama
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eBook224 Seiten3 Stunden

Ein Sieg zu viel: BsB_Roman Ein Ehedrama

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Über dieses E-Book

Robert Mollwitzer, Kripobeamter mit Spezialausbildung, arbeitet als Undercover-Agent im kriminellen Untergrund. Er ist überaus erfolgreich, aber sein Job frisst ihn auf. Und seine Frau zahlt für seinen Ehrgeiz mit Einsamkeit und Verzweiflung. Dafür rächt sie sich, indem sie ihren Mann in eine schier ausweglose Lage treibt…
SpracheDeutsch
HerausgeberBest Select Book
Erscheinungsdatum14. März 2015
ISBN9783864663734
Ein Sieg zu viel: BsB_Roman Ein Ehedrama

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    Buchvorschau

    Ein Sieg zu viel - Hinrich Matthiesen

    hat?

    2.

    Anna Mollwitzer stand am Fenster. Sie hatte den Vorhang ein Stück zur Seite geschoben und sah hinunter auf den Parkplatz. Es war noch hell draußen. Sie zählte zwölf Autos: acht Pkws der Mittelklasse, zwei Kombiwagen, einen Kleinlaster und einen Jeep. In dieser bescheidenen Phalanx fiel Robs und ihr acht Jahre alter RENAULT nicht auf.

    Ein hübsches kleines Hotel, dachte sie, ein richtiges Liebesnest. Ich fühl' mich fast so wie früher, als wir noch nicht verheiratet waren. Sie lachte in sich hinein: Auch da hatten wir es mit Legenden zu tun, nämlich mit den Geschichten, die wir uns ausdachten, um meine Eltern zu täuschen. Dabei war ich schon fast zwanzig, aber für einen Moralapostel wie Vater zählte ja nur der Trauschein.

    Meistens erfanden sie Unternehmungen, die die Nacht mit einschlossen, doch problemlos waren auch die nicht, weil sie es einfach nicht schaffte, ihrem Vater die abendlichen Kontrollanrufe abzugewöhnen. Einmal hatte Rob die Idee, eine Einladung zum Segeln vorzuschieben. »Dein Vater«, hatte er gesagt, »weiß, dass er dich auf der Ostsee nun wirklich nicht erreichen kann.« Und so machten sie es, dachten sich sogar einen Namen aus für das Schiff: EKKE NEKKEPEN. Es gehörte — so lautete die Legende — den Eltern einer Mitstudentin. Den witzigen Namen hatte es bekommen, weil die angeblichen Eltern zu Sylt-Fans erklärt wurden. Rob kannte die Sagenwelt der Insel Und damit auch den Meergeist Ekke Nekkepen. Doch sie hatten die Rechnung ohne den Wettergott gemacht. Ein schwerer Sturm kam auf, und der Vater rief die Küstenwache an und auch den Laboer Hafen, denn von dort sollten sie ausgelaufen sein. Aber da war keine Yacht EKKE NEKKEPEN registriert, und ebenso wenig hatte ein Schiff dieses Namens den kleinen Hafen angelaufen und wieder verlassen. Ja, zu allem Überfluss war ihm mitgeteilt worden, die Sturmwarnung habe es bereits am Nachmittag gegeben, also könne ein Boot von so geringer Größe gar nicht gestartet sein, es sei denn mit einem wahnsinnig gewordenen Skipper an Bord.

    War das ein Ärger! Sie hatte am Morgen zu Hause angerufen und das Gespräch fröhlich eingeleitet mit der Meldung, sie hätten soeben die Leinen festgemacht, da war ihr die Mutter dazwischengefahren, und so hatten Rob und sie, noch eingehüllt in die Wärme des Bettes, erfahren, dass ihre schöne Geschichte geplatzt war. Später hatte die Mutter erzählt, sie sei sich lange unschlüssig gewesen, welche Formulierung sie dem Vater gegenüber wählen sollte: »Sie lebt, ist aber keine Jungfrau mehr!« Oder: »Sie ist keine Jungfrau mehr, aber sie lebt!« Rob hatte dann beim unausbleiblichen Rapport alles klargemacht, indem er dem Vater die Frage entgegenschleuderte: »Oder wäre Ihnen die dritte Version lieber gewesen: Sie ist noch Jungfrau, aber leider ertrunken?« Danach war es vorbei mit den Einmischungen. Die hatten erst wieder eingesetzt, als sie, mittlerweile zwanzig Jahre alt, ihr Studium abbrach und Robert heiratete. Dabei war es zum Bruch gekommen, und der hielt noch immer an. Sie trat vom Fenster zurück, setzte sich aufs Bett. Wie ungeduldig wird er sein?, fragte sie sich. Bei mir jedenfalls ist alles wie am Anfang. Ich leide, wenn er nicht da ist, leide körperlich, ja, und seelisch sowieso.

    Doch dann fiel ihr ein, dass er natürlich erstmal erfahren musste, was der Pastor in seiner Predigt gesagt hatte und wie es der Familie ging.

    Sie hatte sich schön gemacht, trug neue weiße Jeans und den malvenfarbenen Pullover, den er so gern mochte. Weil — nicht nur auf dem Kiez, sondern überhaupt in der ihm zugewiesenen Halbwelt — das Grelle vorherrschte, liebte er die zarten, gedämpften Farben, und da stand das blasse Lila an erster Stelle.

    Ihr frischgewaschenes Haar trug sie offen. Auch das mochte er. Er spielte gern damit, packte manchmal den langen blonden Schopf und führte ihn sich langsam über die geschlossenen Augen.

    Sie nahm ihren Handspiegel vom Nachttisch, sah hinein. Ihre graublauen Augen waren wieder groß und klar, nicht mehr so überanstrengt wie in dem Spiegel neben der Eingangstür von PÖPKES Gasthof. Sie war zeitig nach Hause gefahren, hatte gebadet und sich gepflegt und war dann zur JAGDKLAUSE aufgebrochen. Am Telefon hatte Rob ihr den Weg dahin beschrieben. Er selbst, so hatte er gesagt, würde am Abend gegen zehn Uhr da sein.

    Auf dem Friedhof hatte sie ihn gesehen, ganz kurz nur, denn sie hatte den Blick sofort wieder von ihm abgewandt. Seine Anwesenheit musste ja unbedingt geheim bleiben.

    Sie ging noch einmal zum Fenster und blickte auf den Parkplatz, dachte: Wenn er sein Wahnsinnsauto zwischen die biederen Fahrzeuge manövriert, wird es aussehen, als mischte sich ein Pfau unter lauter Legehennen. Ich mag seine Halbwelt-Karosse nicht!

    Um kurz vor zehn, sie hatte sich wieder aufs Bett gesetzt, hörte sie Motorengeräusche, Sie sprang auf, lief ans Fenster, sah hinunter. Ja, es war der riesige, chromblitzende Luden-Schlitten. Eigentlich doch nicht wie ein Pfau, dachte sie, eher wie ein Geier. Aber dann hatte sie keinen Sinn mehr für Vergleiche, dachte nur noch an ihn, der, die kleine Reisetasche in der Linken, nun ausstieg und mit großen Schritten über den Platz ging. Sie eilte zur Tür, öffnete sie, blickte den Gang entlang. Und dann war es so weit. Rob kam um die Ecke. Sie lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals. Trotz des Gepäckstücks in seiner Hand gelang es ihm, sie aufzuheben und über den Flur zu tragen und dann auch über die Schwelle. Erst im Zimmer lösten sie sich voneinander.

    Etwa zehn Minuten vergingen mit Auspacken und Umziehen, mit der Bestellung einer Flasche Wein und dem Warten darauf. Endlich, der Weißherbst war eingeschenkt und der Kellner wieder gegangen, saßen sie sich gegenüber.

    »Ich hab' dich gesehen«, sagte sie, »hinter den Büschen.«

    »Ich dich auch. Am Grab. Wurdest fast zerquetscht von den Mollwitzerschen Schwergewichten. Wie war es denn in der Kirche? Was hat der Pastor gesagt? Hat er über den ältesten Sohn gewettert, der es nicht mal für nötig hielt, an der Beerdigung teilzunehmen?«

    »Nein, er wusste ja Bescheid, wie die anderen auch. Zwar nicht, was wirklich ist, aber doch die offizielle Version. Er nannte das Erdendasein deiner Mutter ein dienendes Leben. Ob er damit auf deinen Vater angespielt hat?«

    »Vielleicht. Gepasst hätte es. Wie hat denn er es überstanden?«

    »Er war ganz still. Auch als wir dann im Gasthof saßen, hat er kaum ein Wort gesagt.«

    »Und Agnes? Und Martin?«

    »Sie waren sehr gefasst. Erwin allerdings fiel aus der Rolle.«

    »Wieso?«

    »Na ja, er hatte sich zu mir gesetzt statt zu seiner Frau, doch war das offenbar abgekartet zwischen den beiden, denn sie nickte mir mehrmals freundlich zu, womit sie sonst eher sparsam ist. Schon nach der ersten Tasse Kaffee fragte er mich, wie ich denn über den Nachlass dächte. Ich verstand ihn zunächst gar nicht, bis er konkret wurde. Der Baumarkt deiner Eltern, sagte er, sei ja hervorgegangen aus dem, was deine Mutter vor zig Jahren mal geerbt hat.«

    »Das war ein winziger Laden, in dem mein Großvater Bleistifte und Sandpapier und Laubsägeblätter verhökerte.«

    »Ja, aber Erwin sagte, egal, wie groß oder wie klein das Geschäft damals gewesen wäre, es bildete auf jeden Fall die Grundlage für die großen Läden von heute. Also hätte deiner Mutter der Baumarkt überhaupt ganz gehört und ginge nun zur Hälfte an die Kinder.«

    »Und wie hast du darauf reagiert?«

    »Ich hab' ihn gefragt, ob er nicht mal kurz an die Tasse schlagen und seine Botschaft unters Volk bringen wollte. Da hat er sich entschuldigt und dann gemeint, wir müssten mal ausführlich über alles sprechen.«

    »Er irrt sich. Den Laden, den Mutter damals erbte, hat Vater erstmal von einem Haufen Schulden befreit. Das weiß Agnes doch genauso gut wie ich, und Erwin weiß es auch. Mein Gott, Mutter ist gerade ein paar Stunden unter der Erde, und schon geht die Rechnerei los! Ihren Schmuck hat Schwager Erwin dann wohl auch schon verteilt. Welche Stücke hat er dir denn zugedacht?«

    »Nein, davon hat er nichts gesagt.«

    »Sehr gut! Grad jetzt wär' mir das gar nicht recht gewesen.« Rob stand auf und holte aus seiner Reisetasche einen flachen, mit schwarzem Samt überzogenen Kasten, öffnete ihn und stellte ihn neben ihr Weinglas. Dann setzte er sich wieder.

    »Rob!« Sie nahm die Kette heraus. »Die ist ja noch viel schöner, als ich sie in Erinnerung hatte! Wieso..., du, die kostete doch..., warte mal, ja, über zwölftausend! Das ist fast ein halbes Jahreseinkommen!« Sie legte die Kette zurück. »Natürlich danke ich dir, obwohl ich immer noch Angst habe.«

    »Angst wovor?«

    »Dass du dich übernommen hast.« Sie holte das kostbare Stück noch einmal aus dem Kasten, betrachtete es eingehend, ließ dabei die verschieden getönten Lamellen über ihre Fingerspitzen gleiten. »Eine wunderschöne Arbeit. Trotzdem, Rob, das viele Geld! Das haben wir doch gar nicht.«

    »Ich hab' einen guten Nebenverdienst eingestrichen.«

    »O Gott!« Sie legte die Kette erneut in den Kasten. »Bei dem scheußlichen Job, den du zurzeit hast, klingt das gar nicht gut.«

    »Es ist nicht, was du denkst. Keins meiner Mädchen hat auch nur mit einem Augenaufschlag dazu beigetragen, geschweige denn mit mehr. Nein, ich hab' der Konkurrenz beim Pokern vierzehntausend abgenommen. Freust du dich über die Kette?«

    »Wahnsinnig! Aber ich hab' immer noch Angst.«

    »Wovor denn bloß?«

    »Wenn mein Vater meiner Mutter überraschend was geschenkt hat, also ohne dass es einen besonderen Anlass gab, sagte sie meistens: »Na, was das wohl auf sich hat?«

    »Und? Was hatte es auf sich?«

    »Zum Beispiel, dass er für irgendwas ihr Einverständnis wollte.«

    Rob schwieg eine Weile. Dann sagte er:

    »Anna, jetzt sitz' ich in der Patsche. Ich muss dir tatsächlich was Unangenehmes erzählen, aber ich schwör' dir, die Kette hat nichts damit zu tun. Es ist was Berufliches.«

    »Manchmal denke ich, dass wir es schöner hätten, wenn du ein ganz normaler Polizist wärst.«

    »Kein Polizist ist normal, weil bei jedem das, was er tut, in einem krassen Missverhältnis steht zu dem, was er dafür kriegt.«

    Sie griff über den Tisch hinweg nach seiner Hand. »Also, nun sag schon, was ist los? Bist du etwa auf den Geschmack gekommen und willst den Beruf wechseln?«

    »Na hör mal! Ein Zuhälter ist für mich das Mieseste, was es gibt. Schickt seine Mädchen auf die Piste und kassiert!«

    »Wenn die das mit sich machen lassen!«

    »Stimmt. Doch was, wenn sie noch zu jung sind und gar nicht überblicken können, was sie tun?«

    »Du denkst an Minderjährige?«

    »Ja, ein solcher Fall zeichnet sich bei uns ab. Eins meiner Mädchen ist eine Kreolin, und...«

    »Also zur Hälfte Indianerin?«

    »Sie ist eine weiße Kreolin, stammt von europäischen Eltern ab, ist aber in Lateinamerika geboren. Marisol, so heißt sie, hat eine deutsche Mutter und einen spanischen Vater.«

    »Ist sie minderjährig?«

    »Nein, nein, sie ist einundzwanzig. Bis vor kurzem hat sie in Kolumbien gelebt. Ihre Eltern starben bei einem Verkehrsunfall, als sie noch ein Kind war. Sie hatten eine Hacienda, die dann wegen totaler Verschuldung unter den Hammer kam. Das ist die offizielle Version. Ihre persönliche sieht anders aus. Nach ihrer Meinung hat die eigene Verwandtschaft da mitgemischt, und darum war ihr Werdegang, wie sie es formuliert, nichts anderes als eine einzige Protestaktion.«

    »Das könnte eine Schutzbehauptung sein.«

    »Ich glaub', in diesem Fall stimmt es. Marisol hat sich jedenfalls in den Kopf gesetzt, eines Tages die Hacienda ihrer Eltern zurückzukaufen. Also, sie hat damals ihr Leben auf Protest programmiert, und das hieß, dass sie in Cartagena in ein Hurenhaus ging. Was das in dieser erzkatholischen Gegend für die Familie bedeutete, kann man sich vorstellen. Na, und dann hörte sie von einem anderen Bordell, das mitten im Dschungel liegen sollte. Man erzählte sich, von dort aus würden einträgliche Exporte nach Europa organisiert. Das interessierte sie. Den Schlag gegen die Sippe hatte sie ja schon gelandet, und jetzt lockte sie das wirkliche Geldverdienen Sie ging also ins NIDO ESCONDIDO. So heißt das Haus, auf Deutsch: verstecktes Nest. Doch da erlebte sie eine Enttäuschung. Sie fand zwar Arbeit, durfte sich also weiterhin verkaufen, aber für den Export nach Europa war sie mit ihren zwanzig Jahren zu alt, außerdem zu europäisch. Für den waren nur die sehr jungen Indiomädchen vorgesehen, vierzehn, fünfzehn Jahre. Wenig später ging sie auf eigene Rechnung nach Deutschland.«

    »Wie kann sich denn mitten im Urwald so ein Haus halten?«

    »Danach hab' ich sie auch gefragt, und ihre Erklärung ist einleuchtend. In der Nähe liegen touristisch erschlossene Gebiete, die von europäischen und vor allem von nordamerikanischen Linien angeflogen werden. Freier gibt's also genug. Aber irgendjemand ist dann auf die Idee gekommen, diese jungen Indianerinnen nach Deutschland zu verfrachten. Das Ganze ist als soziales Unternehmen getarnt: Kindermädchen mit Familienanschluss. In Wirklichkeit werden die Kleinen für andere Zwecke weitergereicht, für das nämlich, was sie im NIDO ESCONDIDO gelernt haben. Marisol hat mir vor zwei Monaten davon erzählt, und daraufhin hab' ich recherchiert und zu den deutschen Vermittlern Kontakt aufgenommen. Ich bin jetzt recht gut drin in dem Ring und soll sogar nach drüben fliegen, um eine neue Gruppe zu holen. Transportbegleitung also. Sobald die Mädchen hier angekommen und verteilt worden sind, schlagen wir

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